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ag-meinungsfindungstool - Re: [Ag Meinungsfindungstool] Meinungsfreiheit und Emotionen

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Betreff: Ag-meinungsfindungstool mailing list

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Re: [Ag Meinungsfindungstool] Meinungsfreiheit und Emotionen


Chronologisch Thread 
  • From: Jacob Kanev <jkanev AT zoho.com>
  • To: ag-meinungsfindungstool AT lists.piratenpartei.de
  • Cc: janonymous2 <janonymous2 AT news.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [Ag Meinungsfindungstool] Meinungsfreiheit und Emotionen
  • Date: Mon, 29 Sep 2014 10:18:56 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-meinungsfindungstool>
  • List-id: <ag-meinungsfindungstool.lists.piratenpartei.de>

Liebe Jano,

On Sunday 28 September 2014 18:33:19 janonymous2 wrote:
>[...] möchte hier mal zwei Themen zur Diskussion bringen, die ich für
> essentiell für Demokratie und Konfliktbewältigung halte:
> Meinungsfreiheit und Emotionen [...] Wenn in
> einem Diskurs Emotionen eine Rolle spielen, heißt das in jedem Fall, dass
> Irrationalität das Handeln bestimmt? [...]

So weit ich das sehen kann, ist Kommunikation ohne Emotionen nicht möglich.
Was Du noch nicht angesprochen hast: Emotionen steuern das Gedächtnis. Das
Hirn muß auswählen, was gespeichert wird, und wie lange, da nicht jede
Wahrnehmung im Kurzzeitgedächtnis und schon gar nicht im Langzeitgedächtnis
landet. Normalerweise werden Dinge desto länger gespeichert, je stärker sie
emotional besetzt sind. Wer keine Emotionen hat, könnte sich nichts merken
(naja, vielleicht etwas vereinfacht). Jedenfalls ist mir noch kein Mensch
begegnet, der emotionsfrei kommunizieren könnte.

> 1. "‪Meinungsfreiheit‬ ist die Möglichkeit, fern von Propaganda,
> Autoritäts- und Konformitätsdruck sowie automatischer Reproduktion von
> Vorurteilen und Todschlagargumenten eigenständig und selbstgesteuert
> Informationen abzuwägen."

Mmh, ich weiß nicht. Klingt eigentlich ganz gut, aber: Autoritäts- und
Konformitätsdruck hast Du ja immer. Außerdem wüßte ich nicht, wie ich
Vorurteile von Nicht-Vorurteilen unterscheiden könnte, da Vorurteile ja nicht
bewußt sind, und alle Meinungsbildung sozial ist. Was Du mit
Totschlagargumenten meinst, weiß ich nicht.

> 2. "Meinungsfreiheit ist kein Freifahrtsschein für die Re-/Produktion von
> Falschaussagen, Todschlagargumenten, Hetze und Propaganda."

Ähnlich wie bei 1. Ist zwar richtig, aber was heißt das praktisch? Ich glaube
das ist nicht widerspruchsfrei hinzubekommen. Was eine Falschaussage ist, was
ein Totschlagargument, was Hetze und was Propaganda ist ja wiederum
Ansichtssache. Ein Beispiel: Ein anderes Wort für "Falschaussage" wäre auch
"Irrtum". So etwas kannst Du jetzt schwer verbieten. Anderes Beispiel: In der
DDR wurde gesagt, daß Filme wie "Star Wars" oder "James Bond" Propaganda
sind. Würdest Du diese Aussage für Propaganda halten? Oder noch etwas
anderes: Würdest Du sagen, die Forderung, keine Totschlagargumente zu
verwenden, ist ein Totschlagargument?

Mir fällt jedenfalls kein hartes Kriterium ein, mit dem sich "schlechte
Kommunikation" feststellen lassen könnte. Ich würde eher so formulieren, daß
Kommunikation so geführt werden muß, daß niemand verletzt wird. Das ist dann
allerdings nichts mehr, was global beurteilt werden kann, sondern was von den
einzelnen Akteuren kommt. Was meinst Du?

> Die Kunst ist also eher, die eigenen Emotionen und sich selbst
> wahrzunehmen, zu äußern UND sich aus einer Beobachterposition daneben
> stellen können, auch um Fehlurteile und Projektionen zu vermeiden, die
> eigenen Anteile an einem Konflikt und unfaires Handeln erkennen zu
> können.[...]

Und zu akzeptieren, daß die eigene Kommunikation jemanden tatsächlich
verletzt haben könnte wenn die/derjenige das so sagt. Selbst wenn man durch
diese Ansage selbst verletzt ist.

> Wenn man außerdem wie bei der Kreativen Kommunikation oder beim
> Systemischen Konsensieren (http://www.konsensieren.eu/) den Widerstand von
> 0 bis 10 misst, dann ist die sich darin ausdrückende negative
> Emotionalität v.a. auch Ausdruck für gefährdete Mangel- und
> Wachstumsbedürfnisse (Nahrung, Sicherheit, Teilhabe, Autonomie,
> Selbstverwirklichung etc) oder Menschenrechte und ist damit einer der
> wahrscheinlich wichtigsten Indikatoren für die
> (freiheitlich-demokratische) Qualität eines Vorschlags. [...]

Den Widerstand zu messen ist auf jeden Fall interessant. Obwohl ich nicht
denke, daß man so Propaganda verhindern kann. Der Unterschied zur
Zustimmungsbewertung besteht darin, daß bei der Feststellung des
Gesamtwiderstandes nichtlinear skaliert wird, oder?

Viele Grüße, Jacob.

--
______________________________________
Boomtime, 53rd of Bureaucracy, 3180.
jacob kanev
new email address: jkanev AT zoho.com
twitter: @j_kanev
jabber: jkanev AT jabber.ccc.de
skype: j_kanev
blog: http://jkanev.tumblr.com







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