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ag-meinungsfindungstool - Re: [Ag Meinungsfindungstool] Meinungsfreiheit und Emotionen

ag-meinungsfindungstool AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Ag-meinungsfindungstool mailing list

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Re: [Ag Meinungsfindungstool] Meinungsfreiheit und Emotionen


Chronologisch Thread 
  • From: Der Moonopool <the.moonopool AT googlemail.com>
  • To: ag-meinungsfindungstool AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [Ag Meinungsfindungstool] Meinungsfreiheit und Emotionen
  • Date: Mon, 29 Sep 2014 19:41:15 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-meinungsfindungstool>
  • List-id: <ag-meinungsfindungstool.lists.piratenpartei.de>

Lieber janonymous2,

der verlinkte Cartoon ist keine leere Phrase, sondern tief empfundenes und humorig vorgetragenes Erlebnis langer Beschäftigung mit vielen Menschen. Ich zitiere ihn gerne, denn:

Meinungsfreiheit bedeutet, dass Meinungsäußerung nicht unterdrückt werden darf – durch jemanden, der das nachhaltig erzwingen kann und dadurch seine Macht missbrauchen würde. Sowas können in der Regel nur Organisationen mit Machtmonopol, meist Staaten, und deswegen muss man die Menschen davor schützen, dass "ihr" Staat das tut.

Meinungsfreiheit bedeutet aber /nicht/, dass $Mensch seine Meinung auch /auf dem Medium seiner Wahl/ äußern darfst. Nicht auf der Titelseite der F.A.Z. und auch nicht unbedingt auf einer Mailingliste oder einem Diskussionsforum der Piraten. Aber $Mensch ist frei, seine Meinung z.B. auf seinem eigenen Blog zu äußern – und dieses Blog darf dann natürlich nicht durch einen staatliche Filter aus dem Netz gekehrt werden.

*Die Freiheit, die eigene Meinung zu äußern bedeutet also nicht die Unfreiheit der anderen, sie auch anhören zu müssen.* Dazu brauche ich übrigens überhaupt keine Theorie – denn das sagt mir schon der Kant'sche Imperativ.

Während meiner drei Jahre bei den Piraten habe ich keinen einzigen(!) Fall erlebt, in dem jemand einen Grund gehabt hätte, sich auf "Meinungsfreiheit" zu berufen. Ich /habe/ allerdings hier Pöbelanten, Verschwörungstheoretiker, Rechte, Glaubenskrieger und andere Schlechtschwätzer zuhauf erlebt, die sich auf "Meinungsfreiheit" berufen haben, um damit Menschen zu zwingen, ihnen zuzuhören.

Einer der Gründe dafür, dass die Piraten – um es mal vorsichtig zu sagen – nicht gerade in einem steilen Steigflug bei gesellschaftlicher Wirksamkeit und Wahlergebnissen sind, ist, dass wir es versäumt haben, genau das frühzeitig und nachhaltig zu unterbinden. Umgekehrt haben wir – in zunächst ebenso falschem Verständnis von "Meinungsfreiheit" – gedacht, wir müssen jeden reden lassen. So haben wir Einzelnen die Macht gegeben, gewachsene Strukturen zu zerstören. Das war ein Fehler.

Sorry, falls das OT gewesen sein sollte. Aber ich denke, man kann es einfach nicht oft genug sagen, denn während wir hier drin in unserem Sandkasten solche Pseudodiskussionen führen müssen, machen drußen – in der richtigen Welt – die Merkels und Co. einfach weiter mit dem schleichenden Abbau von Grund- und Menschenrechten. Im Moment ist es "nur" Verbraucher- und Umweltschutz, Arbeitnehmerrechte und Rechtsaatlichkeit, die mit TTIP den Bach runter gehen. Die Meinungsfreiheit – also die richtige Meinungsfreiheit meine ich jetzt – kommt erst ein bischen später dran, wenn sich bei immer weiter aufgehender sozialer Schere gesellschaftliche Unruhen nicht mehr unterdrücken lassen. Aber sie kommt dran, denn die allumfassenden Überwachungsstrukture sind schon da und Filtermöglichkeiten schnell aufgebaut. Wir können uns dagegen stemmen und das noch verhindern. Wir können uns aber auch gerne im Sandkasten weiter mit den Förmchen bewerfen.

Lieben Gruß,
Dirk
@moonopool



Am 29. September 2014 18:55 schrieb janonymous2 <janonymous2 AT news.piratenpartei.de>:

Moonopool, du der du den Niedergang der Piratenpartei miterlebt hast, dir fällt nichts weiter dazu ein? Insgesamt erlebe ich hier noch weniger Verständnis als bei Menschen, die nicht in der Politik sind. Ihr drescht hier zu diesem wichtigen Thema nur leere Phrasen. Ihr wollt euch mit Theorie beschäftigt haben und kennt alle diese Theorien noch nicht, die ich hier zur Willenbilsung eingebracht habe und ihr seid auch nicht offen dafür, macht euch noch lustig, wenn es um die Wahrung der Menschenwürde und der Menschenrechte in Diskursen geht. Es ist ein einziger schlechter Witz. Ich glaube ich kann nichts mehr für euch tun.

moonopool schrieb:

irgendwie fällt mir dazugerade das hier ein:
http://www.sprachlog.de/2014/04/19/xkcd-meinungsfreiheit/

nicht böse sein ;)

Lieben Gruß,
Dirk
@moonopool

marc schrieb:
Hi Jano,

Das Projekt sehe ich gefährdet, wenn man sich in der Geschwindigkeit und im Diskussionsklima jeweils an den Personen orientiert, die am wenigsten beitragen, die niedrigste Toleranz und den geringsten Verständnishorizont aufweisen.
Aber wo bleibt da der Minderheitenschutz?
Die Frage habe ich mir auch gestellt in Bezug auf die Entwicklung hier in der AG, denn im Grunde war ich hier zuletzt die Minderheit.
Ich glaube, dass wir in einer Kleinstgruppe wie der AG MFT möglichst bestrebt sein sollten einen Konsent - darunter verstehe ich die Auflösung von Einwänden - herzustellen. In diesem Prozess befinden wir uns gerade noch. Es geht darum die Interessen auszubalancieren, um gemeinsam besser voran zu kommen.

Fakt ist, dass ich auf Minderheiten, die sich in einer Tour Übertretungen im Codex leisten und auf die Duldung ihres regelwidrigen Verhaltens setzen, wenig Verständnis habe.
D'accord.

Ich bin hier auch nicht angetreten, um in einer Sonderschule mitzuarbeiten, in der sozial abweichendes Verhalten die Regel ist.
Das empfinde ich als eine sehr polemische Beschreibung der Situation, welche u.U. nicht gerade zur Deeskalation der Situation beiträgt. Aber grundsätzlich denke ich dem Kern dieser Aussage zustimmen zu können, würde es jedoch anders formulieren.

Insofern wäre es da wohl besser, man bildet Teilarbeitsgruppen, sodass die, die sich dazu berufen fühlen, sich um entsprechende Minderheiten kümmern können, sodass diese nicht mehr den Prozess lähmen oder auf Kosten des Fortschritts ihren Geltungsdrang befriedigen.
Wenn ich hier den Sarkasmus mal ausblende, dann ist das grundsätzlich eine gute Idee, welche vermutlich aber gar nicht so leicht umzusetzen sein wird, da Minderheiten und Mehrheiten in einer Kleinstgruppe ständig wechseln.

Wichtig wäre es meiner Meinung nach, das Neuankömmlinge "abgefangen" und gut eingeführt werden, um vom Flow der Gruppe besser aufgenommen werden zu können. Dies wird bereits von Oliver sehr gut geleistet, finde ich.

Was an Spannungen und Konflikten innerhalb der AG entsteht, MUSS meiner Meinung nach auch innerhalb der Gruppe (ggf. durch das hinzuziehen externer Moderatoren oder gar Mediatoren) gelöst werden können. Zur Not könnte man ja einzelne Mitglieder auf ein GfK Seminar schicken ;o)

Im Ernst: ich glaube, dass Meinungsfreiheit, genau wie jede andere Form der Freiheit auch, für jeden einzelnen von uns genau dort endet, wo die Freiheit des anderen beginnt. D.h. es gibt Grenzen der Freiheit! Diese Grenzen sind aber nicht von außen auferlegt, sondern ergeben sich aus dem kulturellen und sozialogischen Miteinander der Individuen innerhalb des Gruppenbildungs- und -festigungsprozesses und müssen austariert werden.

Meiner Meinung nach sind dabei die von Dir angesprochenen Emotionen genau die notwendigen Signalgeber, um in der Dynamik des Gruppenprozesses empathisch die Grenzen der anderen wahrnehmen zu können. Leider ist gerade diese Fähigkeit meist nicht homogen in einer Gruppe verteilt, sodass es hier leicht zu Konflikten kommen kann. Die Kunst ist es nun zwischen allen Beteiligten dennoch einen Ausgleich herzustellen, der die einzelnen Freiheiten so gut wie möglich respektiert.

Ich bin recht zuversichtlich, dass dieser Prozess in kleinen Gruppen mit Menschen, welche sich nicht ausschließlich emotional sondern auch rational verhalten, bestens funktionieren kann. Aber das ist definitiv kein Selbstläufer und bedeutet daher Arbeit.

Was meinst Du, Jana?
Und was meint der Rest der Gruppe?

Cheers
Marc

--
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