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ag-bauen-verkehr - Re: [AG Bauen und Verkehr] Artikel zu Fernbusse

ag-bauen-verkehr AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Bundes-AG Bauen und Verkehr Diskussionsliste

Listenarchiv

Re: [AG Bauen und Verkehr] Artikel zu Fernbusse


Chronologisch Thread 
  • From: "Robert Merz" <romerz AT gmx.de>
  • To: "Bundes-AG Bauen und Verkehr Diskussionsliste" <ag-bauen-verkehr AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [AG Bauen und Verkehr] Artikel zu Fernbusse
  • Date: Wed, 22 Jan 2014 22:42:21 +0100 (CET)
  • Importance: normal
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-bauen-verkehr>
  • List-id: Bundes-AG Bauen und Verkehr Diskussionsliste <ag-bauen-verkehr.lists.piratenpartei.de>
  • Sensitivity: Normal

Ahoi Moritz,
ahoi Bau und Verkehrspiraten,
 
ad 1 Energiebilanz
Die Bahn wurde zuerst mit Dampf, dann sehr bald mit Strom und erst aus ab den 1950er Jahren vermehrt mit Diesel betrieben. Erste Elektrifizierungen v.a. im bayerischen Raum fanden schon in den 1930er Jahren statt. Der Strom konnte nämlich effizient mit Wasserkraft erzeugt, verlustarm übertragen und effizient in Zugkraft umgesetzt werden. Die elektrische Traktion hat folgende großen Vorteile:
 
Ziemlich kompakte Lokomotive mit hoher Leistung pro Tonne Fahrzeuggewicht
Für die Anfahrt kurzzeitig stark überlastbar
kein Verbrauch bei Stillstand
sauber und relativ leise.
 
Dagegen war der Wirkungsgrad der Dampflokomotive am Anfang krottenschlecht (2 % !!!) und blieb immer ziemlich schlecht. Es konnte aber heimische Kohle, statt importiertes Öl verwendet werden - außer in der Schweiz. Deshalb hat sie komplett auf die elektrische Traktion mit Strom aus der reichlich vorhandenen Wasserkraft umgestellt. Es kommt aber auf die Kosten an - und da ist großtechnisch erzeugter Strom auch im Kohlekraftwerk trotz der dortigen Umwandlungsverluste gar nicht so teuer. Erst recht nicht aus Atomkraft - die DB hatte ca 100 MW im abgeschalteten Neckarwestheim 1 und hat 200 MW im noch laufenden Neckarwestheim 2. Mit diesem Strom fahren die Züge im ganzen Großraum Stuttgart. Man darf sich da nicht von den hohen Strompreisen für uns private Kunden täuschen lassen. Auch der Bahnstrom aus der Braunkohle in NRW ist sehr günstig. Die Bahn klagt nur über steigende Energiekosten, weil sie damit Preissteigerungen glaubhaft machen kann, weil die bei den Leuten für deren Energie auch der Fall ist.
Die Diesellok ist in allen o.g. Punkten deutlich schlechter. Aber sie braucht nicht die teure Fahrleitung. Deshalb lohnt sich die Elektrifizierung erst ab einer gewissen Streckenbelastung - und bei  langen Tunnels wegen der besseren Luft.
 
Ad 2
Verkehrsverlagerung /-zunahme
Wir können da nicht fair rechnen, denn mindestens ich habe dazu noch keine konkreten Zahlen.Solltest du sie haben - nix wie her damit.
Aber ich will keine Verlagerung weg von der el. Schiene, sondern durch Verkehrszunahme die Möglichkeit, Strecken dichter und damit attraktiver zu bedienen und so die Entölung des Verkehrssektors voranzutreiben.
 
Ad 3
Mitfahrbörsen
Der ang. Effekt mag vorhanden sein. Nach meinem Verständnis biete ich nur dann eine MFG an, wenn ich auch irgendwo hin fahren will. Wenn sich ein Mitfahrer findet ist dessen Beteiligung ein Zubrot. Findet sich keiner wird die Fahrt in aller Regel trotzdem alleine unternommen, denn ich will ja da hin - ins WE - zur Uni - ein ausgemachter Besuch - zu einer Veranstaltung, und nur äußerst selten just for fun eine Stadt anschauen, was man auch verschieben kann.
 
Ad 4
Marktkräfte/Regelungen
+1 +1
Aber :
Sie ist nur unter den heutigen Bedingungen des noch einigermaßen zuverlässigen Ölflusses vernünftig.
Und unserer florierenden Exportwirtschaft, die uns die Erwirtschaftung der Dollars dafür ermöglicht.
 
Wenn bei noch schönem Wetter Gewitterwolken heranziehen ist es aber auch vernünftig, das Zelt abzubauen und in ein festes Hotelzimmer umzuziehen.
 
Die Herren der 1930er Jahre in Deutschkland hatten nämlich genau diese Problem der Ölknappheit - und haben es durch das Verbot des Fernbusverkehrs gelöst. Die konnten Bahn, die war damalls weltweit ziemlich vorbildlich.
 
Da möchte ich auch wieder hin - so eine Bahn, wie heute die Schweiz - pünktlich, zuverlässig,  dichter Takt,  funktonierende Anschlüsse, deshalb gut nachgefragt und deshalb preiswert und ziemlich wirtschaftlich. Und der Fernbus- und der Lkw-Verkehr tragen durch eine "angemessene" Straßenmaut die von ihnen verursachten Kosten. In der Schweiz geht das alles - und bei uns auch!
 
Klarmachen zum Ändern!
Piratige Grüße
Pi-Robby aus der Gegend von Stuttgart.
 
Gesendet: Mittwoch, 22. Januar 2014 um 20:43 Uhr
Von: "Moritz Richter" <mmarichter AT aol.com>
An: "'Bundes-AG Bauen und Verkehr Diskussionsliste'" <ag-bauen-verkehr AT lists.piratenpartei.de>
Betreff: Re: [AG Bauen und Verkehr] Artikel zu Fernbusse

Hallo Robert,

ich hab da ein paar Anmerkungen:

 

zu 1: Die CO2-Bilanz der Bahn ist im Vergleich aber auch deshalb schlecht, weil es einerseits eher ineffizient ist, Energie erst in Strom umzuwandeln, um sie dann in Bewegungsenergie umzuwandeln, als das direkt zu machen und andererseits so ein ICE im Vergleich ja auch auf eine ganz andere Geschwindigkeit beschleunigt werden muss.

Reisen mit 300km/h hat schon seine Vorteile, aber dem Preisbewussten reichen vielleicht auch 100 km/h.

 

Zu 2:

Ja, zunächst zusätzlich. Es ist aber durchaus im Bereich des Möglichen, dass vielleicht durch Verkehrsverlagerungen auch mal eine Bahnlinie ausgedünnt wird. Fair gerechnet ergibt sich durch Mobilitätszunahme mehr Verkehr und nicht durch Verlagerung.

Zu 3:

Anbieter von Mitfahrgelegenheiten sind zumeist selbst sehr preisbewusst. Ich selbst habe als Student mal eine Zeitlang wochenweise gependelt und habe je nach Angebot selbst Fahrten angeboten oder war Mitfahrer. Heute würde ich wahrscheinlich den Bus nehmen und selbst Fahrten nicht mehr anbieten. Bei vielen Fahrern, die ich kennengelernt habe, besteht diese Möglichkeit durchaus auch. Wenn es wenige Mitfahrer gibt, sinkt auch für Fahrer die Attraktivität, die Fahrt selbst durchzuführen.

Zu 4 und als Fazit:

Man sollte auch ruhig mal auf die Kräfte des Marktes vertrauen. Wichtig ist es, faire Rahmenbedingungen zu schaffen.

Das bedeutet: keine Subventionen und so gut es geht die externen Effekte internalisieren.

Daraus ergibt sich dann das volkswirtschaftliche Optimum. Und nicht durch Verbot einzelner Beförderungsmittel.

Deshalb war die Liberalisierung des Fernbussverkehrs auch vernünftig.

Noch ein Nachschub: Dass Busse keine Maut zahlen müssen, zeigt jedoch wie absurd Politik manchmal ist.

Da möchte die Politik auf der einen Seite den Schienenverkehr stützen und baut auf der anderen Seite eine Subvention für die Konkurrenz ein.

Gruß

Moritz

 

Von: ag-bauen-verkehr-bounces AT lists.piratenpartei.de [mailto:ag-bauen-verkehr-bounces AT lists.piratenpartei.de] Im Auftrag von Robert Merz
Gesendet: Mittwoch, 22. Januar 2014 18:33
An: Bundes-AG Bauen und Verkehr Diskussionsliste
Betreff: Re: [AG Bauen und Verkehr] Artikel zu Fernbusse

 

Ahoi Kai,

ahoi Bau- und Verkehrspiraten,

 

Die genaue Bewertung der Fernbusse bezüglich

Energieverbrauch, dem damit nicht identischen CO2-Ausstoß,

privaten Kosten,

gezahlten Steuern und den volkswirtschaftlichen Aspekten

(mehr Reisen - mehr Ausgaben für Gastro, Hotel, Souvenirs, ...)

dazu die Veränderung der Lebensqualität

einerseite beim Transportmittel

andererseits unterwegs statt zu Hause sitzen

ist insgesamt sehr komplex und damit schwierig.

 

Wichtige Klarstellungen:

1. Der Bahnstrom kommt oft aus Wasserkraft und Atomkraftwerken. Zum Teil wird er aus dem öffentlichen Netz umgewandelt und hat dann in erster Näherung dessen CO2-Äquivalent, also auch vermehrt aus Sonne und Wind, dafür weniger aus Atom dafür tendenziell sogar etwas mehr aus Kohle! Deshalb darf der Stromverbrauch nicht direkt von kWh- in CO2-Werte umgerechnet werden.

 

2. Die Fernbusse sind vorher, von wenigen Ausnahmen abgesehen(Berlin-Linien) nicht gefahren, jetzt fahren sie aber! Also erfolgt deren Energieverbrauch und CO2-Ausstoß zunächst zusätzlich.

 

3. Nein, gerade die Mitfahrzentralen haben durch den Fernbus, nach einer kurzen Meldung, massiv an Kunden verloren, weil der Fernbus zu ähnlichen Preisen, mit besserem Komfort (W-LAN, Kaffee, ...) und viel höherer Unfall-Sicherheit fährt. Dazu nach einem ziemlich verlässlichen, planbaren Fahrplan. Die abgewanderten Kunden führen aber zu keiner Reduktion des Pkw-Verkehrs und müssen dem Fernbus voll als zusätzliche Belastung bei der Straßenbelastung, dem Energieverbrauch und dem CO2-Ausstoß zugerechnet werden. Gesamtverkehrlich sind sie praktisch bedeutungslos, wir betrachten hier aber nur dieses Segment.

 

4. Entscheidend ist der durchschnittliche Besetzungsgrad der Verkehrsmittel.

4.1 Im täglichen Pkw-Verkehr liegt er bei 1,2 Personen, im Fern-/Urlaubsreiseverkehr liegt er höher. Die genannten 3 Personen sind aber mit Sicherheit viel zu hoch.  Ich nehme eher 2 an, denn auch Kinder darf man vom Gewicht her, analog zu sonst ermäßigten Fahrpreisen, nur mit einem Bruchteil rechnen.

4.2 Züge sind ziemlich schwer und haben im Durchschnitt einen relativ niedrigen Besetzungsgrad. Der Vorteil ist der hohe Fahrkomfort und der weitgehende Betrieb mit Strom, der zum großen Teil CO2-frei erzeugt wird. Künftig will die Bahn sogar vollständig CO2-frei fahren.

4.3 Wie hoch der Besetzungsgrad der Fernbusse ist, darüber gibt es unterschiedliche Berichte. Einige schreiben von ziemlich leer, andere von guter Besetzung - auch darunter kann man sich viel vorstellen. Der Bereich befindet sich gerade noch in einer Aufbauphase. Da schlecht besetzte Fahrten auf Dauer wieder verschwinden wird sich das im Jahresdurchschnitt auf ein mittleres Level einpendeln. Es zeigt sich aber schon, dass die Gesamtkosten durch niedrige Fahrerlöhne gedrückt werden, denn die Kosten für das Fahrzeug und den Treibstoff sind ziemlich fix. Deshalb fahren oft selbstständige Subunternehmen für die bekannten Marken, die ihre Fahrer von überall her zu Minilöhnen engagieren. Das deutet darauf hin, dass die Wirtschaftlichkeitsschwelle schon bei relativ wenig Fahrgästen (10 oder 15 der 50 Plätze) - und damit hohem CO2-Ausstoß/Fahrgast-km erreicht wird.

 

Der Haupteinwand gegen den Fernbus ist, dass Fahrgäste von der Bahn abwandern. Dann bleiben zunächst die Betriebskosten alle gleich, während die Erträge deutlich sinken. Mittelfristig wird dies zu einer Ausdünnung des Bahn-Fahrplans führen. Erst bei einer Ölkrise wird sich die weitgehende Mineralölunabhängigkeit der Bahn bewähren, doch ob sie dann überhaupt noch flächendeckend fährt? Die nächste Ölkrise wird kommen, sie zeigt sich schon in den überdurchschnittlichen Preissteigerungen der letzten Jahre und Jahrzehnte. Deshalb geht für mich die Entwicklung zum Fernbus in die falsche Richtung.

 

Piratige Grüße

Pi-Robby aus der Gegend von Stuttgart.

Gesendet: Dienstag, 21. Januar 2014 um 16:28 Uhr
Von: "Kai F. Lahmann" <kfl AT 3dots.de>
An: "Bundes-AG Bauen und Verkehr Diskussionsliste" <ag-bauen-verkehr AT lists.piratenpartei.de>
Betreff: Re: [AG Bauen und Verkehr] Artikel zu Fernbusse

-----BEGIN PGP SIGNED MESSAGE-----
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On 21.01.2014 13:23, Robert Merz wrote:

> Insgesamt nimmt der CO2-Ausstoß deutlich zu, da bisher die
> elektrische Bahn mit Strom oft aus Wasserkraft und Atom durch das
> PBefG geschützt wurde.

Das "Bahn ist öko"-Mantra wird durch ständige Wiederholung auch nicht
richtiger. Bahn ist dann öko, wenn sie riesige Menschenmassen
transportiert; also die Pendlerzüge mit bis zu 2000 Leuten drin. Wir
reden hier aber vom Fernverkehr und da isses vorbei mit öko. Hab
gerade einen schönen Greenpeace-Artikel gefunden [1], wo man von
"15-19.000 kWh für Hamburg-München" redet. Das sind 800 km. Rühren wir
noch 600g CO2/kWh und 50% Auslastung [2] bei rund 500 Sitzplätzen rein
und es kommen 45-57g CO2 pro Fahrgast heraus. DAS schafft (wenn auch
nicht mit dem Tempo) schon ein PKW mit 3 Leuten drin.

> Die Autos von 1. fahren trotzdem.

Die "Mitfahrzentralen" dürften statistisch sowieso völlig
bedeutungslos gewesen sein.

> Auch wenn in eher geringem Anteil Reisen vom Pkw weg verlagert
> werden - und ein voller Bus umweltfreundlicher fährt, als ein
> halbleerer Pkw.

Dieser "geringe Anteil" (Quelle?) relativiert sich recht fix, weil
hier die Einsparungen so gewaltig sind. Qualifizierte Aussagen zum
Verbrauch der Dinger sind recht schwer zu finden, aber die meisten
auffindbaren Zahlen liegen bei 25-30l, also 660-792g CO2/km. Also
schon nach 5 Leuten ist der PKW-Alleinfahrer eingeholt und nach 'nem
Dutzend (=1/4 Auslastung) der ICE.

[1]
http://www.greenpeace-magazin.de/magazin/archiv/2-05/gute-lokfuehrer/
[2]
http://www.focus.de/fotos/die-auslastung-der-ice-und-ic-zuege-ist-in-den-vergangenen-monaten_mid_1178445.html

- --
Kai F. Lahmann
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Version: GnuPG v1.4.11 (GNU/Linux)
Comment: Using GnuPG with Thunderbird -
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