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ag-meinungsfindungstool - Re: [Ag Meinungsfindungstool] Meinungsfreiheit und Emotionen

ag-meinungsfindungstool AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Ag-meinungsfindungstool mailing list

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Re: [Ag Meinungsfindungstool] Meinungsfreiheit und Emotionen


Chronologisch Thread 
  • From: Der Moonopool <the.moonopool AT googlemail.com>
  • To: ag-meinungsfindungstool AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [Ag Meinungsfindungstool] Meinungsfreiheit und Emotionen
  • Date: Tue, 30 Sep 2014 18:37:02 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-meinungsfindungstool>
  • List-id: <ag-meinungsfindungstool.lists.piratenpartei.de>

Lieber janonymous2,

Deine poetischen Worte inspirieren mich.
Allerdings würde meine Geschichte irgendwo abzweigen:

[...]

Doch dann wurde es auf dem Weg dahin plötzlich dunkel, eine dicke Kaltfront zog heran. Denn Menschen hatten Wind von der Wiese bekommen, die nicht das gemeinsame Ziel im Auge hatten, sondern ihre eigene Meinung über die der anderen stellen, immer besser wussten, was richtig war, nicht zuhörten, und nicht auf Vorschläge und Einwände der anderen eingingen, manipulierten und Diskussionen als beendet erklärten, ohne wenigstens Übereinkunft erzielt zu haben, in welchen Punkten man unterschiedlicher Meinung war. Es waren graue Menschen, mit viel Verbitterung in ihren Herzen und ihre Liebe galt nicht dem Finden des gemeinsamen Weges, sondern dem Durchsetzen ihrer eigenen Ziele. Es war nicht wichtig, was für Ziele das waren, es war nur wichtig, dass es ihr Weg war, der gegangen wurde. Sie nahmen schöne Worte, wertvolle Worte, Worte, für die Andere jahrhundertelang blutig hatten kämpfen müssen, und wandten sie wie spitze Steine gegen die Menschen. Sie streuten sie auf die Kreuzung, so dass jeder Schritt ungemütlich wurde und auch ein bisschen gefährlich. Auf dem Weg links über die Kreuzung stand plötzlich ein Güllewagen, jederzeit bereit, stinkende Brühe regnen zu lassen über Menschen, die die Veränderung bemerkten und aufstanden und sich wehrten gegen die Vereinnahmung und gegen die Steine. Er sah, er war nicht alleine. Aber als der Regen aus dem Güllewagen immer mehr wurde und schließlich die Sonne verdunkelte, rutschte er aus und fiel in die spitzen Steine. Die Steine drückten sich in seinen Körper, zerschnitten sein Gesicht. Traurigkeit gewann Macht über sein Herz. Es regnete weiter. Die Traurigkeit wich der Wut. Es regnete weiter. Er rief um Hilfe. Aber es kam keine Hilfe. Es kamen nur grauen Menschen, standen unter ihren Schirmen, starrten ihn an und spuckten noch auf ihn.

Aber er wusste: Irgendwann musste es einer tun. Denn sonst würden die grauen Menschen gewinnen. So wie sie bisher immer gewonnen hatten. Also setzte er fest die Hände auf den Boden. Die spitzen Steine schmerzten in seinen Handflächen, aber er drückte sich nach oben, sah auf. Entsetzen ergriff die grauen Menschen: Was ging da vor? Hatten sie nicht jeden niedergeredet bisher? Und was machte nun dieser da? Inzwischen war er mühsam auf die Knie gekommen. Er richtete den Oberkörper auf, setze einen Fuß auf den Boden und stand langsam auf. Er wischte sich die Gülle aus dem Gesicht und schaute die grauen Menschen an. Ihr habt keine Macht über mich, sagte er. Er fragte sie Dinge, auf die sie keine Antwort fanden. Sie wurden ausfällig, beleidigten ihn, drohten ihm. Aber seit dem Moment, in dem er es nicht mehr zulies, verloren sie wirklich ihre Macht über ihn. Er wandte sich nach links und ging aus den Güllewagen zu. Die Grauen wichen zur Seite, als könnten sie ihm nicht standhalten. Als er sich dem Güllewagen näherte, war es ihm so, als teile sich der riesige Wagen, um ihn durchzulassen. Er schritt hindurch. Wärmende Sonnenstrahlen strichen über sein geschundenes Gesicht. Er ging einige Schritte und atmete die frische, würzige Luft ein. Als er sich umsah, sah er die Kreuzung: Eine ganz normale Kreuzung. Keinen Güllewagen, keine grauen Menschen. Da wusste er, dass es wahr war: Die Grauen bekamen ihre Macht nur von denen, die sie ihnen gaben, von denen, die auf ihre verbitterten Anfeindungen, ihne Beleidigungen, ihre Ablenkungsversuche eingingen. und so das Ziel und den Weg aus den Augen verloren. Aber das war Vergangenheit. Er traf ein paar andere, die es auch hinter sich gelassen hatte und sie sprachen darüber, was sie nun tun wollten und ihr Weg war ein kurzer. Denn eigentlich, ja, eigentlich waren sie schon am Ziel.

Aber, lieber janonymous2, ich glaube der "er" in meiner Geschichte ist ein anderer, als der in Deiner Geschichte.

Lieben Gruß,
Dirk
@moonopool






Am 30. September 2014 06:56 schrieb janonymous2 <janonymous2 AT news.piratenpartei.de>:

Kleine Kurzgeschichte zum Abschluss:
Wie ein Gülleauto im Moment des Abkackens den Blick auf das Ziel versperrte

Es gab Zeiten, da hatte er große Hoffnung auf die fließende Organisation eines menschenwürdigen Miteinanders ohne Bevormundung und Unterdrückung, ohne Betrug und Verrat, ohne ständiges Verletzen und seelisches Verstümmeln, ohne Kampf, ohne Gewinnen und Verlieren. Hoffnung auf Befreiung. Hoffnung auf Frieden. Hoffnung auf Verständnis und Erkenntnis. Hoffnung darauf, mit anderen Auswege aus scheinbar unüberwindbaren Problemen zu finden, an denen Menschen überall auf der Erde leiden. Auswege aus Problemen, die die einen ignorieren, verdrängen oder hilflos akzeptieren, während andere sie gezielt herbeiführen. Probleme, die die einen reich an materiellem Überfluss machen, während andere daran zugrunde gehen. Es gab also Zeiten der Hoffnung in ihm auf die Linderung all dieses Leids durch Habgier, Lügen, Gewalt und Ignoranz, Hoffnung auf ein Ende der Verzweiflung, auf ein Ende der tausend Höllen nebenan und der wiederkehrenden Alpträume.

Es gab also diese Zeit, in denen hatte er wirklich Hoffnung. Hoffnung, die Geknechteten und Geschundenen könnten durch eine neue fließende Organisation Freiheit und Gerechtigkeit erfahren, sich endlich frei entfalten, ohne Druck, ohne Angst, ohne sich ewig wiederholende Traumatisierung und Todschlag, ohne Lügen und Völkermord, ohne Hunger, ohne Neid - anderen etwas gönnen, mitfühlen können, sich mit Respekt behandeln, wieder echtes Glück im Miteinander finden - ohne den Zwang, die innere Leere durch Konsum und Status zu füllen, ohne den ewig entfremdenden materiellen Vergleich. Er hatte diese tiefe Hoffnung, dass die Hölle jener beendet werden könnte, die gequält zur Batterie verkommen, dem unersättlichen Markt zum Frass. Hoffnung, jenen Erleichterung zu verschaffen, ihnen Wege zu zeichnen, mit denen sich Unrecht und Leid nachhaltig verändern ließe. Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Es gab Zeiten, da hoffte er, andere würden den Ausweg auch sehen, ihn begleiten, mit anpacken und sich gegenseitig bei Gefahr zur Seite stehen.

Da gab es ach so viel Hoffnung, das Problem einfach an der Wurzel packen zu können und auf eine bessere fließende Organisation ohne Macht, Missbrauch und Korruption. Hoffnung, weil es nur im Grunde ein paar Schrauben auszuwechseln galt, ein paar neue Schrauben und Muttern, die die Welt lebenswerter und das Leid erträglicher machen würden. Hoffnung auf eine Evolution des Geistes und des Miteinanders. Es gab Zeiten, da war er so voller Hoffnung, weil er spürte, dass alles schon da ist, was es braucht, um das System neu zu denken und das Leid und die Lügen zu beenden. Zeiten, in denen man zu begreifen schien, dass das nötige Wissen bereits existierte, die Umsetzung nur einen Fussbreit entfernt war und dann schauen was passiert. Zeiten voller Hoffnung, weil die Lösung so nahe lag, so offensichtlich, irgendwie so einfach - wie einmal über das Feld laufen, eins, zwei Steine aus dem Weg räumen, abklatschen, dort vorne links, dann über die Kreuzung und mit den neuen Schrauben ans Ziel. Er hatte das Ziel so klar vor Augen, dass er ein breites Lächeln im Gesicht spürte und es im Bauch vor Freude gribbelte. Eine Brise Zukunft in der Nase sah er voller Hoffnung der positiven Entwicklung entgegen.

Rest siehe oben... :)



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