Um vernünftig diskutieren zu können sollten wir relevante Quellen austauschen:
Gruß
Andreas
11. Februar 2008 um 8:40 Uhr
Gesundheitspolitik: Was derzeit wirklich passiert
Ich bin 38 Jahre alt und Allgemeinarzt mit einer gut gehenden
Hausarztpraxis in Neuötting, Oberbayern, geistig gesund und ein
völlig normaler Bürger mit einer Lebensgefährtin und einem 15
Monate altem Sohn, bin seit 12 Jahren Gemeinderat und seit sechs
Jahren Kreisrat der CSU, einer Partei, die sicherlich weit
entfernt ist vom Ruf, linkspolitische und revolutionäre Gedanken
zu pflegen. Es ist nicht meine Aufgabe, solche Texte zu schreiben
und es gibt in Deutschland Tausende, die dies besser, packender
und erheblich vollständiger schaffen und wenigstens einer von
denen sollte das auch tun.
Ich bin von tiefstem Herzen Demokrat und, wie mir in den letzten
Tagen bewusst geworden ist, ein hoffnungsloser Idealist. Ich habe
nicht mehr gemacht, als mir selbst die Frage zu beantworten, warum
wir niedergelassenen Ärzte, Hausärzte und Fachärzte aussterben
sollen, obwohl sich an der Charakteristik unseres Berufes und der
Faszination für die nachfolgende Generation nichts geändert hat;
der Wunsch dazu kam mit Sicherheit nicht aus der Bevölkerung,
nicht von unseren Patienten. Von Jan Erik Döllein.
Dass wir zu teuer sind, kann man wirklich nicht behaupten und
wertlos sind wir erst recht nicht, denn mit jedem Krankenhaustag,
den wir durch unsere Arbeit vermeiden können, helfen wir den
Krankenkassen sparen.
Am 30.1.2008 haben sich 7000 von 8000 Hausärzten zu einer
Protestveranstaltung in Nürnberg getroffen und diese war die
größte und eindrucksvollste ihrer Art seit Bestehen der GKV. Keine
der großen Boulevardzeitungen brachte meines Wissens einen
adäquaten Artikel, keiner der privaten und öffentlich-rechtlichen
Sender ging tiefer und nachhaltiger auf diese Veranstaltung ein.
Die allermeisten Hausärzte eines der reichsten und größten
Bundesländer drohen mit Widerstand und niemanden interessiert es.
Nur uns Ärzte – der Rest der Bevölkerung wird außen vor gehalten.
Das machte mich stutzig und ich begann, immer tiefer im Internet
nach den Gründen zu suchen, worauf ich stieß, hat meinen Glauben
an den Rechtsstaat im Mark erschüttert und erklärt uns allen die
Frage, was hier wirklich passiert:
Man muss weiter ausholen, spätestens seit der Seehoferreform 1997
wurde uns ja schon klar gesagt, dass die deutsche Bevölkerung
immer mehr überaltert, dass die Gesundheitskosten aus dem Ruder
laufen sollen und die Bezahlung immer weniger vom Solidarsystem
übernommen werden könne. Der Lösungsansatz lag neben den
Einsparungen, unter denen sowohl die Krankenhäuser als auch die
Niedergelassenen leiden, in der fortschreitenden Privatisierung
von Teilen unseres Gesundheitssystems.
Nur allzu gern nahmen viele kommunale Träger die Möglichkeit wahr,
ihre defizitären Krankenhäuser an Klinikkonzerne zu verkaufen. Die
schlechte Einnahmensituation der Häuser war ein Produkt der
Reformen.
Grundsätzlich ist diese Tendenz in allen Bereichen unserer
Gesellschaft zu finden, der Staat zieht sich aus wichtigen
staatlichen Aufgaben zurück und verkauft sein Eigentum, mit dem
immer auch eine Sicherstellungsaufgabe verbunden ist, an private
Hände. Man kennt dies von der Bahn, von der Post, von der
Stromversorgung und zahlreichen anderen Bereichen. Auf der
Homepage des Bundestages findet man zu dem Schlagwort
Privatisierung über 2000 Einträge aus den letzten fünf Jahren.
Aktuell diskutiert man gerade die Privatisierung des
Gerichtsvollzieherwesens. Schleichend geht damit aber auch ein
zunehmender Machtverlust der Regierung einher und der Bürger ist
in allen Bereichen häufig der Willkür der Konzerne ausgesetzt.
Grundlage dieser Denkrichtung ist der so genannte Neoliberalismus,
der eine Entstaatlichung und eine Übernahme gemeinschaftlicher
Felder durch “die Bürger“ propagiert, womit allerdings keine
Bürgervereinigungen gemeint sind, sondern nur die großen Konzerne.
Zurück zu unserer Entwicklung im Gesundheitssystem: Es entstanden
also vier große Klinikketten, namentlich Rhönklinken, Asklepios,
Sana und Fresenius, die miteinander im Jahr 2007 sieben Milliarden
Gewinn erzielt haben, wohl gemerkt, der Klinikmarkt ist noch
längst nicht komplett aufgeteilt, sondern befindet sich noch zu
großen Teilen in den Händen der Kommunen. Es ist aber zu Zeiten
der politisch gewünschten DRG-Abrechnung zu erwarten, dass die
stetig größer werdenden Defizite die Landkreise immer mehr zwingen
werden, sich von der Schuldenlast zu befreien, ihre Krankenhäuser
den interessierten Klinikketten zu verkaufen. Die Gewinnerzielung
läuft, auch wenn das stetig verneint wird, über eine
Personalkostenreduzierung, indem man aus dem BAT-Tarif aussteigt
und Haustarife anbietet, denen die Mitarbeiter zustimmen müssen.
Zitat aus der Homepage der Rhönkliniken: „Wir würden den Versuch,
uns auf BAT-Niveau binden zu wollen, als Angriff auf die Zukunft
unserer Krankenhäuser betrachten.“
Auch die Synergieeffekte wie gemeinsamer Einkauf, Labor etc. der
Klinikketten helfen, dass sich vormals rote Zahlen bald in Gewinne
verwandeln. Über kurz oder lang werden sich die meisten
Krankenhäuser mittelbar oder unmittelbar im Besitz der großen Vier
befinden.
Was geschieht nun bis 2020 mit den niedergelassenen Ärzten in
Deutschland? Die werden einfach aussterben. Die Ursache ist ja
leicht erklärt, auch im ambulanten Sektor ist die Honorierung so
schlecht geworden, dass sich für einen jungen Arzt das Risiko in
die Selbstständigkeit einfach nicht mehr lohnt. Alle
Gesundheitsreformen der letzten Jahre hatten nur ein Ziel, nämlich
die gesamten Leistungserbringer derart in finanzielle Misslage zu
bringen, dass man sich förmlich nach einem Heilsbringer in Form
eines professionellen Großbetriebes sehnt, der einem die Last der
stetigen Existenzbedrohung von den Schultern nimmt. Durch die
Reformen wurde sicherlich auch Geld für die Krankenkassen gespart,
aber das war nur der nachrangige Sinn, in Wahrheit wurde hier die
komplette Privatisierung der gesamten Gesundheitsversorgung
unserer Bevölkerung vorbereitet.
Man gründet heute MVZ (Medizinische Versorgugs-Zentren), weil
argumentiert wird, dass der Zusammenschluss die Kosten senkt und
die Patienten kürzere Wege haben. Dem kann man nicht
widersprechen, aber in Wirklichkeit liefern die, derzeit häufig
noch in den Händen von einzelnen Ärztegenossenschaften liegenden,
Einrichtungen die ideale Basis für eine Übernahme durch die großen
Konzerne. Ab einer entsprechenden Summe wird sicher jeder schwach.
Es wird dann fortwährend angestrebt, die, in der Region übrigen
Arztsitze allmählich billig aufzukaufen, denn andere Interessenten
gibt es kaum. Sollte dann der gleiche Konzern auch noch das
entsprechende Krankenhaus besitzen, liegt das Monopol der
Gesundheitsversorgung einer ganzen Region in den Händen eines
einzelnen Privatunternehmens.
Ab dann würden nicht mehr die Krankenkassen den Preis diktieren,
sondern der Monopolist, denn niemand anderes kann die
Sicherstellung der medizinischen Versorgung garantieren. Die
Gelder der Beitragszahler werden reichlich in die Taschen der
Besitzer fließen und der mündige Bürger wird in seiner Versorgung
komplett auf die Bestimmungen des jeweiligen Konzerns angewiesen
sein.
Rechte wie die freie Arztwahl will ich hier gar nicht erwähnen,
man wird froh sein, dass sich überhaupt noch jemand der Bürger
annimmt. Unsere breit gefächerte Arztlandschaft soll also ganz
bewusst umgebaut werden zu einer reinen Monokultur, die nur der
Gewinnerzielung dient und den einzelnen Patienten als
Wertschöpfungsfaktor und nicht als Mensch behandelt.
Mit Sicherheit entstehende Mehrkosten für die Versicherten müssen
die Patienten aus der eigenen Tasche bezahlen. Man bezahlt auch,
denn man hat ja keine Behandlungsalternative. Ab diesem Zeitpunkt
sind übrigens auch Strukturen wie Kassenärztliche Vereinigungen,
Krankenkassen oder Ärztekammern völlig unsinnig geworden, denn
einem Alleinanbieter redet niemand mehr drein. Berufsständische
Gebote wie Schweigepflicht, Ehrenkodex, Werbungsverbot werden
ebenfalls keine Geltung mehr haben, der Arzt ist ein reiner
angestellter Dienstleister für den Profitkonzern. Bis 2020 ist
alles abgeschlossen.
Diese ganze Entwicklung ist verursacht allein durch die von
unserem Staat veranlassten Gesundheitsreformen und man muss sich
natürlich fragen, wie können unsere gewählten Volksvertreter
diesen Ausverkauf der Persönlichkeit und der Intimität seiner
Bürger nicht nur zulassen, sondern sogar auslösen wollen? Wie kann
ein Staat bewusst seine Mitglieder zu gläsernen Wirtschaftsgütern
machen?
Bewusstes Handeln möchte ich den meisten gar nicht unterstellen,
denn durch die Nomenklaturen, Umfragen, scheinbaren
Kompliziertheiten und angeblichen Komplexitäten wissen die
allermeisten unserer Bundestagsabgeordneten überhaupt nicht mehr
Bescheid, welche Konsequenzen die Reformen langfristig auslösen
werden. Auch die Gesundheitsministerin Ulla Schmid sieht in den
MVZ offenbar immer noch eine großartige Wiedererweckung der alten
Polikliniken aus Ostdeutschland, wobei sie einen entscheidenden
Unterschied vergisst, in der DDR bestand natürlich eine
Kostenstabilität durch den Staatsbesitz, während MVZ in den Händen
monopolistischer Konzerne die Gesundheitsausgaben sicher ans Limit
treiben werden und auch mit den Patientendaten noch Geschäfte
gemacht werden.
Die ganzen Ziele dieser entsolidarisierten Übernahme der
Bevölkerung werden den Politikern von den Initiatoren angepriesen
mit den Begriffen Vernetzung, Qualitätssteigerung,
Kommunikationssteigerung und so weiter. Ich glaube fest daran,
dass viele unserer Politiker insgesamt davon überzeugt sind, es
richtig zu machen, denn die Daten, die sie erhalten, bestärken
sie.
Die Initiatoren, die still und heimlich unsere Politiker derart
stark beeinflusst haben, dass sie zufrieden und mit reinem
Gewissen die Grundfesten unseres Staates auf den Markt werfen,
sind klar zu nennen: es handelt sich um Liz und Reinhard Mohn,
unterstützt von ihrer Freundin Frieda Springer.
Sie haben diese Namen fast noch nie gelesen, sie halten sich
weitestgehend aus den Medien heraus und doch werde ich Ihnen
erklären, dass es nahezu niemand anderes ist, der das deutsche
Gesundheitssystem zur Ernte für Investoren vorbereitet hat. Das
Ehepaar Mohn besitzt, als reiner Familienbetrieb, sowohl die
Bertelsmann AG, als auch die Bertelsmann Stiftung, ein geniales
Steuersparmodell, denn die Stiftung ist derzeit immer noch als
gemeinnützig anerkannt, obwohl sie zu 75% Besitzer der Aktien der
AG ist, 25% der Aktien befinden sich in direktem Familienbesitz.
Durch die Gemeinnützigkeit muss die Stiftung die
Dividendenausschüttung erheblich begünstigter versteuern, als es
die Familie Mohn müsste, wenn sie als privater Eigner Steuern
zahlen würde. Die Einsparungen liegen in Milliardenhöhe, denn
beispielsweise im Jahr 2006 kursiert ein Gewinn der Bertelsmann AG
von 9,7 Mrd. Euro und der Umsatz des Konzerns war 2005 mit 16,8
Milliarden Euro so hoch wie der der nächsten zehn Medienkonzerne
zusammen.
Ein „global player“, der insgesamt in über 60 Ländern vertreten
ist und sich vor allem über die Vermarktung von Kommunikation im
weitesten Sinne finanziert. Unter anderem gehört der Bertelsmann
AG sowohl die RTL Group, als auch der Gruner + Jahr Verlag, aber
auch die, auf breiter internationaler Ebene agierende Arvato, die
sich auf alle Kommunikationsplattformen zwischen Bürger und Staat
spezialisiert hat. Insgesamt gehört dieser unglaublich mächtige
Konzern einer einzigen Familie, der Familie Mohn. Frieda Springer,
die Witwe von Axel Springer besitzt die Hauptanteile des
Springerkonzerns und die beiden Damen sitzen häufig bei einem
Plausch bei ihrer Freundin Angela Merkel. Ob sich unsere Kanzlerin
diese Freundschaft allerdings frei wählen konnte, ist angesichts
der Medienallmacht von Liz Mohn und Frieda Springer, die übrigens
einen ausgesprochen sympathischen Eindruck machen, mehr als
fraglich. Ein Kaffeekränzchen regiert unser Land.
Die politische Einflussnahme erfolgt über die Bertelsmann
Stiftung, eine Institution, die sich vom Steuersparmodell schnell
zum größten und durch den Medienhintergrund mächtigsten Think Tank
der Republik gewandelt hat. Obwohl man in den Medien kaum den
Namen Bertelsmann hört, ist es doch erklärte Politik, die
Gesellschaft zu verbessern, zu reformieren und zu perfektionieren,
vorwiegend in den Hinterzimmern der Macht. Übrigens relativ klar
formuliert von Reinhard Mohn selbst, der wohl auch aufgrund seines
Alters mittlerweile die personelle Führung in die Hände seiner
Ehefrau gelegt hat.
Ich muss gestehen, dass mich der extrem apodiktische Anspruch und
die verlockenden Heilsbotschaften leider an die Ideen von
Scientology erinnert haben, jedoch habe ich bei allen Recherchen
keine Verbindung entdecken können und behaupte dies auch nicht.
Letztendlich ist dies aber wohl auch der Grund, warum auf
zahlreichen Internetseiten von der „Mohn-Sekte“ gesprochen wird
und gerade wir Deutschen müssen immer hellhörig werden, wenn
jemand für sich allein den Anspruch proklamiert, zu wissen, was
eine bessere Welt ist. Eine Frage, die sich mir ständig stellt,
ist, wie verfassungskonform ein Lobbyismus ist, bei dessen
Nichtbeachtung unsere Volksvertreter fürchten müssen, über die
Vernichtung in den Medien ihren Job zu verlieren. Wenn ein Beruf,
wie der des Politikers so stark von der öffentlichen Meinung
abhängt und diese Meinungsbildung in den Händen zweier netter
Damen liegt, wie viel ist dann eigentlich unsere Demokratie noch
wert?
Nun zurück zum Gesundheitssystem: Die Bertelsmann Stiftung berät,
aus natürlich nur idealistischem Grund die gesamte
Bundesregierung, aber natürlich auch viele andere Konzerne mit
Fakten, Demographie, Benchmarks und Qualitätskriterien. Sie
schafft Diskussionsforen und Kongresse, bei denen ausgewählte
Referenten Bertelsmannpositionen vertreten und fortwährende,
subtile Meinungsbildung aus einem Guss erfolgt. Dabei hat die
Stiftung in Deutschland aufgrund ihrer „Uneigennützigkeit“ gerade
in Politikerkreisen eine außergewöhnlich große Reputation erlangt.
Der Volksvertreter muss, um richtige Entscheidungen treffen zu
können, wissen, mit welcher Sachlage er konfrontiert ist, was die
Bevölkerung will und welche Risiken bestehen. Diese Daten liefert
Bertelsmann, gleich kombiniert mit den entsprechenden
Lösungsansätzen. Die Macht der Demographie und Demoskopie ist
überragend. Wenn mir jemand sagt, ich solle meine Praxis
renovieren, habe ich die Möglichkeit, frei zu entscheiden, wenn
mir aber jemand sagt, 87% der Bürger unserer Stadt finden die
Einrichtung und die Farbwahl meiner Praxis schrecklich, wie sehr
gerate ich dann bei meiner Entscheidung unter Druck? Deshalb kann
man den Politikern letztendlich gar keine Vorwürfe machen, denn
sie meinen ja, ihre Reformentscheidungen für das Volk zu treffen.
Anprangern könnte man höchstens, dass sich viele schon so weit vom
Bürger entfernt haben, dass sie ihn nicht mehr selbst befragen
können.
Ähnlich verhält es sich auf alle Fälle mit dem Gesundheitssystem,
ständig wird von Bertelsmann kritisiert, die Kommunikation und die
Zusammenarbeit zwischen den ambulanten und den stationären Ärzten
ist schlecht, die Qualitätskriterien werden nicht beachtet, man
kann unsere Arbeit nicht messen und statistisch erfassen. Die
Medien beschränken sich in der Berichterstattung nur auf Fehler
und Versäumnisse unseres Berufsstandes, die tägliche Arbeit um die
Gesundheit unserer Bevölkerung findet keine Erwähnung.
So sturmreif geschossen, glauben viele Politiker, an dieser
„desolaten“ Situation etwas ändern zu müssen, zumal, ich gestatte
mir zu sagen angeblich, das Geld immer weniger wird.
Heilsbringer sind hier wieder die privaten Träger, die dem
chaotischen System der Einzelpraxen mit einer Fülle an
Controlling, Effizienzsteigerung, Qualitätsmanagement,
Benchmarking und repräsentativer Außenwirkung entgegentreten. Das
ist der Anspruch, der von der gemeinnützigen Stiftung in die Köpfe
der Bundespolitiker geimpft wird, das ist alles so schön
nachvollziehbar und welcher Politiker möchte nicht im
Gesundheitssystem Qualität und messbare Größen? Doch wird
menschliche Nähe und soziale Wärme jemals quantifizierbar sein?
Offensichtlich bemerken Viele nicht, auf welche Gefahr wir
zusteuern: wenn das System der Einzelpraxen dem Monopolismus
einiger weniger Konzerne weicht, wie groß ist dann deren Macht?
Was Bertelsmann davon hat, unsere Bürger zu vermarkten? Nun, Frau
Liz Mohn sitzt im Aufsichtsrat der Rhön Kliniken AG, dem größten
privaten Klinikbetreiber in Deutschland. Und ich bin überzeugt,
dass es noch tausend anderer gewinnversprechender Gründe gibt, mit
denen sich die Bertelsmann AG dieses völlig neue, bisher
geschützte Wirtschaftsfeld erschließen wird. Sei es durch
Schriftmedien, Kommunikationsplattformen Fernsehprogrammen etc.
Interessant, fand ich auch die Rolle des Herrn Frank Knieps, der
noch 2003 als AOK-Geschäftsführer vor einer Privatisierung der
Gesundheitswirtschaft warnte, weil diese über kurz oder lang die
Kosten in die Höhe schnellen lasse. Mittlerweile steht er auf der
Referentenliste jeder Bertelsmannveranstaltung und sitzt im
Bundesgesundheitsministerium als Verantwortlicher für die
Umsetzung der Reformen.
Ich kann mir ein Zitat aus einem Interview von 1999 mit den
„Verbrauchernews“ einfach nicht verkneifen, es ging um die
Forderungen der Reformkommission Soziale Marktwirtschaft,
gesponsert von der Bertelsmannstiftung: „Die Kommission ruft zur
Abkehr von den tragenden Strukturprinzipien der sozialen
Krankenversicherung auf… Gesundheit soll von den wirtschaftlichen
Möglichkeiten des Einzelnen abhängig gemacht werden. … Die
Vorschläge der Kommission enthalten keine neuen und schon gar
keine brauchbaren Gedanken zur politischen und finanziellen
Stabilisierung der Krankenversicherung. Sie sind Blendwerk, weil
sie Gesetze der Marktwirtschaft im Gesundheitswesen einführen
wollen, die dort gar nicht gelten können.“
Bewundernswert, soviel fällt mir dazu ein, wie schnell gut
dotierte Referentengehälter die Meinung nahezu um 180 Grad drehen
können.
Nett ist auch die Geschichte mit der E-card, die von den
Stiftungsgremien immer als Weg aus der Intransparenz und dem
angeblichen Mangel an Kommunikation zwischen den medizinischen
Leistungserbringern hochgehalten wird. Obwohl sich alle
Ärzteverbände dagegen aussprechen, weil die E-card eindeutig ein
Eingriff in die ärztliche Schweigepflicht und die Individualität
des einzelnen Bürgers ist, betreibt das
Bundesgesundheitsministerium weiter deren Einführung.
Beauftragt, für ein Volumen von vorrausichtlich 1,9 Milliarden
Euro ist der Konzernteil Arvato. Es ist übrigens müßig zu nennen,
dass dieses Unternehmen zusammen mit dem Verlag Gruner + Jahr und
dem Springer Konzern das modernste Druckzentrum Europas Prinovis
hält. Je tiefer man sucht, desto öfter findet man die Verquickung
der selbsternannten Eliten, die uns in Wirklichkeit regieren. Ich
gebe zu, gar nicht tiefer gestöbert zu haben, denn eigentlich
wollte ich ja nur die Frage klären, warum unsere Situation ist,
wie sie ist. Ich habe auch bei Frau Springer und ihrem ganzen
Konzern keine offizielle Beteiligung an den großen Klinikkonzernen
gefunden, deshalb kann ich mir letztendlich nur vorstellen, dass
entweder entsprechender Aktienbesitz oder die multiplen
Verwebungen mit dem Bertelsmann Konzern der Grund sind, warum sich
die Springerpresse so mitschuldig macht an der Vernichtung der
ambulanten Patientenversorgung durch niedergelassene Ärzte.
Abschließend möchte ich noch einmal kurz zusammenfassen:
- Krankenhäuser machen politisch gewollte Defizite, werden an
Klinikketten verkauft.
- Niedergelassene Ärzte verdienen politisch gewollt so wenig,
dass der Nachwuchs ausbleibt. Sie werden durch MVZ ersetzt, die
zu guter letzt ebenfalls den Klinikkonzernen gehören werden.
- Die medizinische Versorgung unseres Landes liegt dann nicht
mehr in der Verantwortung von Ärzten, sondern von Konzernen.
- Monopolstrukturen und die Lenkung der Patientenströme
garantieren bei einer überalterten Bevölkerung eine geradezu
utopische Ertragssituation.
- Ärztliche Standestraditionen werden dem reinen Streben nach
Ertrag geopfert werden. Die gesundheitspolitische Landschaft
wird sich von Grund auf radikal verändern und entsolidarisieren.
- Die Ursache liegt nicht in dem Wunsch der Bevölkerung, sondern
in der geschickten Manipulation der Regierung durch hochpotente
Lobbyisten, die die Macht haben, über das Schicksal der
Politiker zu verfügen.
Ich weiß, dass ich Ihnen hier viele Fakten und Daten zugemutet
habe, aber ich verspreche Ihnen, dass es sich hierbei nur um die
absolute Spitze des Eisberges handelt. Ich könnte die Entstehung
der Hochschulgebühren oder die Beeinflussung der Schulpolitik
nennen, ich könnte die Agenda 2010 der rot-grünen Regierung
nennen, die in all ihren Details nahezu komplett aus der Feder der
Bertelsmannstiftung stammt. Ich empfehle Ihnen nur einmal, in Ihre
Suchmaschine die zwei Schlagwörter „Bertelsmann“ und „Kritik“
einzugeben und Sie finden eine derartige Fülle an Informationen,
wie dieser Konzern Deutschland fest im Griff hat und seine
Bevölkerung zu Schafen degradiert, deren Wolle reichlich Gewinn
abwirft. Dabei ist es völlig unwichtig, ob man ein Arbeitsschaf,
ein Landtagsschaf oder ein Bundestagsschaf ist, die gesamte
Bevölkerung trägt dazu bei, den Nachschub an Wolle zu liefern.
Ich weiß nicht, wie wir alle es verhindern können, dass
Gesundheit zu einer profitablen Beute für die mächtigen Konzerne
werden wird, nur haben wir Ärzte generell eine nicht
kontrollierbare Kommunikationsplattform, nämlich unser Wirken vor
Ort, bei den Bürgern. Informieren Sie sich erst mal selbst, machen
Sie sich ein eigenes Bild, bevor Sie mir alles glauben. Betrachten
Sie die Medien einmal unter dem neu gewonnenen Aspekt der
Unfreiheit und Manipulation. Wenn wir uns der Hintergründe bewusst
werden, sieht man auch, wie unwichtig eigentlich die Streitereien
der Berufsverbände sind, wie sensationell allerdings der Protest
der Hausärzte in Bayern war.
Ich habe noch so viele Fragen, die ich Sie alle bitte zu
beantworten, z.B. welche Rolle spielen die Krankenkassen? Ich kann
mir nicht vorstellen, dass diese sehenden Auges in eine
Zwangssituation laufen wollen, in der sie ausgemolken werden wie
nie zuvor. Auch ist es doch höchst fragwürdig, ob man überhaupt
dann noch Krankenkassen benötigt: wenn ohnehin die Versorgung
monopolistisch in den Händen der großen Konzerne liegt, ist es
wohl zu erwarten, dass man seinen Krankenversicherungsbeitrag
unmittelbar dorthin überweisen wird. Das ist in letzter Instanz
das System des amerikanischen Konzerns Kaiser Permanente, mit dem
unsere, hoffentlich getäuschte Gesundheitsministerin durchs Land
zieht und das auf allen Internetseiten des
Bundesgesundheitsministeriums so überzeugt angepriesen wird.
Wie ist das mit Healthways, sind die so klug, dass sie die
Vermarktung unserer Republik bereits erkennen und ähnlich einem
Bohrteam die besten Pfründe sichern wollen? Oder besteht hier eine
Übereinkunft mit der Bertelsmann AG, für die es ein leichtes wäre,
die Bevölkerung gegen diesen potentiellen Gegner aufzubringen?
Geben Sie mal „Atlantikbrücke“ in ihre Suchmaschine ein, erweitert
den Horizont erheblich.
Ich habe Angst vor dieser ganzen Verstrickung und erst recht vor
dem Gedanken, in einem Land zu leben, das längst in den Händen von
Konzernen ist. Ich kann nur diese Ergebnisse meiner Recherche
darstellen und allen verantwortungsvollen Bürgern erklären, in der
Hoffnung, dass dadurch eine Diskussion angeregt wird, in allen
Bereichen des täglichen Lebens.
Ich kann als Arzt Menschen nicht verändern, ich kann als Arzt
aber die Menschen informieren über Gefahren, die in ihrem
Verhalten gründen, kann sie warnen und versuchen, über die Risiken
und Nebenwirkungen aufzuklären. Das Internet scheint mittlerweile
der einzige Weg, Informationen noch ungefiltert austauschen zu
können. Ich lade Sie alle ein, mitzusuchen, mitzustöbern, die
Geschichte publik zu machen. Zeigen Sie diese Zusammenfassung
gerne allen interessierten Menschen, Journalisten und
Entscheidungsträgern, die sich längst fragen, woher das Gefühl
kommt, in diesem Staat nur noch ein Wirtschaftsgut zu sein, die
sich tagtäglich die Frage stellen, warum das Leben hier immer
weniger schön ist. Zeigen Sie diese und Ihre eigenen Erkenntnisse
den Menschen, die Macht und Einfluss haben, diskutieren Sie, ob
diese Allmacht gewollt ist, oder so schleichend entstanden ist,
dass sie einfach übersehen wurde. Vertreten Sie ein Menschenbild,
das mehr ist, als die RTL-Vision von Superreichen und armen
Bürgern, die sich bei DSDS für uns zum Idioten machen. Die
weitestgehende Anspruchslosigkeit unseres Medienangebots zeugt
meiner Meinung nach deutlich von dem Respekt, den die Regierenden
vor uns haben. Wenn wir nach all den Gesprächen dann gemeinsam
erkennen sollten, dass diese Entwicklung unveränderbar ist und in
Zukunft der Weg unserer Gesellschaft in diese Richtung führen
soll, muss jeder selbst wissen, ob er dort leben will oder nicht.
Nur wissen sollte jeder, warum alles so abläuft.
Hinterfragen Sie, warum ein Mann wie Horst Seehofer, obwohl er
die Türen geöffnet hat für diese Politik, heute in der Passauer
Neuen Presse als scharfer Kritiker des Neoliberalismus zitiert
wird und erinnern Sie sich, bei aller Fragwürdigkeit, warum er
gerade vor der Bewerbung zum CSU-Vorsitz durch die Medien
geprügelt worden ist. Dieses Schicksal droht allen Abtrünnigen und
natürlich habe auch ich persönlich echte existentielle Angst vor
den Auswirkungen dieses Dossiers.
Die Lösung des Problems der Rettung unseres Gesundheitssystems
wäre einfach: würde man den Beruf des selbstständigen Arztes
wirklich wieder attraktiver machen, würde diese Berufsgruppe immer
ein mächtiges Kontrollorgan und einen Gegenpol zu der
Konzernpolitik darstellen, zumindest solange, bis man uns auch
korrumpiert hat.
Die grundsätzliche Beurteilung der derzeitigen Lage unserer
Nation überlasse ich sehr gerne anderen, denn die werden dafür
bezahlt. Es ist wichtig, dass der Staat sich wieder seiner
Verantwortung für den einzelnen Bürger bewusst wird und nicht für
den Bürger in der Definition des Neoliberalismus.
Machen Sie sich Gedanken und, was mich freuen würde, überzeugen
Sie mich, dass ich mich irre, dass alles, was ich heute hier
verfasst habe nicht wahr ist und das Hirngespinst eines Spinners,
Sie könnten mir keine größere Freude machen.
Dr. med. Jan Erik Döllein
Allgemeinarzt, CSU-Kreis- und Gemeinderat
Mitglied des Verwaltungsrates der Kreiskliniken
Altötting/Burghausen