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Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] LQFB: Antrag Schulterschluss - Warum endliche Energieressourcen relevant sind
Chronologisch Thread
- From: Johannes Nix <johannes.nix AT gmx.net>
- To: ag-umwelt AT lists.piratenpartei.de
- Cc: Mailingliste der AG Energiepolitk <energie_und_infrastruktur AT lists.piratenpartei.de>, ag-nachhaltigkeit AT lists.piratenpartei.de, mmarichter AT aol.com
- Subject: Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] LQFB: Antrag Schulterschluss - Warum endliche Energieressourcen relevant sind
- Date: Wed, 3 Oct 2012 10:18:37 +0200
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-umwelt>
- List-id: <ag-umwelt.lists.piratenpartei.de>
Hallo Bernd,
Am Tue, 2 Oct 2012 15:26:47 +0200
schrieb Bernd <bernd.schreiner AT piraten-thueringen.de>:
>
> Am 28.09.2012 um 22:45 schrieb Johannes Nix:
>
> > Ressourcenschonung ist die Zielsetzung
>
> Nein, ist sie nicht.
>
> Nur die Schonung/Vermeidung der verbrauchenden Nutzung endlicher
> Ressourcen oder die nachhaltige Nutzung regenerativer Ressourcen
> sind Zielsetzungen.
Das verkürzt meine Argumentation. Ich beziehe mich natürlich
auf endliche Ressourcen. In dem Abschnitt waren vor allem
Rohstoffe gemeint, die z.B. durch Bergbau gewonnen werden.
Billige Energie macht die Ausbeutung dieser Rohstoffe
gegenüber einer kapital- und arbeitsintensiveren
Wiedergewinnung attraktiver, weil der Energieverbrauch
bei der Erstgewinnung höher ist. Da hat Moritz
völlig recht.
Ressourcen, die nicht endlich sind, braucht man
natürlich nicht zu schonen. Wenn ein erhöhter Verbrauch
unerschöpflicher Ressourcen aber bedeutet, dass man auch
von den endlichen Ressourcen mehr verbraucht,
hat man logischerweise keine positive Gesamtbilanz.
Dazu kommt, dass auch die Nutzung erneuerbarer Energieträger
endliche Ressourcen kostet. Windanlagen zum Beispiel
brauchen massenweise Zement, Stahl und (bei heutiger Technik)
Neodym für die Magnete in den Generatoren.
Am Tue, 2 Oct 2012 15:35:08 +0200
schrieb Bernd <bernd.schreiner AT piraten-thueringen.de>:
> Energie ist etwas positives.
>
Das kommt darauf an, wie man sie einsetzt. Energienutzung ist
- genauso wie Mobilität - kein goldenes Kalb, das man
anbeten müßte, sondern immer Mittel zum Zweck.
Dass bei einer Atombombenexplosion Energie umgesetzt
wird, macht daraus keine Gute Sache (TM).
>
> Das Nutzen von Energie ebenso.
Vielleicht habe ich versäumt, zu betonen, dass es mir
um die INTELLIGENTE Energienutzung geht. Es geht
darum, intelligent die jeweiligen Zwecke zu erreichen.
Wenn ich eine Dose aufmache mit einem 50ger Jahre
Dosenöffner und dabei zehnmal soviel mechanische
Arbeit aufwenden muss wie mit einem modernen,
macht das nichts positives daraus.
Wenn ich 5000 Kilometer zu einem Meeting über
Softwareentwicklung jetten muss, nur weil meine
schriftsprachlichen Fähigkeiten nicht ausreichen, ein
Designproblem per EMail klar darzulegen, sehe
ich da ebenfalls nichts Positives.
> Dabei sparen ist nicht generell sinnvoll.
Doch. Und zwar weil bisher der ganz überwiegende
Teil der Energienutzung auf fossilen, sich bald
erschöpfenden Ressourcen beruht und wir noch lange
nicht so weit sind, diese völlig durch nicht
erschöpfbare Energieträger zu ersetzen.
Konkret decken wir in Deutschland rund 30 % des
Primärenergiebedarfs aus Erdöl und weitere 30 %
aus anderen fossilen Quellen.
Wenn ich also z.B. Strom aus nicht erschöpfbaren Ressourcen
verschwende, muss ich mehr fossile Energieträger aufwenden, um
den Bedarf zu decken.
Die Situation ist bezüglich der fossilen Reserven so ähnlich,
als wenn jemand 100000 Euro geerbt hat und mit einem Nebenjob
noch 500 Euro monatlich verdient - aber 5000
Euro monatlich ausgibt. Das ist ganz klar nicht
tragfähig. Die Piraten sind, soweit ich das
verstehe, in der Finanzpolitik gegen ein derartiges
Wirtschaften. Warum sollte man das bei der
Energienutzung gut finden??
Diese Grafik hier zeigt noch einmal die zeitliche
Entwicklung von Ölfunden und Ölförderung:
http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Olfunde.png&filetimestamp=20080613175600
(Der Kontext hierzu:
http://de.wikipedia.org/wiki/Peak_Oil#.C3.96lreserven
)
Diese Grafik zeigt, wie viel Öl neu gefunden werden _müsste_,
um den zukünftigen Bedarf zu decken:
http://www.heise.de/tp/artikel/33/33646/1.html
Dunkelblau sind darin die gegenwärtig produzierenden
Felder. Man sieht, dass diese rasch zurück gehen,
Schätzungen der internationalen Energieagentur sagen
etwa 5.8 % jährlich.
Hellblau sind Felder, die man noch gar nicht gefunden
hat. Man müßte also die Funde *exponentiell ausweiten*,
um den Bedarf zu decken. Vergleicht man das
aber mit der tatsächlichen Entwicklung der
Neufunde, die seit Jahrzehnten stetig zurück gegangen sind,
ist das komplett unrealistisch.
Es besteht also in Zukunft ganz klar eine
Versorgungslücke. Und das nicht erst in 30 Jahren,
sondern, wie man an der Grafik auch sehen kann,
wenn nicht genug "unentdecktes Öl" gefunden wird,
vielleicht schon in fünf Jahren.
Diese Versorgungslücke wird sich nicht nur im
Bereich der direkten Ölverwendungen auswirken,
sondern bei allen Energieträgern, die mit Öl
substituierbar sind. Und das schließt Strom mit ein.
Wie wollte man es einer alten Oma verbieten, ihre Wohnung
mit dem elektrischen Heizlüfter zu heizen statt mit
einer unbezahlbaren Ölheizung?
Es gibt einen amerikanischen Physiker, Tom Murphy,
der hat sich daran gemacht, die Alternativen
zu fossilen Energieträgern durchzurechnen.
Er war anfangs recht optimistisch, aber das Ergebnis
war für ihn nicht nur ernüchternd, sondern wirklich stark
beunruhigend. Hier ist eine Zusammenfassung seiner
Untersuchung:
http://physics.ucsd.edu/do-the-math/2012/02/the-alternative-energy-matrix/
und in Bezug auf die Ölversorgung:
http://physics.ucsd.edu/do-the-math/2011/11/peak-oil-perspective/
- sehr lesenswert!
Und die Folgen dieses energetischen Defizits werden
anders sein als bei einer Überschuldung, wo halt Leute rote
Zahlen schreiben und die Stirn runzeln. Die
Natur gibt keinen Kredit auf Energie, es kann
daher nur die Frage sein wofür sie denn
eingesetzt wird. Wird Energie für wichtige
Verwendungen knapp, so wird es zu einer regelrechten
Versteigerung kommen, was man technisch so ausdrückt,
dass die Preiselastizität beim Öl gering ist.
Kleine Schwankungen des Angebots führen zu
großen Schwankungen beim Preis.
>
> Es muss "nur" auf vernünftigen Grundlagen erfolgen... daran arbeiten
> wir.
>
Rational wäre, es sich erst einmal einzugestehen,
dass ein weiteres exponentielles Wachstum so
gar nicht möglich ist. Alles andere heißt lediglich,
sich um Realitäten herum zu drücken. Sich da
in Antragstexten rein auf die Stromerzeugung zu
konzentrieren ist aus meiner Sicht Schönbeterei.
Insbesondere die deutsche Volkswirtschaft ist
von der Autoindustrie abhängig, und das heißt
auch: Uns steht ein rasanter Strukturwandel bevor, gegen
den die Aufgabe der Kohleproduktion im Ruhrgebiet
(Peak Coal war in Deutschland um 1950) ein
Kindergeburtstag war.
Die Abhängigkeit unserer Zivilisation vom
Erdöl ist schon häufig als eine Art Sucht
beschrieben worden, und eines hat sie auf jeden Fall
mit Süchten gemeinsam: Es bestehen offensichtlich
massive psychologische Barrieren, das Problem
überhaupt wahrzunehmen, statt dessen wird rationalisiert,
was das Zeug hält.
>
> Einfache "Sparideologie ohne Differenzierung" betreiben schon die
> Grünen. Das brauchen wir nicht wiederholen.
>
>
So wie ich das oben beschrieben habe, bewegen
wir uns mit dem Vehikel "industrielle Zivilisation"
flott auf eine harte Wand endlicher Ressourcen zu.
Ich verlange noch gar nicht mal, dass diese Gesellschaft
darauf verzichtet, den Schlitten vor die Wand zu fahren.
"No risk, no fun". Ich würde mich nur dafür aussprechen,
den Fuss soweit vom Gas zu nehmen, dass noch eine Chance besteht da
einigermassen heil raus zu kommen.
Grüsse,
Johannes
P.S.
nur noch zwei Tage in Abstimmung:
Ini "Risikovorsorge gegen Peak Oil"
https://lqfb.piratenpartei.de/lf/initiative/show/4115.html
- Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] LQFB: Antrag Schulterschluss, Pirat Schlickschlurfer, 01.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] LQFB: Antrag Schulterschluss, Bernd, 02.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] LQFB: Antrag Schulterschluss, Gunnar Kaestle, 04.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] LQFB: Antrag Schulterschluss, Bernd, 04.10.2012
- Nachricht nicht verfügbar
- Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] LQFB: Antrag Schulterschluss: Risikovorsorge Peak Fossil, Gunnar Kaestle, 06.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] LQFB: Abstimmung Risikovorsorge Peak Fossil, Johannes Nix, 06.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] LQFB: Antrag Schulterschluss: Risikovorsorge Peak Fossil, Gunnar Kaestle, 06.10.2012
- Nachricht nicht verfügbar
- Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] LQFB: Antrag Schulterschluss, Bernd, 04.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] LQFB: Antrag Schulterschluss, Gunnar Kaestle, 04.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] LQFB: Antrag Schulterschluss, Bernd, 02.10.2012
- <Mögliche Wiederholung(en)>
- Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] LQFB: Antrag Schulterschluss, Bernd, 02.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] LQFB: Antrag Schulterschluss - Warum endliche Energieressourcen relevant sind, Johannes Nix, 03.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] LQFB: Antrag Schulterschluss, Moritz Richter, 08.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] LQFB: Antrag Schulterschluss, René Heinig, 09.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] LQFB: Antrag Schulterschluss, Moritz Richter, 09.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] LQFB: Antrag Schulterschluss, René Heinig, 09.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] LQFB: Antrag Schulterschluss, Moritz Richter, 10.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] [Sozialpiraten] [Energiepolitik] LQFB: Antrag Schulterschluss, René Heinig, 10.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] LQFB: Antrag Schulterschluss, Moritz Richter, 10.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] LQFB: Antrag Schulterschluss, René Heinig, 09.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] [AG Wirtschaft] [Energiepolitik] LQFB: Antrag Schulterschluss, Johannes Nix, 09.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] [AG Wirtschaft] [Energiepolitik] LQFB: Antrag Schulterschluss, René Heinig, 10.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] [AG Wirtschaft] [Energiepolitik] LQFB: Antrag Schulterschluss, Johannes Nix, 13.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] [AG Wirtschaft] [Energiepolitik] LQFB: Antrag Schulterschluss, René Heinig, 14.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] [AG Wirtschaft] [Energiepolitik] LQFB: Antrag Schulterschluss, Johannes Nix, 13.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] [AG Wirtschaft] [Energiepolitik] LQFB: Antrag Schulterschluss, René Heinig, 10.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] LQFB: Antrag Schulterschluss, Moritz Richter, 09.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] LQFB: Antrag Schulterschluss, René Heinig, 09.10.2012
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