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Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
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- From: Arne Pfeilsticker <Arne.Pfeilsticker AT pfeilsticker.de>
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- Subject: Re: [AG-GOuFP] Geldschöpfung, Geldschöpfungsgewinn
- Date: Fri, 18 May 2012 00:30:31 +0000
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Frank + Frei schrieb:
Hallo Geldpiraten, hallo Arne,Hallo Frank,
ich habe leider (auch?) noch nicht so recht verstanden, warum ein Geldschöpfungsgewinn entsteht, wenn eine Bank z.B. einen Laptop kauft und diesen mit Giralgeld bezahlt.
...
Sie nimmt also den Laptop entgegen und ändert nur zwei Zahlen auf Konten im eigenen Hause. Trotzdem entsteht kein Gewinn bei der Bank, denn die Bank hat jetzt ja eine Verbindlichkeit beim Zulieferer. Dieser kann von der Bank jederzeit Bargeld verlangen oder das Geld auf ein Konto außerhalb dieser Bank überweisen.
Wie und wo entsteht also ein Geldschöpfungsgewinn, wenn diese Bank einen Laptop kauft?
MpG Frank & Frei
danke dass du nachfragst und nicht einfach die Abkürzung nimmst und sagst: Wie kann man nur so ein Schwachsinn behaupten.
Lass mich anhand des Laptops auf die Perspektive hinweisen, von der aus der Geldschöpfungsgewinn sichtbar wird.
Stell dir vor du hast zwei gleiche Laptops. Dann zerlege einen dieser Laptops in seine Einzelteile. Was ist nun der Unterschied zwischen diesen beiden Laptops? Rein materiell liegen auf dem Tisch zwei Haufen mit den genau gleichen Teilen. Ein Mathematiker würde nun sagen, dass der Unterschied in der Struktur liegt. D.h. in den Beziehungen der Teile untereinander. Offensichtlich ist die Struktur ein sehr wichtiger Aspekt. Der zusammengebaute Laptop hat völlig neue Eigenschaften und ein völlig anderes Verhalten, als jedes Einzelteil oder auch der gesamte Haufen an Einzelteilen.
Auf dem letzten Bundesparteitag musste ich meinen Laptop zerlegen, weil ich mir Apfelsaftschorle über die Tastatur gekippt habe. Ich war nicht nur geschockt, sondern mir war klar, dass nur eine ganz bestimmte Struktur zurück zu meinem funktionierenden MacBook Pro führt. Leider hatte ich diese Struktur nicht wieder 100%tig herstellen können, seither hängen manchmal zwei Tasten.
Dieser Struktur-Teile-Aspekt ist nicht nur in technischen Systemen, sondern auch in Software oder in volkswirtschaftlichen Systemen zu finden. Darüber hinaus gibt es nicht nur die Variante eine funktionierende Struktur und alle anderen Strukturen führen zu defekten Systemen, sondern unterschiedliche Strukturen können zu einem unterschiedlichen Verhalten führen.
Worauf ich hinaus möchte ist, dass auch in einem Währungssystem die Teile und Teilsysteme nicht nur nach ihrem *nominell rechtlichen* Aspekt, sondern auch nach ihrem *funktionalen tatsächlichen* Aspekt betrachtet werden müssen.
*Systemzustand 1:* Nominell rechtlich sind die 1000 Euro, die die Bank dem Lieferantenkonto gut schreibt, eine Verbindlichkeit. Solange aber diese Guthaben zur Zahlung von Forderungen auf Konten bei der gleichen Bank verwendet wird oder zur Wertaufbewahrung einfach auf dem Konto stehen bleibt, so lange sind die Herstellungskosten für dieses Giralgeld lediglich die Kosten für den Buchungssatz auf dem Girokonto des Lieferanten. Der Geldschöpfungsgewinn ist die Differenz zwischen den 1000 Euro und den wenigen Cents, die der Buchungssatz kostet. Solange und nur so lange dieser Zustand anhält, ist diese Verbindlichkeit *funktionales Eigenkapital*.
Das ist der von der Bank angestrebte Systemzustand. In diesem Systemzustand erhalten die Geschäftsbanken von den Nichtbanken Leistungen ohne wirkliche Gegenleistung.
Sobald aber einer der Zahlungsempfänger die 1000 Euro teilweise oder ganz abheben möchte oder auf ein Konto bei einer anderen Bank überweisen möchte, ändert sich die Systemstruktur signifikant und damit das Verhalten des Systems. Aus dem funktionalen Eigenkapital wird funktionales Fremdkapital.
*Systemzustand 2:* Wenn das Guthaben abgehoben wird, dann verliert die geldschöpfende Bank ab diesem Zeitpunkt den Geldschöpfungsgewinn teilweise oder ganz an die Zentralbank, weil die geldschöpfende Bank bei der Zentralbank einen Kredit aufnehmen muss, um die Barabhebung zu finanzieren. Falls die Zentralbank mitspielt könnte die geldschöpfende Bank das Bargeld auch im Tausch von Aktiva, wie z.B. Gold, kaufen.
In diesem Systemzustand ist die Geschäftsbank in einer ähnlichen Situation wie eine Nichtbank. Allerdings kann sie ihre Aktiva zu einem erheblich günstigeren Zinssatz finanzieren.
*Systemzustand 3:* Wenn das Guthaben teileweise oder ganz an eine andere Bank überwiesen wird, dann muss die Bank die Überweisung mit Zentralbankgeld bezahlen, das sie sich entweder von der Zentralbank oder von anderen Banken leiht. Ab diesem Zeitpunkt verliert die geldschöpfende Bank den Geldschöpfungsgewinn an die Zentralbank oder an die refinanzierende Bank. Im Falle einer refinanzierenden Geschäftsbank bleibt der Geldschöpfungsgewinn innerhalb des Bankensektors.
In diesem Systemzustand könnte sich der Bankensektor als Ganzes in einem ähnlich guten Zustand befinden, wie im Zustand 1. In diesem Zustand können sich die Banken aber gegenseitig das Wasser abgraben, indem sie Nichtbanken veranlassen Geld von anderen Banken auf die eigene Bank zu überweisen. Und genau das ist der Grund warum Banken Kundeneinlagen entgegen nehmen und für diese Einlagen Habenzinsen bezahlen. Den eigenen Kunden werden zinsbringende Anlagemöglichkeiten angeboten, damit diese Kundengelder nicht die eigene Bank verlassen.
Ich hoffe, dass ich mit dieser Erklärung die Fragen beantworten konnte. Nach meiner Erfahrung gehört diese funktionale Betrachtungsweise zu den schwierigsten Punkten im Verständnis der Geldschöpfung.
Hak und frag einfach nach, wenn noch irgendwelche Aspekte nicht klar sind.
LG Arne
- Re: [AG-GOuFP] Geldschöpfung, Geldschöpfungsgewinn, (fortgesetzt)
- Re: [AG-GOuFP] Geldschöpfung, Geldschöpfungsgewinn, Systemfrager, 18.05.2012
- Re: [AG-GOuFP] Geldschöpfung, Geldschöpfungsgewinn, Christoph Ulrich Mayer, 18.05.2012
- Re: [AG-GOuFP] Geldschöpfung, Geldschöpfungsgewinn, Oliver, 18.05.2012
- Re: [AG-GOuFP] Geldschöpfung, Geldschöpfungsgewinn, Arne Pfeilsticker, 18.05.2012
- Re: [AG-GOuFP] Geldschöpfung, Geldschöpfungsgewinn, Oliver, 18.05.2012
- Re: [AG-GOuFP] Geldschöpfung, Geldschöpfungsgewinn, Arne Pfeilsticker, 18.05.2012
- Re: [AG-GOuFP] Geldschöpfung, Geldschöpfungsgewinn, Oliver, 18.05.2012
- Re: [AG-GOuFP] Geldschöpfung, Geldschöpfungsgewinn, Arne Pfeilsticker, 18.05.2012
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