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ag-gesundheitswesen - Re: [AG-Gesundheit] Die "Duale Vergütung" im Gesundheitswesen

ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de

Betreff: AG Gesundheit

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Re: [AG-Gesundheit] Die "Duale Vergütung" im Gesundheitswesen


Chronologisch Thread 
  • From: syna <syna AT news.piratenpartei.de>
  • To: ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-Gesundheit] Die "Duale Vergütung" im Gesundheitswesen
  • Date: Tue, 10 Jan 2012 21:27:59 +0000
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-gesundheitswesen>
  • List-id: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen.lists.piratenpartei.de>
  • Organization: Newsserver der Piratenpartei Deutschland - Infos siehe: http://wiki.piratenpartei.de/Syncom/Newsserver


Ahoi, KK,

erstmal Danke für Deine ausführliche Stellungnahme (obwohl bei
Regen kann man eigentlich nichts besseres tun, als hier im Forum zu schreiben).

Deine Ausführungen sind ja alle ok, aber sie lassen den Verdacht,
aufkommen, dass ich mißverstanden werde. Wenn Du diese Erfahrungen
gemacht hast oder tagtäglich um Dich herum hast, dann ist das vielleicht
dennoch nicht verallgemeinerungsfähig: Siehe meine Antwort unten.

K K schrieb:
Guten Morgen,
im Hintergrund regnet es, ich bin seit kurz nah 8Uhr in der bib, naja, dann
kann ich auch mal ne Mail beantworten.

Mal zwei allg Fragen: 1. Was ist denn eigentlich bei dir nun ein spezialist. ist das ein Facharzt
für XY oder muss der Facharzt Oberarzt sein, Veröffentlichungen haben oder
einfach nur 2000 H-Tep (Künstliche Hüften) gemacht haben?
2. Wie wäre es wirklich mit einer Hospitation für dich? Dann würdest du echt
viele Sachen anders sehen...

/*Schon bei der Besetzung eines Lehrstuhls spielt die Frage, ob
jemand Privatpatienten anzieht, eine große Rolle.*/
Dazu natürlich ob es überhaupt andere gibt (Jahrelanges betteln um in
Rostock einige Lehrstühle zu besetzen)

/*Ein genialer Wissenschaftler und Eigenbrötler, der die Patienten nicht
ausreichend hofiert,[...]*/
Frage hier, wird er als Klinikleiter oder Beauftragter für Lehre oder
Forschung berufen... Mein Dr.Vater, sehr guter und renommierter
Wissenschaftler ist Klinik-Vice und eben für Lehre+Forschung zuständig und
macht nebenbei nur Klinik

/* Eine Spezialisierung dauert sehr lange. Ein Universitätsprofessor ist im
Durchschnitt 45 Jahre alt, wenn er seine Klinik bekommt. Dann hat er sich
gegen 98 Prozent der Kollegen seines Jahrgangs durchgesetzt. */
Warum ist er "sooo" Alt? Naja, Studium 27J->FA +5-6J -> Habil 2 bis 10J und
da sind wir bei naja passt fast, man will ja auch etwas leben. Und zum Thema
durchgesetzt, nicht jeder, der es könnte will eben mind 10 mal Erstautor
sein und wird dann eben "nur" sehr guter Chirurg etc und nicht habil.

/*[...]Ein Gramm Gehirn des Spezialisten kann
mehr helfen als eine tonnenschwere Strahlungskanone. */ Naja, und doch
werden die Bilder von Assistenten und FA gesichtet und der Prof nickt sie
meist nur ab, wenn überhaupt. Und präsentiert sie morgens den Kollegen der
Disziplinen. Die dann doch drauf schießen oder es raus schneiden. Ach und
vorher natürlich noch ein Tumor-Board abhalten (sinnvoll!)

/*Da sie nach Jahrzehnten der Ausbildung , in denen sie bei überragender
Leistung und größtem Fleiß nicht besser bezahlt werden wurden als alle
Anderen[...]*/ Danke für die Blumen, aber FA wird/will doch jeder werden,
dann wird man mit etwas Berufserfahrung auch OA. Aber du denkst da nur an
habil und Prof oder? Ob nur das Spezialsten sind... naja

/*Ein Professor für Radiologie kann heute an einer Uniklinik noch immer über 5 Mio. Euro im Jahr einnehmen, wenn er seine Privatpatienten direkt
abrechnen darf.*/ Und warum grade Radio? Und auch der Laborarzt? Genau, weil
Technik und RTA (Röntgentech-Assis) die Arbeit machen, der Assi oder FA dann
befundet und fertig. Und weil die Technik fast alles macht und das a)viele
Patienten sind und b)man es gut abrechen kann (noch) gibt es auch viel Geld.
Nicht weil er so ein cooler typ ist...

/*Das hohe Einkommen dieser Ärzte finde ich auch gerechtfertigt. Es
sind die Besten ihres Jahrgangs[...]*/ Erstmal Danke! (smile!) Aber zum glück nicht immer. Stud.Med die über ihr
1,0 NC reinkommen sind leider immer wieder absolute Sozialversager bei denen
man hofft das sie in die Forschung gehen und nie an den Patienten kommen
(hups dann sind sie habil->prof und Spezialisten^^)

/*[...]hauptsächlich Mediziner begünstigen, die international völlig
unbekannt sind und sich gegen die heutige Konkurrenz niemals durchgesetzt
hätten.[...]*/
Na und? Wenn er operieren kann und seine Patienten überleben, dann ist es
egal ob er 20 PubMed Erstautorschaften hat. OK, weniger Drittmittel für die
Uni, aber dann hol ich mir eben jemand Junges für die Forschung!

/*[...]*Sie führt dazu, dass die Fachleute die am
schwersten erkrankten und auch medizinisch interessantesten Patienten
oft gar nicht sehen, weil diese zu 90% gesetzlich versichert sind.[...]*/
Ich weiß nicht wo du schon mal ne Klinik gesehen hast, aber:
1. Patient kommt in die Ambulanz weil überwiesen
2. FA oder OA sehen sich die Bilder/Befunde an
3. Termin wird in 1-3 Wochen ausgemacht wenn nicht Notfall-Indikation
(Nerven verletzt, eingeklemmt etc)
4. Es operiert wer da ist, Zeit hat und Erfahrung! Dh mind ein Assi (wegen
Ausbildung), dann je nach Größe der OP (Komplette Gebärmutter raus mit Blase
und dann Neuanlange einer Blase?) Chef plus weiterer erfahrener Kollege
FA/OA der am Anfang alleine mit Assi beginnt! Und weitere Disziplinen falls
notwendig.

/*So behandelt ein mir bekannter Spitzenchirurg einer deutschen
Universitätsklinik vor allem Leistenbrüche, eine zwar völlig harmlose[...]*/
Wir wollen hier mal Namen sehen, Klinik, Disziplin und Rang (FA/OA/CA?)
Dazu, man kann auch an einer Leistenbruch OP sterben wenn nicht sauber
gemacht! Ist ja nicht so, das man schon alleine beim Beginn einer
Laproskopischen-OPs Leute die Aorta perforieren kann^^

/*[...]Bauchspeicheldrüsenkrebs ist eine sehr aggressive Krankheit, die
häufig im fortgeschrittenen Lebensalter auftritt und eine hohe Mortalität
aufweist: Neun von Zehn Patienten überleben das erste Jahr nicht.[...]*/
Und warum? Ließ mal deine Quellen! Und da hilft schon der "müller Chirurgie"
auf Dt, und natürlich hab ich es auch schon mal gepostet... _WEIL_ es eine
sau späte diagnostik ist, wo meist schon pT2b und schlimmeres erreicht wurde
und dann ist das eben inoperabel! Mensch...

[...]Wird dieser von einem erfahrenen Operateur vorgenommen, ist die
Sterbewahrscheinlichkeit im ersten Jahr bei 5,8%. Bei Ärzten mit wenig
Erfahrung liegt die Sterbewahrscheinlichkeit dagegen mehr als doppelt so
hoch: 12,9% sterben noch im ersten Jahr.[...]*/
Schon klar, deswegen wollen die Kassen ja das es Kompetenzzentren gibt,
zurecht. Dir ist aber schon klar, das dein Spezialist auch immer nen Assi
oder sogar Famu/PJler neben sich hat den er ausbildet und so weniger
Erfahrung mit am Tisch hat (boah!)
/*Statt dass nun dieser Chirurg alle Fälle mit
Bauchspeicheldrüsenkrebs im Umfeld seiner westdeutschen Großstadtklinik
operiert – was zeitlich gut ginge, da die Krankheit eher selten ist –
übernimmt er nur einen kleinen Teil davon und behandelt hauptsächlich
Leistenbrüche.*/
Gut noch mal, ist er der Chef? Dann muss er auch mal seine anderen Leute
ausbilden lassen. Ist deine Quelle nur FA/OA dann müssen auch mal andere ran
(Ausbildung). Dann haben wir "leider" (joke) in dt freie Arztwahl, wenn dr
Patient wo anders hin will und nicht in deine westdt Großstadtklinik, weil
wo anderes besseres Essen, dann darf er das auch. Und nun? Soll dein
Spezialist nur Kaffe trinken? Ne, dann doch lieber Leistenbänder, die auch
sooooo oft vorkommen. (anscheinend gibt’s an der einen Klinik nur zwei
versch OP-Arten)

/*Die knappste Ressource in unserem Gesundheitssystem ist
*die Zeit* der chirurgischen Spezialisten. Diese Ressource wird oft für
Trivialeinsätze verschwendet, damit diese Leute gut verdienen[...]*/
Blah, solange du mir nicht sagst ob bei einer OP des Sezis auch ein Assi
wegen Ausbildung dabei ist, ist das nur heiße Luft. Denn alleine kannste nen
nicht FA nicht an Tisch lassen...

/*Schwer erkrankte Privatpatienten lassen sich zunehmend von mehreren
Spezialisten untersuchen. Sie holen Zweitmeinungen von
Universitätsprofessoren aus Freiburg bis Hannover ein, um sich auf der
Grundlage mehrerer Diagnosen und Behandlungspläne für die optimale
Therapie entscheiden zu können. Gleichzeitig wird ein ähnlich erkrankter
gesetzlich Versicherter mitunter nicht einem einzigen wirklichen
Spezialisten vorgestellt. */
Quelle? Wo kommt so was vor das ein Pat der in eine Ambulanz von seinem HA
überwiesen wird wegen OP-Vorbereitung und Gespräch abgewiesen wird?

Wer ist also Spezialist:

*E*s operiert doch bei uns im Krankenhaus immer das Team? Der FA
oder OA oder Prof./Priv-doz.?

Das ist weniger eine Frage des Ranges, sondern eine Frage der Karriere
insgesamt, des Teams, in welchem man arbeitet. Also eine Frage, in
welchem Zentrum welches Team arbeitet.

Es geht hier um die renommierten, wissenschaftlich wie klinisch
ausgewiesenen Spezialisten, die als Teil eines Behandlungsteams eher wie
Trainer einer Bundesligamannschaft gesehen werden müssen, nicht als
Einzelkämpfer oder autistische Chefärzte alter Schule.

Es geht hier um Teams von Spezialisten mit erstklassiger Ausbildung, die
eng mit internationalen medizinischen Einrichtungen kooperieren. Solche
Teams erreichen bei komplizierten und schweren Erkrankungen die besten
Ergebnisse. Auch in der Medizin hat es eine Globalisierung gegeben, und
Spezialkliniken sind Teil eines internationalen Verbunds von Forschern und
Ärzten, die an der sich stetig beschleunigenden Veränderung der Medizin
arbeiten. So gibt es für fast jede schwere Krankheit sowohl Zentren, die
ihre Patienten sogar im Rahmen internationaler Studien und somit dem
aktuellsten Stand der Medizin entsprechend versorgen, als auch solche,
die auf völlig veraltete Behandlungsmethoden vertrauen, nur unterstützt
durch eine von der Pharmaindustrie gelenkte Fortbildung. Selbst der In der
Krebstherapie kämpfen somit Zwerge und Giganten gegen denselben
Gegner.

Auf der einen Seite haben wir den 60-jährigen Leiter eines
Stadtkrankenhauses, der vielleicht nicht mehr ganz topfit ist, und in alter
großväterlicher Rangmanier seine Leute um sich schaart. Auf der anderen
Seite haben wir die OP-Teams in den wissenschaftlich vernetzten Zentren.
Zwerge und Giganten.

*Und so ist es:* In der Praxis gelingt es dem gesetzlich Versicherten nur in
Ausnahmefällen den Giganten im Kampf gegen seinen Krebs zu gewinnen.

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*Einem Privatpatienten* passiert es fast nie, dass er von einem Spezialisten
(ich müsste sagen: von einem spezialisierten Zentrum) abgelehnt wird,
dem gesetzlich Versicherten hingegen sehr oft. Und wenn dies hier wieder
von den etablierten Herren Forumsmitgliedern abgelehnt wird, so ist es
doch so. Ich kann nur immer wieder zum Selbstversuch auffordern: Suchen
Sie sich eine renommierten Klinik für eine Spezial-OP heraus
(Bauchspeichel, Prostata, Hirntumor, ...) Rufen Sie dort in der Uniklinik an,
in der Absicht, einen Termin zu bekommen. Die entscheidenden Frage, die
das Sekretariat Ihnen stellen wird, wird sein: "Wie sind Sie versichert?"

*Der gesetzlich Versicherte *kann sogar das Pech haben, schon beim
niedergelassenen Facharzt keinen Termin zu bekommen, geschweige denn
beim Universitätsprofessor. Das spielt natürlich keine große Rolle, wenn
man an einer Erkältung leidet oder sich eine Leistenbandverletzung
zugezogen hat. Bei schweren Erkrankungen macht es aber sehr wohl einen
Unterschied, ob man gesetzlich oder privat versichert ist und von wem
man behandelt wird – oder eben nicht.

Selbst wenn man in einer Spezialklinik einen Termin bekommen sollte, gibt
es sehr große Unterschiede in der Behandlung von gesetzlich und privat
Versicherten, was die Kliniken natürlich vehement bestreiten (und - wie
überraschend(!) einige Ärzte hier im Forum auch). Tatsache ist aber, dass
beim privat Versicherten in der Regel alle Möglichkeiten genutzt werden,
die eine Spezialklinik bietet, einschließlich der Beteiligung
des ärztlichen Direktors an der Behandlung.

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