ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
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- From: moneymind <moneymind AT gmx.de>
- To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
- Subject: Re: [AG-GOuFP] Kredit-/Zahlungsmittelbedarf = reines Vorsprungphänomen
- Date: Fri, 13 Feb 2015 10:41:57 +0000
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
- List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>
moneymind schrieb:
Bedeutet das nicht im Umkehrschluß: wenn wir die gegenwärtige Situation als "Schuldenkrise" oder wahlweise auch "Guthabenkrise" wahrnehmen und die Ursachen im "Geldsystem" vermuten - übersehen wir dann nicht die sozusagen darunter verborgenen Kaufs-/Verkaufs-Ungleichgewichte, die sozusagen das Primärphänomen wären?Zustimmung.
Genauere Ausführung:
Wachsende Ungleichheit und ein überdimensioniertes Finanzsystem bedingen sich sozusagen gegenseitig.
Ungleichheit wovon genau? Ich verstehe schon grob, worauf Du hinauswillst, aber ich denke, da sollte man möglichst präzise sein.
Genau das ermöglicht Stützel. Es geht ihm um den Gleichschritt von Käufen und Verkäufen bzw. Abweichung davon, die zu Kreditbedarf führt, nicht um Vermögensverteilung.
Ein Beispiel:
/1) Direkter Tausch: A kauft bei B Weizen für 100, B gleichzeitig bei A Gerste für 100. Direkter Gütertausch, Kreditbedarf = 0. Käufe und Verkäufe im Gleichschritt.
2) A kauft bei B Weizen für 100. Bilanzverlängerung für A, Aktivtausch für B. Dabei entsteht eine Forderung des B gegen den A in Höhe von 100. Gegenbuchung: Verbindlichkeit des A beim B in Höhe von 100. Summe Schulden (brutto): 100. Summe Forderungen = Finanzvermögen (brutto) = 100. Geldvermögen gesamtwirtschaftlich = Schulden + Verbindlichkeiten = 0.
3) Die Forderung sei fällig in t1. Kauft nun in t1 (oder vorher) B bei A Gerste für 100, entsteht eine Forderung des A gegen den B in Höhe von 100. Diese kann mit der Forderung des B gegen den A in Höhe von 100 verrechnet werden. Damit sind beide Forderungen vernichtet (und haben beide als schuldbefreiendes (bilaterales) Zahlungsmittel fungiert). Bilaterales Clearing/Netting also.
4) Will nun B aber in t1 (Zeitpunkt der Fälligkeit seiner Forderung gegen a) keine Güter kaufen, sondern weiterhin Finanzvermögen (Forderungen) halten, muß B einen Dritten C finden, der ihm Gerste für 100 abkauft. B hält nun eine Verbindlichkeit gegen den C, fällig in t2 (später als t1). Diese kann er nun zu Zahlungszwecken an seinen Gläubiger A weiterreichen, um dessen Forderung über 100 aus dem Weizenverkauf zu erfüllen (Gläubigerwechsel: "Wechsel" fungiert als Zahlungsmittel). Weil B über den Fälligkeitstermin seiner Forderung hinaus Finanzvermögen halten ("sparen") will, braucht A einen "Nachschuldner" © - oder "lender of next resort" (wenn Du so willst).
Kredite sind also immer nur "Überbrückungskredite", die "Ungleichgewichte" zwischen Käufen und Verkäufen ausgleichen. Hier wird auch deutlich, daß die Funktion des "Lender of Last Resort" gar nicht so sehr in "Geldschöpfung" besteht, sondern eher darin, Fristenverlängerung für Kredite zu ermöglichen.
Man sieht also, daß das Anwachsen der Kreditsummen (Schulden = Guthaben/Finanzvermögen) einfach ein Spiegel nicht "des Wachstums", sondern des "Ungleichgewichts" bzw. (mit Stützel) des Abweichens vom Gleichschritt zwischen Käufen und Verkäufen darstellt. /
Je größer die Abweichung vom Gleichschritt zwischen Käufen und Verkäufen, desto höher der Kreditbedarf, und desto mehr Handlungsspielraum finden die Banken, weshalb sie - als Machtstrategie - natürlich ein Interesse an solchen Abweichungen haben müssen, was sie dazu motivieren kann, solche Abweichungen (mit) herbeizuführen, mit allen ihnen zu Gebote stehenden Machtmitteln (v.a. spekulativer Art, inclusive Kursmanipulationen über kartellierte Aktionen, Streuen von Gerüchten etc.).
Die wachsende Ungleichheit in den Vermögen und in der Folge in den Einkommen führt zu immer mehr (Brutto-)Geldvermögen bzw. Schulden.
Hm ... finde, das müßte man auch präziser zeigen.
Um das System am Laufen zu halten, muss man immer ausgefuchstere Wege finden Schuldner zu finden (was man dann als "deep financial system" bezeichnet und auch noch stolz drauf ist).
Zum "Nachschuldner-Problem" s.o. das Beispiel.
Gleichzeitig (die andere Seite der Medaille) könnte man sagen, dass die Einkommensungleichheit eine Nachfragelücke erzeugt, die nur durch Neuverschuldung aufgefüllt werden kann.
Damit meinst Du, die Bezieher hoher Einkommen können ihr Einkommen nicht komplett verkonsumieren und halten deshalb den nicht verkonsumierten Teil als Finanzvermögen, nehme ich an?
Im Gegenzug führt ein wachsendes Finanzsystem zu einem immer größeren Anteil an Vermögenseinkommen, die wiederum die Ungleichheit verstärken.
Prinzipiell ja.
Seht ihr das ähnlich?
Im Prinzip schon, meine aber, man muß es möglichst präzise herleiten/begründen (und meine, daß Stützel dazu Handwerkszeug liefert).
Ich traue mich nicht, eindeutig das eine oder das andere als Primärphänomen zu bezeichnen.
Vielleicht müßte man sich hier auch nochmal die Marx'sche Ausbeutungstheorie angucken und schauen, wie sie sich im Rahmen der Saldenmechanik re-interpretieren läßt.
https://news.piratenpartei.de/showthread.php?tid=481630&pid=2266249&mode=threaded
Klar ist für mich auch, dass ein Kapitalismus ohne Gegensteuerung immer in stetig wachsender Ungleichheit endet (wenn es Vererbung gibt, dann brauchts nicht mal Kapitaleinkommen, siehe http://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/ThemaUngleichverteilung).
Ja, aber das ist ein anderes Thema als das Thema Gleichschritt von Käufen/Verkäufen und Kreditbedarf. Irgendwie kommt man schnell ins Fabulieren, wenn man die üblichen unscharfen/vagen Begriffe benutzt ... und ich denke, Stützel ist da ein gutes Gegenmittel.
Wenn das alles ist, sehe ich aber wieder nicht, wo man denn den Stützel "braucht" :-)
Weder ist es "alles", noch hat es direkt mit dem Thema zu tun, das ich angesprochen hatte (Gleichschritt Käufe/Verkäufe und Kreditbedarf).
Finde schon, daß man da nach möglichst viel Präzision und Schlüssigkeit streben sollte, und wenn Stützel dabei hilft, wunderbar.
- Re: [AG-GOuFP] Kredit-/Zahlungsmittelbedarf = reines Vorsprungphänomen, (fortgesetzt)
- Re: [AG-GOuFP] Kredit-/Zahlungsmittelbedarf = reines Vorsprungphänomen, Christoph Mayer, 14.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] Kredit-/Zahlungsmittelbedarf = reines Vorsprungphänomen, Gerhard, 15.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] Kredit-/Zahlungsmittelbedarf = reines Vorsprungphänomen, thomas, 15.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] Kredit-/Zahlungsmittelbedarf = reines Vorsprungphänomen, Christoph Mayer, 15.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] Kredit-/Zahlungsmittelbedarf = reines Vorsprungphänomen, Christoph Mayer, 14.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] Fwd: Kredit-/Zahlungsmittelbedarf = reines Vorsprungphänomen, David Finsterwalder, 13.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] Kredit-/Zahlungsmittelbedarf = reines Vorsprungphänomen, moneymind, 14.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] Fwd: Kredit-/Zahlungsmittelbedarf = reines Vorsprungphänomen, Marco Schmidt, 15.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] Fwd: Kredit-/Zahlungsmittelbedarf = reines Vorsprungphänomen, Gerhard, 16.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] Kredit-/Zahlungsmittelbedarf = reines Vorsprungphänomen, moneymind, 13.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] Kredit-/Zahlungsmittelbedarf = reines Vorsprungphänomen, Gerhard, 14.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] Kredit-/Zahlungsmittelbedarf = reines Vorsprungphänomen, Piratos, 14.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] Kredit-/Zahlungsmittelbedarf = reines Vorsprungphänomen, moneymind, 14.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] Kredit-/Zahlungsmittelbedarf = reines Vorsprungphänomen, Gerhard, 15.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] Kredit-/Zahlungsmittelbedarf = reines Vorsprungphänomen, Arne Pfeilsticker, 15.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] Kredit-/Zahlungsmittelbedarf = reines Vorsprungphänomen, moneymind, 15.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] Kredit-/Zahlungsmittelbedarf = reines Vorsprungphänomen, Arne Pfeilsticker, 16.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] Kredit-/Zahlungsmittelbedarf = reines Vorsprungphänomen, Gerhard, 16.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] Kredit-/Zahlungsmittelbedarf = reines Vorsprungphänomen, Patrik Pekrul, 16.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] Kredit-/Zahlungsmittelbedarf = reines Vorsprungphänomen, thomas, 16.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] Kredit-/Zahlungsmittelbedarf = reines Vorsprungphänomen, Arne Pfeilsticker, 16.02.2015
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