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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] private Geldschöpfung (was: GBen an prozykl.Staatshandeln interessiert ... ?)

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] private Geldschöpfung (was: GBen an prozykl.Staatshandeln interessiert ... ?)


Chronologisch Thread 
  • From: Arne Pfeilsticker <Arne.Pfeilsticker AT piratenpartei-hessen.de>
  • To: moneymind <moneymind AT gmx.de>
  • Cc: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] private Geldschöpfung (was: GBen an prozykl.Staatshandeln interessiert ... ?)
  • Date: Wed, 12 Mar 2014 03:51:04 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Hallo Wolfgang,
es ist unstreitig, dass es bereits in der Antike Kreditgeld gab. - Das ist
nicht mein Argument.

Der Punkt ist, das Ausmaß. Vor 1960 wurden ca. 90% der Zahlungen der normalen
Bevölkerung mit Zentralbankgeld gemacht. (Grobe Schätzung von mir.)

Heute werden wertmäßig 99% aller Zahlungen mit Geschäftsbankengirlageld
gemacht. (lt. Bundesbankstatistik)

Diese Verschiebung hat m.E. dazu geführt, dass wir heute ein qualitativ
anderes Währungssystem haben. - Und zwar eines, das sich eher mit der Zeit
vor der Reichsbankgründung vergleichen lässt. Vor dieser Zeit wurden die
Banknoten ebenfalls überwiegend durch die Geschäftsbanken herausgegeben. Ein
Ziel der Gründung der Reichsbank war ja die Abschaffung der Geldschöpfung
durch die Geschäftsbanken.

Viele Grüße
Arne

Am 12.03.2014 um 00:25 schrieb moneymind <moneymind AT gmx.de>:

> Hi nochmal Arne,
>
> mir fiel vorher noch etwas ein, mit dem ich meine Verwunderung über eine
> Aussage von Dir etwas genauer begründen möchte.
>
> Du hattest geschrieben:
>
>> Das Währungssystem hat sich m.E. entscheidend geändert. Seit den
>> 1960iger-Jahre hat sich durch die Einführung des Girokontos für Jedermann
>> die Geldschöpfung von der Zentralbank auf die Geschäftsbanken verschoben
>> ...
>
> Ich hatte dazu gefragt:
>
>> Du bist ernsthaft der Ansicht, daß es vorher keine Geldschöpfung durch
>> private Geschäftsbanken gab?!? Weil es keine Lohntüte mehr gibt, sondern
>> Gehälter an Lohnabhängige jetzt überwiesen werden?!?
>
> Gefragt habe ich deshalb, weil es meineswissens "Giralgeldschöpfung" durch
> private Banken schon im antiken Griechenland gab (Polis, Athen - "Wiege der
> Demokratie" und Herkunftsstätte sämtlicher zentraler westlicher
> philosophischer Grundideen).
>
> Das beschreibt im Detail Edward Cohen: "Ancient Economy and Society - a
> Banking Perspective".
>
> http://books.google.de/books?id=74Jpiw09mJIC&printsec=frontcover&dq=cohen+ancient+economy&source=bl&ots=Z2X3gKIUJb&sig=RfxA665HxaWaeKqUXr2MaMQIsDI&hl=de&sa=X&ei=JHd5UNTaFNDGtAb9qoDYCw&ved=0CDIQ6AEwAA#v=onepage&q=cohen%20ancient%20economy&f=false
>
> Hatte dazu mal im DGF einiges gepostet.
>
> Zur Kreditvergabe der
> http://www.dasgelbeforum.de.org/forum_entry.php?id=134393
> http://www.dasgelbeforum.de.org/forum_entry.php?id=134627
>
> Zu Cohen:
> http://www.dasgelbeforum.de.org/forum_entry.php?id=136921
>
> Natürlich war in der Antike von Zentralbanken noch nichts bekannt - die
> beginnen erst im 17. Jhdt mit der schwedischen Reichsbank:
> http://de.wikipedia.org/wiki/Zentralbank#16._bis_18._Jahrhundert.
>
> Ebenso wie Zentralbanken entwickelte sich auch Geldpolitik erst aus dem
> privaten Banking heraus (Bank of England) - siehe dazu z.B. Peter Spahn
> (Monetärkeynesianer): "Geldwirtschaft - eine wirtschafts- und
> theoriegeschichtliche Annäherung"
> https://wipol.uni-hohenheim.de/fileadmin/einrichtungen/wipol/Publikationen_Spahn/geldwirt.pdf
>
> Und am Beginn des modernen Geldwesens standen private Wechsel als
> Zahlungsmittel, die auf Messen multilateral verrechnet wurden, wofür die
> Kaufleute auch Messegerichte schufen (lex mercatoria - siehe auch Uwe
> Wesel: Geschichte des Rechts, genaue Quellenangabe liefere ich nach, weil
> ich das Buch gerade nicht zur Hand hab).
>
> Im Detail beschrieben z.B. bei Markus A. Denzel: „La Practica della
> Cambiatura“. Europäischer Zahlungsverkehr vom 14. bis zum 17. Jahrhundert,
> Dissertation. Stuttgart 1994.
>
> Den Hinweis auf Denzel hab ich von Robert Fischer.
>
> Ich denke, konsequent historisch heranzugehen, ist schon deshalb nützlich,
> weil man auf einer verkürzten historischen Perspektive beruhende
> Fehlverallgemeinerungen vermeiden kann.
>
> Neu ist nicht die "Giralgeldschöpfung der Geschäftsbanken" - die gibt es
> seit der Antike. Neu sind Zentralbanken und geldpolitische Strategien - die
> sind erst in der Neuzeit nach und nach entwickelt worden, und die
> wichtigste Lernerfahrung dazu war wahrscheinlich die Weltwirtschaftskrise,
> die den Keynesianismus und seine "monetäre Theorie der Produktion"
> hervorbrachte und für immerhin 30 Jahre zum dominierenden (wenn auch nicht
> schlüssig, sondern vage begründeten) "Paradigma" für makroökonomische
> Strategien werden ließ.
>
> Beste Grüße!
>
> --
> AG-Geldordnung-und-Finanzpolitik mailing list
> AG-Geldordnung-und-Finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
> https://service.piratenpartei.de/listinfo/ag-geldordnung-und-finanzpolitik

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