ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
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- From: Moneymind <moneymind AT gmx.de>
- To: Sebastian Alscher <sebastian.alscher AT piratenpartei-hessen.de>, AG AG-Geld <ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de>, Rudolf Müller <muellerrudolf AT on22.de>
- Subject: Re: [AG-GOuFP] Geldschöpfung vs Fristentransformation
- Date: Tue, 6 Jun 2017 17:00:11 +0200
Hallo Seb, danke für Deine Antwort. Dazu noch einige Fragen: Am 05.06.2017 um 20:36 schrieb
Sebastian Alscher:
Hi,
ein paar Ergänzungen zu den Fragen von meiner Seite: Welche
Dienstleistung erbringt eine Bank für ihren Kunden bei der
Einräumung eines Darlehens Deines Erachtens überhaupt?
Sie übernimmt
das Risiko, das Geld ggf nicht zurück zu bekommen. Dieses
Risiko nimmt mit der Bonität ab und mit der Laufzeit des
Darlehens zu. (weitere Faktoren bestimmen das Risiken, wie
Korrelation zum Rest der vergebenen Darlehen etc)
Weil die Banken
eine Zerschlagungsbilanz aufstellen müssen,
Vermögensgegenstände auf der Aktivseite folglich zu
Marktwerten bilanziert werden müssen. Wenn also - wie bei
Schiffskrediten - konjunkturbedingt der Marktwert der Schiffe
fällt und damit auch die Bescherung der Kredite, dann müssen
sie abgeschrieben werden.
An Deiner - durchaus typischen - Antwort fällt auf, daß jeglicher
Bezug zu menschlichen Bewertungsakten und -Entscheidungen fehlt.
"Der Marktwert fällt konjunkturbedingt", schreibst du. Warum "fällt
der Marktwert konjunkturbedingt"? Von allein? Nein. Weil z.B.
potentielle Käufer nicht mehr bereit sind, zu bestehenden Preisen
einzukaufen. Warum waren sie vorher bereit und sind es jetzt nicht
mehr? Usw. Worauf ich hinauswill, ist die These: Booms und Busts sind ganz einfach Ergebnis menschlichen Tuns: menschlichen Planens, Erwartens, Entscheidens, Handelns im Kontext von Privatrecht: Eigentum, Vertrag und Markt. Nicht Ergebnis irgendeines "Geldsystemfehlers", den man nur herausoperieren müßte. Sie entstehen, weil Menschen die Zukunft zwar planen, aber nie voraussehen können (weswegen Pläne auch regelmäßig schiefgehen und dann modifiziert werden müssen). Wissenschaftler meinen, es sei "objektiver", menschliche Intentionen aus ihren Theorien zu eliminieren. Tatsächlich wird damit das, was man eigentlich erklären sollte, von vorneherein wegabstrahiert und die Analyse auf Nebenschauplätze verschoben. Die Abschreibung
reduziert das Eigenkapital. Das Eigenkapital ist aber
maßgeblicher Teil der aufsichtsrechtlichen
Eigenkapitaldefinition. Das wiederum muss für Risiken
vorgehalten werden, z.B. für (Neu-)Kreditvergabe und in den
Handelsbüchern. Die Bestände der Handelsbücher reduzieren sich
folglich.
Banken können
(müssen) damit Positionen verkaufen und können keine neuen
Positionen nehmen. Das reduziert die Liquidität.
Es gibt hier
auch einen Zusammenhang zwischen Aktiva und Passiva:
Abschreibungen
auf Vermögenswerte sind ja mindestens Quartalsweise in der
Berichterstattung sichtbar. Das schlägt sich im Kurs der
Anleihen des Finanzinstitut nieder. Bei der Bewertungen der
eigenen ausstehenden Verbindlichkeiten können/müssen nach IFRS
die credit spreads (also die vom Markt gehandelte
Ausfallswahrscheinlichkeiten) berücksichtigt werden, also
druntergeschrieben werden. Das hat einen Eigenkapital-hebenden
Effekt.
Alles richtig, aber s.o.
Kommt es zu
einer Aufhebung dieser „Stress-Situation“ können/müssen die
Banken die Vermögensgegenstände wieder entsprechend bewerten,
und - da sie in den meisten Fällen nach IFRS und/oder US-GAAP
berichten - diese hochschreiben (das wäre nach HGB nur bedingt
möglich). Und wenn die credit spreads sich wieder verringern,
dann steigen auch die Verbindlichkeiten wieder. diese beiden
Effekte müssen aber nicht zeitgleich passieren.
Die Liquidität
nimmt zu, es wird leichter die Assets zu bewerten (auch nach
internen Risikomodellen kann man dann weniger vorsichtig sein,
weil die Preise beobachtbarer sind)
So ist es - und wer oder was hebt die "Stress-Situation" (schwitzende Banker mit Herzklopfen bis zum Infarkt? Oder "stöhnende Märkte"?) z.B. wieder auf? Und was heißt, "entsprechend" bewerten? (Das mit dem Weg
zur ersten Million oder den Finanztrainern hab ich aber,
befürchte ich, nicht ganz verstanden.)
Nun, das war die analoge Frage für den Boom: was passiert in Bilanzen im Boom auf der Aktivseite bei gleichbleibender Passivseite, und wie wirkt sich DAS aufs Eigenkapital aus? Worauf ist DAS zurückzuführen? Das immergleiche Spiel beschreibt übrigens J.K. Galbraith sehr schön in "A Short History of Financial Euphoria". Cheers, Wolfgang Cheers - Seb
Am 5. Juni 2017 um 18:38:17, Moneymind (moneymind AT gmx.de) schrieb: Ich könnte auch so fragen: warum "schnurren die Aktivseiten der Bilanzen in einem deflationären Crash zusammen" - die berühmte "Vermögensvernichtung" ("aus dem Nichts" - bei der zunächst auch nichts "reales" vernichtet wird, im der Folge aber Pleitewellen zu Arbeitslosigkeit, Einkommenslosigkeit und letztlich Krieg führen kann, wo dann die Vernichtung realer Lebensmöglichkeiten, Güter und Menschenleben der Vernichtung von "virtuellem" Vermögen in Bankbilanzen folgt)?
Oder: Wie und warum können sich die Rechtspersonen - nicht nur die Banken - in einem solchen Boom "aus dem Nichts reich rechnen" und euphorisch ihren "Weg zur ersten Million" planen wie während der dotcomblasenzeit, als ein Motivations- und Finanztrainer nach dem anderen solche Bücher und Seminare zum besten gab? Grüße Wolfgang -- ag-geldordnung-und-finanzpolitik mailinglist ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de The list homepage: https://lists.piratenpartei.de/sympa/info/ag-geldordnung-und-finanzpolitik |
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