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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Deflationstendenz

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

Listenarchiv

Re: [AG-GOuFP] Deflationstendenz


Chronologisch Thread 
  • From: Marco Schmidt <mschmidt.mailbox AT web.de>
  • To: Arne Pfeilsticker <Arne.Pfeilsticker AT piratenpartei-hessen.de>
  • Cc: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Deflationstendenz
  • Date: Thu, 26 Mar 2015 20:32:05 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>


Am 26.03.2015 um 10:28 schrieb Arne Pfeilsticker:
>> Am 26.03.2015 um 07:16 schrieb Marco Schmidt <mschmidt.mailbox AT web.de>:
>>
>> Am 25.03.2015 um 23:35 schrieb Arne Pfeilsticker:
>>> Bei einer allgemeinen Gelddefinition würde ich funktional vorgehen und
>>> die Funktionen und Eigenschaften auflisten.
>>>
>>> Dazu genügt wahrscheinlich zu definieren: Geld ist das Gut bzw. die Güter
>>> unter den Gütern, das die Funktion eines allgemeinen Tauschmittels
>>> einnimmt bzw. einnehmen. Die restlichen Geld-Funktionen lassen sich
>>> implizit aus der Tauschmittelfunktion ableiten.
>> Wie leitest Du (Vor-)Finanzierung und die ganze Finanzsphäre (Derivate &
>> Co.) aus der Tauschmittelfunktion ab?
> Hallo Marco,
> eine allgemeine Definition des Begriffs Geld, die für alles Geld aller
> Zeiten gelten soll, fasst die gemeinsamen Eigenschaften und Funktionen der
> Dinge zusammen, die wir Geld nennen. Eine solche Definition muss
> zwangsläufig eine Beschreibung der Funktionen und Eigenschaften sein, weil
> etwas, das bestimmte Funktionen erfüllt und bestimmte Eigenschaften hat, in
> aller Regel aus unterschiedlichen Materialien hergestellt werden kann.
>
> Beispiel: Ein Löffel kann man aus Holz, Metall, Plastik, etc. herstellen.
>
> Eine Definition die also die Implementierung der Funktionen und
> Eigenschaften umfasst wäre immer zu eng.
Hallo Arne,
genau darum geht es ja. Aus meiner Sicht ist eine Erklärung *ausgehend
von* der Tauschmittelfunktion von vornherein zum Scheitern verurteilt,
da "Wirtschaften" eben nicht nur reinen Tausch beinhaltet. Das ist nur
eine Teilmenge des großen Ganzen.
> Jetzt zu deiner Frage: Wie leitet man aus einem beliebigen Tauschmittel X
> Derivate & Co ab?
>
> Angenommen du hast ein beliebiges Tauschmittel X. Wenn du jetzt dieses
> Tauschmittel X in ein Lagerhaus bringst und dafür einen Lagerschein
> bekommst, dann wäre der Lagerschein ein Derivat der 1. Stufe.
> Wenn jetzt das Lagerhaus feststellt, dass der Tauschmittelbestand wächst
> und wächst, weil die Leute lieber mit den Lagerscheinen bezahlen, als mit
> dem Tauschmittel selbst, dann könnte das Lagerhaus auf die Idee kommen und
> mehr Lagerscheine ausgeben, als es Tauschmittel X im Bestand hat. Die
> zusätzlich geschaffenen Lagerscheine werden nicht gegen das Tauschmittel X,
> sondern als Kredit ausgegeben.
>
> Und dieser Schritt wäre die Geburtsstunde eines Währungssystems auf der
> Basis des Tauschmittels X. Dieses Währungssystem wäre eine Mischung aus dem
> Tauschmittel X und einem Kreditgeldsystem.
>
> Ist hiermit deine Frage beantwortet?
Ja und nein. Erkennst Du, dass die Lagerscheine aus deinem Beispiel für
die "Basis" identisch wie (echtes) Geld funktionieren und mit der Zeit
selbst zu Geld werden? Es interessiert in normalen Zeiten nicht die
Bohne, dass da im Tresor Gold lagert oder auf der Hierarchieebene drüber
"high-powerded money" (hpm - u.U. auch in Form von Gold) hin und
hergeschoben wird. Das ist (bloß) ein Anker, der gegenseitiges Vertrauen
der Geldemittenten stärken soll.
Juristen sind da teilweise sehr spitzfindig und legen jegliche
Transaktion so aus, äls würde man mit hpm (in Form von Zentralbankgeld)
bezahlen. Denn nur dieses wäre vom Gesetzgeber als schuldbefreiendes
Zahlungsmittel vorgesehen.
Manchmal sieht man halt den Wald vor lauter Bäumen nicht. Alles eine
Frage des Blickwinkels.
Das Geldwesen kann ja prinzipiell (fast) beliebig aufgefächert werden,
da JEDEr selbst Kredit vergeben und aufnehmen kann. Brauche ich zum
Anschreiben in der Kneipe ums Eck eine Bank? Nö. Das klappt i.d.R. auch
so, Kreditwürdigkeit beim Wirt vorausgesetzt.
Der IOU-Ansatz erklärt das Entstehen von Geld m.E. vollständiger, als
über reinen Tausch. Von daher ist das nur eine Untermenge von dem, was
Geld ausmacht und kann nicht zu einer vollumfassenden Erklärung führen.
Ich habe bislang noch keine befriedigende Erklärung gesehen, wie in
einer Tauschwirtschaft mehr Geld entstehen soll. Da waren entweder die
Geldfälscher am Werk, oder es wurde eben Kredit vergeben (was ja kein
echtes Geld sein soll, zählt also nicht). Die Zentralbank muss es am
Ende einfach gedruckt und den Leuten unters Kopfkissen gelegt haben...

Wenn man sich die Geschichte anschaut, sieht man insbesondere in
Krisenzeiten, dass die Menschen dann zu einer fast reinen
Tauschwirtschaft zurückkehren. Keiner ist gewillt, irgendjemandem Kredit
einzuräumen. Das ändert sich, wenn sich die Zustände wieder
normalisieren. Leider endet es fast immer im Überschwang, Boom, Bust,
Boom, etc.
Und das alles, weil man noch keinen dynamischen Dämpfer eingebaut hat,
bzw. sich der Staat / Politik nicht als solchen begreift. Lieber
beschneidet man die eigene Handlungsfähigkeit...
So lange man nicht weiß, wie viel denn nun genug ist, d.h. die eigenen
Grenzen nicht kennt, ist das auch ein bisschen schwierig. Aber wir
nähern uns zunehmend einem Punkt, wo Seifenblasen platzen und man sehen
wird, was Nachhaltigkeit wirklich bedeutet.
>> Ich denke nicht, dass das funktioniert. Sobald der Faktor Zeit ins Spiel
>> kommt, entwickelt das "Tauschmittel" ein interessantes Eigenleben.
> In der Tat. Die Zeit und das Eigenleben kommt mit dem Kredit ins Spiel.
>
>> Du implizierst damit ja die Herangehensweise der österreichischen Schule:
>> erst müsse vom Munde abgespart werden, damit irgendeine Entwicklung
>> stattfinden kann.
> Das impliziere ich gerade nicht.
>
> Wie das Beispiel gezeigt hat, kann das Tauschmittel ein x-beliebiges Gut
> sein, dass die Tauschmittelfunktion erfüllt. Gold als Kern eines
> Währungssystem zu verwenden ist reine Verschwendung von Ressourcen.
>
> Besonders geeignet sind für den Kern eines Währungssystems sind abstrakte
> Rechtsansprüche. Das sind Dinge, die in der Herstellung 0 Grenzkosten
> verursachen und hier müsste sich niemand etwas vom Mund absparen. Im
> Gegenteil bis zu einem gewissen Grad ist Geldschöpfung eine Wertschöpfung,
> weil Geld den Austausch von Waren und Dienstleistungen erleichtert.
>
> D.h. mit Kreditgeld kann eine Entwicklung angestoßen werden, die nichts
> kostet, dafür viel bringt.
Kreditgeld ist wie gesagt schwer mit reinem Tausch unter einen Hut zu
bringen. Auf diesen Widerspruch wollte ich hinaus.
> Viele Grüße
> Arne




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