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ag-gesundheitswesen - Re: [AG-Gesundheit] BGH: Ärzte dürfen sich straffrei bestechen lassen

ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de

Betreff: AG Gesundheit

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Re: [AG-Gesundheit] BGH: Ärzte dürfen sich straffrei bestechen lassen


Chronologisch Thread 
  • From: Morgan le Fay <input.output AT freenet.de>
  • To: ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-Gesundheit] BGH: Ärzte dürfen sich straffrei bestechen lassen
  • Date: Sat, 23 Jun 2012 11:23:42 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-gesundheitswesen>
  • List-id: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen.lists.piratenpartei.de>

Ich habe dazu nun einen interessanten Hinweis eines Juristen erhalten. es geht um §299 StGB.
Dort heißt es:
§ 299 StGB: Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr 
(1) Wer als Angestellter oder Beauftragter eines geschäftlichen Betriebes im geschäftlichen Verkehr einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, daß er einen anderen bei dem Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen im Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs einem Angestellten oder Beauftragten eines geschäftlichen Betriebes einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß er ihn oder einen anderen bei dem Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen in unlauterer Weise bevorzuge.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Handlungen im ausländischen Wettbewerb.
Leider wäre dieser § wegen des Analogieverbotes anscheinend nicht auf Freiberufler anwendbar.
Allerdings scheint er der Meinung zu sein, dass der Gesetzgeber diese Lücke stopfen wird.

Gruß
Harry



Am 23.06.2012 10:43, schrieb syna:

checkinger schrieb:
... ich frage mich bloss, wie die Ärzte die konkrete Verordnung der Medikamente gegenüber den Pharmafirmen nachgewiesen haben ..

Der Nachweis der tatsächlichen Verordnung ist doch wohl Voraussetzung für eine Provisionszahlung - deren Annahme durch gewissenlose Ärzte ich für absolut verwerflich halte.

Kann es sein, dass auch Datenschutz bzw. ärztliche Schweigepflicht verletzt wurden ?

Naja,

da gibt es alle Spielarten, die man sich überhaupt vorstellen kann. Die
Gängigste sind AWBs, sogenannte Anwendungsbeobachtungen:

Der Patient wird dabei nicht gefragt oder informiert, seine Daten gehen
ohne sein Wissen an die Pharmafirma. Macht die Krankenkasse bei der
Erstattung Probleme, behauptet der Arzt, die Kasse wolle Kosten sparen
und das notwendige Medikament nicht bezahlen. Oft ist der Patient so naiv
und begleicht die Differenz zum billigeren Medikament aus eigener Tasche,
ohne je zu erahnen, dass dies allein dem Arzt nützt, der damit die AWD
weiter abrechnen kann. Sie bringt in der Regel 100 bis 300 Euro je Patient.

Der Einsatz teurer Scheininnovationen, zu denen es preiswertere
Alternativen gäbe, kostete das deutsche Gesundheitssystem im Jahr 2005
1,6 Milliarden Euro. Ein Verbot der AWDs wurde in der Gesundheitsreform
2007 von der CDU/CSU blockiert.

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Ohne AWBs geht es aber auch: Üblicherweise werden von Pharma-Firmen
gerne Geschenke gemacht, ohne dass irgendwas formell vereinbart wird -
auch ohne irgendwelche schriftlichen Nachweise. Es funktioniert trotzdem.
Und es gibt natürlich alle "Zwischenformen".

Aber ich will Ärzten bitte NICHT den schwarzen Peter zuschieben. Sie
bewegen sich lediglich in einem System, in dem jeder seinen persönlichen
finanziellen Vorteil sucht. Derjenige, der das nicht macht, denkt da schnell,
dass er wohl etwas falsch macht, nicht seinen Anteil an Wohlstand
herauszuziehen in der Lage ist ...

... also es ist deshalb nötig, eine ganz andere gesetzliche Grundlage zu
schaffen.

Grüsse, Syna.





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