ag-umwelt AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Ag-umwelt mailing list
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- From: René Heinig <hren AT hrz.tu-chemnitz.de>
- To: ag-umwelt AT lists.piratenpartei.de
- Cc: AG-Bauen-Verkehr AT lists.piratenpartei.de, Mailingliste der AG Energiepolitk <energie_und_infrastruktur AT lists.piratenpartei.de>, "AG Wirtschaft \(Achtung viele Mails am Tag!\)" <ag-wirtschaft AT lists.piratenpartei.de>, ag-sozialpiraten AT lists.piratenpartei.de
- Subject: Re: [Ag-umwelt] [AG Wirtschaft] [Energiepolitik] LQFB: Antrag Schulterschluss
- Date: Wed, 10 Oct 2012 11:29:19 +0200
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-umwelt>
- List-id: <ag-umwelt.lists.piratenpartei.de>
keine Ahnung, ob es überhaupt noch jemand liest, aber ich antworte trotzdem nochmal ausführlich
Am 09.10.2012 22:43, schrieb Johannes Nix:
Ähem. Ist allen klar, was ein Dezil ist?
Die Leute im ersten Dezil einer Einkommensverteilung sind
die Personen, die höchstens soviel Einkommen haben wie die ärmsten
10 % der Gesamtheit. Die Leute z.B. im vierten Dezil sind
diejenigen, die _mehr_ als die ärmsten 30 % haben, aber
höchstens so viel wie die 'untersten' 40 %.
In den höheren Dezilen sind also per Definition keine
sehr armen Leute.
Die Gruppen (Dezile bzw. in der österreichischen Studie Quintile) wurden nach verfügbaren Einkommen gebildet. Wenn du nochmal genau liest was ich geschrieben habe, wirst du feststellen, dass es daraus klar hervorgeht. Denn es ging darum, dass in unteren Einkommensdezilen *häufiger* Menschen sind, die gar keine Geräte besitzen und deshalb auch weniger bis gar nichts für Energie ausgeben und so in der Statistik für die der absoluten Energieausgaben das ganze Einkommensdezil nach unten ziehen. Die Angabe der Standardabweichung wäre hier also auf jeden Fall eine Pflichtangabe gewesen.
Das ist unsinnig. Die Dezile (oder allgemeiner, Quantile) beschreiben eine Verteilung wesentlich genauer als Mittelwert und Standardabweichung.
Es geht nicht um die Standardabweichung beim Einkommen, denn nur das gibt das Einkommens-Dezil an, sondern um die Standardabweichung bei den Energieausgaben.
Wobei sich die Frage stellt, ob die A++ Geräte so
wichtig sind. Am meisten einsparen kann man immer
noch durch intelligenten, sparsamen Verbrauch.
Am meisten spart man durch gar keinen Verbrauch, also zum Beispiel ich, der fast nur zum schlafen zu Hause ist.
Dem widersprechen aber die von Moritz wiedergegebenen Zahlen,
die ärmeren Bevölkerungsteile geben zwar _anteilig_ mehr für
Energie aus (und das tut ihnen auch eher weh, weil sie viel
weniger frei verfügbares Einkommen haben), die _absoluten_
Ausgaben sind aber eindeutig geringer.
Und diese Pauschalisierung ist eben falsch, genau deshalb habe ich auch meinen Energieverbrauch dargestellt, und ich bin sicher kein Ausnahmefall, und genau deshalb ist eine Bewertung der absoluten Energieausgaben einfach nur nach Mittelwert ohne Standardabweichung falsch. Ich könnte mir vorstellen, dass man vor allem Rentner mit dieser Herangehensweise sehr benachteiligt, warum das so ist habe ich ja versucht im letzten Posting darzustellen, wo ich mal ansatzweise versucht habe die viel zu pauschalen Einkommens-Dezile, noch nach relevanten Untergruppen bei der Betrachtung von Energieausgaben zu differenzieren.
Die Kombination Energiesteuer & Energiegeld soll nicht
die klassische Sozialpolitik ersetzen, sondern Anreize
schaffen.
Die Anreize werden aber viel besser geschaffen, wenn man die Energiesteuer stärker erhöhen kann, weil man höhere Umverteilungseffekte im Sozialsystem hat als mit einem Sockeleinkommen. Mit einem Sockeleinkommen kann ich die Energiesteuer eben nur sehr gering anheben, lege ich die Energiesteuer aber gezielt auf die Transferleistungen um, kann ich sie wesentlich stärker erhöhen.
Und es ist ein großer Unterschied, ob einfach ein
Transfer von 10 € von euch an niedrigere Einkommensschichten
statt findet
Ich bezweifle generell, dass ein Transfer von uns statt finden würde. Ich fahre mit dem Fahrrad zur Arbeit und verbrauche wie gesagt um die 1.000kWh/Jahr und heize, da ich eh kaum zu Hause bin, auch nur sehr wenig. Ich würde stark davon ausgehen, dass ich zu denen gehören würde, die trotz hohem Einkommen noch ordentlich was durch das Sockeleinkommen obendrauf bekommen. Und genau das ist mein Problem, ich brauche das Geld nicht, und diversen anderen Menschen wird es ähnlich gehen, und genau deshalb muss eine umfassende Reform passieren, wo auch die Einkommenssteuer angehoben wird, oder eben (wie im bisherigen System) zielgerichtet verteilt wird. Ansonsten kann unterm Strich niemals eine so große Umverteilung entstehen, dass eine sichere Existenz und gesellschaftliche Teilhabe möglich wird, aber dieses Ziel verfolgt ein Sockeleinkommen eben auch nicht, denn ein Sockeleinkommen ist das was die FDP und andere Neoliberale schon seit unzähligen Jahren, statt einem System wo Bedürftige möglichst viel bekommen, haben wollen.
Die Alternative dazu ist, spezielle technische Entwicklungen
wie Elektroautos, von denen man nicht weiß ob daraus jemals
etwas wird, zu fördern, sowie beispielsweise Elektrogeräte
mit einem Wust an Regelungen zu administrieren.
Das wird ja sowieso gemacht und finde ich auch richtig. Die Angaben des Energieverbrauchs, genauso wie die Regelungen zum Verbrauch im Standby und auch die Regelungen zu Energie-ineffizienten Beleuchtungssystemen finde ich absolut richtig, auch wenn man sich da bei manchen Leuten unbeliebt macht.
Die Energiesteuer könnte dazu beitragen, dass zunächst mal
wesentlich kleinere, leichtere und somit verbrauchsärmere
Autos gebaut werden. Und genau das wäre ein wesentlicher
Schritt, wie der Erfolg der Pedelecs (Elektrobikes) zeigt.
Wie jetzt schon unzählige Male dargestellt, ich bin für höhere Energiesteuern, du musst mich also nicht davon überzeugen, dass sie sinnvoll sind. Im Gegenteil will ich vermutlich sogar wesentlich weiter erhöhen als du, weil ich zusätzlich ein System will bei dem die (zusätzlich) eingenommen Gelder stärker auf diejenigen verteilt werden, die sie dann auch benötigen. Mit Sockeleinkommen wäre hingegen nur eine sehr geringe Erhöhung möglich.
Zumindest *ein* wesentlicher Sinn einer Energiesteuer ist es, energiesparendes Verhalten ökonomisch zu machen.
Und das kann man doch am besten, wenn man ein System schafft bei dem die Energiesteuern möglichst hoch angesetzt werden können, oder?
Das verstehe ich nicht so ganz. Nach meinem bisherigem
Verständnis ist der Hauptunterschied zwischen BGE
und Sockeleinkommen, dass das Sockeleinkommen nicht
die gesamte Grundsicherung abdeckt, die alten Transfers
also bestenfalls teilweise ablösen kann.
Ein BGE, wie es bei uns diskutiert wird, ist an folgende 4 Kriterien gebunden:
"die Existenz sichern und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen, einen individuellen Rechtsanspruch darstellen sowie ohne Bedürftigkeitsprüfung und ohne Zwang zu Arbeit oder anderen Gegenleistungen garantiert werden"
http://wiki.piratenpartei.de/Bundestagswahl_2013/Wahlprogramm#Bedingungsloses_Grundeinkommen_und_Mindestlohn
Sprich um dies umzusetzen, muss auch ein entsprechend "gewichtetes" Steuersystem implementiert werden, welches einen möglichst *hohen* Umverteilungseffekt realisiert. Bei einem Sockeleinkommen ist das anders, da spielt die *Höhe* des Umverteilungseffektes keine Rolle, da kann der Effekt sogar kleiner sein als jetzt im derzeitigen System. Und genau deshalb sind auch so viele Neoliberale so begeistert von einem Sockeleinkommen, da man so die *Höhe* des Umverteilungseffektes schwächen kann, wodurch dann auch sehr schnell Flattax- oder Konsumsteuermodelle propagiert werden, die einen wesentlich geringeren Umverteilungseffekt haben als eine konsequent durchgezogene progressive Einkommenssteuer.
Die Hauptidee beim BGE ist nach meinem Verständnis die
Bedingungslosigkeit
das ist nur eine Komponente, die viel wichtigere ist aber dass es die *grund*legenden Bedürfnisse befrieden *muss*
, und gerade dem kommt ein bedingungslos
gezahltes Sockeleinkommen doch sehr nahe. Es kann als
Übergangslösung dienen
Eine Übergangslösung wäre z.B. die Anhebung der Mindestsicherung, damit sie auch die grundlegenden Bedürfnisse befriedigt.
Die Crux ist, dass man wenn man eine wirkliche Lenkungswirkung
erzielen will, die Energiesteuern schon ziemlich substanziell
erhöht werden müssen.
eben
Die bisherige Mineralölsteuer bewirkt ja auch
nicht, dass die Leute massenhaft auf Brötchenholen per PKW
verzichten.
eben
Wenn man die Steuer aber entsprechend hoch macht, führt
das wiederum zu wirtschaftlichen Belastungen. Nicht nur für
Geringverdiener, sondern für alle. Das Energiegeld kann diese
kompensieren _und_ zusätzlich einen Anteil zum sozialen Ausgleich
beitragen.
nein, mit einem Sockeleinkommen wäre der Umverteilungseffekt viel zu gering, um die Energiesteuern deutlich zu erhöhen
Eine progressive Einkommenssteuer ersetzen kann die Kombi
Energiesteuer plus Energiegeld dagegen wahrscheinlich nicht,
weil, wie wir gesehen haben, die Progression schwächer ist
als bei einer Einkommenssteuer.
yippie i yeah, wie sind uns in diesem wesentlichen Punkt im Grunde auch einig, jetzt musst du nur noch den konsequenten Schluss daraus ziehen ;)
Ein Sockeleinkommen ist noch keine Totalreform, geht für mich aber in die gleiche Richtung wie ein BGE.
Und das ist eine falsche Annahme, ein Sockeleinkommen kann in eine vollkommen andere Richtung gehen, wie ein BGE, wenn dadurch der Umverteilungseffekt reduziert wird.
Und der bürokratische Aufwand, finde ich, dürfte sich durchaus in Grenzen halten. Das ließe sich ja über eine Steuergutschrift für Einkommenssteuerpflichtige
Wir haben schon viel zu viele Steuergutschriften, besser wäre es den Eingangssteuersatz zu senken oder die Grenze, ab der er gezahlt werden muss hoch zu setzen.
und einen Zuschlag zum ALGII weitgehend erledigen.
Das ist ja mein Vorschlag, also zielgerichtet verteilen, solange man keine echte Reform macht, wo der Umverteilungseffekt auch entsprechend hoch ist. Also wie du sagst ein Zuschlag zum ALG-II (und zur Mindestsicherung allgemein, evtl. auch noch zum Kindergeld) - das ist aber das Gegenteil von einem Sockeleinkommen, geht aber viel eher in Richtung eines GRUND-Einkommens.
Viele Grüße
René
- Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] LQFB: Abstimmung Risikovorsorge Peak Fossil, (fortgesetzt)
- Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] LQFB: Abstimmung Risikovorsorge Peak Fossil, Johannes Nix, 06.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] LQFB: Antrag Schulterschluss, Bernd, 02.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] LQFB: Antrag Schulterschluss, Moritz Richter, 08.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] LQFB: Antrag Schulterschluss, René Heinig, 09.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] LQFB: Antrag Schulterschluss, Moritz Richter, 09.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] LQFB: Antrag Schulterschluss, René Heinig, 09.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] LQFB: Antrag Schulterschluss, Moritz Richter, 10.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] [Sozialpiraten] [Energiepolitik] LQFB: Antrag Schulterschluss, René Heinig, 10.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] LQFB: Antrag Schulterschluss, Moritz Richter, 10.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] LQFB: Antrag Schulterschluss, René Heinig, 09.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] [AG Wirtschaft] [Energiepolitik] LQFB: Antrag Schulterschluss, Johannes Nix, 09.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] [AG Wirtschaft] [Energiepolitik] LQFB: Antrag Schulterschluss, René Heinig, 10.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] [AG Wirtschaft] [Energiepolitik] LQFB: Antrag Schulterschluss, Johannes Nix, 13.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] [AG Wirtschaft] [Energiepolitik] LQFB: Antrag Schulterschluss, René Heinig, 14.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] [AG Wirtschaft] [Energiepolitik] LQFB: Antrag Schulterschluss, Johannes Nix, 13.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] [AG Wirtschaft] [Energiepolitik] LQFB: Antrag Schulterschluss, René Heinig, 10.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] LQFB: Antrag Schulterschluss, Moritz Richter, 09.10.2012
- Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] LQFB: Antrag Schulterschluss, René Heinig, 09.10.2012
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