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Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
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- From: Heinz-Ulrich Eisner <hueisner AT web.de>
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- Subject: Re: [AG-GOuFP] Liquiditätsgebühr
- Date: Fri, 27 Apr 2012 10:29:34 +0200
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- List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>
Am 26.04.2012 23:32, schrieb Keox:
Hallo,Keynes Einwand greift mE nicht, was das Zahlungsmittel angeht: der Aufwand, wieder Sachgüter als Zahlungsmittel zu nutzen ist viel zu hoch; wenn der Staat die nicht als Steuertilgungsmittel akzeptiert, besteht keine Aussicht, dass sich das in nennenswertem Umfang durchsetzt.
Am 26.04.2012 21:38, schrieb Heinz-Ulrich Eisner:
Bemerkenswert bei dem Mumble mit Prof. Huber war, dass er offensichtlichdie Einführung und Umsetzung eines negativin Zinses auf unbares Geld ist
Funktionsweise und Wirkung einer Liquiditätsgebühr überhaupt nicht
verstanden hat.
Da er ja möglicherweise nicht der einzige ist, möchte ich das hier mal
kurz darstellen.
Ich gehe im folgenden von einem Vollgeldsystem aus.
Die Funktionsweise ist denkbar einfach: die Banken erheben auf
Kontoguthaben eine Gebühr, ähnlich wie eine Kontoführungsgebühr; die
Höhe wird durch eine staatliche Stelle festgelegt, die erhobene Gebühr
wird von der Bank an den Staat abgeführt.
Hierfür ist keine überbordende staatliche Bürokratie erforderlich (wie
Prof. Huber behauptete).
natürlich kinderleicht. Was Huber mit Bürokratie wohl gemeint hat, wäre
die Unterbindung von Flucht ins Sachvermögen. Ich habe seine genaue
Antwort nicht mehr in Erinnerung und ich habe Gesell auch nicht gelesen,
aber Keynes größter Einwand gegenüber einer Umlaufsicherung in seinem
Hauptwerk:
"Der hinter dem gestempelten Geld liegende Gedanke ist gesund.
Es ist in der Tat möglich, daß Mittel gefunden werden könnten, um
ihn in bescheidenem Rahmen in der Wirklichkeit anzuwenden. Aber es
bestehen viele Schwierigkeiten, auf die Gesell nicht gefaßt war. Ins-
besondere war·er sich nicht bewußt, daß das Geld nicht einzigartig
darin ist, daß ihm eine Liquiditätsprämie anhaftet, sondern in dieser
Beziehung nur·im Grad von vielen anderen Waren abweicht, und daß
seine Bedeutung daher·rührt, daß es eine größere Liquiditätsprämie
als irgendeine andere Ware hat. Wenn den Banknoten somit durch das
Stempelsystem ihre Liquiditätsprämie genommen würde, würde eine
lange Reihe von Ersatzmitteln in ihre Fußstapfen treten - Bankgeld,
täglich abrufbare Darlehen, ausländisches Geld, Juwelen und die Edel-
metalle im allgemeinen und so weiter. Wie ich oben erwähnt habe, hat
es Zeiten gegeben, in denen wahrscheinlich die Begierde nach dem Be-
sitz von Land, ohne· Rücksicht auf sein Erträgnis, dazu beigetragen hat,
den Zinsfuß hoch zu halten; - freilich wäre nach Gesells System diese
Möglichkeit durch die Verstaatlichung des Landes ausgeschaltet worden."
Natürlich gibt es eine Verlagerung der Vermögenshaltung in Sachwerte - das ist volkswirtschaftlich auch völlig sinnvoll, dass Geld nicht mehr zur Vermögensaufbewahrung genutzt wird.
Wenn dadurch die Assetpreise steigen und damit zwangsläufig ihre Rentierlichkeit sinkt, ist das gesellschaftlich auch sinnvoll - wo ist also das Problem?
Korrekt, jeder darf Bargeld herausgeben, er muss halt die Leute irgendwie überzeugen, dass es funktioniert, damit die es nutzen.
Gesell hat bestimmt nicht umsonst eine Bodenreform entwickelt. Ohne
weitere Maßnahmen müsste man wohl damit rechnen, dass die Preise für
bestimmte Güter (vorallem Grundstücke, Immobilien und Rohstoffe) stark
steigen würden. Das Vermögen der Reichen besteht nicht umsonst kaum aus
liquidem Geld.
Axel hat soweit ich weiss Gesell selbst gelesen und auch schon ausgiebig
mit Vertretern der Freiwirtschaftslehre diskutiert. Er kann mit
Sicherheit konkret erklären, welche Probleme entstehen und welche Hürden
man überwinden muss, um erfolgreich eine Umlaufsicherung einzuführen.
Die Wirkung ist weitgehend identisch mit einer entsprechendenBitte erkläre mal ausführlicher was das bedeuten soll? Soll dann jeder
Inflationsrate.
Bei einer Inflationsrate von 6% (z.B.) und einer Liquiditätsgebühr von
6% (bei Inflation 0%) verlieren Guthaben gleichermaßen 6% an Kaufkraft.
Des Weiteren verändern sich die Ausgangs- bzw. Machtpositionen der
Verhandlungsparteien bei einer Kreditvergabe gegenüber einer Situation
ohne Inflation/Liquiditätsgebühr:
Grundsätzlich ergeben sich Zinssätze im Vollgeldsystem nach Angebot und
Nachfrage: hohes Kapitalangebot, wenig Nachfrage führen zu niedrigen
Zinssätzen, umgekehrt zu hohen.
Bei einem Vollgeldsystem mit 0% Inflation und ohne Liquiditätsgebühr
(wie von Huber favorisiert) würden Zinsen für den Verleih von Geld
niemals unter 2-3% sinken (was dann ein Realzins wäre), selbst bei einem
Überangebot an Geldkapital und zu wenig Nachfrage.
Durch eine Inflation bzw. Liquiditätsgebühr wird lediglich der Korridor
der möglichen Realzinssätze nach unten erweitert: bei
Inflation/Liquiditätsgebühr von 6% wäre ein Kredit zur Realverzinsung
von -3% bereits ein Gewinn von 3% für den Geldbesitzer gegenüber einem
bloßen Halten des Geldes.
Diesen Effekt halte ich für gesellschaftlich äußerst begrüßenswert.
Der Unterschied einer Liquiditätsgebühr zur Inflation ist, dass die
Preise stabil gehalten werden können, die Geldfunktion als Wertmesser
würde besser funktionieren.
Gegenüber einer Situation mit hoher Inflationsrate gäbe es nicht die
Notwendigkeit von jährlichen Lohnverhandlungen, Arbeitskämpfen, allein
um die Kaufkraft zu erhalten, die kalte Progression fiele weg.
Um das Bargeldproblem zu lösen (Marken kleben halte ich in großem Stil
nicht für sinnvoll), würde ich vorschlagen, dass der Staat gar kein
Bargeld mehr heraus gibt, aber es generell freistellt, Bargelder zu
emittieren.
Bargeld herstellen dürfen? Was wenn sich das nicht durchsetzt, wäre dann
das anonyme Bezahlen nicht mehr möglich?
Faktisch werden das nur wenige Institutionen (Banken, evt. Kommunen) können. Da Bargeld eine ziemlich teure Angelegenheit ist, wird folglich Bargeldnutzung auch was kosten.
Das größte Problem könnte tatsächlich sein, dass das überhaupt niemand macht, weil es sich wirtschaftlich nicht darstellen läßt. Das genauer zu bestimmen, wie hoch ein Nutzerakzeptanz sein muss, damit das - im Vergleich zu einer Liquiditätsprämie von z.B. 6% - wirtschaftlich betrieben werden kann, kann ich tatsächlich nicht abschätzen.
Gruß
Heinz-Ulrich
- Re: [AG-GOuFP] Liquiditätsgebühr, (fortgesetzt)
- Re: [AG-GOuFP] Liquiditätsgebühr, Thomas Waggershauser, 30.04.2012
- Re: [AG-GOuFP] Liquiditätsgebühr, Axel Grimm, 27.04.2012
- Re: [AG-GOuFP] Liquiditätsgebühr, Heinz-Ulrich Eisner, 27.04.2012
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- Re: [AG-GOuFP] Liquiditätsgebühr, Heinz-Ulrich Eisner, 27.04.2012
- Re: [AG-GOuFP] Liquiditätsgebühr, alex, 27.04.2012
- Re: [AG-GOuFP] Liquiditätsgebühr, alex, 27.04.2012
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- Re: [AG-GOuFP] Liquiditätsgebühr, Bodo Thiesen, 27.04.2012
- Re: [AG-GOuFP] Liquiditätsgebühr, High-End-Studio Prenk, 29.04.2012
- Re: [AG-GOuFP] Liquiditätsgebühr, alex, 27.04.2012
- Re: [AG-GOuFP] Liquiditätsgebühr, Heinz-Ulrich Eisner, 27.04.2012
- Re: [AG-GOuFP] Liquiditätsgebühr, Heinz-Ulrich Eisner, 27.04.2012
- Re: [AG-GOuFP] Liquiditätsgebühr, alex, 27.04.2012
- Re: [AG-GOuFP] Liquiditätsgebühr, High-End-Studio Prenk, 30.04.2012
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- Re: [AG-GOuFP] Liquiditätsgebühr, Karlsruher, 30.04.2012
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- Re: [AG-GOuFP] Liquiditätsgebühr, Karlsruher, 01.05.2012
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