ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de
Betreff: AG Gesundheit
Listenarchiv
- From: "Dr. Forster" <dr.forster AT aforster.de>
- To: "'AG Gesundheit'" <ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de>
- Subject: Re: [AG-Gesundheit] Privatpatienten
- Date: Sun, 24 Nov 2013 15:57:34 +0100
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-gesundheitswesen>
- List-id: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen.lists.piratenpartei.de>
Nur um mal eine der falschesten der falschen Aussagen herauszugreifen:
Dennoch beteiligt er sich mit seinen Versicherungsbeiträgen in keiner Weise an den Kosten der Solidargemeinschaft der gesetzlich Versicherten – seine einzige Solidargemeinschaft sind die anderen privilegierten privat Versicherten.
Der privat versicherte zahlt im Gegensatz zum gesetzlich versicherten auch für Ehefrau und Kinder Beiträge. Zusätzlich finanziert er über den Steuerzuschuss durch seine Steuern auch noch die GKV und die gratis mitversicherten Familienangehörigen mit. Das ist echte Solidarität, auch wenn es die Unbelehrbaren nicht sehen wollen…
Wenn es übrigens, so wie behauptet, eine mächtige Ärztelobby gäbe, müssten wir diese redundante Neiddebatte nicht immer wieder führen!
Andreas
-----Ursprüngliche Nachricht-----
wdt schrieb: > aus > <http://de.wikiarguments.net/brauchen-wir-eine-bürgerversicherung-gerechtigkeit-in-der-krankenversicherung/c/ungerechtigkeit/ca/nicht-besser-aber-mehr/> > > Ungerechtigkeit > Privatpatienten werden medizinisch besser behandelt und von den Ärzten > bevorzugt. > > Nicht besser aber mehr > Privatpatienten werden wegen des erzielbaren Honorars vor allem mehr > versorgt, d.h. überversorgt mit gut bezahlten Leistungen. > Häufig wird dabei auch nicht wirklich kritisch geprüft, ob die > Leistungen überhaupt nützlich im Sinne des Patienten sind. Auch > gefährliche Leistungen werden erbracht. Es zählt vor allem der vom > Leistungserbringer zu erzielende Ertrag. > > Lieben Gruß, Wolf
Lieber Wolf, ein paar Worte zu diesem großen Thema:
Es mag in Einzelfällen mal so sein, dass Privatpatienten "übertherapiert" werden, in der Regel ist es aber nicht so. Im Gegenteil: GKV-Patienten wird der Zugang zu Fachärzten durch lange Wartezeiten erschwert, manche Ärzte sind sogar ob der vielen Kassenpatienten leicht genervt, und der Zugang zur ambulanten Versorgung in den Krankenhäusern ist Kassenpatienten i.d.R. vollkommen verwehrt.
Wenn man sich - aus Laiensicht - die Landschaft aus GKV und PKV ansieht und dann feststellt: "Ja es könnte ja mal vorkommen, dass Privatpatienten sogar 'überbehandelt' werden" - dann verkennt man die Problematik.
Das ist so, als ob auf der Autobahn A4711 im Nebel eine Massenkarambolage mit vielen Verletzten und einige Toten stattfindet - und man sich über seine Stoßstange, die einige Kratzer bekommen hat, tiefschürfende Gedanken macht. Also bitte: Nicht an die Stoßstange denken, sondern mal auf das wirkliche Geschehen blicken!
------------------------------------------------------------------------------------------ Wie sieht das denn aus? (1) ------------------------------------------------------------------------------------------
In keinem anderen Land Europas gibt es zwei Gesundheitssysteme nebeneinander, ein gesetzliches und ein privates. In allen Bereichen unterscheiden sich die Leistungen:
Bei gesetzlich Versicherten muss der Arzt darauf achten, dass er das Arzneimittelbudget nicht überzieht, bei privat Versicherten nicht. Für die Behandlung von privat Versicherten wird der niedergelassene Arzt oder der Krankenhauschefarzt besser bezahlt als für die Behandlung eines gesetzlich Versicherten mit derselben Krankheit. Der privat Versicherte kann sich vom Krankenhausspezialisten ambulant versorgen lassen, ihn sozusagen als Facharzt nutzen, der gesetzlich Versicherte kann das nicht. Der privat Versicherte bekommt mehr Leistungen erstattet und hat einen besseren Zugang zum System, ob bei der Lasertherapie gegen Kurzsichtigkeit oder bei der Physiotherapie gegen Arthrose. Dennoch beteiligt er sich mit seinen Versicherungsbeiträgen in keiner Weise an den Kosten der Solidargemeinschaft der gesetzlich Versicherten – seine einzige Solidargemeinschaft sind die anderen privilegierten privat Versicherten.
Die Bezieher kleiner Einkommen, fast alle Sozialhilfeempfänger und Arbeitslosen (heute ja „Hartz-IV-ler“ genannt), fast alle Migranten und fast alle Menschen mit Behinderungen sind gesetzlich versichert. Für all diese Gruppen gilt aus ganz unterschiedlichen Gründen, dass sie im Durchschnitt höhere Ausgaben im Gesundheitssystem verursachen, als mit ihren einkommensabhängigen Beiträgen bezahlt werden könnten.
----------------------------------------------------------------------------------------- Wie sieht das denn aus? (2) -----------------------------------------------------------------------------------------
Für den einzelnen Bürger in Deutschland bedeuten die beiden Gesundheitssysteme nebeneinander eine starke Differenzierung nach Einkommen:
Für die Geringstverdiener gibt es eine Versorgung, die mit relativ geringer Bezahlung - dem Mindestsatz - abgegolten ist. Angestellte und mittelgut verdiende bekommen dieselbe Gesundheitsversorgung, müssen aber dafür aber auch erheblich einzahlen. Sie zahlen dabei zu etwa einem Drittel die Kosten für die Geringverdiener und Rentner mit. Für Bestverdiener und Millionäre hingegen gibt es die PKV. Sie zahlen i.d.R. auch viel ein, tun aber nur für sich selbst. Sie werden deshalb zuvorkommender behandelt und in den Unikliniken und Spezialzentren stehen ihnen alle Türen offen. Also für "richtig gut Betuchte" (ca. ab 100.000 Netto) ist unser System schon das optimale System!
Was der Normal-Bürger meistens gar nicht sieht: Die duale Vergütung - einmal durch den EBM der GKV, einmal durch die GOÄ der PKV - dadurch entstehen erhebliche Verzerrungen, die Ressourcen durch Fehlallokationen verprassen und unser Gesundheitssystem teuer und ineffizient machen.
------------------------------------------------------------------------------------------ Wenn das aktuelle Gesundheitssystem so schlecht ist, warum konnte es sich bis jetzt erhalten? (3) ------------------------------------------------------------------------------------------
Ja, diese Frage stellt sich sofort. Die Antwort ist: Die Lobby der PKVen, die Ärzte-Lobby und auch viele "Privilegierte" haben großen Einfluss und tun alles, um die Privaten Krankenversicherungen zu erhalben. Die PKVen deshalb, weil das ihr Geschäftsmodell ist. Die Ärzteverteter deshalb, weil sie glauben, dass sie ohne Privatpatienten weniger verdienen würden. Die "Privilegierten" - das sind eben diejenigen, die extrem gut verdienen, die meist Entscheidungsträger in Deutschland sind und deren Wort in den Medien gehört wird. Also höhere Angestellte, Manager, hohe Juristen usw. Z.B. sind fast alle Bundestagsabgeordnete privat versichert.
Warum wohl?
Diese Leute sehen für sich persönlich natürlich keine Veranlassung, das derzeitige Gesundheitssystem zu ändern.
Trotzdem haben viele Bürger und manche Politiker inzwischen erkannt, dass unser Duales Gesundheitssystem ineffizient und ungerecht ist. Ja, dass es einem demokratischen Staat überhaupt nicht zuträglich sein kann. Deshalb will inzwischen die Mehrheit der Parteien, das sind LINKE, Grüne + SPD, sogar die Piratenpartei (also wir), das jetztige System abschaffen und eine Bürgerversicherung einführen.
Einen lieben Gruss, Syna. -- AG-Gesundheitswesen mailing list AG-Gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de https://service.piratenpartei.de/listinfo/ag-gesundheitswesen |
- Re: [AG-Gesundheit] Privatpatienten, (fortgesetzt)
- Re: [AG-Gesundheit] Privatpatienten, syna, 12.11.2013
- Re: [AG-Gesundheit] Privatpatienten, Dr. Forster, 12.11.2013
- Re: [AG-Gesundheit] Privatpatienten, wdt, 14.11.2013
- Re: [AG-Gesundheit] Privatpatienten, Dr. Forster, 12.11.2013
- Re: [AG-Gesundheit] Privatpatienten, Dr. Forster, 12.11.2013
- Nachricht nicht verfügbar
- Re: [AG-Gesundheit] Privatpatienten, wdt-als-aeb, 14.11.2013
- Re: [AG-Gesundheit] Privatpatienten, syna, 15.11.2013
- Re: [AG-Gesundheit] Privatpatienten, wdt, 15.11.2013
- Re: [AG-Gesundheit] Privatpatienten, Wolfgang Gerstenhöfer, 15.11.2013
- Re: [AG-Gesundheit] Privatpatienten, Dr. Andreas Forster, 18.11.2013
- Re: [AG-Gesundheit] Privatpatienten, syna, 15.11.2013
- Re: [AG-Gesundheit] Privatpatienten, wdt-als-aeb, 14.11.2013
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- Re: [AG-Gesundheit] Privatpatienten, Bernd Brägelmann, 18.11.2013
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- Re: [AG-Gesundheit] Privatpatienten, Wolfgang Gerstenhöfer, 17.11.2013
- Re: [AG-Gesundheit] Privatpatienten, Bernd Brägelmann, 16.11.2013
- Re: [AG-Gesundheit] Privatpatienten, Wolfgang Gerstenhöfer, 16.11.2013
- Re: [AG-Gesundheit] Privatpatienten, Morgan le Fay, 16.11.2013
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