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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Currency vs. Credit,

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

Listenarchiv

Re: [AG-GOuFP] Currency vs. Credit,


Chronologisch Thread 
  • From: Patrik Pekrul <patrik.pekrul AT hotmail.de>
  • To: Monika Herz <elisapirat AT googlemail.com>
  • Cc: AG AG-Geld <ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de>, "PauleJunior AT t-online.de" <paulejunior AT t-online.de>
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Currency vs. Credit,
  • Date: Sun, 1 Mar 2015 13:01:25 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>


Am 01.03.2015 um 09:51 schrieb Monika Herz <elisapirat AT googlemail.com>:

> Hallo Patrik,
> hab mal die ML mit der Suchfunktion "Freikarten" durchwühlt und eine
> Diskussion vom Sept. 2012 dazu gefunden. Damals hab ich das iwie nicht so
> recht überrissen. Bin ja nur hin und wieder ein bißchen aktiv, krieg nur
> gelegentlich was mit, deshalb Frage: wurde der Freikarten-Ansatz eigentlich
> mal gegrillt? Wenn noch nicht, könnte "man" das nich mal machen?
> Die damals angeregte Aufteilung in "Visionäre" und "Realos" ist nie
> erfolgt, oder?

Nein, damals wie heute gab es wenig Bereitschaft, sich mit dem „Geldproblem“
in fundamentaler Weise auseinanderzusetzen.

Es wurde zwar viel geschrieben, aber letztlich dominierte doch die Ansicht,
Geld ist Geld, und es ist wie es ist. Deshalb habe ich damals auch die
Wiki-Seite geschrieben, um den damaligen Diskussionsstand festzuhalten und
die Diskussion abgebrochen. Auch aktuell gilt ja jegliches Nachdenken über
„Utopien“ fast schon als Sabotage eines Erkenntnisprozesses - der allerdings
so aufgefasst wird, dass es nicht anders sein kann als es ohnehin schon ist.
Vielleicht reift ja irgendwann die Erkenntnis, dass immer das selbe
herauskommt, wenn man (fundamental) immer das selbe macht.

Wie heisst es so schön: Wenn du Sachen erleben willst, die du noch nicht
erlebt hast, musste du Dinge tun, die du noch nicht getan hast.

Anschaulich: Wir diskutieren hier über die Frage, ob man aus dem Hamsterrad
herauskommt, wenn man schneller oder langsamer läuft, ob das Hamsterrad
größer oder klein sein sollte, schwerer oder leichter, ob man es besser
schmieren oder bremsen sollte, ob man linksrum oder rechtsrum läuft. Der
Gedanken, dass man vielleicht einfach aus dem Hamsterrad aussteigen muss, ist
eine „Utopie“….

> Noch was zur Vision der "Zettel" oder "Freikarten": Klar ist das
> vorstellbar, dass jeder mit jedem auskartelt, was ihm etwas wert ist.
> Einerseits interessant. Andrerseits find ich auch Rahmenbedingungen gut. Im
> Dachverband für Geistiges Heilen gibts z.B. Richtlinie, wer als Heilerin
> dazugehören will, kann pro Stunde von Null bis max. 80 Euro verlangen. Mehr
> als 80,- ist Abzocke und mit Ethik nicht kompatibel. Schützt den Patienten.
> Und schützt auch den Heiler vor Gier und Selbst-Überbewertung. Ich find das
> gut. So was gibt mir Sicherheit UND zugleich Freiheit.

Ich denke, dass sich solche Praktiken ganz von alleine einstellen werden.
Menschen haben eine große Vorliebe für Komplexitätsreduktion, dem ordnen sie
vieles unter. Deshalb ist es ja auch so einfach, Menschen mit „Geld“ hinters
Licht zu führen - es ist halt (scheinbar) „einfach“, das genügt schon als
Totschlagargument…

> Wo wollt ich hin: In der visionären "Zettel-Wirtschaft" ;-) schöpf ich mein
> eigenes Geld und es ist gedeckt mit meiner Leistung. Bin ja freiberufliche
> Heilerin, kein Problem. Wie aber kommt die Krankenschwester im
> Angestelltenverhältnis zu ihrem Geld? Schöpft die auch ihr eigenes Geld und
> sagt, dafür leiste ich so und so viel Stunden im Krankenhaus?

Warum nicht? Aber das System muss wie gesagt nicht alles leisten, es ist Teil
eines Systems „komplementärer Währungen“ (und damit dem Gegenteil von
Komplexitätsreduktion). Angestelltenverhältnisse kann man in anderen
Geldarten vielleicht besser abwickeln (neue Baustelle).

Das Ziel der „Zettelwirtschaft“ soll es im Kern sein, die Macht des
„Geldkartells“ zu brechen, indem ihm Alternativen beigestellt werden. So
können viel mehr Menschen in gegenseitigem Austausch treten, um ihre
Bedürfnisse gegenseitig zu decken, ohne auf den „Bottleneck“ der
„Gelddrucker“ angewiesen zu sein. Denn Ziel allen Wirtschaftens ist es,
Bedürfnisse möglichst optimal zu decken - und unser Geldsystem ist nur eines
von vielen denkbaren Organisationsformen, um dieses Ziel zu erreichen. Ich
denke im 21. Jahrhundert gibt es vielleicht leistungsfähigere Systeme -
vielleicht ein bisschen komplexer (schlimm, schlimm), aber das ist für mich
per se keine Nachteil; ein Mensch ist auch eine komplexere Lebensform als
eine Amöbe, ist ist die Amöbe deshalb „besser“? Der Amazonas ist auch
komplexer als die Fichtenmonokultur, und?

> Was ist mit mir als Autorin? Ich schöpf Geld, halte mein Versprechen und
> schreib jedes Jahr ein Buch. Was ist, wenn meine Bücher den Geschmack des
> Publikums nicht treffen? Ich möcht die Vision weiterspinnen. Soll keine
> destruktive Ablehnung sein…

Wenn du ein Versprechen ablieferst, das keinen interessiert, dann wirst du
dafür wohl auch nichts bekommen. Wenn du schlecht leistest, dann schlägt sich
das in deinem (sozialen) Rating über kurz oder lang nieder, damit wird es
zunehmend schwieriger Gegenleistungen zu erhalten - wie im echten Leben.

> Und was ist mit meiner schwer behinderten Stieftochter? Kriegt die ein
> leistungsloses selbstgeschöpftes Grundeinkommen?

Es kann sich ja jemand anbieten, sich um deine Stieftochter zu kümmern, und
du (oder eine wie auch immer geartete Gemeinschaft) kompensiert diese
Leistung in anderer Form.

Letztlich ist alles möglich, was auch heute möglich ist, nur das es eben
„konkretisiert“ ist. Es wurde ja auch darüber diskutiert, dass es innerhalb
dieses Systems so etwas wie Dienstleister gibt, die Tauschketten
organisieren, Zuverlässigkeit bewerten und (so erwünscht) „Standards“ zur
Verfügung stellen. Damit erfüllen sie ganz ähnliche Funktionen wie heute die
Banken - nur, dass keiner zwangsläufig darauf angewiesen ist, im Gegensatz zu
heute. Das „Privileg“ ist gebrochen. Die Teilnehmer können auf das Angebot
soweit zugreifen, wie sie wollen, damit hätten diese Institute rein dienende
Funktion. Damit ist nicht ausgeschlossen, dass solche Institutionen auch
(Geltungs-)Macht akkumulieren können, wenn ein Großteil der Teilnehmer ihrem
Urteil vertraut - ähnlich den Ratingagenturen oder der Schufa heute - aber
dieses „Rating“ darf eben nicht Grundlage für den Zugang und die Teilnahme am
System sein. Sonst ist man wieder dort, wo wir heute sind. Aufgrund des Hangs
zur Komplexitätsreduktion besteht diese Gefahr aber natürlich.

> Mir gehts beim Visionieren im Kontext der PP darum, den damaligen Beschluss
> zum Grundeinkommen mit Erkenntnissen aus der AG anzureichern. Also
> Komplementärwährung mit GE kombinieren. Deine Freikarten gewähren schon mal
> ein bestimmtes Maß an Grundeinkommen…

Ein solches System gewährt Teilhabe unabhängig von den „Gelddruckern“,
Wirtschaften auf dezentraler Basis und erschwert so Machtmissbrauch durch
eine „Elite“, die die zentralen Schlafstellen kontrolliert, weil es diese
zentralen Schaltstellen schlicht nicht gibt. DAS ist die fundamentale Lösung
des fundamentalen Problems.



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