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ag-landwirtschaft - Re: [Ag-landwirtschaft] Fettnäpfchen vor den Wahlen

ag-landwirtschaft AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Mailingliste der AG Landwirtschaft

Listenarchiv

Re: [Ag-landwirtschaft] Fettnäpfchen vor den Wahlen


Chronologisch Thread 
  • From: Detmar Kleensang <detmar AT gmx.de>
  • To: ag-landwirtschaft AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [Ag-landwirtschaft] Fettnäpfchen vor den Wahlen
  • Date: Thu, 10 May 2012 11:41:23 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-landwirtschaft>
  • List-id: <ag-landwirtschaft.lists.piratenpartei.de>

Moin!

Ok, auch auf die Gefahr hin, dass es gleich elendig lang und unübersichtlich
werden könnte: ich antworte mal ebenfalls so dazwischen. Denn viele Ansätze
gehen imho schon in eine realistische und zu verfolgende Richtung.


Am 09.05.2012 um 20:07 schrieb Pirat Wolfgang:

> Hallo zusammen,
>
> habe mal etwas Zeit gefunden eure Stellungnahme zum Enthornen
> durchzuarbeiten. Vorab: wir liegen da gar nicht weit auseinander, auch wenn
> ich das Thema als Nicht-Landwirt und rein als Tierschützer angehe. Ein paar
> Anmerkungen schreibe ich mal dazwischen.
>
>> -----Ursprüngliche Nachricht-----
>> Von: ag-landwirtschaft-bounces AT lists.piratenpartei.de
> [mailto:ag-landwirtschaft-
>> bounces AT lists.piratenpartei.de] Im Auftrag von Franz Burkhardt-Medicke
>> Gesendet: Montag, 7. Mai 2012 05:47
>> An: ag-landwirtschaft AT lists.piratenpartei.de
>> Betreff: Re: [Ag-landwirtschaft] Fettnäpfchen vor den Wahlen
>>
>> Ich schließe mich Detmar in allen Punkten an.
>>
>> Gruß
>>
>> Franz
>>
>>
>>
>> Am 07.05.2012 um 00:49 schrieb Detmar Kleensang <detmar AT gmx.de>:
>>
>>> Dann übernehme ich hier mal kurz, wenn es gestattet ist. Auch wenn ich
> es
>> gemein finde, solch ein schwieriges Thema wieder anzufangen, wenn wir hier
>> gerade die FDP überholt haben und ganz gemütlich im Kieler Landeshaus
>> einziehen werden.
>>>
>>> Also:
>>> Wolfgang: Enthornung ist so lange alternativlos, wie die
> landwirtschaftliche
>> Berufsgenossenschaft auf die Enthornung besteht oder aber den Beitragssatz
>> entsprechend anhebt, wenn die Tiere nicht enthornt werden. Also bitte erst
> mit der
>> Berufsgenossenschaft abklären, das die nicht so einen gesteigerten Wert
> auf
>> Hornlosigkeit legt. Über alles andere können wir dann gerne diskutieren.
>>>
>>> Das Du noch nirgendwo enthornte Rinder gesehen hast wundert mich sehr.
>> Nehme ich aber so zur Kenntnis. Hast Du denn schon mal Rinder gesehen, die
>> sich im Kampf untereinander oder beim Schubbern an einem Baum, Pfahl,
> Mauer,
>> wasauchimmer ein Horn abgestoßen haben?
>>> Ich sage Dir, das ist kein schöner Anblick, wenn der ganze Kopf des
> Tieres Blut
>> überströmt ist und es nur so herunterkleckert bis -läuft. Und ich fürchte,
> wenn das
>> jemand "nicht-landwirtschaftliches" sieht, dann hat der betroffene
> Tierhalter
>> garantiert in Nullkommanix eine Anzeige wegen Tierquälerei am Hals.
>>> Ich möchte so etwas jedenfalls nicht noch einmal sehen! Ich fürchte nur,
> das
>> könnte passieren, weil in meiner Herde ein paar Tiere laufen, die ich
> offensichtlich
>> nicht richtig enthornt hatte.
>
> Eure Argumente klingen schlüssig. Doch, wie gesagt, hier im Umland Hannover
> habe ich noch keine enthornten Rinder gesehen. So ganz alternativlos scheint
> es also nicht zu sein.

Nein, von alternativlos hat auch nie jemand etwas geschrieben, meine ich.
Alternativlos, wenn überhaupt, macht es die landwirtschaftliche
Berufsgenossenschaft. Denn ehrlich gesagt bin ich nicht dazu bereit, meine
Wirtschaftlichkeit zu gefährden, in dem ich quasi freiwillig höhere Beiträge
zahle, um die Rinder nicht zu enthornen und dabei mich und meine Familie
einem potentiellen Verletzungsrisiko auszusetzen.

> Wie seht ihr denn die Möglichkeit nur die Hornspitzen etwas abzurunden oder,
> wie in südlichen Ländern, Kunststoffkugeln drauf zu stecken? Die
> Verletzungsgefahr sowohl untereinander wie auch gegenüber den Landwirten
> dürfte doch auch damit gebannt sein?

Halte ich für wenig praktikabel. Gelinde gesagt...
Hornspitzen, also wenn das Horn überhaupt schon mal ausgebildet ist,
nachträglich stumpf zu schleifen, das ist eine weit größere Quälerei und
gefährlicher als gleich die jungen Kälber zu enthornen bevor sich erst Hörner
bilden können. Alleine ausgewachsene Rinder einzufangen, sie zu sedieren und
dann beim schleifen nicht zu tief in stark durchblutete Regionen vorzustoßen,
dass alles sind leicht unterschätzbare Risiken. Für Tierhalten genauso wie
für das Tier selber.

Aufgesteckte Kunststoffkugeln habe ich noch nie gesehen, weder hier noch
sonstwo. Ich sag ja immer: wenn da eine tolle und schonende und günstige und
einfache Methode existieren würde, dann hätte sich die am Markt schon längst
durchgesetzt und jeder würde es so machen. Dann hätten wir die Diskussion gar
nicht.

Wie schon einmal gesagt würde ich dafür plädieren, dass wenn schon Hörner
ausgebildet sind, ab einem gewissen Alter des Tieres nicht mehr enthornt
werden darf und der Tierhalter dann eben damit leben muss oder aber bei
dringender Not den Tierarzt eine Kürzung vornehmen zu lassen.
Ansonsten bleibt das Enthornen der Kälber unter Sedierung durch den
Tierhalter erlaubt bis Hornlosgenetik in nötiger Bandbreite zur Verfügung
steht.

>
>>> Was ist mit Beschneidungen bei Männern unserer Spezies? Möchtest Du das
>> auch Amputation nennen? Denn letztlich ist es nichts anderes als das
> enthornen
>> bei Rindern.
>
> Nunja, der Vergleich hinkt wohl etwas. Außerdem wird die Beschneidung
> zumeist aus religiösen Gründen vollzogen, womit wir beim Glauben bzw.
> Aberglauben wären. Und mich erinnert das Thema an die Ferkelkastration, die
> auch nur hier in D. als alternativlos angesehen wird.

Mal ganz ernsthaft: Bitte! Bitte nicht anfangen, selber Vergleiche
aufzustellen, anderer Leute Vergleiche aber als hinkend darstellen. Das
könnte ich im Gegenzug auch tun und dann hauen wir uns hier bald nur noch
Vergleiche um die Ohren bis keiner mehr gerade stehen geschweige denn gehen
kann ;)

Bei der Beschneidung beim Menschen wird ein Stück Haut entfernt.
Abgeschnitten. Amputiert. Je nach dem, wie man es nennen möchte.
Beim Enthornen eines Rindes wird ein Stück Haut entfernt. Nämlich das Stück
Haut, dass über dem Hornansatz wächst. Mit Entfernung selbigen wird der
Hornansatz nicht mehr durchblutet und es bildet sich gar nicht erst ein Horn.
Insofern: so groß sind die Unterschiede nicht.

Außerdem könnte ich in Deiner Argumentation auch behaupten, das Enthornen von
Rindern würde ebenfalls, wie die Beschneidung beim Menschen, nur aus
religiösen Gründen vollzogen werden. Da ja angeblich nichts gegen das
Hörner-tragen spricht...
Also wo genau soll das nun nicht vergleichbar sein?

>>>
>>> Aber wie gesagt: ich halte die Diskussion in dieser fatalistischen
> Prägung für
>> unsinnig. Wo man nachbessern könnte, aber das hatte ich schon mal
> geschrieben,
>> ist, dass die Enthornung nur noch unter Sedation des Tieres zu erfolgen
> hat. Denn
>> das mache ich schon seit Jahren so und viele Berufskollegen ebenfalls. Nur
> eben
>> längst noch nicht alle. Und ich muss sagen: ich möchte nicht mehr
> enthornen,
>> wenn die Kälber bei vollem Bewusstsein sind. Das ist echt nicht das
> allerschönste.
>
> Das so was ausschließlich unter Sedierung gemacht wird setze ich mal als
> zwingend voraus, genau wie die Ferkelkastration.

Eben! Und hier haben wir schon mal den einfachsten Punkt, wo wirklich
Angriffsfläche für Änderungen und Verbesserungen ist! Eine Sedierung ist
nämlich derzeit NICHT zwingend vorgeschrieben. Aus eigener Erfahrung würde
ich aber behaupten, das sollte es dringend sein!

Nur: das müsste auch durch den Landwirten selber durchführbar sein. Wird eine
Änderung dahingehend vorgeschlagen, dass nur noch Tierärzte eine Sedierung
vornehmen dürfen, dann wird das wieder derart teuer, dass wir gerade viele
kleinere und mittlere Betriebsgrößen in der Landwirtschaft verlieren werden.
Für die ist das nämlich kaum praktikabel, alle zwei Wochen wegen 1 bis 3
Kälbern den Tierarzt zu bestellen, der die Kälber schlafen legt, damit der
Tierhalter dann die Enthornung vornehmen kann. Der Tierarzt muss dann ggbf
noch so lange warten bis die Arbeit fertig ist, damit er die abschliessende
Wundbehandlung auch gleich noch machen kann? Unsere Tierärzte werden mit kaum
etwas anderem mehr beschäftigt sein, die Kosten in der Tierhaltung werden
entsprechend steigen und letztlich werden viele Tierhalter versuchen, diesem
Ungemach auszuweichen. Und dann haben wir womöglich wieder etwas, dass keiner
von uns haben möchte.

>>>
>>> Das einzige beim Thema enthornen, wo ich von "Amputation" sprechen würde
>> wäre, wenn älteren Tiere, bei denen die Hörner bereits weit
> herausgewachsen
>> sind, die Hörner (quasi nachträglich) abgesägt werden. Das fände ich
> widerlich.
>> Weil es zu den selben bereits erwähnten äußerst starken Blutungen kommen
>> würde. Das muss nicht sein. Oder sollte verdammt triftige Gründe haben.
>
> Hier wäre das Abrunden oder die Kunststoffkugeln sicher die bessere
> Alternative. Und wenn Enthornung dann sowieso nur unter starker Sedierung.
> Denn nicht nur körperlicher Schmerz ist als Tierquälerei anzusehen sondern
> auch Angst und Stress.

Angst und Stress wird es beim Abrunden von Hörnern aber auch geben.
Wesentlich mehr sogar, weil ein erstmal ausgebildetes Horn sehr stark
durchblutet und mit recht vielen Nerven versehen ist.

Angst- und Stressfreier wird auch in Zukunft sein, gleich die jungen Kälber
zu enthornen, bevor sich überhaupt Hörner ausbilden können. Dann ist es
nämlich wirklich nur das Entfernen eines Stückchens Haut mitsamt
Blutversorgung und Nerven.

Dies könnte (und sollte) wie gesagt unter Sedierung erfolgen. Das darf
allerdings keine "starke Sedierung" sein, da dadurch das Risiko von
Todesfällen enorm ansteigt. Und genau das ist der Grund, warum einige
Tierhalter nicht gerne sedieren möchten zum enthornen: weil nämlich schon
einmal zu stark sediert (und verstorben) riesige finanzielle Löcher reisst.
Außerdem wäre das so durchgeführte (unbeabsichtigte) Töten von Tieren auch
kaum im Sinne des Tierschutzes. Und im Sinne des Tierhalters schon gar nicht!

>>>
>>> Was beim Enthornen tatsächlich passiert, ich habe ja den Eindruck der
> eine oder
>> andere hätte eventuell falsche Vorstellungen von dem Vorgang, ist, dass
> die
>> Blutzufuhr zum Hornansatz durchtrennt wird. So wird der Ansatz des Hornes,
> wo
>> noch eines wachsen soll, nicht mehr durchblutet und es kann nichts
> wachsen. Man
>> könnte eventuell sagen, es ähnelt dem Veröden von Krampfadern. Und da
> würde
>> sich auch manch ein Mensch sehr bedanken, wenn ihm das Wort "Amputation"
>> entgegen gebracht wird in dem Zusammenhang.
>
> Dieser Vergleich scheint mir schon passender. Doch auch das veröden von
> Krampfadern wird unter örtlicher Betäubung durchgeführt.

Ok, darauf könnte man sich dann vielleicht einigen. Nur um mal eine
Vorstellung zu geben. In wie weit eiune örtliche Betäubung beim Enthornen
praktikabel ist weiß ich allerdings nicht. Eine Sedierung ist relativ einfach
vorzunehmen und wenn man weiß was man macht und die Dosierung beherrscht
(hier ist weniger eindeutig mehr! S.o.), dann geht auch nichts schief. Es ist
leichter für den Landwirt UND für das Kalb.

Und genau dort müssen wir hin. Für die Tiere einfacher und schonender machen
indem den Tierhaltern werweiwas für Umstände gemacht werden funktioniert
selten. Weil es dann nämlich einfach nicht gemacht wird. Oder weil irgendwie
gemogelt wird oder wasweißich. Dann ist wieder niemandem geholfen.

>>>
>>> Was das Kupieren angeht, da bin ich kein Fachmann. Halte aber das Kürzen
> von
>> Schnäbeln oder Schwänzen für weitaus fragwürdiger. Letztlich muss man sich
> aber
>> auch hier fragen: Was hat dazu geführt, dass so etwas überhaupt gemacht
> wird?
>> Kein Tierhalter wird diese Dinge tun, weil er ein Tierquäler ist! Oder
> weil er sich
>> daran erfreuen würde! Das liegt vielfach schlicht und ergreifend an den
>> Haltungsbedingungen, die solche Dinge, auch im Sinne des Tierschutzes,
> nötig
>> machen. Und es ist der Effiziens in der Tierhaltung geschuldet, die
> wiederrum von
>> der Wirtschaftlichkeit bestimmt werden.
>
> Hier sind wir völlig konform. Diese tierschutzwidrigen Eingriffe werden nur
> aus rein kommerziellen Gründen vorgenommen und sind den Haltungsbedingungen
> der Intensivhaltung geschuldet. Genau hier müssen wir, Landwirte und
> Tierschützer gemeinsam, ansetzen.

Jein, was die kommerziellen Gründe angeht.

Noch mal etwas differenzierter betrachtet:
Enthornen, kastrieren und wasauchimmer kostet in erster Linie! Es kostet dem
Tierhalter Geld und Zeit. Beides würde er gerne sparen. Also rein zur
Gewinnmaximierung würde man vielleicht eher noch auf solche Arbeiten
verzichten.

Nein, es hat schon mit Tierschutz zu tun, dass enthornt und kupiert wird.
Weil die als alternativlos angepriesenen größeren Haltungsbedingungen (wachse
oder weiche) es nötig machen, damit sich die Tiere nicht gegenseitig Schaden
zufügen und auch dem Tierhalter selber möglichst wenig Schaden zufügen
können. Da ist also schon noch ein kleiner Untershcied bzw. ein Zwischenstufe
in der Argumentationskette. Die man aber besser nicht ausser Acht lassen
sollte.

Nun ist die Frage, ob zu Wohle aller vielleicht in der Förderung der
Landwirtschaft entsprechend regelnd eingegriffen werden sollte. Also die
Herdengrößen ab einer gewissen Größe, die zu eben diesen Vorgehensweisen
führt, schon mal der Einfachheit halber nicht mehr noch zusätzlich gefördert
werden wie bisher üblich. Dann wächst es sich einfach aus mit der Zeit. Das
sind aber alles Sachen, die man im großen Zusammenhang sehen und regeln muss
und nicht allein nur durch ein "Amputationsverbot".

Da wären wir dann nämlich wieder bei der Grundsatzdiskussion: was für eine
Landwirtschaft wollen wir in Zukunft?

Denn hey: Bauern sind findige Leute. Die finden schon Wege und Möglichkeiten,
sich irgendwelche starren Vorgaben zurecht zu biegen oder zu umgehen. Es hat
bisher noch nichts an Gesetzen gegeben, dass wirklich eingehalten werden
musste. Man muss den Bauern schon was bieten, dann machen sie es freiwillig!
Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, dann funktioniert alles was wir wollen.
Wenn sie nicht stimmen und nur ein simples Verbot kommt, dann wird es
umgangen und es wurde wieder nicht erreicht, was umgesetzt werden sollte.

Mal durchgespielt:

Variante 1: Enthornung nur mit Sedierung und Schmerzbehandlung im Nachgang,
beides zwingend vom Tierarzt durchzuführen.
Praxis: Kleine und mittlere Betriebe haben nicht so viele Kälber im
enthornungsfähigem Alter zu einem beliebigen Zeitpunkt, also sind die
Tierarztkosten entsprechen hoch. Höher als bei dem Großbetrieb mit 500 Kühen,
der am Tag mal 20 bis 30 Kälber enthornen (lassen) kann und bei dem durch die
Masse die Tierarztkosten relativ human ausfallen.
Ergo: Großbetriebe werden durch solch eine Regelung wirtschaftlich
konkurrenzfähiger (besser) gestellt als kleinere Betriebe.

Variante 2: Komplettes Enthornungsverbot.
Praxis: Großbetriebe bekommen massive Probleme innerhalb ihrer Herde, weil
keine Rangordnung mehr zustande kommt. Verletzungen der Rinder sind an der
Tagesordnung. Inclusive Infektionen, hohe Tierarztkosten und gesteigerte
Mortalität. Tierschutz darf in Frage gestellt werden. Recht kleine Betriebe
können mit dem Enthornungsverbot umgehen, Tiere können Rangordnung festlegen,
somit keine exorbitant gestiegene Verletzungsgefahr unter einander. Erhöhte
Verletzungsgefahr gegenüber dem Tierhalter selber bleibt bestehen.
Ergo: Großbetriebe bekommen massive Probleme, werden unpraktikabel. Vor allem
sehr kleine Betriebe mit Kuhzahlen von (mal geschätzt) 20-60 Kühen kommen mit
der Regel besser klar, werden somit besser gestellt als Großbetriebe.
Insgesamt steigt durch die extensivere und wesentlich kleinteiligere
Bewirtschaftung und vor allem durch eine drastische Reduzierung der
Gesamttierzahl (zumindest vorübergehen) der Kostenanteil. Die Produktion
verteuert sich wesentlich. Mit dem Risiko, dass der Verbraucher sich in
Kaufzurückhaltung übt und die Wirtschaftlichkeit noch mehr leidet.

Variante 3: ein praktikabler Mittelweg und Kompromiss, der funktioniert, weil
er auch durch die Landwirte freiwillig mitgetragen wird und somit auch den
Tieren und den Verbrauchern zugute kommt?


>>> TK-Hähnchen sollen für zweifuffzig am Grill drehend zu bekommen sein? Ja
> wie
>> meint ihr denn, sollen die dann gehalten werden? Die Masse macht es
> billiger, also
>> werden mehr Tiere in größeren Einheiten gehalten. Da funktioniert die
>> Hackordnung nur nicht mehr.
>>> Jetzt könnte (und sollte) man an den Haltungsbedingungen feilen. Doch
> wenn
>> das so gehen soll, das Schnäbel nicht mehr gekürzt werden müssen, dann
> kostet
>> das Grillhähnchen halt das dreifache. Grob geschätzt. Das möchte doch aber
> auch
>> niemand, oder? Da müssen wir echt einen für alle gangbaren Mittelweg
> finden. Das
>> funktioniert aber eben nicht mit der Knüppelmethode.
>
> Vor einigen Jahren waren wir in Südfrankreich, nähe Nizza. Da gab es an den
> Grillwagen zwei Sorten Hähnchen: die aus konventioneller Haltung und solche
> aus Bio-Haltung. Letztere kosteten, wenn ich mich richtig erinnere, das
> Doppelte. Und bereits vor ca. 20 Jahren, als es Bio-Lebensmittel hierzulande
> nur in sauteuren Bio-Läden gab, hat es Fleisch und andere Produkte aus
> Bio-Haltung in Dänemark längst in den Supermärkten gegeben. War halt teurer
> als das aus konventioneller Haltung, aber längst nicht so teuer wie
> hierzulande im Bio-Laden.
>
> Ich denke, es ist einfach eine Frage der Vermarktung. Und natürlich der
> Verbraucheraufklärung, aber da arbeiten Verbraucher- und Tierschützer längst
> Hand in Hand. Ein Grundproblem ist die konservative Haltung des DBV, der
> immer noch darauf setzt möglichst viel und möglichst billig zu produzieren.
> Und da sind eben die Landwirte in der Pflicht ihre eigene Lobbypolitik zu
> ändern.

Wird nicht funktionieren. Denn der DBV finanziert sich nicht in erster Linie
durch Mitgliedsbeiträge der Bauern. Der DBV ist (und war auch nie) eine
Interessensvertretung für die Bauern.

Geschichtliche Nachhilfe:
Der Deutsche Bauernverband wurde einst von den Allierten nach dem 2.
Weltkrieg auf den Weg gebracht (quasi gegründet), um als Bindeglied zwischen
Landwirten und der Politik zu fungieren. Er sollte die ausreichende und
günstige Versorgung mit Nahrungsmitteln in den Hungerjahren nach dem Krieg
sicherstellen.

Diese Aufgabe nimmt er offenbar immer noch sehr gut wahr. Jedenfalls verkauft
es der DBV noch immer und wieder als eien seiner größten Erfolge, dass der
Anteil der Ernährungskosten am Einkommen unter 10% liegt in Deutschland.

Sieht man sich die Verbands-, Wirtschafts- und Politikverknüpfungen des DBV
an, so kommt man zu dem Schluss, dass er einzig ein Industrieverband ist, eng
verwoben mit der konservativen Politik. Die Landwirte haben auf das Tun des
Bauernverbandes keinen Einfluss. Die Richtung wird von oben nach unten
vorgegeben und wer nicht auf Linie ist, der bekommt keine Posten oder fliegt
gleich raus aus dem Verband.
Das der Bauernverband noch immer sagt, er würde die Interessen der Bauern
vertreten ist vorspielung falscher Tatsachen. Das er angeblich noch fast alle
Bauern als Mitglieder führt liegt an einer schier unübersehbaren Zahl von
Karteileichen. Jeder Rentner, der lange nicht mehr wirtschaftet, wird dennoch
weiter als Mitglied geführt. Selbst solche Bauern, die ganz
unmissverständlich ihre Mitgliedschaft gekündigt haben, werden noch weiter
als Mitglieder in den Papieren geführt.
Und, leider, sind viele Bauern einfach zu bequem oder schon wirtschaftlich
derart eingespannt, dass sie für neutrale oder andere Information keine Zeit
haben, und so lassen sie es eben laufen, wie es ist.

Also direkten Einfluss auf die Lobbyarbeit des DBV hat ein Bauer nicht! Das
geht nur indirekt. Führt auch in die richtige Richtung, aber deutlich
langsamer und mit absolut deutlichem Widerstand!!!

>>>
>>> Noch einmal kurz zum kastrieren von Ferkeln: Auch das ist keine
> Amputation!
>> Sondern eine Kastration. Wird übrigens bei Menschen auch gemacht und da
> würde
>> auch niemand von Amputation sprechen. Und wollte man die Kastration von
>> Ferkeln verbieten, ja warum sollte dann die Kastration von Hauskatzen und
>> Hunden weiterhin erlaubt sein? Gibt es dafür irgendwelche logische
> Argumente?
>> Oder wird dort wieder behauptet, bei Haustieren wäre das etwas anderes?
> Ist es
>> nicht! Nur das möchte auch niemand, dass sich unsere Haustieren wahllos,
>> fortlaufend und unkontrollierbar vermehren.
>
> Auch dieser Vergleich hinkt. Die Kastration von Hunden und Katzen wird
> grundsätzlich unter Narkose durchgeführt. Und sie wird durchgeführt um
> Tierleid zu mindern. Bei freilaufenden Katzen um deren Vermehrung zu
> stoppen, die sehr großes Tierleid verursacht. Bei Haustieren damit sie nicht
> rollig werden oder ihre Aggressivität verlieren. Die Kastration von Ferkeln
> hingegen erfolgt aus rein wirtschaftlichen Gründen. Und diese sind auch noch
> zweifelhaft. Denn nur bei einem sehr kleiner Prozentsatz der männlichen
> Ferkel entwickelt sich Ebergeruch. Ein etwa ebenso großer Prozentsatz der
> Ferkel verstirbt jedoch bei der betäubungslosen Kastration. Entweder direkt
> durch Stress oder später infolge Wundinfektionen.

Gleiches gilt auch für die landwirtschaftliche Tierhaltung! Stelle Dir mal
vor, die Bullenkälber würden nicht kastriert. Entweder müsste man strikt
getrennte Haltung der Geschlechter einhalten (was kaum gehen dürfte: wenn
eine Ferse bullt, da hält kein Zaun den Bullen auf), oder aber die vermehren
sich unkontrollierbar und in einem der Gesundheit nicht förderlichem zu
jungem Alter. Das möchte kein Tierhalter, im Sinne des Tierschutzes.
Aus rein wirtschaftlichen Gründen (fordergründig) wäre es günstiger, die
Tiere nicht zu kastrieren. Weil es Zeit und Geld kostet. Es wird aber getan,
um eben negative Effekte möglichst gering zu halten.
Und übrigens: Bullen verlieren ihre Aggressivität auch, wenn sie erstmal
Ochsen sind. Das ist exakt das selbe wie bei unseren anderen Haustieren wie
Hunden oder Katzen.

> Die Ferkelkastration scheint mir genauso unsinnig wie das Mulesing, das in
> Australien und Neuseeland gebräuchlich ist um einen Befall mit Fliegenmaden
> in den Hautfalten des Schwanzansatzes zu verhindern. Auch dabei sterben
> einige Tiere infolge Wundinfektion und Befall mit Insekten auf den
> Wundflächen. Beides scheint mir einfach eine alte Gewohnheit zu sein, die in
> bestimmten Gegenden immer noch ausgeführt wird weil man es halt immer schon
> so gemacht hat.
> Ihr könnt ja mal nach Fotos zu Mulesing googeln, sind aber nicht schön.
>
>>>
>>> Zurück zum enthornen: Langfristig werden sich wohl die hornlosen Rassen
> bzw.
>> hornlose Genetik durchsetzen. Dies könnte man politisch fördern. Damit
> wäre dann
>> wohl auch schon allen geholfen.
>>> Bisher gibt es nur halt noch nicht so viele hornlos-Vererber. Und es
> birgt eine
>> enorme Gefahr, wenn spontan alles andere ausser der hornlos-Genetik
> verboten
>> werden würde. Eben weil es noch nicht so viel gibt davon. Das Inzestrisiko
> würde
>> enorm steigen. Mit allen Folgen, die sich daraus ergeben. Und das wäre
> genauso
>> Tierquälerei.
>
> Da kenne ich mich nicht aus, hier gibt es nur die Galloways hornlos. Es ist
> aber schon klar das die heutigen Hochleistungs-Milchkühe eine recht schmale
> genetische Basis haben. Wenn man die jetzt auch noch auf hornlos züchtet
> dann könnte es eng werden.

Leider ja. Dennoch: langfristig wird sich die hornlose Genetik durchsetzen.
Und genau das ist auch der für uns alle einfachste Weg, den es zu verfolgen
gilt!

Denn dieser Weg löst alle unsere Probleme, die sich hier im Laufe der
Diskussion aufgetan haben. Auf dem für alle einfachsten Wege. Und ich habe es
gerne einfach. Auch wenn mir bewusst ist, dass die meisten Dinge sehr viel
komplizierter sind in der Realität.

Wir müssen bei diesem Weg nur eben ein bisschen aufpassen, dass die
genetische Vielfalt nicht zu knapp wird.

>>>
>>> Also hilft es alles nichts: wir müssen da mit etwas mehr Bedacht ran!
>
> Da bin ich sehr dafür.

Danke. Dann wird das nämlich voraussichtlich auch funktionieren. Für alle.

>>>
>>> Es lässt sich zweifellos vieles ver- und nachbessern. Aber das geht
> nicht mit dem
>> Holzhammer.
>
> Das will auch niemand mit dem Holzhammer. Aber wir sollten die bisherigen
> Gewohnheiten in Frage stellen und nach Lösungen suchen.

Unbedingt!

MfG, Det





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