ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
Listenarchiv
- From: moneymind <moneymind AT gmx.de>
- To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
- Subject: Re: [AG-GOuFP] Juristische Diskussion zum Geldsystem.
- Date: Tue, 01 Apr 2014 19:09:24 +0000
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
- List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>
Hallo Axel,
Sehe ich zwar nicht anders, ich halte nur eine andern Begrifflichkeit für zielführender.
* Banken vergeben Kredite, dabei enstehen "Einlagen", Fremdkapital oder Giralgeld
* Mit dem Kredit entstehen Zahlungsmittel, der Kredit selbst kann nicht als Zahlungsmittel verwendet werden.
* Vor dem Giralgeld konnten "Private" Geld durch Wechsel in die Welt setzen, das bei Wechselauslösung wieder verschwunden ist.
Entscheidend bei letzterem ist m.E. folgendes: zwar war eine in t1 fällige Forderung eines Gläubigers A gegen einen Schuldner B zunächst auf das gerichtet, was immer als "Geld" definiert war - sei das nun Gerste, Edelmetall oder was auch immer gewesen. Die entscheidende Entdeckung des Gläubigers A bestand nun aber darin, daß er seine in t(1-x) fällige Verbindlichkeit gegen einen Dritten C, ebenfalls lautend auf was immer als "Geld" definiert war, auch dadurch erfüllen konnte, dem C seine Forderung gegen den B zu überschreiben. Akzeptierte nun der C dies "an Erfüllungs statt", wurde aus der Forderung gegen den A nun eine Inhaberforderung (vorher war es eine Namensforderung - nur der B konnte vom A etwas fordern; jetzt kann der jeweilige Inhaber - wer auch immer er ist - bei Fälligkeit vom A etwas fordern).
Diese "Erfüllung an Zahlungs statt" ist ein Beispiel für die Verrechnung von Forderungen, für "clearing".
Präsentiert der C nun dem A bei Fälligkeit die Forderung, hat der A folgende drei Möglichkeiten: 1) er kann in Geld leisten, was die Forderung erfüllen und damit vernichten würde; 2) er kann dem C etwas verkaufen, das der C als dem geforderten Geldbetrag äquivalent anerkennt (beispielsweise ein anderes Gut wie Mais, oder eine Dienstleistung), was die Forderung gegen ihn ebenfalls (wenn auch nur "an Zahlungs statt") erfüllen und damit vernichten würde; 3) er kann dem C anbieten, eine Forderung gegen einen Vierten, D, fällig in t(1+x), an ihn zu überschreiben, was ebenfalls die ursprüngliche Forderung gegen den A erfüllen und vernichten würde.
Nur im Fall 1) wurde für eine der Transaktionen tatsächlich "Geld" benötigt. In den Fällen 2 und 3 dagegen war in keiner der Transaktionen tatsächliches "Geld" (das, worauf die Forderungen eigentlich gerichtet waren) involviert. Stattdessen wurden lediglich Forderungen auf Geld untereinander verrechnet.
Ich will hier mal nicht auf die weiteren Folgen der Erfindung von "Inhaberforderungen" und deren Weiterreichen/Verrechnen zu Zahlungszwecken eingehen, obwohl diese enorm sind und den Kern jeder Kreditwirtschaft - booms und busts - ausmachen.
Sondern einfach nur festhalten, daß wir damit in einem Kreditsystem sind, in dem "Geld" (hier: Gerste oder Edelmetall) nur in einem Sonderfall zu 100% als Zahlungsmittel benötigt wird, ansonsten einfach nur als Rechengeld fungiert.
Die Erfahrung hat immer gezeigt, daß Versuche, in solchen Systemen die verfügbare "Geldmenge" exogen zu setzen, einfach zur vermehrten Nutzung von Kreditgeld (wie Wechseln etc.) als Zahlungsmittel geführt hat.
M.E. wäre das auch das Schicksal des Vollgelds - unter der Hand würden die Privaten bei Bedarf einfach eigene Kreditgeldformen schaffen, dies ggf. auch institutionalisieren (Banken entstanden generell historisch als Clearingstellen - sowohl in der griech. Antike als auch ab dem 13. Jhdt. in Norditalien) und nicht aus dem "Einlagengeschäft").
Viel sinnvoller und schlauer ist daher das "managing of credit with credit instruments", d.h. das antizyklische Gegensteuern bei booms und busts durch Akteure, die nicht gezwungen sind, das prozyklische Kalkül der Privaten zu verfolgen. Denn kommt es bei "Vollgeld" zu solchen inoffiziellen privaten Formen von Kreditgeld, dann unterliegen die natürlich wiederum dem prozyklischen Handlungszwang privater unabhängiger Akteure und werden extreme booms und busts beinhalten.
Daher ist die Entdeckung antizyklischer Geldpolitik durch ZB und den potentesten Gläubiger/Schuldner, den Staat, DIE große politökonomische Entdeckung des 20. Jahrhunderts, die sich allerdings noch immer nicht systematisch theoretisch fundiert in den Lehrbüchern findet, sondern noch immer als "pragmatisches Werkzeug für Sonderfälle" mißverstanden wird und deshalb auch leichter verdrängt werden konnte.
Ich will hier deswegen nochmal dafür plädieren, daß es viel wichtiger wäre, auf diesbezügliche theoretische Klarheit auf paradigmatischer Ebene (property- and contract-based "credit economy") hinzuarbeiten, sowie auf ein davon makroökonomisch informiertes wirtschaftspolitisches Konzept, als nur isoliert am "Geldsystem" herumbasteln zu wollen - sei es nun mit Vollgeld oder was auch immer.
-------------
Der Begriff Einlagen ist ein Überbleibsel aus der Vergangenheit.
Ja.
Der Begriff Fremdkapital ist nur ein finanztechnsiher Begriff, der inhaltlich für den Nichtbankensektor zutrifft .. aus der Bilanzsicht.
Ok.
Der Begriff Giralgeld beschreibt das was es ist: ...GELD.
Da kann ich nicht zustimmen. Es macht weiterhin Sinn, Geld und Kredit zu unterscheiden, auch, wenn selbst Zentralbankgeld heute in dem Sinne "Kredit" ist, daß es eben ein Gläubiger/Schuldner-Verhältnis darstellt (Verbindlichkeit der ZB), bei dem sich Guthaben und Verbindlichkeit zu NULL aufaddieren - und kein "Nettovermögen" (wie das bei einem Geld-Gut wie Gold, etc. der Fall wäre).
Giralgeld der Geschäftsbanken besteht aus Forderungen gegen die GB, die für Nichtbanken Geldfunktionen erfüllen. Für Geschäftsbanken erfüllt Giralgeld nur teilweise Geldfunktionen - in dem Sinn, daß Geschäftsbanken untereinander ihre wechselseitigen Forderungen verrechnen und nur den Saldo in Zentralbankgeld ausgleichen. Insofern brauchen sie aber Zentralbankgeld - letztlich ist für sie nur dieses "vollgültiges Geld".
An dieser Stelle wird auch deutlich, daß für das internationale Währungssystem eine internationale Clearingstelle mit einer internationalen Verrechnungseinheit (wie ursprünglich von Keynes projektiert, aber auf der Bretton Woods-Konferenz dann nicht angenommen, da die Amerikaner ihren Dollar als Weltgeld durchsetzen wollten) sehr sinnvoll wäre. Keynesianer wie Flaßbeck, Schulmeister und Dullien/Herr/Kellermann (Buch: "Der gute Kapitalismus") sprechen dies auch immer wieder an.
Der Begrifff Kredit als Zahlungsmittel scheint aus dem englischen zu kommen und ich kenne den aus vielen ScienceFiction: "credits".
Das Zahlungsmittel ist "Zwilling", der zusätzlich mit dem Kredit entsteht. Der Eine Zwiling ist ein Stubenhocker, der andere ist beweglich. Beide Zwilling sind nur dokumentierte Zahlen-Informationen.
Es sind Zahlen-Informationen mit Rechtsfolgen (Zwang zur Hinnahme der Vollstreckung bei Nichterfüllung). Ohne diese Rechtsfolgen sind die Zahlen-Informationen wertlos.
- [AG-GOuFP] Juristische Diskussion zum Geldsystem., P. Blissenbach, 01.04.2014
- Re: [AG-GOuFP] Juristische Diskussion zum Geldsystem., Arne Pfeilsticker, 01.04.2014
- Re: [AG-GOuFP] Juristische Diskussion zum Geldsystem., matthias garscha, 01.04.2014
- Re: [AG-GOuFP] Juristische Diskussion zum Geldsystem., Monika Herz, 14.04.2014
- Re: [AG-GOuFP] Juristische Diskussion zum Geldsystem., moneymind, 01.04.2014
- Re: [AG-GOuFP] Juristische Diskussion zum Geldsystem., Axel Grimm, 01.04.2014
- Re: [AG-GOuFP] Juristische Diskussion zum Geldsystem., moneymind, 01.04.2014
- Re: [AG-GOuFP] Juristische Diskussion zum Geldsystem., Axel Grimm, 02.04.2014
- Re: [AG-GOuFP] Juristische Diskussion zum Geldsystem., moneymind, 03.04.2014
- Re: [AG-GOuFP] Juristische Diskussion zum Geldsystem., moneymind, 06.04.2014
- Re: [AG-GOuFP] Juristische Diskussion zum Geldsystem., Axel Grimm, 02.04.2014
- Re: [AG-GOuFP] Juristische Diskussion zum Geldsystem., moneymind, 01.04.2014
- Re: [AG-GOuFP] Juristische Diskussion zum Geldsystem., Arne Pfeilsticker, 02.04.2014
- Re: [AG-GOuFP] Juristische Diskussion zum Geldsystem., Axel Grimm, 02.04.2014
- Re: [AG-GOuFP] Juristische Diskussion zum Geldsystem., Arne Pfeilsticker, 02.04.2014
- Re: [AG-GOuFP] Juristische Diskussion zum Geldsystem., Axel Grimm, 02.04.2014
- Re: [AG-GOuFP] Juristische Diskussion zum Geldsystem., Frank Dahlendorf, 02.04.2014
- Re: [AG-GOuFP] Juristische Diskussion zum Geldsystem., Axel Grimm, 02.04.2014
- Re: [AG-GOuFP] Juristische Diskussion zum Geldsystem., Frank Dahlendorf, 02.04.2014
- Re: [AG-GOuFP] Juristische Diskussion zum Geldsystem., Axel Grimm, 02.04.2014
- Re: [AG-GOuFP] Juristische Diskussion zum Geldsystem., Arne Pfeilsticker, 02.04.2014
- Re: [AG-GOuFP] Juristische Diskussion zum Geldsystem., Axel Grimm, 02.04.2014
- Re: [AG-GOuFP] Juristische Diskussion zum Geldsystem., Axel Grimm, 01.04.2014
- Re: [AG-GOuFP] Juristische Diskussion zum Geldsystem., matthias garscha, 01.04.2014
- Re: [AG-GOuFP] Juristische Diskussion zum Geldsystem., Arne Pfeilsticker, 01.04.2014
Archiv bereitgestellt durch MHonArc 2.6.19.