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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] ABSTIMMUNG: Kritik an der Zinskritik als Konsens der AG

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] ABSTIMMUNG: Kritik an der Zinskritik als Konsens der AG


Chronologisch Thread 
  • From: Frauke Mattfeldt <mattfeldt AT karten-verlag.de>
  • To: Arne Pfeilsticker <Arne.Pfeilsticker AT pfeilsticker.de>
  • Cc: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] ABSTIMMUNG: Kritik an der Zinskritik als Konsens der AG
  • Date: Thu, 11 Oct 2012 23:47:10 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Am 11.10.2012 18:43, schrieb Arne Pfeilsticker:

Liebe Frauke,

ich finde es schade, dass du deine Einwände nicht auf dem Grillfest gemacht hast. Die Grundthese der Zinskritiker wurde so von den Zinskritikern selbst formuliert und einvernehmlich wurde festgestellt, dass diese These widerlegt wurde. Da die Zinskritiker das Positionspapier erstellt hatten, hätten sie alle Freiheit gehabt ihre These so zu formulieren, wie sie sie für richtig halten. Wenn du selbst eine präzise Formulierung der Zinskritik hast, dann bitte ich dich, diese Formulierung ins Wiki zur Diskussion zu stellen.

 


Lieber Arne,

mir geht es bei meiner Kritik an der Kritik an der Kritik ( :-) ) nicht darum, dass es nicht stimmig wäre, was ihr da geschrieben habt, nämlich dass der Zins zurückgezahlt werden könnte, wenn das Geld insgesamt zu 100% immer im Fluss wäre. Da dies aber nicht der Fall ist, wirkt sich der Zins zusätzlich negativ aus, da z.B. u.a. auch durch Sparen das Geld im Kreislauf nicht verfügbar ist und immer mehr Kredite aufgenommen werden müssen, die zusätzlich mit Zins belastet sind. Das führt nun einmal zu horrenden Zinszahlungen.

Führt sich dieser Prozess über Jahre und Jahrzehnte fort, wächst auch die Zinslast immer stärker an, selbst wenn der Zins nicht oder nicht allein ursächlich an der Problematik ist.
Ihr geht also, - und das habe ich ja auch so geschrieben, von Bedingungen aus, die in der Realität nicht vorherrschend sind - selbst wenn die Ursachen andere sind.
Selbst wenn die Banken die Einnahmen zu 100% wieder ausschütten würden, dann hieße das immer noch nicht, dass genug Geld im Schuldner-Kreislauf ist. Die Bank ist in diesem Fall ein Instrument der Umverteilung von unten nach oben. Und sie profitiert auch selbst davon.

Wir hatten ja bereits festgestellt, dass der Zins - neben anderen systemischen Bedingungen, die zum Beispiel auch im Wirtschaftssystem und nicht im Finanzsystem begründet sind - eine umverteilende Wirkung von unten nach oben hat bzw. diese verstärkt.

Es gibt mehrere Kritikpunkte, die ich am Zins habe. Das hat in der Tat nichts mit eurer These zu tun. Aber mir kam es so vor, als würdet ihr den Zins durch die Widerlegung der von euch angeführten These verharmlosen und "rein waschen" wollen.
Mir ist es aber wichtig, dass die schädlichen Auswirkungen und unethischen Aspekte - auch des Zinses - nicht unter den Tisch fallen. Dazu gehört auch grundsätzlich leistungsloses Einkommen quasi ohne Risiko.

Von daher wäre ich mit dem Vorschlag von Piratos einverstanden, wenn wir eine umfassende Zinskritik machen - bei der wir im Modul 1 meinetwegen schreiben, dass die These der Zinskritiker so wie sie dargestellt wurde - nicht richtig ist. Man sollte dennoch hinzufügen, dass die Notwendigkeit des Geldmengenwachstums z.B. durch das Sparen und Horten oder in anderer Form durch das Zurückhalten von Geld aus dem allgemeinen Geldkreislauf, zur Notwendigkeit eines Anstiegs der Kredite und somit auch zu vermehrten Zinsbelastungen (- Verschuldung) führt. Euer Modell stimmt eben so auch nicht, wenn ihr meint, der gesamte Zins würde in den Kreislauf zurück geführt werden. Wie bereits gesagt, stimmt dies allein schon durch den Guthabenszins nicht, der von vielen gespart wird. Ohne den Zins wiederum gäbe es auch nicht so viel Anreiz zum Sparen und Horten usw.

Zinskritik ist mir schon wichtig, jedenfalls dann, wenn das Thema zur Sprache kommen soll.

In Bremen (wo ich lebe) - dem ärmsten Bundesland in der Bundesrepublik - wäre zum Beispiel der Haushalt annähernd ausgeglichen, wenn die Zinszahlungen wegfallen würden. Hätte man diese niemals zahlen müssen, wäre Bremen vermutlich viel besser dran - wobei auch hier oft Geld für unnütze Dinge ausgegeben und verplämpert wird und auf der anderen Seite dann überall gekürzt wird...

Gruß,
Frauke


Ich hätte nichts dagegen noch deutlicher zu machen, dass es sich um eine und nicht alle Thesen der Zinskritiker handelt.

 

Aufgrund der hohen Zahl der Neinstimmen, habe ich nichts dagegen, das Streitgespräch noch einmal zu öffnen. Aus meiner Sicht ist es für die gesamte AG von zentraler Bedeutung, dass wir eine Klärung in den wichtigsten Fragen erreichen.

 

Was das Modell anbelangt habe ich mich in der Argumentation auf die Daten der Bundesbank verlassen.

Der folgende Link  http://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Downloads/Statistiken/Banken_Und_Andere_Finanzielle_Institute/Banken/Tabellen_Statistischer_Teil_Monatsbericht/S101ATIB02223.pdf?__blob=publicationFile zeigt die Passiva des Bankensektors. Dort wird ein Kapital und Rücklagen per Aug. 2012 von 492,5 Mrd. € ausgewiesen.

 

Die Aktiva werden im folgenden Link ausgewiesen: http://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Downloads/Statistiken/Banken_Und_Andere_Finanzielle_Institute/Banken/Tabellen_Statistischer_Teil_Monatsbericht/S101ATIB02021.pdf?__blob=publicationFile .

 

Der Link für die Gewinn- und Verlustrechnung der Banken findest du hier: http://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Downloads/Statistiken/Banken_Und_Andere_Finanzielle_Institute/Banken/GuV_Statistik/guv_tab8.pdf?__blob=publicationFile

 

Nach dieser G+V-Statistik betrugen für 2011 die Zinserträge (= Geldvernichtung) 296 Mrd. € und die Zinsaufwendungen (= Geldschöpfung) 205 Mrd. €.

Es liegt in der Buchungslogik, dass das Ergebnis der G+V-Rechnung im Eigenkapital landet und dort entweder ausgeschüttet oder einbehalten wird. Der einbehaltene Teil des Gewinns kann auch als eine Zusammenfassung von zwei Geschäftsvorfällen betrachtet werden. Nämlich Ausschüttung und gleich wieder Einkassieren. Unter dem hier diskutieren Aspekt besteht kein Unterschied zum normalen Eigenkapital. Und auch die Aussage, dass alle Erlöse entweder über Kosten oder Dividenden direkt oder indirekt an die Nichtbanken zurückfliesen, bleibt richtig.

 

Ich bitte dich, dir die hier zur Abstimmung stehende These noch einmal genau anzusehen. Gerade bezogen auf die Realität ist diese These der Zinskritik wie auf dem Grillfest festgestellt falsch. Falls du dennoch anderer Ansicht bist, dann bitte ich dich auf Buchungsebenen und realistischer Daten deinen Beweis zu liefern und ich werde gerne auf deine Argumente eingehen.

 

Was du m.E. nicht beachtest ist, dass selbst bei negativen Zinsen, das Einkommen nicht notwendigerweise von demjenigen erzielt wird, der Schulden hat.

 

Dass die erhebliche ungleiche Vermögens- und Einkommensverteilung sich selbst verstärkt und zu einer breit angelegten Ausbeutung, leistungslosen Einkommen, etc. führt, wird von mir genauso beklagt wie von dir. – Aber um diese Zustände zu ändern sollten wir m.E. genau die Ursachen kennen und auch wissen und verstehen was nicht die Ursachen sind.

 

In diesem Sinne bitte ich dich deine Entscheidung zu überdenken.

 

Viele Grüße

Arne

 

-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: ag-geldordnung-und-finanzpolitik-bounces AT lists.piratenpartei.de [mailto:ag-geldordnung-und-finanzpolitik-bounces AT lists.piratenpartei.de] Im Auftrag von Frauke Mattfeldt
Gesendet: Donnerstag, 11. Oktober 2012 00:18
An: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Re: [AG-GOuFP] ABSTIMMUNG: Kritik an der Zinskritik als Konsens der AG

 

Am 10.10.2012 23:06, schrieb Rudi:

> Moin AG-Mitglieder,

> es gibt eine neue Abstimmung:

> http://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/Antraege

> #Kritik_an_der_Zinskritik

> HINWEIS: Die Abstimmung endet am 16.10. um 23 Uhr.

 

Die Abstimmung ist irreführend.

 

Zum einen könnte die Abstimmung suggerieren, dass die im Antragstext formulierte Kritik am Zinssystem die einzige Kritik der Zinskritiker am Zinssystem wäre und dass, wenn diese These widerlegt werden würde, die gesamte Zinskritik hinfällig würde.

 

Zum anderen ist das Modell mit dem ihr die von euch angeführte These der Zinskritiker zu widerlegen sucht irreführend, da ihr zum einen von Idealbedingungen ausgeht, die in der Realität nicht vorherrschend sind, etwa, dass die Banken die Zinseinnahmen vollständig in den allgemeinen Geldkreislauf, mit dem auch die Schuldner in Berührung kommen, zurück geben würden. Das ist allein insofern Unsinn, als ein Teil der Zinseinnahmen als Guthabenszinsen auf Bankkonten landen und dann nicht ausgegeben werden. Zum anderen investieren auch die Banken nicht unbedingt in Geldkreisläufe, mit der die Allgemeinheit/die Schuldner ausreichend in Berührung kommt.

 

Außerdem wird das Wirtschaftswachstum und der auf lange Sicht gesehen permanente und rasante Anstieg der Geldmenge, der auch eine permanent wachsene Verschuldung nach sich zieht - zunächst einmal egal wodurch begründet - nicht berücksichtigt. Ein permanenter Anstieg der Geldmenge

- selbst wenn er keine direkte Folge des Zinssystems sein sollte (was ich immer noch anzweifle), sondern z.B. auch durch das Wirtschaftswachstum begründet ist - führt im herrschenden System bei einem permanenten Wirtschaftswachstum dennoch zu einer permanent wachsenden Verschuldung auf der einen und zu einem Anstieg der Guthaben auf der anderen Seite. Diese Guthaben - auf der Bank gebunkert - führen zu Guthabenszinsen, d.h. zu leistungslosem Einkommen, was wiederum von anderen erwirtschaftet werden muss und zudem durch den Zinseszins exponentiell ansteigen kann. Dieser potentiell exponentiell ansteigende Guthabenszins / Anstieg der Bankguthaben wiederum führt zu einem Zwang des Geldmengenwachstums und einem Zwang zu immer mehr Kreditvergaben, da sie ja irgendwie bedient werden müssen, wenn die Leute ihr Geld auf der Bank lassen.

 

In eurem Modell habt ihr euch nur mit dem Kreditzins beschäftigt, nicht mit dem Guthabenszins, bei dem ihr vermutlich dann auch davon ausgehen würdet, dass die Guthaben wieder alle in den Geldkreislauf zurück fließen. Dies ist aber nicht der Fall.

 

Es nützt ja nichts, wenn man Tatsachen zu wiederlegen versucht, indem man von Bedingungen ausgeht, die nicht vorhanden sind bzw. indem man den Akteuren unterstellt anders zu handeln, als sie es in der Realität tun.

Dann könnte man auch sagen: "Wir brauchen keine Gesetze mehr, weil die Leute eigentlich alle immer gut und richtig und menschen-, umwelt-, und tierfreundlich handeln. Wenn sie es aber unter den herrschenden Bedingungen nicht tun, hilft auch ein Modell, das die Realität erklären soll nichts, in dem davon ausgegangen wird, dass alle so handeln, wie sie es im Idealfall tun sollten obwohl sie es in der Realität nicht tun.

 

Euer Zinskritik-Widerlegungs-Modell ist also realitätsfern. Daher lehne ich es ab und daher stimmte ich gegen den Antrag,

 

Gruß, Frauke

 

 

--

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