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ag-gesundheitswesen - Re: [AG-Gesundheit] AG-Gesundheitswesen Nachrichtensammlung, Band 29, Eintrag 185

ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de

Betreff: AG Gesundheit

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Re: [AG-Gesundheit] AG-Gesundheitswesen Nachrichtensammlung, Band 29, Eintrag 185


Chronologisch Thread 
  • From: "Martin E. Waelsch" <dr.m.e.waelsch AT t-online.de>
  • To: "'AG Gesundheit'" <ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [AG-Gesundheit] AG-Gesundheitswesen Nachrichtensammlung, Band 29, Eintrag 185
  • Date: Fri, 13 Apr 2012 14:03:47 +0200
  • Importance: High
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-gesundheitswesen>
  • List-id: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen.lists.piratenpartei.de>

Wirtschaftlichkeit ist im deutschen Gesundheitswesen nicht erreicht:

 

1 Gesundheitsausgaben nach Ausgabenträgern

in Mill. Euro

 

Lfd.
Nr.

  Gegenstand der Nachweisung

1995

2000

2005

2006

2007

2008

2009

2010

 

 

 

 

Ausgabenträger

 

 

 

 

 

 

Gesundheitsausgaben

 

 

 

1

  insgesamt  

186 947

212 838

240 360

245 997

254 230

264 391

278 405

287 293

 

 

 

2

  öffentliche Haushalte

19 920

13 614

13 583

13 062

13 026

13 381

13 885

13 829

 

 

 

3

  gesetzliche Krankenversicherung

112 474

123 914

135 877

139 755

145 361

151 465

160 854

165 548

 

 

 

4

  soziale Pflegeversicherung

5 295

16 706

17 888

18 060

18 382

19 161

20 312

21 535

 

 

 

5

  gesetzliche Rentenversicherung

4 405

3 528

3 598

3 572

3 677

3 862

4 013

4 054

 

 

 

6

  gesetzliche Unfallversicherung

3 408

3 687

3 998

4 064

4 056

4 274

4 459

4 613

 

 

 

7

  private Krankenversicherung 1)

14 275

17 604

22 023

22 476

23 452

24 896

25 957

26 773

 

 

 

8

  Arbeitgeber

7 802

8 685

10 149

10 443

10 748

11 228

11 575

11 975

 

 

 

9

  private Haushalte/private Org. o.E.

19 368

25 099

33 244

34 564

35 528

36 124

37 351

38 965

 

 

 

1) einschl. privater Pflege-Pflichtversicherung.

Die erste Stufe der Pflegeversicherung mit Leistungen für ambulante Pflege trat am 1. April 1995, die zweite Stufe mitLeistungen für die stationäre

Pflege am 1. Juli 1996 in Kraft.

 

Es wird trotz Gesundheitsreformen immer mehr ausgegeben. Woran das liegt, wird man sehen, wenn mehrere Kurven übereinander gelegt werden, so dass das Preissteigerungen und Tarifauswirkungen vergleichbar sind.

Unterm Strich muss man als tätige Arzt feststellen, dass die Gesundheitsreformen Null gebracht haben, aber den Frust, das Abwandern von Fachpersonal (Ärzte, Pflegekräfte) erheblich gepusht haben. Dazu kommt noch, dass durch die Gesundheitsreformen Berufsgruppen vor allem ins Krankenhaus Einzug gehalten haben, die es vorher nicht gegeben hat und die mit Behandlung von Patienten nichts zu tun haben (Codierer, MDC, Fallmanager, Case-Manager usw.).

 

Im Gegenzug wird bei jeder Tarifsteigerung vor allem beim Pflegepersonal gespart, was der allergrößter Unsinn ist.

 

Die Umsetzung des Arbeitszeitgesetz ist immer noch so ausgelegt, dass wie bei Drehmaschinen mit Maschinen-Belegungszeiten gearbeitet und keine Patientenorientierung berücksichtigt wird.

 

Jemand hat es schon angesprochen: damit kommt es zu erheblichen Informationsdefiziten, Übergabe-Probleme, usw.

 

Dagegen ist das Training in Teamarbeit in den meisten Krankenhäusern nicht erfolgt. Die KHs leben immer noch von Spaltung zwischen dem medizinischen Personal und dem administrativen Personal. Was ja einer modernen Betriebsführung widerspricht (Balance…).

 

Die Illusion, durch die DRGs wären die Liegezeiten in KHs wesentlich reduziert muss überprüft werden. Medizinisch gesehen sind die Aufenthaltsdauer-Verkürzungen vor allem durch den technischen Fortschritt bei den OPs (Minimalinvasive Chirurgie). Durch diese neue OP-Methoden wird wesentlich weniger Gewebe verletzt (verletzte Gewebe-Fläche wird verkleinert), dadurch sind Gewebereparaturprozesse im wesentlich kleinerem Umfang erforderlich, die Belastung des Körpers entsprechend reduziert und die Selbstheilungskräfte unterstützt. Diese Effekte zeigen sich deutlich auch bei Pat. über 65 Jahre, die naturgemäß meistens eh länger brauchen würden.

 

Wenn wir eine behandlungsorientierte Wirtschaftlichkeit im Krankenhaus erreichen wollen, brauchen behandlungsorientierte Bezugsgrößen, und das sind nicht die Diagnosen, sondern das erforderliche medizinische Personal.

 

Analog der PsychPV (Psychiatrie-Personalverordnung) wäre es notwendig, eine Berechnungssystematik zu entwickeln, die eine behandlungsorientierte Personalausstattung ermöglicht.

 

In der somatischen Medizin gab es einen Ansatz , die PPR, allerdings nur für Pflegekräfte (PsychPV: Ärzte, Pflege, Psychologen, Physiotherapie, Ergotherapie, Sozialdienst) und die PPR wurde anstatt weiter entwickelt von den Kostenträgern eingemottet, weil wohl zu berechenbar.

 

Auffällig ist, dass immer nur die Berechnungssysteme als Entgeltleistung in der Medizin bestehen bleiben, die nicht transparent sind.

 

Ein unmittelbarer Beleg für die Politik der Kostenträger gegen die Transparenz ist die gerade anlaufende Einführung der Pauschale auch in die Psychiatrie, womit die PsychPV außer Kraft gesetzt wird (wie die PPR bereits). Die PsychPV ist (und dann wohl war) die einzige transparente Berechnung des Personals in der Medizin überhaupt.

 

Bei der fehlenden Transparenz besteht der Vorteil, dass die Zahlenden (Kassen) sich immer das aussuchen können, was denen vorteilhaft erscheint, dann zum Nachteil der medizinischen Fachkräfte. Die Pauschale, Punkte usw. haben sich aus dem Blickwinkel der Patienten und des medizinischen Personals, ob im Krankenhaus (Kassen) oder ambulant (KV) für die Entwicklung der medizinische Versorgung nicht bewährt, sind aber für die Kostenträger ein wichtiger Machtmittel für die Unterdrückung und Ausbeutung des medizinischen Fachpersonals.

 

Ob das die Zukunft sein soll?                                                               

 

 

Dr. M. E. Waelsch

 

 

> -----Ursprüngliche Nachricht-----

> Von: ag-gesundheitswesen-bounces AT lists.piratenpartei.de [mailto:ag-

> gesundheitswesen-bounces AT lists.piratenpartei.de] Im Auftrag von Peter

> Kaisers

> Gesendet: Freitag, 13. April 2012 09:13

> An: AG Gesundheit

> Betreff: Re: [AG-Gesundheit] AG-Gesundheitswesen Nachrichtensammlung,

> Band 29, Eintrag 185

>

> Am 13.04.2012 06:44, schrieb Rasmus:

> > Siehst du nicht meinen Punkt. Ihr verbindet Wirtschaftlichkeit gleich

> > mit negativen Veränderungen. Leider gibt es viele, die ganz einfach

> > schlecht wirtschaften. Bitte glaube mir - die Lösung ist nicht,

> > überhaupt nicht auf's Geld schauen zu müssen. Ganz im Gegenteil. Nach

> > meiner Wertung macht eine deutlichere Aufteilung mehr Sinn. Das

> > medizinische Personal sollte sich ohne entsprechender Ausbildung und

> > Prüfung nicht in Unternehmerische Bereiche einmischen.

>

> Doch ich sehe deinen Punkt und stimme dir zu, dass viele

> Wirtschaftlichkeit mit negativen Veränderungen gleichsetzen. Das mache

> ich nicht, mir ist durchaus klar, das Wirtschaftlichkeit in einigen

> Bereichen auch des Gesundheitswesens Sinn macht. Ich bin aber Realist

> genug um zu erkennen, dass eine Entwicklung auch in eine von mir nicht

> gewünschte Richtung möglich.

> Desweiteren ist eine Trennung von Medizinischem Bereich und von

> Kaufmännischer Seite auf jeden Fall wünschenswert. Aber genauso, wie

> das

> medizinische Personal sich nicht in die andere Seite einmischen sollte,

> sollten die Kaufleute sich nicht in die medizinische Seite einmischen.

> Die Rolle der Vermittler zwischen den beiden Seiten ist dann aber

> letztendlich die entscheidende Schlüsselposition, deren Besetzung zu

> einer "Machtfrage" führen kann.

> Insoweit, sind wir gar nicht so weit auseinander.

>

> Grüße

> Peter

>

> --

> AG-Gesundheitswesen mailing list

> AG-Gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de

> https://service.piratenpartei.de/listinfo/ag-gesundheitswesen




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