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ag-gesundheitswesen - Re: [AG-Gesundheit] Gesundheitskonto statt Zusatzversicherungen

ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de

Betreff: AG Gesundheit

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Re: [AG-Gesundheit] Gesundheitskonto statt Zusatzversicherungen


Chronologisch Thread 
  • From: Jens Braun <jens.j.braun AT googlemail.com>
  • To: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [AG-Gesundheit] Gesundheitskonto statt Zusatzversicherungen
  • Date: Tue, 13 Dec 2011 17:26:50 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-gesundheitswesen>
  • List-id: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen.lists.piratenpartei.de>

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Moin, moin,

zum Thema Inflation: Sie wird aus einem imaginären Warenkorb
berechnet. Siehe: http://de.wikipedia.org/wiki/Warenkorb

Allerdings entwickeln sich die Preise in den einzelnen Segmenten
ziemlich unterschiedlich. Während Technik in den letzten Jahrzehnten
eher günstiger wurde, (Waschmaschinen Stereoanlagen etc.), wurden die
Dinge des täglichen Bedarfs, (Lebensmittel, Heizung, Benzin) deutlich
teurer. Da ich dummerweise jede Woche tanken muss, aber nicht jede
Woche eine Waschmaschine brauche, kommt es da zu Verschiebungen.

Ich kann mich an die 90er erinnern, als die Grünen antraten mit der
Forderung Benzin solle 5 DM kosten. Welch Sturm der Entrüstung. Damals
tankte ich für 1,30 DM. Heute tanke ich für 1,50 EUR.

In sofern muss ich Robert recht geben, wenn er behauptet, die
Inflationsrate wird künstlich niedrig gerechnet. Siehe auch:
http://www.spiegel.de/wirtschaft/service/0,1518,771187,00.html

Da ich dummerweise mehr Geld für Sprit ausgebe, als für Essen (ist
tatsächlich so), belastet mich der Benzinpreisanstieg natürlich mehr.

Kommen wir zur Problematik des Spitzensteuersatzes. Dieser greift ab
einem zu versteuernden Einkommen von ca. 21.000 EUR pro Monat. Das ist
eine Menge, aber noch kein wirklich hohes Gehalt.

Meiner Meinung nach müssen wir der Entwicklung Rechnung tragen, dass
sich das Einkommen, was benötigt wird, um im „Mittelstand“ zu sein,
stetig angestiegen ist. In sofern müssen wir die Steuerprogression
verschieben. Höherer Freibetrag, höherer Spitzensteuersatz bei höherem
Einkommen. Dies hätte einen großen Effekt auf die Binnennachfrage.

In sofern auch einverstanden, bei der Aussage, die einfache Anhebung
des Spitzensteuersatzes wäre das Allheilmittel. Eventuell kann man da
eine Vereinfachung des Steuersystems diskutieren (niedrigerer
Steuersatz bei gleichzeitiger Streichung aller
Absetzungsmöglichkeiten). Dann reicht wirklich der Bierdeckel zur
Steuererklärung.

Allerdings, wer die Binnennachfrage wirklich stärken will, hat den
größten Effekt, wenn er die Sozialhilfe erhöht. Die Sparquote ist der
Feind der Binnennachfrage.

Nun aber zur Finanzierung der Leistungen der GKV: Auch ich bin sicher,
es ist genug Geld im System, es wird nur falsch verteilt:

Wenn man sich die Kostenaufstellung
http://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=bmg%2Bgkv%2Bkennzahlen&source=web&cd=1&ved=0CCoQFjAA&url=http%3A%2F%2Fwww.bmg.bund.de%2Ffileadmin%2Fdateien%2FDownloads%2FStatistiken%2FGKV%2FKennzahlen__Daten%2FGKV_Kennzahlen_Faustformeln_2011_Bund_09_2011.pdf&ei=TEvnTsyUBsWmsgaE-oWdBw&usg=AFQjCNEGunym4f5RL2Hgvq6z0ZutFJvCpQ&cad=rja
des BMG zur GKV anschaut, fällt vor Allem folgendes auf:

Die Ausgaben je Versicherten stiegen von 2000 bis 2010 um 34%. Die
Kosten der Krankenhausbehandlungen stiegen um ziemlich genau 30% in
diesem Zeitraum. Darin enthalten sind die jeweiligen Inflationsraten.
Bei diesen Ausgaben sind keine Investitionen dabei. Diese werden
gesondert finanziert. D.h. die Leistungserbringer müssen davon keine
Waschmaschinen kaufen, sondern Lebensmittel. Allein im Bereich der
Energiekosten, naturgemäß einem der größten Kostenblöcke eines
Krankenhauses im Bereich der Sachkosten, haben wir Steigerungsraten in
diesem Zeitraum von mehr als 34% (Von 2008 auf 2009 in einem
Krankenhaus, in dem ich Controller war alleine 10%.)

Wenn jemand die Zahlen hat, dann mache ich gerne mal folgende Rechnung
auf:

Kosten der Krankenhausbehandlung, bereinigt um die erbrachten
Casemixpunkte. Die sind in diesem Zeitraum auch deutlich gestiegen,
bereinigt um die Inflationsrate der Verbrauchsgüter. Ich bin mir
sicher, die Kosten pro Casemixpunkt sind in dem Zeitraum eklatant
gesunken. Anders formuliert, die Effizienz ist deutlich gestiegen.

In sofern denke ich, ist in den Krankenhäusern langsam das
Einsparpotential erschöpft. Sollte da noch was zu holen sein,
benötigen die KH das, um die Gehälter der Mitarbeiter anpassen zu können.

Im gleichen Zeitraum sind die Arzneimittelkosten um ca. 60% gestiegen.
Sie machen etwa 18,3% der Gesamtausgaben aus. Sicher hat auch die
Pharmaindustrie an den gestiegenen Rohstoffpreisen zu knabbern, aber
das ist dann doch ein wenig viel.

Wenn ich dann noch bedenke, dass die gleichen Medikamente in
Deutschland teurer sind, kann ich im Bereich der Medikamente noch
erhebliches Einsparpotential ausmachen. Dieser Bereich ist auch der
einzige Bereich der noch nicht durchs Gesundheitswesen getrieben
wurde. Jahrzehnte waren die Hausärzte schuld an den Kosten des
Systems, seit etwa 10 Jahren sind es die Krankenhäuser. Die
Pharmaindustrie hatten wir noch nicht.

Ein weitere Aspekt ist die Entwicklung der Kosten für Prävention. Im
Zeitraum von 2000 bis 2010 sind die Vorsorge- und Rehaleistungen um
11,7% gesunken. Offensichtlich ist heilen besser, als vorbeugen.

Die Ausgaben für den MDK sind im Zeitraum um 32% gestiegen, ebenso,
wie die Verwaltungskosten. Die sind um 30% gestiegen. Ich bin mir
sicher, auch da besteht Einsparpotential.

In sofern bin ich mir sehr sicher, dass es im Gesundheitswesen weitere
Einsparpotentiale gibt, ohne die Leistungen für die Versicherten zu
reduzieren. Ich sehe es sogar als unsere Pflicht an, ein möglichst
effizientes Gesundheitswesen vorzuhalten. Immerhin verheizt man dort
das Geld des Gemeinwesens. Dazu gehören für mich kreativere Lösungen,
als die derzeit in der Politik diskutierten.

Gruß
Joejoe



Am 13.12.11 12:16, schrieb Robert Stein (Bobby79):
> Ahoi,
>
> betrachtet man die ominöse Zusammenstellung des Warenkorbes, der
> für die Inflation herangezogen wird, kommt man auf diese
> abenteuerlich niedrigen Werte, die Teile der Volksseele anscheinend
> noch immer beruhigen. Allein der Anstieg der Lebensmittel-, Energie
> und Immobilienpreise spricht eine andere Sprache.
> Kostenersparnisse wurden in der Vergangenheit lediglich durch
> Lohndumping in Entwicklungsländern erreicht. Die Sparpotentiale
> sind aber weitgehend erschöpft.
>
> Es ist richtig, dass der Spitzensteuersatz nicht maßgeblichen
> Einfluss auf die Binnenkonjunktur hat, aber wer glaubt, dass es
> eine alleinige Anhebung des Spitzensteuersatzes ohne Erhöhung der
> nachgelagerten Steuersätze gibt, ist IMHO auf einen Irrweg.
>
> Um zum Thema zurückzukommen: Für die Finanzierung einer
> Gesundheitsreform einzig an der Steuerschraube zu drehen, scheint
> mir nicht zielführend. Gerade im Hinblick auf unsere bürokratische
> Verkrustung gibt es noch enorme Einsparpotentiale, die genutzt
> werden sollten, bevor wir die Kosten für die Solidargemeinschaft
> erhöhen.
>
> MfG
>
> Robert (@Pirat_Robert für Twitter)
>
> Am 13.12.2011 um 11:30 schrieb Ralf Hagen <rhagen AT vralf-hagen.de>:
>
>> Moin.
>>
>> Am 13.12.2011 10:25, schrieb Robert Stein (Bobby79):
>>> unter Kohl war das Geld einfach noch mehr wert. Wir haben seit
>>> dem Euro eine horrende Inflation, in Einzelbereichen teilweise
>>> über 100% (z.B. Benzin). Wenn der Staat heute den
>>> Spitzensteuersatz hebt, entzieht er massiv Kaufkraft und würgt
>>> die Binnenkonjunktur ab. Das gleiche passiert bei Wegfall der
>>> Deckelung.
>>
>> Wir hatten in den 80ern und vorher teils 10% Inflation p.a..
>> Bisher sind wir immer noch sehr deutlich unter 4,5%, in der Regel
>> deutlich unter 3,0%. "Horrende Inflation" sieht für mich anders
>> aus.
>> http://de.global-rates.com/wirtschaftsstatistiken/inflation/verbraucherpreisen/hvpi/deutschland.aspx
>>
>>
>>
>>
Der Spitzensteuersatz in Deutschland liegt bei 47,5%. Skandinavien,
das die Krise bisher ziemlich gut gemeistert hat, hat Steuersätze
zwischen 50,9% (SF) und 59% (DK/SE). Der Spitzensteuersatz unter Kohl
betrug 53%. Eine Angleichung mit NL(52%) oder AT(50%) ist in jedem
Fall drin; da die Senkung des Spitzensteuersatzes in Deutschland auch
keine der in sie gesetzten Erwartungen erfüllt hat, gibt es gegen den
"alten" 53%-Satz auch keine weiteren Gründe.
http://www.iv-mitgliederservice.at/upload_img_300/3799-print300.jpg
>>
>> Die Binnenkonjunktur und Kaufkraft werden nicht über den
>> Spitzensteuersatz geregelt; Spitzenverdiener setzen das Geld im
>> Gegenteil in Sparvermögen um und entziehen es somit dem
>> Wirtschaftskreislauf. Die Kaufkraft wird erhöht durch
>> Steuersenkungen in unteren und mittleren Bereichen; dies kurbelt
>> die Binnenkonjunktur an. Eine (kostenneutrale) Umschichtung mit
>> erniedrigtem Steuersatz bis zur Mittelschicht bei Erhöhung des
>> Spitzensteuersatzes ist deshalb ein probates Mittel, die
>> Binnenkonjunktur anzukurbeln und das Geld in der Wirtschaft zu
>> halten.
>>
>> Das sollte aber eher in die "AG Steuer".
>>
>>> Mir fällt innerhalb der Piratenpartei auf, dass die hohe
>>> Inflation, die wir seit Einführung des Euro erleben, gerne
>>> ignoriert wird. Eine Umverteilung muss aber erfolgen, um
>>> Reformen finanzierbar zu machen. Die großen Player müssen dafür
>>> in die Pflicht genommen werden, ohne sie aus Deutschland zu
>>> verscheuchen.
>>
>> a) Da ich die Inflation in Deutschland nicht für hoch halte,
>> ignoriere ich eine hohe deutsche Inflation genauso wie
>> französische Einhornre

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Comment: GPGTools - http://gpgtools.org
Comment: Using GnuPG with Mozilla - http://enigmail.mozdev.org/

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