Zum Inhalt springen.
Sympa Menü

ag-umwelt - Re: [Ag-umwelt] Erdgas als Kraftstoff - Steuerermäßigung verlängern

ag-umwelt AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Ag-umwelt mailing list

Listenarchiv

Re: [Ag-umwelt] Erdgas als Kraftstoff - Steuerermäßigung verlängern


Chronologisch Thread 
  • From: Gunnar Kaestle <gunnar.kaestle AT gmx.net>
  • To: ag-umwelt AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [Ag-umwelt] Erdgas als Kraftstoff - Steuerermäßigung verlängern
  • Date: Fri, 10 Aug 2012 07:02:44 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-umwelt>
  • List-id: <ag-umwelt.lists.piratenpartei.de>

Hallo Volker,

eine Biotreibstoffquote von 60% halte ich für 2050 völlig für utopisch. Selbst wenn der Biosprit der 2. und 3. Generation auf einen höheren Erntefaktor kommt als der Biodiesel und das Bioethanol von 1,5 (tropischer Zuckerrohrschnaps und Palmöldiesel ist besser) dann ist die Nutzung im Verbrennungsmotor anachronistisch, da geht momentan rund 3/4 als Wärme vorloren. Hybride Antriebskonzepte wird es sicherlich geben, aber die Langstrecken machen bei PKW auch nur eine untergeordnete Rolle aus.

In Amerika sprießen gerade für Trucks die Umbausätze und Werksausrüstungen für CNG bzw. auch LNG in die Höhe, das kann ich mir auch gut in Zukunft bei uns vorstellen. Bei Flugzeugen ist nicht nur eine gravimetrische, sondern auch volumetrische Energiedichte von Belang, d.h. hier sind Flüssigtreibstoffe noch das A und O.

In der wirtschaftlichen Bedrohung durch Peak-Oil sehe ich auch einen Hebel, die CO2-Problematik effektiver angehen zu können. Auf langfristige Dinge reagiert die Politik sehr träge und den Klimawandel interessiert nach Hemd und Jacke Gleichnissen erstmal nur periphär.

Wenn es aber an die Unterwäsche geht (die Rezessionsgefahr wächst, wenn man nicht aktiv wird), dann lassen sich auch schneller mit solch kurzfristig wirkenden Szenariobildern IMHO schneller die politischen Entscheidungsträger mobilisieren. Also nicht mit dem Stern Report winken, die Schwierigkeiten beziffern, in die wir in einigen Jahrzehnten hineinschlittern könnten, sondern mit dem Mad-Max-Szenario und dem Decline nach Peak-Oil. Wenn dass mal akzeptiert wurde und auch verdaut, dann kann man die Peak-Coal Karte ziehen.

Gruß,
Gunnar


Dr. Volker Jaenisch schrieb:
Ahoi!

Ich verstehe Euer beider Standpunkte, die Ihr überzeugend darlegt.
Ähnliche ethische Diskussionen gibt es auch um das Geoengineering.
Genau dies sind IMHO die wichtigen Diskussionen (der Streit um die
Fakten trägt nicht unbedingt zur Lösung bei).

Ich habe gestern eine vom WWF in Auftrag gegebene Studie zum
Klimaschutz gelesen [1]. Interessant ist dabei der Abschnitt
Transport und Verkehr für diese Diskussion. Dort wird auf
Energieeffizienz gesetzt, auch EMobilität kommt geringfügig zum
tragen. Der große Block sind aber Biokraftstoffe, welche den
CO2-Ausstoß senken sollen:

""" Der Endenergiebedarf des Verkehrs wird somit 2050 hauptsächlich
(zu 59 %) durch Biokraft- stoffe der zweiten und dritten Generation
sowie durch Strom (12 %) gedeckt. Wasserstoff- und Gasantriebe
spielen eine kleine Rolle. """ [1]

Es erscheint mir also wie eine Wahl zwischen zwei schlechten
Alternativen zu sein: * Biokraftstoffe (Deren Probleme sind ja
hinlänglich bekannt) oder * Gas (wobei Erdgas wohl zunächst die
billigste Variante sein wird, dann Shalegas aus Fracking, dann
synthetische Gase)

Wir werden angesichts der nicht schnell genug installierbaren
Kapazität von Sonnenkraft und Speichertechnologie in Angesicht der
erdrückenden Last der Dringlichkeit die CO2 Emissionen möglichst
sofort und drastisch zu reduzieren wohl nicht darum herum kommen eine
der beiden (zugegeben schlechten) Zwischenlösung zu verwenden.

Biotreibstoffe sollten es IMHO nicht sein, weil diese Lösung so gut
wie nicht kontrollierbar sein wird. Auch ist die verfügbare
ungenutzte Landfläche der Erde nur noch 30% [3]. Es wäre also wohl
vom Flächenbedarf gar nicht möglich genug zusätzliche Energiepflanzen
anzubauen und geichzeitig die Bevölkerung zu ernähren und wieder
aufzuforsten. Gas kann später (wenn früher als alle denken Peak-Gas
kommt und dann Peak ShaleGAS[2]) auch synthetisch unter Zuhilfenahme
von Sonnenenergie erzeugt werden. Auch wird gerade für den
Güterverkehr und Flugzeuge ein Treibstoff mit hoher Energiedichte
benötigt, weil dort Akkus zumindest beim jetzigen Stand der Technik
zu geringe Kapazitäten und zu hohes Gewicht aufweisen.

Aber ich gebe zu, dass mir diese Zwischen-Lösung deutlich weniger
behagt als eine richtig saubere welche ohne Erdgas auskommt. Denn wir
Menschen sind äußerst kurzsichtige Wesen und solange das Auto mit Gas
fährt, warum soll man sich Gedanken über Elektromobilität machen?

In "2052" wird dieses Problem ausführlich diskutiert. Der Autor geht
davon aus, dass die politischen Entscheidungsprozesse (gerade in den
westlichen Industriestaaten) viel zu langsam sind um rechtzeitig
handeln zu können um den Klimawandel einzudämmen. Wenn dann um 2030
die Auswirkungen des Klimawandels einfach nicht mehr zu leugnen sein
werden, wird ein großer Druck auf die Politik erzeugt werden, welche
dann mit staatlicher Macht Lösungen vorschreiben wird.
Notstandsverordnungen etc. werden einfach verbieten diese oder jene
Technologie noch einzusetzen, dieser oder jener Kraftstoff wird
einfach verboten. [Solche Ansätze lassen sich in der sogenannten
Schuldenkrise schon erkennen, wo ganze Staaten entmündigt werden,
Finanzinstrumente der parlamentarischen Kontrolle entzogen werden,
etc.]

Wenn es so kommen würde wie "2052" erwartet, wäre dies sicher keine
gute Entwicklung für die Demokratie. Allein aus diesem Grund bin ich
dafür schon jetzt so viel Druck als möglich auf die Politik auszuüben
schnell und effektiv zu handeln.

Denn ich mag zu bedenken geben, dass es ja nicht darum geht den CO2
Ausstoß zu drosseln. Es geht darum die CO2 Konzentration wieder zu
senken das ist mit einer Reduktion der Emissionsrate nicht
automatisch getan. Weniger Emissionen sind wünschenswert - Null oder
gar Minus-Emissionen sind aber das was wirklich benötigt wird um den
Klimawandel aufzuhalten. Es dauert Jahrhunderte bis antropogen
emittiertes CO2 wieder durch natürliche Prozesse aus der Athmosphäre
verschwunden ist. Dabei sollte nicht aus den Augen verloren werden,
dass in den Meeren in den letzten Jahrzehnten gigantische Mengen CO2
gebunkert wurden, welche diese dann wieder ausgasen werden, wenn wenn
die Athmosphäre irgendwann einmal eine geringere CO2 Konzentration
aufweisen wird.

[1]
http://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/Kurzfassung_Modell_Deutschland.pdf


[2] Eine Email in dieser Liste wo ich über Peok Oil und Peak Gas rede.
[3] "2052"

Beste Grüße

Volker

--
/^\
\ / Plain-Text Ribbon Campain
X Say NO to HTML in email and news!
/ \




Archiv bereitgestellt durch MHonArc 2.6.19.

Seitenanfang