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schiedsgericht-koordination - [Schiedsgericht-Koordination] Antragsdiskussion BPT (hier: SAÄ zu Schiedsgerichten)

schiedsgericht-koordination@lists.piratenpartei.de

Betreff: Schiedsgericht-Koordination

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[Schiedsgericht-Koordination] Antragsdiskussion BPT (hier: SAÄ zu Schiedsgerichten)


Chronologisch Thread 
  • From: Simon Gauseweg <simon.gauseweg@junge-piraten.de>
  • To: Landesverband Brandenburg <brandenburg@lists.piratenpartei.de>, schiedsgericht-koordination@lists.piratenpartei.de
  • Subject: [Schiedsgericht-Koordination] Antragsdiskussion BPT (hier: SAÄ zu Schiedsgerichten)
  • Date: Mon, 29 Jun 2015 01:05:18 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/schiedsgericht-koordination>
  • List-id: Schiedsgericht-Koordination <schiedsgericht-koordination.lists.piratenpartei.de>

Hallo!

Zum nahenden Bundesparteitag in Würzburg gibt es insg. 36 Satzungsänderungsanträge.

Fünf davon betreffen die Schiedsgerichtsbarkeit, namentlich die SAÄ 15, 16, 20, 21 und 34. Im Folgenden möchte Ich diese Anträge kurz vorstellen und um Eure Stimme für bzw. gegen diese Anträge bitten.

tl;dr: Bitte lehnt die Anträge einfach alle ab. Sie machen es Euren Schiedsgerichten nur schwerer. Danke.

1.) SÄA 15, "Befangenheit in der SGO neu regeln"
<http://wiki.piratenpartei.de/Antrag:Bundesparteitag_2015.1/Antragsportal/S%C3%84A015>
Der Antrag schreibt im Großen und Ganzen die ZPO (Zivilprozessordnung) zu Befangenheit ab. Das ist prinzipiell nicht schlecht, allerdings sind diese Fälle, soweit Ich das wahrgenommen habe, nach einhelliger Meinung der Schiedsgerichte ohnehin allgemeine Grundsätze sind. In diesen Fällen wurden die Richter bislang grundsätzlich ausgeschlossen oder haben sich selbst abgelehnt.

Das Mittel der Selbstablehnung (über die bislang auch das Gericht entschieden hat, das war kein Automatismus!) soll nun entfallen, warum den Richtern dieses das Ehrenamt besonders schützende Recht aberkannt werden soll, wird nicht begründet.

Die Möglichkeit der unmittelbaren Beschwerde gegen Befangenheitsanträge wird zu einer weiteren Explosion der Verfahren beim Bundesschiedsgericht führen. Wer sich die Fallzahlen ansieht (im Schnitt pro Woche mehr als ein Urteil!), kann sich vorstellen, was das für dessen (ehrenamtliche) Angehörige bedeutet.

Zum Schluss: Der Antrag wurde auf der Koordinationsmailingliste der Schiedsgerichte kürzlich diskutiert, da das BuVo-Justiziariat um "Stellungnahme so schnell wie möglich" gebeten hatte. Die unter aktiven Schiedsrichtern unwidersprochene Meinung war: Nein. Dass das Justiziariat die zahlreichen Argumente in eine Überarbeitung des Antrags einbezogen hätte, kann Ich derzeit nicht erkennen. Tja.


2.) SÄA 16: Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
<http://wiki.piratenpartei.de/Antrag:Bundesparteitag_2015.1/Antragsportal/S%C3%84A016>
Zunächst formal: "an geeigneter Stelle einfügen" ist etwas, das PIRATEN wohl nie lernen werden. Der Antrag ist bereits zu unbestimmt. Dass die Antragsteller sich vorliegend nicht einmal die Mühe machten, einen geeigneten Punkt zu suchen, an den sie den Paragraphen einfügen wollten, spricht mE Bände.

Auch die Behauptung, dass es eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in der Piratenpartei nicht gäbe, ist falsch; das LSG Brandenburg hat das ein paar Mal (unwidersprochen) gemacht. Auch, weil die Widereinsetzung in den vorigen Stand ein allgemeiner Prozessgrundsatz ist.

Diese Satzungsänderung braucht es auch nicht.

Zum Schluss: Der Antrag wurde auf der Koordinationsmailingliste der Schiedsgerichte kürzlich diskutiert, da das BuVo-Justiziariat um "Stellungnahme so schnell wie möglich" gebeten hatte. Die unter aktiven Schiedsrichtern unwidersprochene Meinung war: Nein. Dass das Justiziariat die zahlreichen Argumente in eine Überarbeitung des Antrags einbezogen hätte, kann Ich derzeit nicht erkennen. Tja.


3.) SÄA 20: "Verfahrensstraffung: mündliche Verhandlung als Regelfall"
Dieser Antrag wird nicht zu einer Verfahrensstraffung führen. Im Gegenteil. Er nimmt eine vorherige Änderung, die zu einer Straffung der Verfahren führte (nämlich den Grundsatz des schriftlichen Verfahrens) zurück.

In einer alten Fassung der Schiedsgerichtsordnung (das Stichwort "Netznotar" sagt hier vielleicht noch jemandem etwas) war der Grundsatz der mündlichen Verhandlung noch gesetzt. Das führte dazu, dass umfangreich Termine bestimmt und Ladungsfristen eingehalten werden mussten, was ein Verfahren schon einmal grundsätzlich in die Länge zieht. In den mündlichen Verhandlungen ergab sich auch regelmäßig wenig neues, da PIRATEN dazu neigen, nicht über den Sachverhalt, sondern über die Rechtsfolgen streiten. Mein persönlicher Eindruck ist hier, dass regelmäßig beide Seiten gleichermaßen im Unrecht liegen, weswegen eine mündliche Verhandlung schon deswegen wenig Neues bringen mag.

Schließlich wird angeführt, dass, um "Überraschungsentscheidungen" zu vermeiden, das Gericht in der mündlichen Verhandlung die Gelegenheit bekäme, eine vorläufige Rechtsauffassung zu äußern. Das ist auch im schriftlichen Verfahren möglich und wird auch so praktiziert.


4.) SÄA 21: "Verfahrensstraffung: keine Rechtsverweigerung bei Eilsachen"
Es mag sympathisch anmuten, die Verfahren schneller von einem arbeitsunwilligen Gericht (man munkelt ja, in gewissen südlichen Landesverbänden sei es in letzter Zeit üblich gewesen, unliebsame Verfahren einfach liegen zu lassen…) wegzunehmen. Allerdings müssen dann auch Untätigkeitsbeschwerden erhoben werden (ist meines Wissens nach nicht immer passiert) und irgendein anderes LSG muss die Arbeit machen.

Anstatt in der Schiedsgerichtsordnung vorzusehen, dass arbeitsunwillige Schiedsgerichte ihre "Giftakten" schneller vom Tisch bekommen, sollte man meiner Ansicht nach lieber Schiedsrichter wählen, die entweder ihre Arbeit erledigen, oder zurücktreten.


5.) SÄA 34: "Ordnungsmaßnahmen und deren Folgen"
Dieser Antrag hebt den Unterschied zwischen "einfachen" und "gerichtlichen" Ordnungsmaßnahmen de facto auf: Zwischen einer Ordnungsmaßnahme, die durch ein Gericht angeordnet und einer, die durch ein Gericht (zwei Gerichte…) bestätigt werden muss, besteht kaum ein Unterschied.

Dabei ist diese Vorschrift weitgehend unnötig: Verwarnungen haben keinerlei weitere Wirkung, außer, dass sie existieren. Eines gesonderten, gerichtlichen Rechtschutzes bedarf es hier nicht; einzig das Ego des Betroffenen könnte zu Schaden kommen, wäre eine Verwarnung zunächst "wirksam" und würde später angefochten. Ähnlich könnte es hier beim Verweis aussehen; ob ein Verweis einfach eine Verwarnung mit anderem Namen oder eine Verwarnung mit tatsächlichen Nebenfolgen ist, ist meines Wissens nach nicht ausdiskutiert/-entschieden. Ob es hier also einer Satzungsänderung bedarf, ist sehr fraglich.

Schließlich bleiben Enthebung und Aberkennung der Fähigkeit, ein Parteiamt zu bekleiden.
In einigen Landesverbänden sind diese tlw. bereits gerichtliche (und keine einfachen) Ordnungsmaßnahmen, weswegen einerseits der Regelungsbedarf entfällt, andererseits Schwierigkeiten in der Homogenität der Satzungen auftreten.
Hier stellt sich die Lage schwieriger dar, als vom SÄA erfasst: Würde eine Aberkennung der Fähigkeit, ein Parteiamt zu bekleiden, zeitlich erst später wirksam, so ist das nur dann von Belang, wenn zwischen Anordnung der Ordnungsmaßnahme und Bestätigung eine Wahl stattfände, zu der der Betroffene kandidieren wollte (und gewählt würde). In diesem Fall wäre zu klären, ob das Amt dann behalten werden kann (da es eine Meinung gibt, dass mit einer Aberkennung der Fähigkeit ein Parteiamt zu bekleiden auch alle Parteiämter verloren gehen). Darauf geht der Antrag nicht ein.

Allenfalls bei einer einzelnen Enthebung wäre es mE sinnvoll zu diskutieren, wann diese wirksam wird (da das ggf. Auswirkungen auf Beschlüsse hat).

Der Parteiausschluss ist von der Änderung nicht berührt, was auch sinnlos wäre, da er bereits per Gesetz (PartG) vom Schiedsgericht anzuordnen ist.

Zuletzt scheitert der Antrag auch an seiner schlechten Formulierung: Eine Ordnungsmaßnahme soll erst dann wirken, "wenn der Rechtsweg innerhalb der Partei abgeschlossen ist." Das könnte implizieren, dass ohnehin auf Bestätigung zu klagen wäre. Was schließlich völlig absurd enden würde.


Vielen Dank für's Mitlesen,
vielen Dank für's Ablehnen.

Grüße,
Simon




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