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ag-gesundheitswesen - Re: [AG-Gesundheit] Landärzte und Zugangsquoten - Überversorgung, Fehlverteilung oder Ärztemangel?

ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de

Betreff: AG Gesundheit

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Re: [AG-Gesundheit] Landärzte und Zugangsquoten - Überversorgung, Fehlverteilung oder Ärztemangel?


Chronologisch Thread 
  • From: Morgan le Fay <input.output AT freenet.de>
  • To: ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-Gesundheit] Landärzte und Zugangsquoten - Überversorgung, Fehlverteilung oder Ärztemangel?
  • Date: Thu, 08 Apr 2010 20:26:09 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-gesundheitswesen>
  • List-id: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen.lists.piratenpartei.de>

Am 08.04.2010 18:19, schrieb Hans-Jürgen Fischer:
Die Mehrheit der Bürger und Ärzte sorgt sich um die medizinische Versorgung
in Deutschland. Dafür gibt es, außer "politischen" und "honorar-/
standespolitischen" Gründen eigentlich keinen Bedarf.

Haben wir in Deutschland nun eine Überversorgung, eine Fehlverteilung oder
doch einen Ärztemangel? Oder betrachten wir die Situation nur einseitig?

Hier hilft uns ein Blick in die Statistik:

Jahr	 Arzt-Dichte Arzt pro Einwohner
1955	832
1960	793 
1965	709
1970	616
1971	592
1972	575
1973	560
1974	541
1975	524
1976	503
1977	490
1978	472
1979	453
1980	452
1981	432
1982	421
1983	415
1984	397
1985	391
1986	371
1987	357
1988	349
1989	333
1990	325
1991	319
1992	321
1993	313
1994	305
1995	299
1996	294
1997	290
1998	286
1999	282
2000	279
2001	277
2002	274
2003	271
2004	269
2005	268
2006	265
2007	261
2008	257
2009	

Wir haben also allenfalls eine lokale Unterversorgung, basierend auf einem
„Verteilungsproblem“! Diese Annahme ist auch sachgerecht, da sie sich aus
der Verhältniszahl der Arzt-Einwohner-Relation bildet. Dazu kommt eine
Fehlsteuerung in der Ausbildung der Ärzte. Es werden zu wenig Allgemein
Mediziner und Fachärzte für Geriatrie ausgebildet. Von 1990 bis 2007 stieg
der Anteil der Menschen über 60 Jahren an der Gesamtbevölkerung von 20.4 %
auf 25.3 %.

Bedeutsam ist auch die Betrachtung der Kosten die durch weitere Ärzte für
das Gesundheitssystem verursacht werden. Leider liegen mir aktuell nur die
Zahlen bis 1995 vor. Die Anforderungen in Klinik und Praxis sind zweifellos
kontinuierlich gestiegen, der ärztliche Stundenlohn im stationären und
ambulanten Bereich ebenfalls.

Jahr	Kosten/ Arzt

1970	113.149.351
1971	136.486.486
1972	161.565.217
1973	193.392.857
1974	226.247.689
1975	256.679.389
1976	289.065.606
1977	312.857.143
1978	351.271.186
1979	392.052.980
1980	426.548.673
1981	474.537.037
1982	492.636.580
1983	513.012.048
1984	565.239.295
1985	609.207.161
1986	670.350.404
1987	726.330.532
1988	788.252.149
1989	838.738.739
1990	934.461.538
1991	1.056.112.853
1992	1.152.336.449
1993	1.215.015.974
1994	1.301.639.344
1995	1.437.458.194

Ich denke, diese Fakten reichen aus, um die Probleme zu adressieren. Wir
haben keinen Ärztemangel, sondern eine Fehlsteuerung in der Verteilung in
der Fläche und der Ausbildung. Eine Beseitigung vom Systembrüchen in der
Behandlungskette stationär - ambulant könnte materielle- und personelle
Ressourcen in bedeutendem Umfang (z.B, Doppeluntersuchungen, etc.) einsparen
und zur Entlastung der GKV führen.

Es sollte also kernproblembezogen diskutiert werden. Die
Hauptregierungstätigkeit der CDU/CSU, das "AUSSITZEN", seit Konrad Adenauer
Standardhandlung hilft im Gesundheitssystem nicht weiter. Viele
Nachwuchspolitiker aller Parteien in Amt und mit Mandat, kennen die
Lebenswelt des Volkes nicht wirklich. Das gilt insbesondere für den Bereich
Gesundheitswesen und Pflege.

Wer etwas ändern will, muss wissen in welche Richtung, wenn es besser werden
soll. Staatsmacht = Firewall der Hochfinanz!

Gruß

Hans-Jürgen

_______________________________________________
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https://service.piratenpartei.de/mailman/listinfo/ag-gesundheitswesen
  
Hallo Hans-Jürgen,
die Zahlen allein sind nicht ausreichend. Tatsächlich weist auch die AOK zumindest bis 2008 einen leichten Zuwachs bei kurativ tätigen Medizinern aus, aber gleichzeitig steht dem einzelnen Patient sein Arzt weniger zur Verfügung.
Dieser scheinbare Widerspruch erklärt sich zum einen durch die bereits erwähnte "Feminisierung" des Arztberufes, zum anderen, weil die Patienten im Schnitt heute älter und damit häufiger und länger erkranken und diese Erkrankungen den Arzt auch mehr binden. Hinzu kommt der noch nie dagewesene Wust an Administration, die man heute dem Arzt zumutet.
Um es mit Deinen Zahlen zu erklären: Die 257 Patienten in 2008 sind im Schnitt öfter, länger und schlimmer krank, als die 452 von 1980.
So jedenfalls die Quintessenz aus der Veröffentlichung von Kopetsch.
Die Formel Mehr Ärzte = Mehr Kosten ist mir ein bisschen zu einfach, obwohl ich ja auch schon zu bedenken gab, dass auch eine Landarztparxis einen Haufen Geld kostet, die erst mal eingerichtet sein will. Hier muss man Lösungen finden, sei es, dass man den Ärzten die Praxiseinrichtung (teil-)finanziert oder/und dass sich Landärzte zusammentun und sich eben Geräte teilen o.ä.

Grüße
Morgan le Fay



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