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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Positive Rückkopplung

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Positive Rückkopplung


Chronologisch Thread 
  • From: Nicolai Haehnle <nhaehnle AT gmail.com>
  • To: Rolf Müller <rolf.mueller9 AT t-online.de>
  • Cc: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Positive Rückkopplung
  • Date: Mon, 20 Feb 2012 21:38:22 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Hallo Rolf,

2012/2/20 Rolf Müller <rolf.mueller9 AT t-online.de>:
> in einer inhaltlichen Diskussion der Attac Bundes AG Geldsystem habe ich
> folgende Hypothese formuliert:
>
> Höhere Renditeerwartungen beim Finanzmarkt führen zu einem Abfluß von
> Geld aus dem Realwirtschaftlichen Geldkreislauf zum
> Finanzwirtschaftlichen Geldkreislauf. Der Staat versucht die zunehmende
> Unterversorgung der Realwirtschaft mit Liquidität durch Geldschöpfung,
> also Staatsverschuldung, zu kompensieren.

Was genau ist der "Finanzmarkt" in dieser Beschreibung? Und woher
kommen die Profite?

Oberflächlich gesehen sieht es für mich so aus, als könnte etwas in
dieser Richtung zumindest für Blasenbildung relevant sein, aber ich
würde es doch gerne etwas besser verstehen.

Vorsicht mit der Vermengung von Begriffen wie Liquidität,
Geldschöpfung, und Staatsverschuldung. Den Satz, wie du ihn oben
geschrieben hast, würde ich so nicht unterschreiben. Deswegen
bevorzuge ich auch, über konkrete Zahlungs- und Bilanzvorgänge zu
sprechen, als mit wolkigen Begriffen um mich zu werfen. Dazu nachher
noch mehr.

> Da das Gefälle der
> Renditeerwartung nicht behoben ist, führt ein solcher Zufluß von Geld in
> den Realwirtschaftskreislauf (höhere Verfügbarkeit von liquidem Geld)
> dazu, daß der Abfluß in den Finanzmarktkreislauf sich beschleunigt. -
> Dort kann die Transformation des liquiden Geldes in neue Finanzprodukte
> (Geldvermögen) befeuert werden. Der Abstand zwischen höheren Profiten in
> der Finanzwirtschaft im Verhältnis zu den Profiten der Realwirtschaft
> vergrößert sich.

Warum vergrößert sich dieser Abstand der Rentabilität? Das verstehe ich nicht.

> Der Staat versucht in der Folge noch mehr Geld zu
> schöpfen um den beschleungten Abfluß aus der Realwirtschaft zu
> kompensieren...

Bei jeder Blasenbildung muss man ja die Frage stellen: woher kommt das
Geld, das die Blase ermöglicht? Auch ohne private Geldschöpfung sind
Blasen leicht möglich, wenn sich die Gruppe der Interessierten
ausweitet: ein bestimmtes Objekt wirkt gut, dadurch werden neue
Anleger aufmerksam, die ihr Geld zu diesem Objekt hinlenken, dadurch
steigt der Preis des Objekts, was den Anschein von Rendite erweckt,
und dadurch werden wieder neue Anleger aufmerksam.

Das hört dann auf, wenn jeder einmal das Objekt gekauft hat, und alle
bis auf einen das Objekt wieder verkauft haben. Der letzte bleibt dann
auf dem Objekt sitzen, nachdem er viel zu viel dafür bezahlt hat.

Gibt es eine Möglichkeit, die Blase trotzdem am Leben zu erhalten?

Und im Übrigen: was bedeutet eigentlich Abfluss? Wohin fließt das Geld
deines Erachtens? "In die Finanzmärkte" ist mir zu vage. Ich als
Privatmensch kann ja zum Beispiel durchaus der Ansicht sein, dass ich
mit meinem Geld am besten Anteile von irgendwelchen Fonds kaufe. Dann
fließt Geld zu diesen Fonds, und ich "spare" gleichzeitig.

> Empirisch spricht ja nix gegen die Hypothese. Zunehmend steigendes
> Geldvermögen, zunehmend steigende Staatsverschuldung und Unterversorgung
> der Realwirtschaft mit liquidem Geld.

Wieso, die Realwirtschaft ist gut mit Liquidität versorgt. Das
eigentliche Problem ist die Nachfrageschwäche - aber das sind zwei
verschiedene Dinge, die man nicht verwechseln darf:

Bei Liquidität geht es darum, dass ein Unternehmen, das im Grunde eine
solide Bilanz hat, auch Giralgeld für den Zahlungsverkehr benötigt und
dieses von Banken zur Verfügung gestellt bekommen sollte.

Bei Nachfrage geht es darum, dass ein Unternehmen auch jemanden
braucht, der seine Produkte kauft. Ansonsten geht es pleite.

> Da in der vorgenannten Diskussionsrunde diese Hypothese mit Interesse
> aufgenommen wurde, wage ich ohne tiefere Kenntnisse der Geldtheorien,
> auch in dieser ML, diese Hypothese zur Diskussion zu stellen.

Gerne. Aber wie gesagt, ich würde das doch gerne besser verstehen.
Insbesondere würde ich gerne verstehen, woher besagte
Finanzmarkt-Profite kommen.

> @Nicolai
> @Axel
> Welchen Geldtheoretischen Richtungen folgt aktuell die Bundesregierung
> (Insbesondere hinsichtlich Quantitätstheorie/Neutralität des Geldes)?
> Ackermann hat ja in seiner Dissertation 'Einfluss des Geldes auf das
> reale Wirtschaftsgeschehen - eine theoretische Analyse', 1977 das heute
> vorherrschende Axiom der Neutralität des Geldes verneint. - Ich habe
> gerade erst begonnen es zu lesen.

Die Bundesregierung folgt zumindest für die Öffentlichkeit sichtbar
einfach nur der Theorie "der Staatshaushalt ist wie der Haushalt der
schwäbischen Hausfrau".

Die Neutralität des Geldes halte ich für groben (und gefährlichen,
weil in die Irre führenden) Unfug.

> Von dem Arbeitstreffen der Attac Bundes-AG Geldsystem werde ich am
> nächsten Mittwoch im Mumble berichten.

Danke!

Schöne Grüße,
Nicolai
--
Lerne, wie die Welt wirklich ist,
aber vergiss niemals, wie sie sein sollte.




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