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Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
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- From: Kos <Korbinian.Sturm AT gmx.de>
- To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
- Subject: Re: [AG-GOuFP] Das Kind im Bade: zur Mathematik des Wachstums
- Date: Sat, 22 Nov 2014 10:49:43 +0000
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- List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>
Hallo gerhard,
Genreith weist noch ein paar gravierende handwerkliche Schwächen in der Quantitätsgleichung (Fishersche Verkehrgleichung) auf, welche die
Mainstreamökonomie, soweit sie sich darauf beruft, als ernstzunehmende
Wissenschaft komplett diskreditiert.
Die (einfache) Quantitätsgleichung hat mich zu Beginn, als ich noch wenig über Geld wusste, fasziniert, da sie als oft DIE Begründung gilt. Im Mainstream – so sehe ich – wird sie als der „ersten Hauptsatz des Geldes“ betrachtet. Schriftlich festgehaltene Kritik daran findet sich nur, wenn man explizit danach sucht.
Eine sehr gute Kritik findet sich in:
/Logik und Unlogik des Geldes. Über Geld, Wert und Macht./
Magisterarbeit 2012 von Patrick Siebert (Magister der Philosophie)
http://othes.univie.ac.at/19674/ (Universität Wien)
http://patrickseabird.blogspot.de/2012/04/diplomarbeit-zwei-logik-und-unlogik-des.html (Patricks Homepage)
Darin speziell:
Seite 51
Zitat Anfang
Verbleiben wir zunächst bei der Formel: Geldmenge mal Umlaufgeschwindigkeit ist gleich Preisniveau mal reales Bruttoinlandsprodukt. Möchte man nun das Preisniveau bestimmen, so muss man MV durch Y dividieren. Interessant ist sogleich, dass das reale Bruttoinlandsprodukt, da real und nicht nominal, immer schon um eine Inflationsrate bereinigt wurde. Es fließt also in die Berechnung ein, was man berechnen möchte. Weiters bleibt die Frage, wie man die Umlaufgeschwindigkeit berechnen möchte. Was ist die Einheit? Kilometer pro Stunde? Oder Transaktionen pro Minute? Es wird dafür meist die Formel PY / M, also nominales BIP dividiert durch die Geldmenge herangezogen. Nimmt man für den Euroraum beispielsweise ein nominales BIP von 8,9 Billionen Euro an und dividiert es durch eine Geldmenge von 8.531 Milliarden Euro, so kommt man auf eine Umlaufgeschwindigkeit von 1,04. Jetzt bleibt noch die Frage bestehen: In welcher Einheit? Der Euro bewegt sich also mit einer Geschwindigkeit von 1,04 BIPs pro Euro. Man darf sich die berechtigte Frage stellen, ob man mit einem solchen Satz überhaupt etwas ausgesagt hat. Insbesondere im Hinblick darauf, dass Geschwindigkeit normalerweise mit Weg durch Zeit definiert wird. Es ist das Wort „Umlaufgeschwindigkeit“, welches hier unangebracht ist. Man müsste es eher so interpretieren: ... (vgl. Quelle)
Zitat Ende.
Wie du, Patrick Siebert und Genreith (und ich) feststellen spukt die einfache Quantätsgleichung also in der Regel falsche/nichtsagende Ergebnisse aus.
Soweit ich Genreith vertanden habe unterscheidet er jedoch zwischen:
- der bekannten Quantitätsgleichung
und der
- der (von ihm) erweiterten Quantitätsgleichung
(
Auszug aus dem Inhaltsverzeichnis „Makroökonomische Feldtheorie“:
...
IV. Quantitätstheorie und Substitutionskonkurrenz
20 Die Quantitätsgleichung
21 Überprüfung der Quantitätskonformität
22 Die erweiterte Quantitätsgleichung
...
...)
Anscheinend wird in „Field Theory of Macroeconomics“ dieser Punkt nicht so ausführlich behandelt.
Selbstverständlich führt eine Erweiterung (und somit einer „verkomplizierung“ nicht zwangsläufig zu etwas Richtigem. Auch die erweiterte Quantitätsgleichung kann falsch sein.
Ich habe bisher noch keinen Logikfehler in Genreiths Buch diesbezüglich gefunden. Ganz klare Einschränkungen: Ich sehe es also BISHER als richtig an und auch nur beschränkt auf mich. Vielleicht ist jemand anderes schlauer als ich und sieht mögliche Logikfehler.
Bei der Analyse der Quantitätsgleichung kommt er schliesslich zu derWomöglich ist dies aber eine Voraussetzung, die notwendig ist damit die erweiterte Quantitätsgleichung logisch richtig wird. Ob diese Annahmen richtig sind darüber können wir uns unterhalten. Alleinig, weil diese Annahmen nicht den gängigen Vorstellungen entsprechen sind sie m.M.n. weder falsch noch richtig.
Feststellung, das Ersparnisse die Zinszahlungen enthalten und
Investitionen sowohl in reale Investitionen als auch in Finanzprodukte getätigt werden, was überhaupt nicht mehr den gängigen Vorstellungen entspricht.
Im Kapitel 'Anmerkungen zu Geldtheorie und Quantitätsgleichung' kommt er zu der Feststellung, dass die verschiedenen 'Arten' von Geldern mehr Verwirrung stiften als aufklären; insbesondere sind die Aggregate M1–M3 nur Teilmengen des in der Volkswirtschaft zur Verfügung stehenden Finanzierungskapitals.Der u.U. beliebigen Einteilung von M1-M3 stimme ich zu.
Die weitere Analyse arbeitet dann mit phanomenologischen Ad-Hoc-Definitionen von Geld und Gütern, die die Handelsströme einer Volkswirtschaft wiederspiegeln.
Ich verstehe dich so: Er verwendet seine eigenen Begriffe und definiert sie. Finde ich voll i.O. weil (leider) viele Begriffe in den Wirtshafts“wissenschaften“ je nach Denkrichtung anders definiert werden (z.B. sparen). Es gibt kein Kompendium das so klar und exakt die Begriffe definiert wie es in der Physik üblich ist.
Nun mal ernst:
Deine Überlegung lassen zwei Schlüsse zu: Ökonomen können einfach nicht
besser oder sie werden für die „heiße Luft“ und unvollständigen Modelle
bezahlt.
Meine Beobachtungen aus dem Mathepropädeutikum im Ersten Semester deuten
auf Ersteres. Die zweite Interpretation hat insofern Berechtigung, als
es die bestehenden Verhältnisse zu rechtfertigen sucht. Hier spielt auch
eine sozialdarwinistische Konnotation mit rein, die selten so offen
artikuliert wird, wie bei Hayek und Friedman.
Zustimmung.
Kos
- [AG-GOuFP] Stock-Flow-konsistente Makromodelle sind die Fortführung der Saldenmechanik!, (fortgesetzt)
- [AG-GOuFP] Stock-Flow-konsistente Makromodelle sind die Fortführung der Saldenmechanik!, Kos, 17.11.2014
- Re: [AG-GOuFP] Stock-Flow-konsistente Makromodelle sind die Fortführung der Saldenmechanik!, Gerhard, 21.11.2014
- [AG-GOuFP] Reich-Sein im Kapitalismus, thomas, 21.11.2014
- Re: [AG-GOuFP] Reich-Sein im Kapitalismus, Patrik Pekrul, 22.11.2014
- Re: [AG-GOuFP] Reich-Sein im Kapitalismus, Thomas Irmer / ID Concept, 25.11.2014
- [AG-GOuFP] Stock-Flow-konsistente Makromodelle sind die Fortführung der Saldenmechanik!, Kos, 17.11.2014
- Re: [AG-GOuFP] Das Kind im Bade: zur Mathematik des Wachstums, Kos, 23.11.2014
- Re: [AG-GOuFP] Das Kind im Bade: zur Mathematik des Wachstums, Gerhard, 26.11.2014
- [AG-GOuFP] einfache Quantitätsgleichung ist Humbug, auch die erweiterte Q.-Gl.?, Kos, 22.11.2014
- Re: [AG-GOuFP] Das Kind im Bade: zur Mathematik des Wachstums, Kos, 22.11.2014
- Re: [AG-GOuFP] Das Kind im Bade: zur Mathematik des Wachstums, Gerhard, 24.11.2014
- Re: [AG-GOuFP] Das Kind im Bade: zur Mathematik des Wachstums, Kos, 22.11.2014
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