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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Die ganz tiefen Ursachen

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Die ganz tiefen Ursachen


Chronologisch Thread 
  • From: Axel Grimm <axel.grimm AT baig.de>
  • To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Die ganz tiefen Ursachen
  • Date: Fri, 28 Feb 2014 12:33:05 +0000
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Buzz schrieb:
- und die , die sich alles leisten können, sind ebenfalls gesättigt und
spielen nur...

Marksättigung versus Bedarfsdeckung
Bedarfsdeckung und Marktsättigung fallen nicht immer zusammen.
Die Marktsättigung ist am Ende des zur Nachfrage verfügbaren Geldes erreicht, die Bedarfe sind oft nicht gedeckt. Um die Marksättigung weiter dann die Bedarfsdeckung heranzubringen, muss die Einkommensverteilung homogener sein.

Bei Klopapier fällt Bedarf und Marktsättigung zusammen. Durch den enormen Preisverfall bei Fernsehern fallen auch hier Bedarfsdeckung mit Marktsättigung zusammen.
Bei höherpreisigeren Gütern die ‚Haushaltsarbeiten abnehmen, ist die Marktsättigung erreicht, Bedarfe sind noch offen.
Bei Luxusautos wird die Bedarfsdeckung nie erreicht werden, hier wird immer nur Marksättigung sein.

ThomasWeiss schrieb:
Ich habe mir in letzter Zeit Gedanken gemacht über die ganz tiefen Ursachen der aktuellen wirtschaftlichen Probleme (säkulare Stagnation, etc.).
….
Was meint ihr dazu?
Ich gehöre zu den AG-Mitgliedern, die diese Sichtweise deckungsgleich bzw. fast identisch sehen.

ThomasWeiss schrieb:
Moneymind/Schulmeister und viele andere, auch in der AG, sehen die übertriebene Finanzwirtschaft als eine der zentralen Ursachen an. Da möchte ich auch zustimmen, jedoch stellt sich doch die Frage, ob ohne den durch die Finanzwirtschaft induzierten Verschuldungswahn in den letzen 30 Jahren die Weltwirtschaft nicht vollständig in die Knie gegangen wäre. Nettokreditaufnahme wirkt ja stark positiv auf Nachfrage und Beschäftigung. Es fehlen also noch einige Puzzlestücke.
Die Finanzwirtschaft sehe ich als einen eigenständigen Bereich, der sich verselbstständigt hat. Dieser Bereich hat nur noch marginal mit Vorfinanzierungen zu tun. Vorfinanzierung im Sinn von Fremdkapitalbedarf, wenn die Eigenmittel nicht ausreichen.
Die Veränderung im Bereich des Geldwesens, das Geld entsteht und vergeht, hat die Finanzwirtschaft einen Turbo verpasst, da hier wie in der Realwirtschaft nun die Zahlungsmittel einfach durch Ankäufe von Vermögenswerten durch Banken entstehen.
Ich bin gleichen Ansicht, dass ohne die Finanzwirtschaft die Realwirtschaft schon viel früher ernsthafte Schwierigkeiten hätte. Das liegt in dem Mechanismus, dass Gelder, die in der der Finanzwirtschaft entstehen nicht nur in diesem Bereich bleiben, sondern in die Realwirtschaft fließen und somit die Löcher, die durch das Sparen erzeugt werden, wieder aufgefüllt haben. Ohne diesen Zufluss an Zahlungsmitteln in die Realwirtschaft hätten die Tilgungspflichtigen Schulden von Personen und Firmen kaum noch bedient werden können.

Ich meine, es fließt Geld aus der Finanzwirtschaft raus und rein die Realwirtschaft und nicht umgedreht.
Ohne diese Komponente der Verschuldung, die zu Anteilen in die Geldvermögensbildung fließt, hääte der Kollaps

ThomasWeiss schrieb:
Einer der bedeutsamsten Punkte scheint mir eine eintretende Sättigung, genauer ein wachsender Überfluss an Realkapital, und die daraus resultierenden Effekte zu sein. Gesell hat das positiv gesehn, nach ihm "ersäuft der Zins in einem Meer in Kapital". Dies sollte zur Folge haben, dass Kapitaleinkünfte sinken und Lohnarbeiter demnach gut bezahlt werden. Das passiert jedoch faktisch nicht. Keynes vermutete, dass mit steigendem Wohlstand die Sparquote nach oben geht, was langfristig zur Unternachfrage führt. Dies lässt sich ebenso nicht beobachten, in den USA ist die Sparquote seit 1950 sogar deutlich gefallen.
Der Überfluss an Realkapital (Produktionsinventar) als auch Gütern führt zur Marktsättigung /Bedarfdeckung. Ist die Bedarfdeckung/Marksättigung erreicht, bedarf es nur noch der Erhaltungsleistung.
Bsp: Um den Bedarf an Waschmaschine zu decken, muss mehr hergestellt werden. Ist der Bedarf gedeckt, sind die Produktionskapazitäten zu groß für die reine Bedarfserhaltung.

Die Sparquote in USA betrachte ich gesondert. Die Ursache ist, das der Dollar die Weltwährung für Rohstoffe usw. ist. Außerhalb der USA werden enorme Mengen an Dollar benötigt, die als Counterpart Dollarschulden sein müssen. Die Schulden verteilen sich auf Personen, Firmen und Staat.

ThomasWeiss schrieb:
Lord Turner hat diese Probleme adressiert und zwei Erklärungsversuche gebracht (siehe unten Originalzitat aushttp://ineteconomics.org/sites/inet.civicactions.net/files/Frankfurt%20Escaping%20the%20debt%20addiction%2010%20FEB_0.pdf)

Unternehmertum braucht heutzutage weit geringeres Ausmaß an Kapital, zum einen weil viel von teurer Infrastruktur und Industrie bereits vorhanden ist und nur mehr modernisiert ist, zum anderen, weil Kosten im Informationszeitalter stark einbrechen. Facebook etwa hatte quasi 0 Investitionskosten im Vergleich zu ähnlich großen Firmen die im 20. Jahrhundert entstanden sind.
Hierzu fällt die Analyse von Buschbeck(Guthabenkrise) ein, der aus volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung ermittelt hat, das Firmen Ersatz- und Neuinvestionen aus Eigenmitteln bezahlen können. Kredite werden „kaum“ noch benötigt.
Hinzu kommt die Produktivitätssteigerung, die enormen Unterstützung vorhandene Infrastruktur, IT-„Intelligenz“, die Kosten für ein Unternehmen sinken lassen.

ThomasWeiss schrieb:
Lokale Beschränkungen: Nach der Theorie werden ja bei steigenden Assetpreisen auch mehr von diesen Assets produziert, was deren Preisanstieg eindämmt. Dieser Mechanismus funktioniert aber nicht bei begrenzten, nicht produzierbaren Assets, wie Land. Je geringer also die Renditen auf reproduzierbares, produzierendes Kapital (Fabriken, Maschinen) sind, desto mehr investieren Leute in Immobilien. Diese Entwicklung führt oft zu Blasen und erzeugt Verschuldung ohne echtes Investment.
Wettbewerb kann nur vernünftig funktionieren, wenn viele Anbieter und viele Nachfrager im Markt sind (Polypol).
Güter mit begrenzten Vorkommen als auch echtem Nutzwert sind eine Herausforderung der Zukunft. Beim Land existiert der Vorschlag von Gesell, dieses hält nur noch die Gemeinschaft und verpachtet. Ein Verkauf mit Wiederverkauf wird ausgeschlossen um Blasen in diesem Bereich endgültig zu unterbinden.

ThomasWeiss schrieb:
Einen etwas andere Erklärungsversuch gibt Clayton Christensen hier https://www.youtube.com/watch?v=rpkoCZ4vBSI (Danke an Wischer!). Er meint, es gibt drei Arten von Innovationen: zerstörerische, erhaltende und einsparende. Zerstörerische Innovationen sind neue Produkte die alte überflüssig machen. Sie benötigen Kapital (für die neuen Produktionskapazitäten) und erzeugen Arbeitsplätze. Erhaltende Innovationen verbessern bestehende Produkte, dies benötigt in der Regel wenig oder nichts an neuem Kapital und Arbeitskraft. Die dritte Art sind Innovationen, mit denen bestehende Produkte günstiger hergestellt werden. Hier wird sogar Kapital und Arbeitskraft freigesetzt.
Er argumentiert nun, dass etablierte, hochentwickelte Firmen nur mehr erhaltende und einsparende Innovationen hervorbringen, während aufstrebende Unternehmen meistens auf zerstörerischen Innovationen basieren. Das impliziert, dass hochentwickelte Volkswirtschaften zu einem Überfluss an Kapital und signifikanter Arbeitslosigkeit tendieren.
Das Adjektiv „zerstörerisch“ halte ich für unglücklich gewählt. Es wird ja nicht zerstört, es wird verdrängt.
Erfindungen und Entwicklungen, die vorhandenes Ersetzen und dabei Verdrängen ist ein gewollter Fortschritt. So haben Nadeldrucker/Laserdrucker und Computer die Schreibmaschine ersetzt. Autos haben die Pferdedroschken ersetzt, …

Produktivitätssteigerungen halte ich ein einer erwachsenen Wirtschaft für die Hauptursache von Arbeitslosigkeit. Was Maschinen „besser“ machen können, das sollen auch Maschinen machen.

Das Ziel der Menschheit ist die Arbeitslosigkeit …. So könnte man aus es aus dem Bestreben nach Automatisierung, Produktivitätssteigerung und Kostenreduzierung durchaus ableiten.




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