Re: [AG-Gesundheit] Ärzteeinkommen ;-)

["Dr. Christian Haffner" <christian AT drhaffner.com>]

Hi nochmal,

es ist für mich immer die Frage, welche genauen Daten und Notizen von mir als Arzt bei den Kassen landen und wo genau innerhalb der Kasse die Daten verbreitet werden dürfen. Teilweise werden -  siehe Veröffentlichungen von Renate Hartwig, z.B. "der verkaufte Patient", externe Firmen beauftragt, im Namen der Kasse Patienten zu kontaktieren. Das halte ich z.B. für sehr fraglich (siehe auch:http://www.der-neue-hippokrates.com/index.php?section=view&id=258 und http://www.der-neue-hippokrates.com/index.php?section=view&id=315). Die KV-Abrechung als solche ist ja seit dem 1.1.2011 Pflicht und daher, wie Du schreibst, Standard. Die Frage ist aber eben, auf welche Daten die Kassen kontinuierlich Zugang haben dürfen. Das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient müsste sichergestellt sein, da z.B. niemand will, dass der Arbeitgeber oder weitere Personen erfahren, dass man z.B. mal einen Psychologen oder Psychiater aufgesucht hat oder sonst irgend ein Problem hat, das man keinem mitteilen möchte. Die Schweigepflicht muss ernst genommen werden.

Mit Therapieregime (=Konzept) meine ich, dass der Arzt gemäß seiner Untersuchung und Einschätzung, die Freiheit haben muss, eine Therapie zu verordnen, die medizinisch indiziert ist. Natürlich sollte diese sich  an der Beweis basierten Medizin Evidence based medicine) orientieren, soweit das möglich ist. Hier dürfen die Kassen ihn nicht aus ökonomischen Gründen unter Druck setzen können, solange das Vorgehen einigermaßen plausibel ist. Die Folge wäre sonst, dass Ärzte aus Angst vor Regressen und Eingriffen in ihre Arbeit nur noch sehr zurückhaltend behandeln. Das ist langfristig sicher nicht sinnvoll.

Viele Grüße

Christian

Von: haarbrandt <haarbrandt AT googlemail.com>
Antworten an: 'AG Gesundheit' <ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de>
Datum: Sat, 7 Apr 2012 13:01:51 +0200
An: 'AG Gesundheit' <ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de>
Betreff: Re: [AG-Gesundheit] Ärzteeinkommen ;-)

Online-Übermittlung ist absoluter Standard. Und die Abrechnungsdaten landen wegen Morbi-RSA bei den Krankenkassen, das hat mit Datenschutz gegenüber den Kassen somit sehr wenig zu tun. Das Problem ist eher, dass es Ärzten bisher noch freigestellt ist, wie sie das erledigen wollen. Das führt zu hohen Verwaltungskosten auf Seiten der KV. Das mit dem Schutz ist nachzuvollziehen, aber da sollte die Ärztekammer gegebenenfalls einspringen (kann sich mal nützlich machen :)

Das mit dem Therapieregime müsstest du für mich erläutern, den Begriff kenne ich leider nicht. 

Viele Grüße,

Birger 

Am 7. April 2012 12:52 schrieb Dr. Christian Haffner <christian AT drhaffner.com>:

Ein Problem wäre, dass die Ärzte dann direkt von den Kassen abhängig werden würden, wogegen sich Kliniken besser schützen können als kleine Praxen oder Praxisgemeinschaften. Was die Online-Übermittlung der Daten angeht sehe ich ein Problem mit dem Datenschutz von Patientendaten und Eingriffe in Therapieregime von Ärzten aus Kostengründen. Wir sollten uns mal erkundigen, wie das im benachbarten Ausland läuft. Ein guter Kollege von mir, Marcus Schmidt, ist bei der Jungen Allgemeinmedizin Deutschland (JADE) sprecher für Internationale Zusammenarbeit. Ich werde ihn mal fragen und Euch dann berichten. 

Viele Grüße!

Christian

--
AG-Gesundheitswesen mailing list
AG-Gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de
https://service.piratenpartei.de/listinfo/ag-gesundheitswesen