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Betreff: AG Gesundheit
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Re: [AG-Gesundheit] AG-Gesundheitswesen Nachrichtensammlung, Band 5, Eintrag 25 - Honorierung niedergelassener Ärzte
Chronologisch Thread
- From: "mb" <michaela_bach AT web.de>
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- Subject: Re: [AG-Gesundheit] AG-Gesundheitswesen Nachrichtensammlung, Band 5, Eintrag 25 - Honorierung niedergelassener Ärzte
- Date: Sun, 18 Apr 2010 19:43:09 +0200
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- List-id: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen.lists.piratenpartei.de>
Ich kann gern mal versuchen, dass Abrechnungssystem der niedergelassenen
Ärzte ansatzweise zu erklären. Das Hauptproblem ist dabei jedoch, dass durch
unzählige Reformen (die letzte große zum 1.1.2009) das Abrechnungssystem
mittlerweile derart kompliziert geworden ist, dass selbst die betroffenen
Ärzte es nicht mehr richtig verstehen. Ein Außenstehender glaubt sowieso
nicht, dass wir uns auf einen derart großen Schwachsinn einlassen, der sogar
noch unter Mitwirkung der Ärztekammer entstanden ist.
IM Prinzip enthalten alle Niedergelassenen Ärzte zusammen jedes Jahr die
gleiche Honorarsumme, die lediglich geringfügig angepasst wird
(Grundlohnsumme, Sondervereinbarungen, Morbidität usw),wobei unter den
Beteiligten wohl überwiegend die Übereinstimmung besteht, dass diese Summe zu
gering ist (wird aber vielfach nicht offen zugegeben).
Das bedeutet, dass durch Änderungen am ambulanten System im Prinzip keine
Kosten gespart werden können.
Geändert werden kann höchstens die teilweise ausgesprochen ungerechte
Verteilung des Honorars unter den Ärzten. Da dies aber selbst den Beteiligten
durch intensive Bemühungen bisher nicht gelungen ist, ist kaum anzunehmen,
dass es hier eine politische Lösung geben könnte.
Das Honorar des einzelnen Arztes wird folgendermaßen ermittelt (sehr
vereinfacht dargestellt):
Für jede Arztgruppe (Augenarzt, Hausarzt etc.) wird ermittelt, wieviel im
Vorjahr durchschnittlich pro Patient an Honorar von der KV gezahlt wurde.
Diesen sogenannten Fallwert darf der Arzt im Folgequartal bei seinen
Patienten maximal durchschnittlich abrechnen. Z.B. liegt das
Durchschnittshonorar bei Hausärzten bei etwa 35,- Euro (große regionale
Unterschiede). Das heißt, ein Hausarzt erhält pro Patient im Durchschnitt
nicht mehr als diese 35,- Euro, egal wie oft der Patient kommt, welche
Untersuchungen erfolgen, ob Hausbesuche erforderlich sind etc. Von diesem
Honorar müssen übrigens die Praxiskosten (Miete, Personal etc.) noch
finanziert werden.
Es gibt dann noch Sonderleistungen, wie ambulantes Operieren oder andere
Spezialverträge, die zusätzlich ohne Begrenzung abgerechnet werden können.
Ärzte, die derartiges nicht anbieten und sich z.B. auf die wichtige
Grundversorgung von Patienten beschränken, haben massive finanzielle
Schwierigkeiten (Deswegen will ja auch niemand mehr Landarzt werden).
Das tatsächliche Abrechnungssystem ist noch viel komplizierter,
schwachsinniger und ungerechter. Auch wird ständig daran herumgebastelt.
(Wir Ärzte würden fürchterlich gern auf GOÄ-Basis abrechnen und wären mit dem
einfachen Satz vollkommen zufrieden (normal bei Privatpatienten: 2,3-3,5
facher Satz). Das würde aber wohl leider deutlich höhere Kosten verursachen
und wird von den Kassen/Politikern strikt abgelehnt. )
Nach meiner Auffassung kann hingegen im Bereich der Arzneimittel mit relativ
einfachen Mitteln eine große Ersparnis erreicht werden, die dem Patienten
durchaus nützlich sein kann (hier sollte am besten eine neue Diskussion
eröffnet werden).
Gruß Michaela
<Hi,
<stimmt natürlich, dass das mittels des EBM und "Punkten" in der Form nicht
<zu machen ist. Wobei: selbst wenn kein kokreter Betrag auf der Rechnung
<genannt werden kann hätte der Patient immerhin die Möglichkeit zu sehen, <was
<der Arzt bei ihm abrechnet hat. Bei der PKV klappt das System mit den
<Rechnungen nach meinem Kentnissstand durchaus gut. Du sprichst es ja an,
<dass dagegen die Liquidation im ambulaten Sektor nicht optimal ist und <dazu
<intransparent und aufwändig.
<<
<Haben wir hier auf der ML einen Gesundheitsökonomen, der das
<ausdifferenzieren kann?<
<Als Nicht-Ökonom (Bin Medizinischer Dokumentar und angehender Med. Inf)
<würde es mich zudem interessieren, ob man die GOÄ nicht auch auf den GKV
<ausweiten könnte, also eine Übernahme des Abrechnungssystemes der PKV für
<die GKV. Zumindest die KVen könnten damit eingespart werden. Nur als Idee,
<es mag gute Gründe dagegen geben.
<Danke für das Feedback und viele Grüße,
<Birger
- Re: [AG-Gesundheit] AG-Gesundheitswesen Nachrichtensammlung, Band 5, Eintrag 25 - Honorierung niedergelassener Ärzte, mb, 18.04.2010
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