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ag-bauen-verkehr - Re: [AG Bauen und Verkehr] Artikel zu Fernbusse

ag-bauen-verkehr AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Bundes-AG Bauen und Verkehr Diskussionsliste

Listenarchiv

Re: [AG Bauen und Verkehr] Artikel zu Fernbusse


Chronologisch Thread 
  • From: "Moritz Richter" <mmarichter AT aol.com>
  • To: "'Bundes-AG Bauen und Verkehr Diskussionsliste'" <ag-bauen-verkehr AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [AG Bauen und Verkehr] Artikel zu Fernbusse
  • Date: Wed, 22 Jan 2014 20:43:45 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-bauen-verkehr>
  • List-id: Bundes-AG Bauen und Verkehr Diskussionsliste <ag-bauen-verkehr.lists.piratenpartei.de>

Title: AW: [AG Bauen und Verkehr] Artikel zu Fernbusse

Hallo Robert,

ich hab da ein paar Anmerkungen:

zu 1: Die CO2-Bilanz der Bahn ist im Vergleich aber auch deshalb schlecht, weil es einerseits eher ineffizient ist, Energie erst in Strom umzuwandeln, um sie dann in Bewegungsenergie umzuwandeln, als das direkt zu machen und andererseits so ein ICE im Vergleich ja auch auf eine ganz andere Geschwindigkeit beschleunigt werden muss.

Reisen mit 300km/h hat schon seine Vorteile, aber dem Preisbewussten reichen vielleicht auch 100 km/h.

Zu 2:

Ja, zunächst zusätzlich. Es ist aber durchaus im Bereich des Möglichen, dass vielleicht durch Verkehrsverlagerungen auch mal eine Bahnlinie ausgedünnt wird. Fair gerechnet ergibt sich durch Mobilitätszunahme mehr Verkehr und nicht durch Verlagerung.

Zu 3:

Anbieter von Mitfahrgelegenheiten sind zumeist selbst sehr preisbewusst. Ich selbst habe als Student mal eine Zeitlang wochenweise gependelt und habe je nach Angebot selbst Fahrten angeboten oder war Mitfahrer. Heute würde ich wahrscheinlich den Bus nehmen und selbst Fahrten nicht mehr anbieten. Bei vielen Fahrern, die ich kennengelernt habe, besteht diese Möglichkeit durchaus auch. Wenn es wenige Mitfahrer gibt, sinkt auch für Fahrer die Attraktivität, die Fahrt selbst durchzuführen.

Zu 4 und als Fazit:

Man sollte auch ruhig mal auf die Kräfte des Marktes vertrauen. Wichtig ist es, faire Rahmenbedingungen zu schaffen.

Das bedeutet: keine Subventionen und so gut es geht die externen Effekte internalisieren.

Daraus ergibt sich dann das volkswirtschaftliche Optimum. Und nicht durch Verbot einzelner Beförderungsmittel.

Deshalb war die Liberalisierung des Fernbussverkehrs auch vernünftig.

Noch ein Nachschub: Dass Busse keine Maut zahlen müssen, zeigt jedoch wie absurd Politik manchmal ist.

Da möchte die Politik auf der einen Seite den Schienenverkehr stützen und baut auf der anderen Seite eine Subvention für die Konkurrenz ein.

Gruß

Moritz

Von: ag-bauen-verkehr-bounces AT lists.piratenpartei.de [mailto:ag-bauen-verkehr-bounces AT lists.piratenpartei.de] Im Auftrag von Robert Merz
Gesendet: Mittwoch, 22. Januar 2014 18:33
An: Bundes-AG Bauen und Verkehr Diskussionsliste
Betreff: Re: [AG Bauen und Verkehr] Artikel zu Fernbusse

Ahoi Kai,

ahoi Bau- und Verkehrspiraten,

 

Die genaue Bewertung der Fernbusse bezüglich

Energieverbrauch, dem damit nicht identischen CO2-Ausstoß,

privaten Kosten,

gezahlten Steuern und den volkswirtschaftlichen Aspekten

(mehr Reisen - mehr Ausgaben für Gastro, Hotel, Souvenirs, ...)

dazu die Veränderung der Lebensqualität

einerseite beim Transportmittel

andererseits unterwegs statt zu Hause sitzen

ist insgesamt sehr komplex und damit schwierig.

 

Wichtige Klarstellungen:

1. Der Bahnstrom kommt oft aus Wasserkraft und Atomkraftwerken. Zum Teil wird er aus dem öffentlichen Netz umgewandelt und hat dann in erster Näherung dessen CO2-Äquivalent, also auch vermehrt aus Sonne und Wind, dafür weniger aus Atom dafür tendenziell sogar etwas mehr aus Kohle! Deshalb darf der Stromverbrauch nicht direkt von kWh- in CO2-Werte umgerechnet werden.

 

2. Die Fernbusse sind vorher, von wenigen Ausnahmen abgesehen(Berlin-Linien) nicht gefahren, jetzt fahren sie aber! Also erfolgt deren Energieverbrauch und CO2-Ausstoß zunächst zusätzlich.

 

3. Nein, gerade die Mitfahrzentralen haben durch den Fernbus, nach einer kurzen Meldung, massiv an Kunden verloren, weil der Fernbus zu ähnlichen Preisen, mit besserem Komfort (W-LAN, Kaffee, ...) und viel höherer Unfall-Sicherheit fährt. Dazu nach einem ziemlich verlässlichen, planbaren Fahrplan. Die abgewanderten Kunden führen aber zu keiner Reduktion des Pkw-Verkehrs und müssen dem Fernbus voll als zusätzliche Belastung bei der Straßenbelastung, dem Energieverbrauch und dem CO2-Ausstoß zugerechnet werden. Gesamtverkehrlich sind sie praktisch bedeutungslos, wir betrachten hier aber nur dieses Segment.

 

4. Entscheidend ist der durchschnittliche Besetzungsgrad der Verkehrsmittel.

4.1 Im täglichen Pkw-Verkehr liegt er bei 1,2 Personen, im Fern-/Urlaubsreiseverkehr liegt er höher. Die genannten 3 Personen sind aber mit Sicherheit viel zu hoch.  Ich nehme eher 2 an, denn auch Kinder darf man vom Gewicht her, analog zu sonst ermäßigten Fahrpreisen, nur mit einem Bruchteil rechnen.

4.2 Züge sind ziemlich schwer und haben im Durchschnitt einen relativ niedrigen Besetzungsgrad. Der Vorteil ist der hohe Fahrkomfort und der weitgehende Betrieb mit Strom, der zum großen Teil CO2-frei erzeugt wird. Künftig will die Bahn sogar vollständig CO2-frei fahren.

4.3 Wie hoch der Besetzungsgrad der Fernbusse ist, darüber gibt es unterschiedliche Berichte. Einige schreiben von ziemlich leer, andere von guter Besetzung - auch darunter kann man sich viel vorstellen. Der Bereich befindet sich gerade noch in einer Aufbauphase. Da schlecht besetzte Fahrten auf Dauer wieder verschwinden wird sich das im Jahresdurchschnitt auf ein mittleres Level einpendeln. Es zeigt sich aber schon, dass die Gesamtkosten durch niedrige Fahrerlöhne gedrückt werden, denn die Kosten für das Fahrzeug und den Treibstoff sind ziemlich fix. Deshalb fahren oft selbstständige Subunternehmen für die bekannten Marken, die ihre Fahrer von überall her zu Minilöhnen engagieren. Das deutet darauf hin, dass die Wirtschaftlichkeitsschwelle schon bei relativ wenig Fahrgästen (10 oder 15 der 50 Plätze) - und damit hohem CO2-Ausstoß/Fahrgast-km erreicht wird.

 

Der Haupteinwand gegen den Fernbus ist, dass Fahrgäste von der Bahn abwandern. Dann bleiben zunächst die Betriebskosten alle gleich, während die Erträge deutlich sinken. Mittelfristig wird dies zu einer Ausdünnung des Bahn-Fahrplans führen. Erst bei einer Ölkrise wird sich die weitgehende Mineralölunabhängigkeit der Bahn bewähren, doch ob sie dann überhaupt noch flächendeckend fährt? Die nächste Ölkrise wird kommen, sie zeigt sich schon in den überdurchschnittlichen Preissteigerungen der letzten Jahre und Jahrzehnte. Deshalb geht für mich die Entwicklung zum Fernbus in die falsche Richtung.

 

Piratige Grüße

Pi-Robby aus der Gegend von Stuttgart.

Gesendet: Dienstag, 21. Januar 2014 um 16:28 Uhr
Von: "Kai F. Lahmann" <kfl AT 3dots.de>
An: "Bundes-AG Bauen und Verkehr Diskussionsliste" <ag-bauen-verkehr AT lists.piratenpartei.de>
Betreff: Re: [AG Bauen und Verkehr] Artikel zu Fernbusse

-----BEGIN PGP SIGNED MESSAGE-----
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On 21.01.2014 13:23, Robert Merz wrote:

> Insgesamt nimmt der CO2-Ausstoß deutlich zu, da bisher die
> elektrische Bahn mit Strom oft aus Wasserkraft und Atom durch das
> PBefG geschützt wurde.

Das "Bahn ist öko"-Mantra wird durch ständige Wiederholung auch nicht
richtiger. Bahn ist dann öko, wenn sie riesige Menschenmassen
transportiert; also die Pendlerzüge mit bis zu 2000 Leuten drin. Wir
reden hier aber vom Fernverkehr und da isses vorbei mit öko. Hab
gerade einen schönen Greenpeace-Artikel gefunden [1], wo man von
"15-19.000 kWh für Hamburg-München" redet. Das sind 800 km. Rühren wir
noch 600g CO2/kWh und 50% Auslastung [2] bei rund 500 Sitzplätzen rein
und es kommen 45-57g CO2 pro Fahrgast heraus. DAS schafft (wenn auch
nicht mit dem Tempo) schon ein PKW mit 3 Leuten drin.

> Die Autos von 1. fahren trotzdem.

Die "Mitfahrzentralen" dürften statistisch sowieso völlig
bedeutungslos gewesen sein.

> Auch wenn in eher geringem Anteil Reisen vom Pkw weg verlagert
> werden - und ein voller Bus umweltfreundlicher fährt, als ein
> halbleerer Pkw.

Dieser "geringe Anteil" (Quelle?) relativiert sich recht fix, weil
hier die Einsparungen so gewaltig sind. Qualifizierte Aussagen zum
Verbrauch der Dinger sind recht schwer zu finden, aber die meisten
auffindbaren Zahlen liegen bei 25-30l, also 660-792g CO2/km. Also
schon nach 5 Leuten ist der PKW-Alleinfahrer eingeholt und nach 'nem
Dutzend (=1/4 Auslastung) der ICE.

[1]
http://www.greenpeace-magazin.de/magazin/archiv/2-05/gute-lokfuehrer/
[2]
http://www.focus.de/fotos/die-auslastung-der-ice-und-ic-zuege-ist-in-den-vergangenen-monaten_mid_1178445.html

- --
Kai F. Lahmann
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