ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de
Betreff: AG Gesundheit
Listenarchiv
- From: Arnold Schiller <schiller AT babsi.de>
- To: ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de
- Subject: Re: [AG-Gesundheit] Quo vadis AG Gesundheitswesen?
- Date: Sun, 18 Apr 2010 23:57:17 +0000 (UTC)
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-gesundheitswesen>
- List-id: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen.lists.piratenpartei.de>
- Organization: Piratenpartei Deutschland - Testbetrieb
Hallo,
Am Sat, 17 Apr 2010 23:16:14 +0200 schrieb Jürgen Junghänel:
> Hallo,
> so jetzt tauche ich wieder für einen Monat ab:
>
Aus Listengründen oder hat das andere Ursachen?
> Ihr versteht es nicht: vor jede Lösung eines Problems steht die
> mühseelige Analyse des Ist-Zustandes und unter welchen Bedingungen es
> dazu gekommen ist.
>
Das Gesundheitswesen ist für niemanden komplett mehr zu verstehen und wer
behauptet, er wäre Fachmann genug alles im Gesundheitswesen zu verstehen,
der lügt schlichtweg. Es gibt Fachleute, die in der Gesundheitspolitik
der letzten 50 Jahre grossgeworden sind. Zum Beispiel Karl Lauterbach:
Mit dem Doktor der Humanmedizin begannen von der Konrad-Adenauer-
Stiftung (CDU-nah) gefördert wurden im Sachverständigenrat der
Bundesregierung landeten und schliesslich als Professor durch jeden
Fernsehsender vor der Kandidatur für die SPD durchgereicht wurde. Und
schon im ersten Jahr nach seiner Wahl feststellen musste, dass was er
theoretisch vorher dachte ändern zu wollen, politisch nicht machbar ist,
da er jetzt nicht mehr Sachverständiger war, sondern Politiker.
Karl Lauterbach kommt nicht ganz grundlos auf seine Thesen, die da wären:
* Bürgerversicherung
* keine Zwei-Klassen-Medizin
* Medizinische Versorgung ausgerichtet an dem Offensichtlichen und
Kosteneffektivität
* Gesundheitsprogramme ausgerichtet nach der Einkommensverteilung und
verteilt nach Risikenzuordnung (zum Beispiel geringes Einkommen bedingt
schlechtere Ernährung und der Bildungszusammenhang zwischen der
Ernährungswohnheiten enspricht einem distributiven und allokativen
Ergebnissen, die für ein vorbeugenden Gesundheitsprogramm in diesem
Segment die grösstmögliche Wirkung versprechen lassen)
Der wesentliche Streitpunkt in der Gesundheitspolitik sind eigentlich
weniger die Analysen über den Istzustand. Ja schlimmer noch, der
Istzustand ist seit Jahrzehnten teilweise bekannt und wird mit jeder
Reform noch verschlimmert.
> Wer von Euch bei diesen Problemen jetzt ohne obiges einen einzigen
> Augenblick auf die Problemlösung verschwendet, wie ich das hier andauern
> lese, handelt unehrlich.
>
Nein, wer glaubt, dass da nur Idioten in den vergangenen 40 Jahren am
Ruder waren, der glaubt auch, dass Politiker immer Dummköpfe sind. Es mag
ja hier und da ein paar dumme Populisten geben und manche mögen
vielleicht nur mit Müh und Not ihren Studienabschluss hingelegt haben,
aber die erste Riege sind doch immer Leute, von denen man ausgehen kann,
dass der IQ über 100 ist. Der gordische Knoten wird für Leute mit hoher
Intelligen möglicherweise gerade deswegen zu einem gordischen Knoten,
weil sie ihn besser kennen als Alexander der Große. Sie kennen jeden
Winkelschlinge und jede Biegung des Kotens und können jede Verästelung im
Schlaf aufzählen und können in einer Diskussion auch jeden Neuankömmling
über die Verwicklung des gordischen Knotens genau aufklären. Ja
möglicherweise jede Schlinge und Schlingelchen auf jede feinste
Gradbiegung aufschlüsseln. Und da sie das Problem so gut kennen und
möglicherweise schon ein Leben lang versuchen den gordischen Knoten zu
lösen ist Alexanders Tat unverschämt. Die Tat ist radikal. Die Tat ist
frech. Die Tat ist dreist. Aber bestand die Aufgabe des gordischen Knoten
den darin Bestand zu haben. Welchen Zweck hatte der gordische Knoten.
Sicherlich ist es falsch einen Gegenstand zu zerstören, der einen Zweck
hat. Welchen Zweck hat das "Gesundheitssystem"?
Der Charme an den Gedanken und der Politik von Prof. David Dror für die
dritte Welt ist die konkrete Zielgerichtetheit und die Transparenz des
Systems. Man muss nicht genau ein solches System kopieren, aber auf der
anderen Seite warum nicht?
Das Gesundheitssystem als solches ist kein Selbstzweck und auch die
gesamten Verwaltungen sind kein Selbstzweck. Böse gesagt, jede
Verwaltungskraft in der Krankenkasse rette nicht einen einzigen
Versicherten vor dem Tod, das macht eher der ehrenamtliche Helfer auf dem
RTW, der dafür vielleicht einmal ein Aufwandsentschädigung bekommt. Der
vollbezahlte Berufsgenossenschaftsfachangestellte, der nachher mit der
vollbezahlten Krankenkassenfachangestellten in einem Aktenkrieg darüber
streitet, wer die Rechnung des Rettungsdienstes bezahlen soll und den
Arzt des medizinischen Dienstes zur Begutachtung einschalten woraufhin
natürlich das Gegengutachten des ärztlichen Direktors der
Berufsgenossenschaftsklinik nicht fehlen darf, ob der Rettungseinsatz
wirklich notwendig war und ob der Arbeitsweg 30cm links oder rechts vom
Unfallort endete, diese vollbezahlten Gesundheitsprofiteure haben nicht
ein einziges Leben gerettet und sind teilweise noch nicht einmal wirklich
an der Behandlung von Patienten beteiligt. Aber sie sind ein Ausfluss
eine Produktion unseres Gesundheitssystems und sie kosten Geld.
Aber sind sie Selbstzweck? Ja natürlich werden diese vollbezahlten von
dem Gesundheitssystem lebenden aufjaulen, wenn man Ihnen die Arbeit
entziehen will und da sie vollbezahlt sind, haben sie politisch dazu auch
Zeit. Ja sie werden im Zweifelsfall für die Politik Vollzeit sogar
freigestellt, während der ehrenamtliche Rettungssanitäter froh sein darf,
wenn ihn sein Chef nicht feuert, weil er mal wieder einen Einsatz hatte.
Und vielleicht eher seine Lebensrettung einstellt, weil die Produktion
für den Export sonst zum erliegen käme. Die Gesundheitsbeamten selbst
wenn sie in der Zwischenzeit keine Beamten mehr sind, retten keine Leben
und behandeln keine Kranken.
Da aber jedes ärztliche Gutachten für die Berufsgenossenschaft oder für
die Krankenkasse mehr Geld einbringt als die Behandlung auch nur eines
einzigen Patienten, wird auch jeder der dort Beteiligten sich von den
Pfründen nicht wegdrängen lassen. Und diese Leute wie Karl Lauterbach
werden sich so gut in dem System auskennen, dass man in der Diskussion
keine auch gar keine Chance hätte. So detailiert, wie diese
Sachbearbeiter in Detailbereichen und sei es, was auf dem Weg zum
Arbeitsplatz dazugehört oder nicht, so detailiert wird sich kein
Politiker jemals auskennen.
Wenn er sich in dieses Gestrüp des gordischen Knotens des
Gesundheitssystems begibt, hat er meines Erachtens verloren.
They beat you!
Grüße,
Arnold
- Re: [AG-Gesundheit] [AG Gesundheitswesen] Quo vadis AG Gesundheitswesen?, (fortgesetzt)
- Re: [AG-Gesundheit] [AG Gesundheitswesen] Quo vadis AG Gesundheitswesen?, Morgan le Fay, 17.04.2010
- Re: [AG-Gesundheit] [AG Gesundheitswesen] Quo vadis AG Gesundheitswesen?, Jürgen Junghänel, 17.04.2010
- Re: [AG-Gesundheit] Quo vadis AG Gesundheitswesen?, Arnold Schiller, 17.04.2010
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- Re: [AG-Gesundheit] Quo vadis AG Gesundheitswesen?, Privacy, 17.04.2010
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- Re: [AG-Gesundheit] Quo vadis AG Gesundheitswesen?, Privacy, 17.04.2010
- Re: [AG-Gesundheit] Quo vadis AG Gesundheitswesen?, Privacy, 17.04.2010
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- Re: [AG-Gesundheit] Quo vadis AG Gesundheitswesen?, Arnold Schiller, 17.04.2010
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- Re: [AG-Gesundheit] [AG Gesundheitswesen] Quo vadis AG Gesundheitswesen?, Jürgen Junghänel, 17.04.2010
- Re: [AG-Gesundheit] [AG Gesundheitswesen] Quo vadis AG Gesundheitswesen?, Morgan le Fay, 17.04.2010
- Re: [AG-Gesundheit] [AG Gesundheitswesen] Quo vadis AG Gesundheitswesen?, Privacy, 17.04.2010
- Re: [AG-Gesundheit] [AG Gesundheitswesen] Quo vadis AG Gesundheitswesen?, Jörg H, 19.04.2010
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