ag-meinungsfindungstool AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Ag-meinungsfindungstool mailing list
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- From: Jacob Kanev <jkanev AT zoho.com>
- To: ag-meinungsfindungstool AT lists.piratenpartei.de
- Cc: janonymous2 <janonymous2 AT news.piratenpartei.de>
- Subject: Re: [Ag Meinungsfindungstool] Meinungsfreiheit und Emotionen
- Date: Mon, 29 Sep 2014 22:29:07 +0200
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-meinungsfindungstool>
- List-id: <ag-meinungsfindungstool.lists.piratenpartei.de>
Hallo JanO,
On Monday 29 September 2014 13:23:11 janonymous2 wrote:
> [...]
> Ja, da hast du recht. Emotionen steuern im Grunde den gesamten
> Wahrnehmungs- und Handlungsprozess, [...]
Ja.
> [...]
> Wenn es also bei Todschlagargumenten zur Wahrnehmung der Bedrohung eigener
> Interessen und Bedürfnisse zu einer Stressantwort kommt,
Gerade nochmal zu Totschlagargumenten gelesen. Das sind laut Wikipedia
Äußerungen auf der Meta-Ebene, die das Beenden der Diskussion zum Ziel haben.
Siehst Du das auch so?
> [...] Todschlagargumente und Stress verhindern in der
> Konsequenz ganzheitliche Erkenntnis, differenziertes Denken, effizientes
> Lernen und reduzieren die Willensfreiheit bzw. hemmen die Selbststeuerung,
> was gleichfalls mit einer Zunahme psychsomatischer Erkrankungen**
> einhergeht und die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass eine Person ohne es zu
> merkeln, zur Marrionette fremder Interessen wird.
Das ist ein relativ großer Bogen. Ich würde insoweit mitgehen, das Stress und
Bedrohung Erkenntnis, Denken und Lernen negativ beeinflussen. Auch soweit,
daß durch Bedrohung Leute zu Dingen gezwungen werden können, die sie ohne die
Bedrohung nicht tun würden. Ich verstehe aber nicht, warum Totschlagargumente
grundsätzlich Stress auslösen sollten oder ein Gefühl der Bedrohung erzeugen.
Ich habe durchaus schon Situationen erlebt, wo ich die Aussage "diese
Diskussion bringt uns nicht weiter, laß uns damit aufhören" als durchdacht,
klug und befreiend erlebt habe.
Die Brücke zur Reduktion der Willensfreiheit habe ich nicht verstanden.
Weshalb verliert eine Person, die ein Meta-Argument über das Beenden der
Diskussion hört, teilweise ihren freien Willen?
> [...] Die Aussage, „Autoritäts- und Konformitätsdruck gibt es
> immer“, ist im Grunde schon die Vorstufe zu einem Todschlagargument und
> kann ggf. auch Ausdruck von Hilflosigkeit sein, die systemisch bedingt
> ist. Wir leben in einem paternalistisch orientierten Mehrheitswahlsystem,
> in dem beständig schon in der Phase der Willensbildung autoritäres
> Schwarz-Weiß-Denken dominiert und beständig Konformitätsdruck erzeugt
> wird, bspw. dadurch dass man sich ständig an Mehrheiten orientiert.
Ja, genau.
Und Du kannst das soziale Umfeld nicht einfach entfernen. Sämtliche Werte,
Wahrheiten, Ansichten, etc sind soziale Konstrukte. Niemand könnte ganz
alleine Dinge begreifen, vor allem wenn es um gesellschaftliche Fragen geht.
Das schien mir aber Dein Ideal zu sein? Der sozial unabhängig denkende
Mensch? Oder habe ich Dich da falsch verstanden?
> [...]
> Zu deiner Frage, woran man Vorurteile erkennt. Nun ja, das sind
> gewissermaßen stereotypische Einstellungen über einen Sachverhalt, also
> wiederum stark vereinfachende SW-Einstellungen mit einer impliziten
> Abwertung.
Mmh. Gerade nochmal überlegt -- ich verwende das Wort "Vorurteil" leicht
anders. Die Aussage "alle Brillenträger riechen streng" ist beispielsweise
für mich ebenso ein Vorurteil wie die Aussage, daß sie gut riechen,
jedenfalls wenn nicht direkt (also tatsächlich an allen Brillenträgern)
nachgeprüft wurde [1]. Ich denke, Abwertung ist nicht nötig, damit es ein
Vorurteil ist. Characteristisch scheint mir zu sein, daß Gruppen gebildet
werden (Brillenträger), denen Eigenschaften zugeschrieben werden (riechen
streng), die mit der Gruppenbildung nichts zu tun haben. "Alle Brillenträger
tragen eine Brille" fände ich dagegen kein Vorurteil. Ich würde auch sagen,
daß es immer um Gruppen von Menschen geht. In der Aussage "alle Primzahlen
sind größer als 100" wird zwar eine Gruppe gebildet, unzulässig
verallgemeinert (die meisten sind tatsächlich größer, aber nicht alle); ich
würde hier aber nicht von einem Vorurteil sprechen. Die Aussage "die rechte
Hirnhälfte denkt kreativ, die linke analytisch" ist eine grobe Vereinfachung,
aber auch hier würde ich nicht von einem Vorurteil sprechen.
Siehst Du das auch so?
Soweit ich das sehe, sind Vorurteile allerdings durch die Meinungsfreiheit
geschützt. Leider.
Viele Grüße, jacob.
[1]
Ich stehe im übrigen für Riechtests nicht zur Verfügung.
--
______________________________________
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jacob kanev
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- Re: [Ag Meinungsfindungstool] Meinungsfreiheit und Emotionen, (fortgesetzt)
- Re: [Ag Meinungsfindungstool] Meinungsfreiheit und Emotionen, janonymous2, 29.09.2014
- Re: [Ag Meinungsfindungstool] Meinungsfreiheit und Emotionen, marc, 29.09.2014
- Re: [Ag Meinungsfindungstool] Meinungsfreiheit und Emotionen, Der Moonopool, 29.09.2014
- Re: [Ag Meinungsfindungstool] Meinungsfreiheit und Emotionen, janonymous2, 29.09.2014
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- Re: [Ag Meinungsfindungstool] Meinungsfreiheit und Emotionen, janonymous2, 29.09.2014
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- Re: [Ag Meinungsfindungstool] Meinungsfreiheit und Emotionen, janonymous2, 29.09.2014
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- Re: [Ag Meinungsfindungstool] Meinungsfreiheit und Emotionen, Jacob Kanev, 29.09.2014
- Re: [Ag Meinungsfindungstool] Meinungsfreiheit und Emotionen, janonymous2, 30.09.2014
- Re: [Ag Meinungsfindungstool] Meinungsfreiheit und Emotionen, janonymous2, 30.09.2014
- Re: [Ag Meinungsfindungstool] Meinungsfreiheit und Emotionen, Jacob Kanev, 30.09.2014
- Re: [Ag Meinungsfindungstool] Meinungsfreiheit und Emotionen, Alexander Praetorius, 30.09.2014
- Re: [Ag Meinungsfindungstool] Meinungsfreiheit und Emotionen, Der Moonopool, 30.09.2014
- Re: [Ag Meinungsfindungstool] Meinungsfreiheit und Emotionen, Jacob Kanev, 29.09.2014
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