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ag-waffenrecht - Re: [Ag-waffenrecht] Waffenrecht

ag-waffenrecht AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Mailingliste der AG Waffenrecht

Listenarchiv

Re: [Ag-waffenrecht] Waffenrecht


Chronologisch Thread 
  • From: Susanne Putsche Dobert <putsche AT hotmail.de>
  • To: Mailingliste der AG Waffenrecht <ag-waffenrecht AT lists.piratenpartei.de>, Andreas Gutwirth <gutwirth AT gmx.de>
  • Subject: Re: [Ag-waffenrecht] Waffenrecht
  • Date: Sat, 17 Dec 2011 18:18:09 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-waffenrecht>
  • List-id: Mailingliste der AG Waffenrecht <ag-waffenrecht.lists.piratenpartei.de>

Hallo Andreas,

Folgenden Text habe ich der Einfachheit halber einfach kopiert und zitiere lediglich den Verfasser, Herrn Dr. Scheidler.
Link zum gesamten Artikel:
http://www.lto.de/de/html/nachrichten/4934/gewaltbereite-neonazis-achtung-legale-waffentraeger-von-rechts-/
Den Artikel findest Du auch bei Facebook auf meiner Seite:
http://www.facebook.com/pages/Cowboy-Action-Shooting-Europe/130571343634489

Der Artikel gibt sehr gut wieder, wie das juristisch zu sehen ist.

Grundvoraussetzungen für den Waffenschein: Zuverlässigkeit und Bedürfnis

Grundsätzlich stellt das Waffengesetz (WaffG) an die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis strenge Anforderungen: Neben der Vollendung des 18. Lebensjahres gehören dazu Zuverlässigkeit, persönliche Eignung, Nachweis der Sachkunde und ein so genannter Bedürfnisnachweis (§ 4 Abs. 1 WaffG).

Dieser Nachweis ist erbracht, wenn besonders anzuerkennende persönliche Interessen glaubhaft gemacht sind (§ 8 WaffG). Eine Voraussetzung, die für einen Sportschützen sicherlich kein Problem darstellt. Neonazis werden oft gutgläubig in Schützenvereinen aufgenommen. So lange sie ihre rechtsextreme Gesinnung verbergen können, stehen ihnen die Schießbahnen offen. Die Mitgliedschaft in solchen Vereinen oder auch Reservistenkameradschaften kann also den Rechtsextremen einen Weg zum legalen Waffenbesitz öffnen. Auf diese Weise kommen sie nicht nur an Gewehre und Pistolen, sondern lernen auch, damit umzugehen.

Das Gesetz nennt jedoch auch Personen, denen die für eine waffenrechtliche Erlaubnis erforderliche Zuverlässigkeit fehlt: So fallen sofort diejenigen heraus, die wegen eines Verbrechens oder sonstiger vorsätzlicher Straftaten zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden sind. In derartigen Fällen können die Waffenbehörden die Erlaubnis also problemlos versagen, so etwa bei einer rechtskräftigen Verurteilung wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung (§ 129a StGB). Vermutungen, dass dies ein adäquates Ausschlusskriterium wäre, gehen jedoch oft ins Leere: Nicht jeder Neonazi ist bereits straffällig in diesem Sinne geworden.

Rechtsextreme Aktivitäten begründen Unzuverlässigkeit

Zum Glück scheint es eine weitere Zugangsschranke zum Waffenbesitz zu geben: Die Zuverlässigkeit fehlt nämlich auch Personen, die einzeln oder als Mitglied einer Vereinigung Bestrebungen verfolgen oder unterstützen, die gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung gerichtet sind (§ 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG). Doch obwohl rechtsextremistische Ideologien der freiheitlich demokratischen Grundordnung widersprechen und aufgrund ihrer Ausländerfeindlichkeit auch den Gedanken der Völkerverständigung missachten, lässt sich die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit eines Neonazis nicht ohne weiteres mit diesem Merkmal begründen.

Eine rechtsextremistische Gesinnung alleine oder eine bloße Mitgliedschaft in einer dementsprechenden Vereinigung reichen nämlich nicht: Das WaffG verlangt konkrete Aktivitäten mit entsprechender Zielrichtung. Das Sächsische Innenministerium fordert hierfür ein "aktives, ziel- und zweckgerichtetes Vorgehen gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung".

Ein weiteres Erschwernis für eine Anwendung der entsprechenden Vorschrift sah der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) bei solchen Personen, die Mitglied einer rechtsextremen Partei wie der ehemaligen DVU waren. Hier gelte § 5 Abs. 2 Nr. 2 WaffG als Spezialvorschrift, die die allgemeinere Norm in Nr. 3 verdrängt und unanwendbar macht. Nach Nr. 2 reicht für eine Unzuverlässigkeit die bloße Mitgliedschaft in einer Partei, deren Verfassungswidrigkeit das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat. Dies war bei der DVU aber nicht der Fall, so dass § 5 Abs. 2 Nr. 2 WaffG nicht anwendbar war. Da aber nach Ansicht des BayVGH die Nr. 3 wegen der Spezialität von Nr. 2 ebenfalls ausscheidet, musste der BayVGH die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit in der Konsequenz verneinen (Urt. v. 26.05.2008, Az. 21 BV 07.586). Waffenbesitz mit gerichtlichem Segen also.

Das BVerwG zieht die Grenzen enger

Die obersten Verwaltungsrichter in Leipzig sahen dies indes anders. In einer Revisionsentscheidung vom 30. September 2009 (Az. 6 C 29.08) urteilten sie, dass in der Regel auch derjenige unzuverlässig im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG ist, der verfassungsfeindliche Bestrebungen im Rahmen der Mitgliedschaft in einer nicht verbotenen politischen Partei verfolgt.

Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts lässt es damit jedenfalls zu, auch Mitgliedern der ehemaligen DVU oder NPD die Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG abzusprechen.* Und zwar, obwohl die Verfassungswidrigkeit der Parteien vom Bundesverfassungsgericht bislang nicht festgestellt wurde.

Was bleibt, ist das Erfordernis, dass konkrete Aktivitäten gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung vorliegen müssen. Angesichts der aktuell aufgedeckten, auf Rechtsextremisten zurückgehenden Mordserie und der damit verbundenen Erkenntnis, dass die Bedrohung durch Rechts viel größer ist, als bisher angenommen, sollte dieses Erfordernis nicht zu eng ausgelegt werden.

Bereits die Kundgabe verfassungs- oder ausländerfeindlicher Parolen, etwa im Rahmen von rechten Demonstrationen, sollte dafür ausreichen, die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG annehmen zu können. Bei einer dermaßen restriktiven Anwendung des Waffengesetzes durch die zuständigen Behörden kann das Bedrohungspotential eingedämmt werden, ohne dass es einer weiteren Verschärfung der gesetzlichen Bestimmungen bedarf.

Der Autor Dr. Alfred Scheidler ist Oberregierungsrat in Neustadt an der Waldnaab und Autor zahlreicher Publikationen zum öffentlichen Recht.


Liebe Grüße

Susanne

Susanne Putsche Dobert
Rechtsanwältin
Kroatien: Batvaci 100, 52215 Vodnjan
Österreich: Floridusgasse, 1210 Wien
Deutschland: Raiffeisenstraße 30, 86663 Asbach-Bäumenheim

Am 17.12.2011 16:25, schrieb Andreas Gutwirth:
Re: [Ag-waffenrecht] Waffenrecht Ahoi Piraten,

in der Nachricht zum Waffenrecht des dradio (Niedersachsens Innenminister für Regelanfrage beim Verfassungsschutz) ist doch wohl die Vergabe von Waffenbesitzkarten und nicht (nur)
die Vergabe von Waffenscheinen gemeint? Allerdings wird mir nicht ganz klar, wie dann in der Praxis durch eine Polizeidienststelle einem NPD-ler der Besitz von Waffenbesitzkarten versagt wird, ohne das dieser dann
Verdacht schöpft (geht in die Richtung der V-Männer usw.). Auch die rechtliche Grundlage wird mir nicht deutlich. Wenn dieser Antragsteller noch nicht mit dem Gesetz in Konflikt gekommen ist, und die Partei
in der er Mitglied ist nicht verboten ist, ja mit welcher Begründung sollte ihm dann die Ausstellung der W.-Karte versagt werden? Na ja, passt nicht ganz zu unserem Themenbereich Waffen-AG.

Aber an dieser Stelle eine Presseerklärung zur legalen Bewaffnung militanter Neonazis über Schützenverbände des BDMP.
Hier wird (auch) die Meinung vertreten, dass staatliche Stellen wohl nicht ganz unschuldig an der sehr zu bedauernden Entwicklung sind.

Mit freundlichem Gruß
Andreas (Speedy)





Am 17.12.2011 15:41, schrieb von Tirpitz:
Die Nummer mit der Gesinnungsprüfung finde ich bedenklich. Ich will auch nicht, dass die Nazisocken auch noch bewaffnet sind, aber man sollte sich immer fragen ob man beim Schützen seiner Werte nicht gerade dabei ist genau diese zu vernichten.
Was mich eher daran stört ist die zunehmende Verzahnung von geheimdienstlicher und polizeilicher Arbeit. Ich dachte nämlich das Kapitel Geheimpolizei hätten wir hinter uns gelassen. Zumal ich auch nicht sehe weswegen ausgerechnet ein NPD- oder "Die Linke"- (oder CxU-, Grüne-, "graue Panther"-, etc.) Mitglied keine Waffen haben dürfte. Die charakterliche Eignung hängt ja nicht vorrangig von der politischen Gesinnung ab.





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