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schiedsgericht-koordination - Re: [Schiedsgericht-Koordination] Austritt des Klägers

schiedsgericht-koordination@lists.piratenpartei.de

Betreff: Schiedsgericht-Koordination

Listenarchiv

Re: [Schiedsgericht-Koordination] Austritt des Klägers


Chronologisch Thread 
  • From: "LSG Bayern (Christian Reidel)" <schiedsgericht@piratenpartei-bayern.de>
  • To: schiedsgericht-koordination@lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [Schiedsgericht-Koordination] Austritt des Klägers
  • Date: Wed, 02 Apr 2014 15:02:19 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/schiedsgericht-koordination>
  • List-id: Schiedsgericht-Koordination <schiedsgericht-koordination.lists.piratenpartei.de>

Ahoi beisammen,

wir sollten die Grundsätze der Abwesenheit einer Prozeßpartei nicht mit
ihrer rechtlichen Existenz bzw. Aktiv-/Passivlegitimierung vermengen.
Daher halte ich die entsprechende Anwendung systematisch für nicht richtig.

Nachdem unsere SGO diesbezüglich nichts hergibt und in unserer
Rechtsprechung v.a. die VwGO und die ZPO analog munter angewendet
werden, ohne dass es hierzu klare Strukturen gibt (dafür soll ja auch
die SG Marina dienen) würde ich auch nicht mit der grundsätzlichen
Anwendbarkeit der ZPO argumentieren.

Im bayerischen LSG haben wir bei Erledigung der Hauptsache die Praxis,
die Prozessparteien zu befragen, ob sie eine nachträgliche Feststellung
der Rechtslage wünschen (zuletzt bei uns Amtsenthebung eines Vorstands
und anschließende Vorstandswahlen während des laufenden Verfahrens vor
mündlicher Verhandlung). Bislang wollten die Parteien auch eine
Feststellung und zwar beide.

Folgt man diesem Grundsatz müsste wohl auf ein tatsächliches oder
rechtliches Feststellungsinteresse abgestellt werden, wenn eine Partei
aus dem Verfahren (und der Piratenpartei) ausscheidet.

Hierbei gibt es drei Konstellationen:

-Austritt vor Urteilserlass nach Anhängigkeit
-Autritt nach Urteilserlass mit einem den Austretenden beschwerenden Urteil
- Austritt nach Urteilserlass mit den Antragsgegner beschwerenden Urteil.

Nachdem die Schiedsgerichtsbarkeit auch eine befriedende Wirkung haben
soll würde ich persönlich sehr stark auf ein nachträgliches
Feststellungsinteresse der nicht ausgetretenen Prozeßpartei abstellen.

Demnach käme eine Einstellung nach dem Austritt in allen Konstellationen
einer nichtöffentlichen Verhandlung in Betracht, da eine innere
Genugtuung mir nicht ausreichen würde ein mir inhaltlich nicht
zusagendes Urteil anzufechten zu können, wenn die gegnerische
Prozesspartei weggefallen ist.

Im Falle öffentlicher Verfahren würde ich stets danach fragen, ob ein
tatsächliches oder rechtliches Interesse an einer Feststellung besteht.

Beispiel: Ein Vorstand wird von einem Piraten ziemlich heftig gebasht
und beantragt deshalb ein PAV bei einem LSG. Die Verfahrensbeteiligten
stimmen einer öffentlichen Verhandlung zu und das LSG lehnt den Antrag
ab. Im Beispiel unterstelle ich, dass das Urteil des LSG inhaltlich kaum
vertretbar ist.
Nach Urteilserlass tritt der betroffene Pirat aus.

Hier würde ich ein Feststellungsinteresse des Vorstands als
Antragsteller auf Überprüfung des Urteils bejahen, weil durch die
Öffentlichkeit nicht nur der Antragsgegner, sondern auch die
antragstellenden Vorstandsmitglieder ein Interesse an der Feststellung
haben, dass sie der Situation angemessen reagiert haben.

Das Argument, dass unsere Schiedsgerichtsbarkeit nur für Streitigkeiten
zwischen Piraten zuständig ist würde ich insoweit entkräften, als zum
Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung diese Voraussetzungen vorlagen
(mussten) und eine nachträgliche Änderung der Verhältnisse nur dann
zulässig ist, wenn es geboten erscheint. Mit diesem Argument könnte man
den ausgetretenen Piraten weiterhin als Prozesspartei im Boot belassen
und würde sich im Übrigen genauso wie bei einer nachträglichen
Feststellung (ähnlich Fortsetzungsfeststellungsklage) verhalten, zu der
unsere SGO ebenfalls nichts hergibt und sich eine diesbezügliche
Rechtsprechung entwickelt.

VG
Bim



Am 02.04.2014 14:15, schrieb Melano Gärtner:
> Am 02.04.2014 13:56, schrieb Bastian:
>>> -----Ursprüngliche Nachricht-----
>>> von Melano Gärtner
>>> Gesendet: Mittwoch, 2. April 2014 13:40
>>> Betreff: Re: [Schiedsgericht-Koordination] Austritt des Klägers
>>
>>> mit dem § 330 ZPO zu argumentieren halte ich aus zweierlei Gründen
>>> zumindest fraglich :D
>>>
>>> Zum einen, Lenski stellt in Ihrem Kommentar es zumindest in Frage, ob
>>> Parteischiedsgerichte überhaupt auf Basis der ZPO handeln können.
>> Zumindest nach der Systematik schon, nur nicht als Begründung. ;)
> Gehe ich mit :)
>>
>>> Aber zum anderen für mich eigentlicher Grund, wieso der § 330 nicht
>>> anwendbar ist:
>>>
>>> Wenn ein Pirat aus der Partei ausgetreten ist, hat er noch weniger die
>>> Pflicht als es sowieso schon nicht ist, bei einer Verhandlung zu
>>> erscheinen. Dazu kommt noch, dass große Teile der Verfahren im
>>> Schriftverfahren statt finden.
>>> Da der Kläger durch seinen Austritt nicht mehr Teil des
>>> Systems ist, ist
>>> die Zuständigkeit, da es sich hier um den Kläger handelt,
>>> nicht mehr das
>>> Schiedsgericht nach § 8 V, da nach § 8 I S.2 nur Piraten und Organe
>>> Antragsberechtigt sind und durch den Austritt somit auch ein Anspruch
>>> verfallen ist.
>>>
>>> Daher würde ich zu Frage 1 sagen, der Fall auf Grund des Austritts des
>>> Klägers aus der Partei nach § 8 V i.V.m. § 8 I S.2 SGO einzustellen.
>> Gehe ich grds mit. Du hast den Einstellungsbeschluss auch im Falle, dass
>> ein Kläger verstorben ist.
>> Allerdings bindet das ParteienG lediglich den Kläger an das SG. Ist er
>> nicht mehr Mitglied, kann er vor einem ordentlichen Gericht sein Recht
>> suchen (ob das sinnvoll ist, ist eine andere Sache),
>> Reichert Rz. 5336.
> Ja da kann er tatsächlich die innerparteilichen Schritte einfach weg
> lassen und an ein ordentliches Gericht sich direkt wenden. Hmm auch eine
> Methode um die zwei parteiinternen Instanzen direkt zu umgehen ^^
>>
>>> Zu Frage 2:
>>> Ich würde sagen, da zu einem Verfahren immer einen Kläger und ein
>>> Beklagter gehören muss und dies hier nicht mehr der Fall ist,
>>> würde ich
>>> durch meine Antwort zu Frage 1 sagen, nö das Urteil ist als
>>> Gegenstandslos zu sehen.
>>> Auch wenn der Aspekt jetzt interessant wird, wenn der Kläger
>>> absichtlich
>>> ausgetreten ist um einem Urteil aus dem Weg zu gehen und nach
>>> Einstellung des Falls wieder in die Partei eintritt........
>> Siehe oben.
>>
>>> Zu Frage 3:
>>>
>>> Da kein Mitglied da keine Berufungsmöglichkeit. Hier würde
>>> ich aber auch
>>> sagen, das Urteil ist als nichtig zu betrachten, sollte es
>>> schon an die
>>> Parteien gegangen sein.
>> Ein Einstellungsbeschluss ist ja kein Urteil, da in der Sache nicht
>> entschieden wird.
>> Insofern sehe ich da kein Problem.
> Naja, du kannst auch ein Urteil zum Einstellen des Verfahrens
> aussprechen. Ist ja im Strafrecht gerne so, wenn man das Verfahren mit
> Geldauflage z.B. einstellt Siehe §§ 150 - 157 StPO
>>
>>> So haben wir das zumindest mal bei uns gemacht.
>>>
>>> Ein PAV, der Kläger ist wohl aus der Partei ausgetreten,
>>> hatte aber auf
>>> Nachfrage, da das LSG nur Gerüchte gehört hatte, nichts von sich
>>> gegeben. Wir haben das Urteil dann ausgegeben und dann kam
>>> der Beklagte
>>> an und bestätigte dann doch mal dem LSG gegenüber, dass er
>>> ausgetreten sei.
>>> Das Urteil haben wir dann für nichtig erklärt, da nachweislich der
>>> Austritt einige Zeit her war.
>> Da das SG eine Ermittlungsbefugnis hat, darf es durchaus die
>> Mitgliederverwaltung um eine Bestätigung bitten.
> Höre mir auf mit Mitgliederverwaltung... das ist das schon eine
> datenrechtliche Grauzone wenn wir uns an Personen Dritter wenden um
> personenbezogene Daten zu einem Fall erfragen und zumindest bei
> Beteiligen die kein Organ sind, haben die SG ja die Pflicht das zu tun.
> Davon abgesehen, dass ich für alle SG´s lieber einen Bundes CRM-Zugang
> haben würde, was auch den zeitlichen Aspekt dann mit ins Boot holt
>>> Jede menge Meinungen, ich liebe Jura :)
>> Stimmt.
>>
>> Bastian
>>
> Melano
>


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