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ag-gesundheitswesen - Re: [AG-Gesundheit] OP-Aufklärung patientenfreundlicher gestalten

ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de

Betreff: AG Gesundheit

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Re: [AG-Gesundheit] OP-Aufklärung patientenfreundlicher gestalten


Chronologisch Thread 
  • From: Morgan le Fay <input.output AT freenet.de>
  • To: ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-Gesundheit] OP-Aufklärung patientenfreundlicher gestalten
  • Date: Wed, 04 Apr 2012 17:09:56 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-gesundheitswesen>
  • List-id: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen.lists.piratenpartei.de>



Am 04.04.2012 14:00, schrieb Martin E. Waelsch:
Ich arbeite als Arzt seit 1977 bis heute. Während dieser Zeit erlebe ich eine
Reform nach der anderen - die machen aus der Humanmedizin den Saustall.
Ja, das ist mir klar. Darum geht es mir/uns ja eigentlich auch. Keine Regierung hat sich bisher an konsequente und grundlegende Reformen gewagt, die nicht nur an Symptomen herumdoktert, sondern das Übel an der Wurzel packt.
Und man hat ganz sicher vor den Ärzteverbänden und der Pharmaindustrie gekuscht. Dass die Niedergelassenen heute da sind, wo sie sind, ist aber zum guten Teil auch ein hausgemachtes Problem, denn einerseits die Selbstverwaltung hochhalten und andererseits nach Lösungen durch die Politiker zu suchen, geht halt auch nicht. Längst hätte eine Palastrevolution stattfinden müssen, längst hätten die Ärzte ihre Zulassungen zurückgeben müssen (wir haben für unseren Optikerladen erst gar keine mehr beantragt!), längst hätte man die Funktionäre zum Teufel jagen und die KVen abschaffen müssen....aber lieber schikaniert man die Versicherten, indem man monatelange Wartezeiten zumutet, unnötige IGeL aufschwatzt, sie aussperrt und Leistungen vorenthält, die nicht mehr ins Budget bzw. Kontingent passen.
Nur - egal welchen Arzt ich dazu anspreche, zuckt man (verbal) mit der Schulter und tut so, als wären die KVen in der heutigen Form, die BÄK, von der man sich nicht vertreten fühlt und die Oberkungler im g-BA gottgegeben.
Jagt die Leute doch zum Teufel!! Das sind doch keine Interessenvertreter und kosten Euch nur Geld. Euer Geld!!!

Aber es muss auch klar sein, dass wir Piraten eine Bürgerrechtspartei sind. Und zumindest ich verstehe das Bürgerrecht bestimmt nicht so, dass man den Ärztewunsch erfüllt und hilft, Einkommen jenseits von Gut und Böse durchzuboxen, damit die Ärzteschaft geneigt ist, den Patienten wieder so zu behandeln, wie er ohnehin behandelt werden müsste. Zu diesem "Modell" gibt es auch Alternativen.

Bislang habe ich nicht erlebt, dass die Ärzte irgendeine Diskussion
indoktriniert hätten, frage mich eher, wann fangen die endlich an, sich für
medizinische Versorgung durchzusetzen.
In der Politik vielleicht nicht. Siehe Selbstverwaltung. Aber ansonsten halten sie sich doch nicht mit lauten und noch lauteren Tönen zurück.
Ich kenne einige Praxen, die tapeziert sind mit Anklagen an die pöhse Politik, die angeblich verhindert, dass Lieschen Müller schon morgen ihren Kontrolltermin bekommt und nicht erst in den Sommerferien.


Kassenzulassung zurück zu geben ist keine Lösung, denn dann wird es für die
Kassenpatienten noch weniger Ärzte geben, das kann ja wohl nicht das Ziel
sein. Zumal bedacht werden muss, dass die Kollegen, die ihre Kassenzulassung
aus Fust zurückgeben diejenigen sind, die bessere Qualifikationen und
Kompetenzen haben und sich deshalb trauen, sich auf die Privatpatienten
alleine zu verlassen. Dies e Kompetenzen gehen den GKV-Patienten dann wieder
verloren.
Die Kassenzulassung gibt sowieso kaum einer ab. Da bin ich völlig entspannt. Ohne die Kassenpatienten gingen die Lichter bei den Ärzten noch viel schneller aus. Der Patient, der gar nicht erst kommt, zahlt auch keine IGeL.

Mit Saustalldeklarationen kommen wir also nicht weiter.
Ich stehe dazu. Eine Touristin, die man mit einer schmerzhaften Augenverletzung in den Abendstunden aus einer Klinik(!) wegschickt, zu einem angeblich Dienst tuenden Arzt, der aber nicht aufzufinden ist, eine Rettungsleitstelle des DRKs, die mir nicht sagen kann, WER dieser diensttuende Arzt ist und wie man ihn erreicht, ein medizinischer Dienst, der allen Ernstes der Patientin zumutet, 25km mit einer Augenverletzung ins nächste Krankenhaus mit Augenarzt zu fahren, das nenne ich durchaus Saustall. Allein die vielen Gremien und Ausschüsse, die darüber beraten müssen, wer wann Bereitschaftsdienst macht, die fertige Liste dann aber nicht an die RLS des DRK gibt oder in Zeitungen veröffentlichen muss, das nenne ich Saustall.
Dass Patienten beim Augenarzt nach 4monatiger Wartezeit auf einen Termin wegen schlechten Sehens mit einem Fresszettel namens "Refraktionsprotokoll" weggeschickt werden, dessen Werte gar nicht der Arzt, sondern die Mitarbeiter ermittelt haben und nachdem allermeist eine kostenpflichtige und sinnfreie Tonometrie für 25 Euro durchgeführt wurde, das nenne ich Saustall.
Ich selbst habe 3 Termine bei einer Lungenfachärztin gehabt und habe die Dame bis heute nicht kennengelernt. Sind das ärztliche Leistungen? Qualitätssicherung?
Hier macht ein nichtärztliches Curriculum unter der Fuchtel eines Arztes heilkundliche Tätigkeiten, aber mir Kleindoofy von Augenoptikermeister spricht man die Fähigkeit ab, ein Brillenglas nach Verordnung einzupassen, weshalb der Arzt den Patienten wieder einzubestellen hat.
Natürlich erst im nächsten Quartal und mit neuer Teppichbenutzungsgebühr! Auch das ist ein Saustall. Und dann wundern, dass der Patient so häufig wie kaum in einem anderen Land bei den Ärzten herumhockt.
Oder nehmen wir die Ergebnisse von TI (Transparency International) zur Korruption im deutschen Gesundheitswesen. Sogar eine ehemalige Sowjetrepublik lag nicht schlechter (nein, ich habe dazu keinen Link parat; wahr ist es trotzdem).

Was sollen die Durchsetzen?

Was ist die Genugtuung, wenn man Arzt wird?
Die Genugtuung wäre eine rein persönliche Angelegenheit. Das ist nicht zu verallgemeinern und gehört nicht hierher.


-----Ursprüngliche Nachricht-----
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online.de AT lists.piratenpartei.de [mailto:ag-gesundheitswesen-
bounces+dr.m.e.waelsch=t-online.de AT lists.piratenpartei.de] Im Auftrag
von Morgan le Fay
Gesendet: Mittwoch, 4. April 2012 12:23
An: ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Re: [AG-Gesundheit] OP-Aufklärung patientenfreundlicher
gestalten



Am 04.04.2012 11:36, schrieb Martin E. Waelsch:
"... dass er
sich herablässt, nachts Kilometer zu einem "Notfall" zu fahren..."

spätestens dann, wenn einer krank ist, ist der "...Arzt vor den
Karren..." gespannt und fährt auch zum Notfall. Es gibt keine Partei
ohne Ärzte. Polemik bringt Nachts schon gar nichts.
Drohungen und Nötigungen bringen auch tagsüber nix. Auch ein
angestellter Arzt würde nachts zum Patienten fahren, oder? Es gibt
vielleicht keine Partei "ohne Ärzte", aber ganz sicher gibt es eine, in
der sie nicht mehr zu sagen haben als jeder andere Berufsstand auch.
Wer den Status quo nicht akzeptieren kann, kann noch immer seine
Kassenzulassung zurückgeben.
Übrigens habe ich ganz aktuell eine Petition als "erledigt" vom Land BW
zurückerhalten, die darauf abzielte, für einen transparenten
Bereitschaftsdienst zu sorgen. Ich habe selbst und höchstperönlich
erleben dürfen, wie sich Ärzte um den Bereitschaftsdienst drücken, mit
welcher Begründung sie sich drücken und woran es beim zuständigen
KV-Ausschuss und dem RLD scheitert.
Ein Saustall ist das!!!
Nachzulesen im medizin-forum.

"... Das "Arzt sein und Menschen helfen" wird gebunden an
Forderungen, die
man nicht (mehr) erfüllen kann und auch nicht mehr möchte..."
Wenn sich einer für das Medizinstudium entscheidet, dann will er
neben der eigenen Motiven auch wissen, welche Forderungen die
Allgemeinheit hat oder "...nicht mehr erfüllen möchte..."
Ich werde es meiner Tochter sagen, die demnächst ein FSJ im Städtischen
Klinikum K´he beginnt und danach Humanmedizin studieren wird. Übrigens
auf meinen Wunsch hin, denn leider bin ich selbst inzwischen zu alt, um
das Studium noch zu beginnen. Es wäre mir die größte Genugtuung
gewesen.

HG

Dr. med. Martin E. Waelsch
Marktstr. 13 - 17
73207 Plochingen
Tel: 07153 921931
Fax:07153 921932
Mobil: 0151 52 503 458
Skype: marell1317
Email: waelsch AT mentalnet.de
Web: http://www.mentalnet.de


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Auftrag
von Morgan le Fay
Gesendet: Mittwoch, 4. April 2012 10:15
An: ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Re: [AG-Gesundheit] OP-Aufklärung patientenfreundlicher
gestalten



Am 04.04.2012 09:17, schrieb K K:
Morgen!

Schon lange (etwa 2 Jahre) plädiere ich dafür, zumindest mal zu
diskutieren, das Modell des Freiberuflers Arzt aufzugeben und
Ärzte
zur
Versorgung der Bevölkerung zum Fixgehalt (evtl. mit
Bonus-/Malus-Regelungen) bei Kommunen, beim Land oder Bund
anzustellen.
Ja, diese freie Marktwirschaft ist schon ein Alptraum. Ich finde,
wenn
wir alles regeln und vom Staat vorgeben, muss es besser gehen!
Boah,
wieviel Zeit wir sparen könnten wenn wir so Pläne aufstellen
würden.
Vielleicht 5 Jahre mit zu erfüllendem Soll? Und boah, dann geht es
allen gut! Denn dann würde ja genau der Soll erfüllt. (warum da
noch
keiner drauf gekommen ist)
Ich möchte diese Alternative zunächst mal nur diskutieren. Du
polemisierst hier ständig, statt mal klar zu sagen, welche
vernünftigen
Gegenargumente vorzubringen sind. Da solltest Du Dir mal Dr. Forster
zum
Vorbild nehmen, der auch nicht meiner Meinung ist, aber nicht nur
herumplärrt.
Wenn es um Gesundheit der Menschen geht, hat es keine
"Marktwirtschaft"
zu geben!! Das verbietet sich allein schon aus dem heutigen SGB V,
aus
den Grundrechten und aus der ärztlichen Berufsordnung.

Im Übrigen will ich hier mal eines klarstellen: Sollte sich die
Piratenpartei von Ärzten vor den Karren spannen lassen wollen, bin
ich
raus. Die Formel "Ist der Doktor finanziell gesund, freut sich der
Patient" geht bei mir nicht durch.

Die Landarzt-Frage wäre gelöst, die Ärzte bräuchten sich nicht
mehr
eigennützige Motive unterstellen lassen, der Fond hätte ein
groooßes
Stück weit planbare Ausgaben und noch viele andere Vorteile mehr.
Ärzte würden nicht mehr 6 Jahre studieren und 5 Jahre Ausbildung
machen um dann den kleinen Mann zu melken. Ok I see that. Aber die
vielen weiteren Vorteile? Erzähl mal... ohh...
Kein Kommentar dazu. Nachdenken musst Du schon selbst.
Wer sich als Arzt nicht anstellen lassen möchte, könnte sich gerne
als
Privatarzt selbständig machen, muss sich halt als "Einzelkämpfer"
mit
eigener Praxis durchsetzen.
Hm, ist es nicht genau das, was an sich heute funktioniert? Nur
gibt
es zu wenige Ärzte, die teils auswandern oder in die freie
Wirtschaft
gehen, weil es hier zu schlecht wird? Weil es zu viel Bürokratie
gibt?
Weil sie eben das eine nicht mehr sein können für was sie 11 Jahre
Schinderei hinter sich haben? Arzt sein und Menschen helfen?

Das "Arzt sein und Menschen helfen" wird gebunden an Forderungen,
die
man nicht (mehr) erfüllen kann und auch nicht mehr möchte.
Soweit es dabei um Geld geht, muss sich jeder Arzt fragen lassen, ob
ein
persönliches Durchschnittsbruttoeinkommen von monatlich mehr als
10.000
Euro zu wenig ist und ab welchem Betrag er so zufrieden ist, dass er
sich herablässt, nachts Kilometer zu einem "Notfall" zu fahren.
Warum sollte ein Arzt, der hier für ein gutes Fixgehalt arbeiten
könnte,
ins Ausland gehen wollen? Mal abgesehen davon, dass ich diese
Mentalität
des Stammes "Nimm" gerade bei einem Arzt, der doch "Arzt sein und
Menschen helfen" will, nicht nachvollziehen kann, nachdem ihm seine
deutschen Patienten über Steuern sein Studium finanziert haben.
Nicht
die schweizerischen oder spanischen, sondern die deutschen!
--
AG-Gesundheitswesen mailing list
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