ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
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- From: Patrik Pekrul <patrik.pekrul AT hotmail.de>
- To: Thomas Schindler <thomas.schindler2 AT gmx.de>
- Cc: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
- Subject: Re: [AG-GOuFP] offener Brief der Piraten an die griechische Regierung
- Date: Sat, 7 Feb 2015 23:05:11 +0100
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
- List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>
Am 07.02.2015 um 12:42 schrieb Thomas Schindler <thomas.schindler2 AT gmx.de>:
> Patrik74 schrieb:
>>> Thomas Schindler <thomas.schindler2[at]gmx.de>: schrieb:
>>>> Noch einmal: Ihr könnt den Unsinn noch so oft wiederholen, aber der Lohn
>>>> einer Frisörin in Ostdeutschland hat auf die Absatzahlen von Renault
>>>> NULL Einfluss.
>>> Also, wenn man sich schon mit einzelwirtschaftlichen Betrachtungen
>>> aufhalten möchte, wenn man makroökonomische Sachverhalte diskutiert, dann
>>> erhöht sich der Absatz von Renault natürlich in dem Moment, in welchem
>>> sich die Frisörin aufgrund ihres höheren Lohnes einen Renault kauft.
>> Siehe vorigen Post. Sie kann sich auch jedes andere außereuropäische Auto
>> kaufen. Auch wenn es vielen schwerfällt das zu akzeptieren, aber die Musik
>> spielt heute außerhalb von Europa - vornehmlich in Asien. Kann man
>> ignorieren, nützt nur nichts.
> Die Nachfrage in Deutschland hat eine bestimmte Struktur deren Bestandteil
> zu einem gewissen Prozentsatz Fahrzeuge von Renault sind. Steigt die
> Nachfrage insgesamt aufgrund von Lohnerhöhungen so gibt es keinen Grund
> anzunehmen, dass nun ausgerechnet Renaults davon ausgenommen sein sollen.
Doch, den gibt es, denn mit dem Einkommen ändern sich die Präferenzen.
Jemand, der 50.000€ verdient, kauft sich vielleicht einen Renault, jemand der
500.000€ verdient, kauft sich nicht 10 Renaults, sondern einen Ferrari.
>>> Makroökonomisch betrachtet reduziert die Lohnzurückhaltung in Deutschland
>>> die Nachfrage nach Produkten anderer Eurozonenländer (z.B. griechische)
>>> auf mindestens drei Wegen:
>>> 1. Der Kurs des Euro wird nach oben gezogen, was den Export nach
>>> außerhalb der Eurozone erschwert (dass dies derzeit von der EZB durch
>>> künstliches Drücken des Eurokurses konterkariert wird entkräftet diesen
>>> Punkt übrigens nicht).
>> Wie das Beispiel des Franken oder eben die aktuelle EZB-Intervention
>> zeigt, ist der Güterverkehr für den Wechselkurs heute nicht mehr
>> maßgeblich. Wenn eine Zentralbank überhaupt noch einen Einfluss hat, dann
>> den auf den Wechselkurs.
> Dass sich über Eingriffe von Zentralbanken (oder von Großspekulanten)
> Wechselkurse manipulieren lassen bestreitet hier niemand. Dennoch ist die
> Kaufkraft einer Währung die entscheidende Basis für ihren Wechselkurs.
Beweise, statt Glaubensbekenntnisse.
> Bei einem Wechselkurs, der zur Kaufkraft der Währung passt, sollten sich
> dann auch mittel- bis langfristig keine Außenhandelsungleichgewichte
> einstellen.
Soviel zur (neoklassischen) Theorie....
> Da die Eurozone seit ihrem Bestehen eine ungefähr ausgeglichene
> Handelsbilanz hatte, ist eine dauerhafte Manipulation in eine bestimmte
> Richtung hier erst mal nicht zu diagnostizieren (die EZB fängt allerdings
> gerade damit an).
Zirkellogik, typisch für die Mainstream-VWL.
> Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass größere Lohnsteigerungen in
> Deutschland mittelfristig nicht eine gewisse Schwächung des Euro zur Folge
> gehabt hätten - mit entsprechenden positiven Folgen für die Exportfähigkeit
> der anderen Eurozonenländer.
Je höher die Löhne, desto niedriger der Wechselkurs? Was ist das denn jetzt
schon wieder für eine krude Theorie? Demnach müsste sich der Franken ja im
freien Fall befinden...
>>> 2. Deutsche Produkte verdrängen griechische Produkte von den Märkten
>>> innerhalb der Eurozone. Es ist vollkommen egal, ob z.B. deutscher Feta
>>> griechischen Feta nun aus deutschen Kühlregalen verdrängt, oder aus
>>> griechischen, oder aus Kühlregalen in anderen Teilen der Eurozone. Alle
>>> drei Möglichkeiten führen zu einem Absatzrückgang.
>> Der Preis ist selten das entscheidende Kriterium. Und das deutsche
>> Produkte griechische Verdrängen würden ist lächerlich. Auf welchen Märkten
>> konkurrieren sie denn überhaupt?
> Du willst doch hoffentlich nicht ernsthaft bestreiten, dass der Preis eines
> Produktes maßgeblichen Einfluss auf seinen Absatz hat?
Wenn der Preis ausschlaggebend wäre, müssten das iPhone und der Mac die
reinsten Ladenhüter sein. Tatsächlich aber:
http://wirtschaftsblatt.at/home/boerse/international/4647964/iPhone-6-beschert-Apple-Rekordgewinn_18-Milliarden-Dollar-in-nur
"Der Ansturm auf das iPhone 6 hat Apple Rekorde im Weihnachtsgeschäft
eingebracht. Der Gewinn im zurückliegenden Vierteljahr lag bei 18 Milliarden
Dollar (knapp 16 Mrd. Euro) - soviel hat noch kein Unternehmen in einem
Quartal verdient. Für Apple war das ein Sprung von mehr als 38 Prozent im
Jahresvergleich. Der Konzern verkaufte 74,5 Millionen iPhones nach 51
Millionen Geräten vor einem Jahr.
Das ist ein Absatz, den bisher nur Smartphone-Marktführer Samsung schaffte -
aber mit vielen günstigen Modellen im Angebot. Apple bekam dagegen dank dem
teureren iPhone 6 Plus durchschnittlich 687 Dollar pro verkauftes Telefon.
...
Die Mac-Computer waren dagegen ein Lichtblick mit einem Absatzplus von 14
Prozent im Jahresvergleich auf rund 5,52 Millionen Geräte - während der Markt
laut Analysefirma IDC um rund drei Prozent weiter schrumpfte. "
Muss wohl am Wechselkurs gelegen haben ;-)
Im übrigen sind deutsche Autos im Allgemeinen teurer als französische,
dennoch:
http://www.wiwo.de/unternehmen/auto/bmw-profitstaerkste-marke-rekordabsaetze-fuer-deutsche-autobauer-in-china/9977876.html
"Schon jedes fünfte Auto in China stammt aus Deutschland. Für Volkswagen,
BMW, Mercedes verspricht 2014 ein Rekordjahr zu werden.
...
Die deutschen Autobauer verkauften in den ersten drei Monaten so viele Autos
wie nie zuvor in einem ersten Quartal. Sie legten auch bei Umsatz und Gewinn
zu – trotz des starken Euro, der für Umsatzeinbußen in Milliardenhöhe sorgte.
Der Dank gebührt vor allem den Kunden in China. Dort legten die Verkäufe der
deutschen Autobauer um 17 Prozent zu. Der chinesische Gesamtmarkt wuchs nur
um 9 Prozent, sodass die deutschen Autokonzerne ihren Marktanteil auf 21,8
Prozent steigern konnten – ein neuer Rekordwert."
Wahrscheinlich ist der Euro für Renault zu stark und für die deutschen
Autobauer zu schwach, richtig? ;-)
>
>>> Deshalb ist es auch irrelevant, ob Deutschland und Griechenland nun ein
>>> großes bilaterales Handelsvolumen haben oder ein kleines.
>> Nein, dass ist von ganz entscheidender Bedeutung, denn genauer dieser
>> Unsinnige vergleich wird nahegelegt: Wären deutsche Löhne höher, würde
>> mehr aus Griechenland importiert. Ist aber nicht (zwangsläufig) so.
> Weil es anscheinend schwierig zu verstehen ist, hier mal ein konkretes
> Beispiel (mit fiktiven Werten):
> Szenario 1:
> Frankreich exportiert für 100 Millionen Rotwein und Champagner nach
> Griechenland. Griechenland exportiert im Gegenzug Feta für 100 Millionen
> nach Frankreich. Deutschland betreibt keinen Außenhandel.
> -> Alle Handelsbilanzen sind ausgeglichen, niemand hat ein Problem.
>
> Szenario 2:
> Deutschland verdrängt mit billigem Feta made in Germany den griechischen
> Feta vom französischen Markt.
> Deutscher Exportüberschuss 100 Millionen.
> Frankreichs Handelsbilanz: nach wie vor ausgeglichen
> Griechenlands Handelsbilanz: mit 100 Millionen im Minus.
>
> In beiden Szenarien ist das Außenhandelsvolumen zwischen Griechenland und
> Deutschland gleich Null.
> Dennoch hat der deutsche Exportüberschuss die griechische Handelsbilanz ins
> Minus gedreht.
>
> Und: Nein, das ist nicht "konstruiert", sondern beschreibt den Mechanismus,
> über den deutsches Lohndumping die Konkurrenzfähigkeit anderer
> Eurozonenstaaten schädigt - ganz unabhängig vom Volumen der jeweiligen
> bilateralen Handelsbilanzen.
> Die deutsche und die griechische Wirtschaft konkurrieren dabei auf allen
> Märkten weltweit.
Aha, nenn mir einen griechischen Autohersteller oder Maschinenbauer von
Weltrang.
> Wenn du dir mal die Mühe machst, bei Wikipedia die Struktur der
> griechischen Wirtschaft anzuschauen
> (https://de.wikipedia.org/wiki/Griechenland#Wirtschaft), dann wirst du
> feststellen, dass es außer ein paar exotischen Früchten und Oliven kaum
> einen Wirtschaftsbereich in Griechenland gibt, dem aus Deutschland keine
> Konkurrenz gemacht wird.
Ich habe den Einruck, dass von uns beiden ich eher derjenige bin, der
faktenbasiert argumentiert, aber vielen Dank für den Hinweis....
>>> 3. Der aus der deutschen Lohnzurückhaltung resultierende Exportüberschuss
>>> führt dazu, die extreme wirtschaftliche Schieflage, in der sich
>>> Deutschland in Wirklichkeit befindet, zu kaschieren. Wenn uns die 220
>>> Milliarden Auslandsnachfrage, die unserem Leistungsbilanzüberschuss
>>> entsprechen, im Binnenmarkt fehlen würden, wäre die Arbeitslosenquote
>>> satt im zweistelligen Bereich.
>> Nur gibt es keinen sachlichen Grund, warum es grundsätzlich falsch sein
>> sollte im Ausland zu verkaufen. Was Ausland ist, und was nicht, ist eine
>> relativ willkürliche Festlegung.
>>> Rufe nach einer Steigerung der Nachfrage hätten dann vielleicht eher eine
>>> Chance, Gehör zu finden. Stattdessen "geht es uns gut", und der deutsche
>>> Nachfragemangel wird in den Rest der Eurozone exportiert.
>> Das klingt jetzt so verquer, dass es überdeutlich wird, wie konstruiert
>> das Argument ist.
> Dass Deutschland einen gigantischen Nachfragemangel aufzuweisen hätte, wenn
> es den Exportüberschuss von 220 Milliarden Euro nicht hätte, ist wohl
> unbestreitbar.
> Dass dieser Nachfragemangel zu einem guten Teil durch den deutschen
> Exportüberschuss auf den Rest der Eurozone verlagert wird, sollte ja wohl
> auch klar sein.
Befass dich mit der Realität. Die Eurozone nimmt als Absatzmarkt in der
Bedeutung zunehmend ab, die wachsenden Exporte gehen nach Asien. Wenn
überhaupt müssten wir also mehr aus Asien importieren.
Fakten:
http://www.welt.de/wirtschaft/article113496041/Deutschland-emanzipiert-sich-von-der-Euro-Zone.html
"Die deutschen Exporteure haben der Krise erneut getrotzt und 2012 so viel
ins Ausland verkauft wie nie zuvor. Allerdings verliert ausgerechnet das
Geschäft mit den Euro-Ländern rapide an Bedeutung. Das geht aus Berechnungen
des Statistischen Bundesamtes hervor, die der "Welt" vorliegen. Demnach sank
der Anteil der Euro-Länder an den deutschen Ausfuhren im vergangenen Jahr auf
37,5 Prozent – im Jahr 1991 betrug er, auf die Vergleichsbasis der heutigen
Euro-Zone umgerechnet, noch 51,6 Prozent.
...
Dass die Euro-Länder für die deutschen Exporteure zusehends an Bedeutung
verlieren, zeigt auch der Blick auf die absoluten Zahlen der
Gesamtjahresstatistik. Wie schon im Vorjahr lagen die Ausfuhren in
Drittländer auch 2012 höher als die Ausfuhren in Euro-Länder. Diese betrugen
411,9 Milliarden Euro – in die Drittländer außerhalb von EU und Euro-Zone
gingen hingegen Ausfuhren im Wert von 471,7 Milliarden. Nach Ansicht von
Ökonomen wird sich dieser Trend in den kommenden Jahren fortsetzen. Zum einen
dürfte die USA wieder eine größere Rolle spielen. Doch insbesondere die
Schwellenländer Asiens werden als Exportadresse für Deutschlands Unternehmen
immer wichtiger, während der Anteil der Euro-Länder am Auslandsumsatz
deutscher Unternehmen künftig weiter sinken wird."
Vergiss die Euro-Zone, das ist eine ökonomische Totgeburt, deren einziger
Zweck es ist, den europäischen Staaten die Währungshoheit, und damit einen
wichtigen Teil ihrer Souveränität zu entreißen - und wie man sieht
erfolgreich. Wirtschaftspolitik wird nicht (mehr) in den Parlamenten, sondern
in der EZB gemacht. Und wer nicht spurt, wird sanktioniert.
> Neuerdings versucht man den Euro so weit zu schwächen, dass auch die
> Eurozone insgesamt einen Exportüberschuss aufbaut. Damit verlagert man das
> Problem in den Rest der Weltwirtschaft. Lösen tut man es damit allerdings
> nicht.
Das lustige am Euro ist, dass er seit Einführung nie den "richtigen" Kurs
hatte, mal zu hoch, mal zu niedrig.... Vielleicht ist der Euro insgesamt
einfach nur eine bekloppte Idee?
- Re: [AG-GOuFP] offener Brief der Piraten an die griechische Regierung, (fortgesetzt)
- Re: [AG-GOuFP] offener Brief der Piraten an die griechische Regierung, Patrik Pekrul, 06.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] offener Brief der Piraten an die griechische Regierung, Christoph Mayer, 07.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] offener Brief der Piraten an die griechische Regierung, Arne Pfeilsticker, 06.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] offener Brief der Piraten an die griechische Regierung, Christoph Mayer, 06.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] offener Brief der Piraten an die griechische Regierung, Patrik Pekrul, 06.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] offener Brief der Piraten an die griechische Regierung, MikeTM, 05.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] offener Brief der Piraten an die griechische Regierung, Thomas Schindler, 07.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] offener Brief der Piraten an die griechische Regierung, Monika Herz, 07.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] offener Brief der Piraten an die griechische Regierung, Patrik Pekrul, 07.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] offener Brief der Piraten an die griechische Regierung, Patrik Pekrul, 07.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] offener Brief der Piraten an die griechische Regierung, Patrik Pekrul, 07.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] offener Brief der Piraten an die griechische Regierung, Patrik Pekrul, 07.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] offener Brief der Piraten an die griechische Regierung, Monika Herz, 08.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] offener Brief der Piraten an die griechische Regierung, Piratos, 08.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] offener Brief der Piraten an die griechische Regierung, Monika Herz, 08.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] offener Brief der Piraten an die griechische Regierung, Piratos, 05.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] offener Brief der Piraten an die griechische Regierung, MikeTM, 05.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] offener Brief der Piraten an die griechische Regierung, Patrik Pekrul, 05.02.2015
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