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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Mario Draghi könnten die Anleihen ausgehen

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Mario Draghi könnten die Anleihen ausgehen


Chronologisch Thread 
  • From: David Finsterwalder <d.finsterwalder AT gmail.com>
  • To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Mario Draghi könnten die Anleihen ausgehen
  • Date: Sat, 21 Feb 2015 23:36:55 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Hey Arne,
 
Hallo David,
das ist ja die de jure Betrachtung. Formaljuristisch hast du ja recht.

Aber, wenn diese Forderungen bzw. Verbindlichkeiten gar nicht gedacht sind, dass sie jemals getilgt werden, weil sie als Zahlungsmittel verwendet werden, dann sieht die Sache anders aus. Und diese Sicht nenne ich de facto Betrachtung.

Wenn die Zentralbank nicht aus irgendwelchen (geldpolitischen) Gründen ihr Zentralbankgeld vernichtet, dann können die Nicht-Zentralbanken es auch gar nicht los werden, weil auf der Ebene der Zentralbank Zentralbankgeld nur noch getauscht wird. Z.B. von Bargeld in Giralgeld oder Bargeld in Bargeld anderer Stückelung u.s.w.

Die Zentralbanken des Euro-System sind nicht verpflichtet, ihr Zentralbankgeld z.B. in Währungsgold einzutauschen.

Wenn du einen Kredit auf nimmst und in dem Vertrag steht, dass du den Kredit beliebig prolongieren kannst und erst am Ende Zinsen und Tilgung zahlen musst, dann wird aus dem de jure Kredit ein de facto Geschenk.

Ich habe EXAKT so einen Kredit selber laufen. Nicht ewig prolongiert sondern gänzlich ohne vereinbarte Fälligkeit. Wäre es ein Geschenk, hätte ich mit meinem Gläubiger einen Schenkungsvertrag gemacht. Sollte ich diesen Kredit nicht zurückzahlen können, wird der Gläubiger mir diesen sogar voll erlassen und er wird - an diesem Tag - zum Geschenk oder Erbe werden (Privatkredit aus der Familie).  

Mit diesem Geld gehe ich ganz anders um als ich es mit geschenktem Geld mache würde. Da mein Handeln (facere) aufgrund der rechtlichen (jure) Unterscheidung (Willensbekundung) ein anderes ist, kann ich dir aus erster Hand bestätigen, dass es eben nicht nur de jure sondern de facto was anderes ist.

Kredite haben eben auch viel mit Vertrauen (credere) zutun und einer Zentralbank die Geld verschenkt würde ich kein Stück weit vertrauen  ;-). 



Die einzigen Aktiva die gesamtwirtschaftlich kein Nullsummenspiel sind, sind Sachvermögen. 

Ein Nullsummenspiel hat man bei allen Vermögenswerten, die auf einer Rechtsbeziehung zwischen Rechtssubjekten bestehen.

M.E. müsste man aber unterscheiden, ob der Schuldner eine Bank ist oder nicht. Im Falle einer Bank sollte man prüfen, ob und in welchem Umfang die de jure Verbindlichkeit auch eine de facto Verbindlichkeit ist. 

Zu der anderen Gruppe gehören nicht nur Sachvermögen, sondern auch Immaterialgüterrechte (Geistiges Eigentum), wie z.B. Lizenzen, Patente.

Vielleicht hilft dieses Beispiel, um den Unterschied von de jure und de facto zu verstehen: Wenn du zum Tode verurteilt werden würdest (= ultimative Katastrophe), aber im Urteil steht, dass du die Art und den Zeitpunkt bestimmen kannst und bis zu diesem Zeitpunkt ein freier Mann bist, dann wird aus dem de jure Todesurteil eine de facto Sterbehilfe, also keine Katastrophe, sondern ein Privileg, das sonst keinem zu teil wird.

Die Unterscheidung von de jure und de facto ist mir vollkommen klar. Ich denke aber durch obiges Beispiel ist klar, warum ich diese Unterscheidung hier ablehne . Aus rechtsphilosophischer Stringenz bevorzuge ich kategorielle Unterscheidungen weswegen ich eben die Aussage "unbefristere Kredit"=Geschenk pauschal ablehne. Rechtsphilosophisch ist das Halten einer Note auch ein Vertrauen gegenüber der Noten emittierenden Bank (früher noch durch Gold abgesichert - heute nur noch als Vertrauen in die politische Handlungsfähigkeit). 

Ich kann aber die Gründe für deine Unterscheidung durchaus nachvollziehen. Ich bin da aber auch pragmatisch und wäre bereit meine rechtsphilosophische Korinthenkackerei ;-) über den Haufen zu schmeißen. Mir ist aber nicht klar, was diese Unterscheidung denn an Erkenntnisgewinn bringen würde. 

Viele Grüße
Arne

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David



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