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schiedsgericht-koordination - Re: [Schiedsgericht-Koordination] Nichtigkeit von Satzungsänderungen

schiedsgericht-koordination@lists.piratenpartei.de

Betreff: Schiedsgericht-Koordination

Listenarchiv

Re: [Schiedsgericht-Koordination] Nichtigkeit von Satzungsänderungen


Chronologisch Thread 
  • From: Christian Reidel <christian.reidel@piratenpartei-bayern.de>
  • To: schiedsgericht-koordination@lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [Schiedsgericht-Koordination] Nichtigkeit von Satzungsänderungen
  • Date: Thu, 22 May 2014 17:12:01 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/schiedsgericht-koordination>
  • List-id: Schiedsgericht-Koordination <schiedsgericht-koordination.lists.piratenpartei.de>

Ahoi,

Am 22.05.2014 16:44, schrieb Simon Gauseweg:
> Moin!
>
> Danke für die Urteile. Ich spiele tlw. mal etwas advocatus diaboli; ich
> hoffe, das ist okay.
>
> Am 22.05.2014 13:33, schrieb Florian 'branleb' Zumkeller-Quast:
>>> Unter welchen Umständen wird eine Satzungsbestimmung nichtig?
>> Verstoß gegen nicht dispositives/zwingendes Recht.
>>
>> Ein Blick in §§ 26 ff. BGB bzw direkt § 40 BGB ist da immer hilfreich,
>> allerdings bedenken: Dieses Vereinsrecht gilt nur subsidiär und nicht
>> alles ist 1:1 auf Parteien anwendbar, manches gar nicht.
>>
>> Zwingende Normen des PartG sind da meist wichtiger uva. direkter.
>>
>> Ein Beispiel sei hier
>> http://wiki.piratenpartei.de/Datei:BSG_2013-11-12-EA.pdf genannt.
> Ist die Bestimmung dann nichtig? Oder schlicht unanwendbar? Fällt "nur"
> die Durchführung der entsprechenden Vorschriften unter das gesetzliche
> Verbot des § 134 BGB oder bereits die Beschlussfassung? Ist die
> Beschlussfassung als Rechtsgeschäft nur formell, oder auch materiell zu
> prüfen?

Das ist aus meiner Sicht eine akademische Diskussion. Entscheidend ist,
ob und v.a. (s.u.) mit welcher Reichweite die Satzungsregelung keine
Rechtsfolgen entfaltet. Oder habe ich den Sachverhalt falsch aufgefasst?

>
>> Das LSG Hessen hat zu der Frage mal (indirekt) einiges geschrieben.
>> (…)
>> http://wiki.piratenpartei.de/Datei:LSG-HE-2013-07-06_anonym.pdf
> Vielen Dank dafür!
>
>>> Wer hat die Verwerfungskompetenz?
>> Die Parteischiedsgerichtsbarkeit, also »wir«.
>>> Warum/Woraus?
>> Wortlaut »Streitigkeiten über Auslegung und Anwendung der Satzung« des §
>> 14 Abs. 1 S. 1 PartG
> Da steht "Anwendung", nicht "Gültigkeit". Auch sonst spricht die Satzung
> meiner Kenntnis nach nirgends von "Nichtigkeit". An einer Bestimmung
> vgl. zu "Bundesrecht bricht Landesrecht" fehlt es hier. Außerdem: Kann
> ein Landesschiedsgericht oder sogar – auf die Spitze getrieben – ein auf
> Kreisebene eingerichtetes Schiedsgericht wirklich en passant eine Norm
> der Bundessatzung für NICHTIG erklären – mit Wirkung für die Gesamtpartei?

Nein. Nur wenn eine Norm allgemein (also abstrakt) geprüft wird wirkt
sich das für die Gesamtpartei aus. Wenn irgendeine Rechtsfolge mit der
Nichtigkeit einer Satzungsbestimmung begründet wird und ein
Schiedsgericht (egal welcher Ebene) dies auch so feststellt gilt diese
Aussage nur zwischen den Beteiligten ("inter partes").
Das gilt imho auch für das BSG in dieser Konstellation.

Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn die Norm selbst auf den
Prüfstand gestellt wird (bei Verfassungsgerichtsbarkeit eine abstrakte
Normenkontrolle). Inwieweit unsere SGO eine solche Klageart her gibt
wage ich zu bezweifeln, bin aber neugierig auf einen advokatus diaboli,
der das Gegenteil begründet behauptet


>
> Oder stellt es vielmehr die Rechtswidrigkeit fest, wendet deswegen nicht
> an und kommt daher zu einem anderen Ergebnis – während die Norm formell
> bestehen bleibt?
>
>>> Beispiel: Eine Satzungsbestimmung wird ex nunc nichtig, wenn die
>>> Bestimmung geändert/neu gefasst wird (lex posterior derogat legi
>>> priori).
>>
>> IIRC gab es die Grundlage, dass Satzungen nicht historisch ausgelegt
>> werden, weil einem Mitglied nicht zuzumuten ist, sich in den
>> historischen Kontext des Beschlusses einzuarbeiten. Mit der selben
>> Begründung dürfte aber dann die Änderungshistorie auch nicht
>> herangezogen werden. Ergo: Das ist keine Nichtigkeit im eigentlichen
>> Sinne, sondern ein (ex nunc gültigwerdendes) Außerkrafttreten von Recht
>> und damit ggf. von darauf aufbauenden Rechtsverhältnissen.
> Meiner Ansicht nach hat die historische Auslegung (!) mit der Gültigkeit
> (!) einer Norm nichts zu tun. Auch andere Systeme, die keine historische
> Auslegung kennen, kennen den "lex posterior"-Grundsatz; vgl. z.b. Art.
> 30, 59 WVK. Aber das nur am Rande; war ein schlecht gewähltes Beispiel…
>
> Grüße,
> Simon

VG
Bim





--
Christian Reidel - Vorsitzender Richter - Landesschiedsgericht Bayern,
Piratenpartei Deutschland http://wiki.piratenpartei.de/Benutzer:permeabel

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