ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
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- From: Arne Pfeilsticker <Arne.Pfeilsticker AT piratenpartei-hessen.de>
- To: Comenius <comenius2000 AT gmail.com>
- Cc: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
- Subject: Re: [AG-GOuFP] [AG Wirtschaft] Vollgeld Kritik im Wirtschaftsdienst erschienen
- Date: Sun, 1 Feb 2015 15:36:10 +0100
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- List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>
Am 01.02.2015 um 11:27 schrieb Comenius <comenius2000 AT gmail.com>:Am 31.01.2015 um 23:20 schrieb Arne Pfeilsticker:Da du diesen Punkt ansprichst möchte ich noch hinzufügen, dass in dieses Aspekt die Ursache liegt, warum - trotz der Fähigkeit zur Geldschöpfung - Geschäftsbanken pleite gehen können.Dies bedeutet, wenn man weiß, was ein "Geldterritorium" ist und wie man es "verteidigt", dass die Aussage, die sog. "Geldschschöpfungsfähigkeit der Banken" sei einer Gelddruckmaschine vergleichbar, schlicht bullshit ist.
Ohne eigenes Geldterritorium und ohne der Fähigkeit sein Geldterritorium zu verteidigen sind Banken dem Untergang geweiht. Das ist der Aspekt, den Comenius in seiner Bankgründungseuphorie übersehen hat.
die Antwort ist ein klares jein. :=)
Zunächst zum Begriff „Geldterritorium“. Der Begriff stammt von mir und ist eine anschauliche Beschreibung, um die Zusammenhänge besser zu verstehen.
Das Geldterritorium einer Bank besteht aus den Girokonten, die die Bank führt.
Nicht zum Geldterritorium einer Bank gehören z.B. die Girokonten die eine Bank bei der Zentralbank unterhält. Diese Konten gehören zum Geldterritorium der Zentralbank.
Eine Bank kann dann und nur dann Geld schöpfen, wenn sie ein eigenes Geldterritorium hat. Wenn eine Bank keine Kunden-Girokonten hat, dann ist eine Kreditvergabe wie bei einer Nichtbank ein Aktiva-Tausch und keine Bilanzverlängerung.
Das gilt auch für den Erwerb von Aktiva, wie z.B. Immobilien. Wenn eine Bank kein Geldterritorium hat - was typischer Weise nicht der Fall ist - dann muss sie den Kauf von Aktiva genauso - mit fremdem Geld - bezahlen wie eine Nichtbank. Sie bekommt die Aktiva nicht geschenkt.
Das eigene Geldterritorium „verteidigen“ bedeutet, dass die Summe der Zahlungen an andere Banken sich mit den Zahlungen von anderen Banken ausgleichen. D.h. Der Bestand an Giralgeld (= Summe aller Kundengirokonten) entspricht in der Summe dem Nominalwert des geschöpften Geldes.
Zur Verteidigung ihres Geldterritoriums hat eine Bank im wesentlichen drei Strategien.
Die erste Strategie besteht darin, dass sie möglichst viele Girokonten führt, damit die Wahrscheinlichkeit steigt, dass eine Überweisung innerhalb des eigenen Territoriums bleibt. Das ist dann der Fall, wenn beide Konten zur gleichen Bank gehören.
Die zweite Strategie besteht darin, dass sie die eigenen Kunden davon abhält, ihr Geldterritorium zu verlassen. Das macht sie z.B. damit, dass sie den Kunden Spareinlagen anbietet.
Die dritte Strategie besteht darin, dass eine Bank, das Geldterritorium einer anderen Bank abgräbt. Das macht sie z.B. durch besondern attraktive „Anlagemöglichkeiten“ für Kunden anderer Banken.
Die beste Strategie besteht allerdings darin, dass eine Bank im Vergleich zur Konkurrenz besonders gute Leistungen anbietet. Dadurch hält sie eigene Kunden und zieht auch Kunden fremder Banken an.
Doch nun zur Beantwortung deiner Frage:
Am besten Versteht man das klare JA und NEIN, wenn man die Geldschöpfung von Geldfälschern mit der von Banken vergleicht.
Beide, Geldfälscher und Banken, tun das Gleiche: Sie machen Geld nach und bringen es in den Verkehr. Der Geldfälscher stellt verbrieftes Geld (= Banknoten) und die Banken verbuchtes Geld (= Giralgeld) her.
Der Geldfälscher verhält sich wie ein Kuckuck. Er legt seine Blüten in das Geldterritorium der Zentralbank und überlässt die Brutpflege der Zentralbank. Falschgeld funktioniert solange es nicht entdeckt wird genau so gut wie echtes Geld. Der Geldfälscher kassiert den Geldschöpfungsgewinn teilweise mit Abschlägen einmalig.
Banken hingegen müssen sich um ein Nest (= Geldterritorium) kümmern und ihre Brut (= Giralgeld) gegen allerlei Fressfeinde schützen. Zu den Fressfeinden zählen nicht nur andere Banken, die die Kunden abspenstig machen wollen, sondern zum Teil die Kunden selbst, wenn sie z.B. Kredite nicht oder nur teilweise zurückzahlen. In diesem Fall geht der Geldschöpfungsgewinn an den Kunden und nicht an die Bank. Die Banken realisieren den Geldschöpfungsgewinn einmalig, wenn sie Geld über den Kauf von Aktiva verkaufen; sie realisieren den Geldschöpfungsgewinn stetig, wenn sie das geschöpfte Geld verleihen und die Bank ihr Geldterritorium verteidigen kann.
Wenn man unter dem Vergleich mit einer Gelddruckmaschine versteht, dass eine Bank nach belieben Geld herstellen und in den Verkehr bringen kann, dann ist der Vergleich in diesem radikalen Sinne falsch.
Die Geldschöfpungsfähigkeit der Zentralbank ist am ehesten mit einer Gelddruckmaschine vergleichbar, weil sie über ein privilegiertes Geldterritorium verfügt und als einzige Bank nicht zahlungsunfähig werden kann. - Aber die Geldschöpfungsfähigkeit wird durch ihre geldpolitischen Aufgaben beschränkt.
Die Geldschöfpungsfähigkeit der Geschäftsbanken ist graduell und von Bank zu Bank mit einer Gelddruckmaschine vergleichbar. Diese Fähigkeit hängt in erster Linie von der Größe ihres Geldterritoriums und der Fähigkeit dieses Territorium zu verteidigen ab. Wenn sie zu viel Geld schöpft, dann besteht die Gefahr, dass sie ihr Geldterritorium nicht halten kann. Darüber hinaus kommen noch rechtliche Beschränkungen, wie z.B. BASEL III.
In den letzten Jahrzehnten haben es Geschäftsbanken jedoch geschafft die Geldschöpfungsfähigkeit indirekt über z.B. Derivate erheblich auszuweiten und nähern sich so dem „Ideal“ einer Gelddruckmaschine. Wie riskant dieses Spiel jedoch ist zeigte die Finanzkrise 2007/2008. Aber das zu erklären wäre ein Kapitel für sich.
Viele Grüße
Arne
- Re: [AG-GOuFP] [AG Wirtschaft] Vollgeld Kritik im Wirtschaftsdienst erschienen, Marco Schmidt, 01.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] [AG Wirtschaft] Vollgeld Kritik im Wirtschaftsdienst erschienen, Arne Pfeilsticker, 01.02.2015
- <Mögliche Wiederholung(en)>
- Re: [AG-GOuFP] [AG Wirtschaft] Vollgeld Kritik im Wirtschaftsdienst erschienen, Comenius, 01.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] [AG Wirtschaft] Vollgeld Kritik im Wirtschaftsdienst erschienen, Arne Pfeilsticker, 01.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] [AG Wirtschaft] Vollgeld Kritik im Wirtschaftsdienst erschienen, Comenius, 01.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] [AG Wirtschaft] Vollgeld Kritik im Wirtschaftsdienst erschienen, Patrik Pekrul, 01.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] [AG Wirtschaft] Vollgeld Kritik im Wirtschaftsdienst erschienen, Amos comenius, 01.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] [AG Wirtschaft] Vollgeld Kritik im Wirtschaftsdienst erschienen, Arne Pfeilsticker, 02.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] [AG Wirtschaft] Vollgeld Kritik im Wirtschaftsdienst erschienen, Comenius, 02.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] [AG Wirtschaft] Vollgeld Kritik im Wirtschaftsdienst erschienen, Arne Pfeilsticker, 02.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] [AG Wirtschaft] Vollgeld Kritik im Wirtschaftsdienst erschienen, Comenius, 02.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] [AG Wirtschaft] Vollgeld Kritik im Wirtschaftsdienst erschienen, ukw, 02.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] [AG Wirtschaft] Vollgeld Kritik im Wirtschaftsdienst erschienen, Patrik Pekrul, 01.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] [AG Wirtschaft] Vollgeld Kritik im Wirtschaftsdienst erschienen, Comenius, 01.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] [AG Wirtschaft] Vollgeld Kritik im Wirtschaftsdienst erschienen, Arne Pfeilsticker, 01.02.2015
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