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Re: [AG-GOuFP] AK Geldordnung 2.0: neue Version Währungssystem in öffentlicher Hand + Termin 1
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- From: Arne Pfeilsticker <Arne.Pfeilsticker AT pfeilsticker.de>
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- Subject: Re: [AG-GOuFP] AK Geldordnung 2.0: neue Version Währungssystem in öffentlicher Hand + Termin 1
- Date: Sun, 05 Aug 2012 23:30:20 +0000
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serapath schrieb:
Tut mir leid, ich finde die Definition von Geld immer noch bescheuert und ich kann nicht erkennen wo da die vernünftige Rekursion drinstecken soll.Hallo Alex,
...
Eine Rekursive Definition braucht doch eine Handlungsanweisung wie man von einem Schritt auf den nächsten gelangt.
Der ist aber nicht gegeben scheint mir und deshalb finde ich die Definition extrem merkwürdig.
Ich weiss, du bist unglaublich überzeugt von deiner tollen Definition, aber ich glaube wenn sie niemand nachvollziehen kann ist damit nicht viel erreicht und ich bin mir auch nicht so sicher ob sie wirklich so toll ist.
Ein Anspruch auf Geld gegen die Zentralbank ist Geld.
Das kann man so definieren, genauso wie man definieren kann das Preisstabilität 2% Inflation bedeutet.
In einer Geldordnung 2.0 sollte man sowas doch nach Möglichkeit vermeiden.
zugegeben, wenn niemand meine rekursive Gelddefinition nachvollziehen kann, dann ist damit nicht nur nicht viel, sondern nichts erreicht.
Andererseits bin ich davon überzeugt, dass diese Definition die erste Definition ist, die Geld in seinem Wesen beschreibt. Und wenn du diese Definition verstanden hast, dann bist du im Verständnis von Geld ein erhebliches Stück weiter.
Lass mich den Versuch machen, die Definition Stück für Stück aufzudröseln.
Mein Eindruck ist, dass du den Begriff Anspruch nur umgangssprachlich und nicht im juristischen Sinne verstehst. Ohne das juristische Verständnis kommst du nicht weiter. Unser heutiges Kreditgeld ist ein Produkt unseres Rechtssystems. Ich habe den Anspruchsbegriff im Kapitel „*Die Schlüsselidee: Schuldverhältnisse* http://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/Was_ist_Geld%3F/Geldentwicklung#Die_Schl.C3.BCsselidee:_Schuldverh.C3.A4ltnisse“ in meinem Wiki-Beitrag *Was ist Geld?* http://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/Was_ist_Geld%3F näher erläutert.
Zunächst möchte ich auf den Rekursionsanfang näher eingehen:
*Ein Anspruch auf Geld gegen die Zentralbank ist Geld.*
Ein Anspruch ist im juristischen Sinne eine Rechtsbeziehung zwischen einen Gläubiger und einem Schuldner. Der Gläubiger bezeichnet sein Ende dieser Rechtsbeziehung Forderung, der Schuldner bezeichnet sein Ende Verbindlichkeit. Und das, auf das sich der Anspruch bezieht, bezeichnet man Leistung. In unserem Fall ist diese Leistung Geld und genau genommen im Falle der EZB müsste man sagen €-Geld.
Der Begriff *Anspruch auf Geld* wird juristisch und betriebswirtschaftlich immer aus der Sicht des Gläubigers gesehen und deshalb auch kurz als *Forderung* bezeichnet.
Mit dieser Definition könnte der Rekursionsanfang also auch wie folgt ausgedrückt werden: *Eine /Forderung/ gegen die Zentralbank ist Geld.*
Was sind die Verbindlichkeiten zu solchen Forderungen? Ganz allgemein, das Gesuchte muss auf der Passiva-Seite der Zentralbankbilanz stehen und darf kein Eigenkapital und keine Verbindlichkeiten in Fremdwährung sein.
Es ist die Position 1 Banknotenumlauf und die Positionen 2-5 und 9. D. h. Banknoten und Giroguthaben bei der Zentralbank sind Geld. Es wird aber durch die Formulierung noch entscheidendes mehr gesagt. Bei dem Anspruch auf Geld handelt es sich um einen Rechtsanspruch, d.h. um ein subjektives Recht. Des weiteren wird zum Ausdruck gebracht, dass die Leistung, auf die sich der Anspruch bezieht Geld ist. Das bedeutet, dass die Zentralbank ihre Verbindlichkeit genau dadurch erfüllt, dass sie Geld tauschen muss! Z.B. Bargeld in Giralgeld und umgekehrt. Die Zentralbank erfüllte einen Anspruch auf Geld, indem sie einen anderen Anspruch auf Geld in gleicher Höhe leistet.
Dieser Zirkel ist die entscheidende und gleichzeitig geniale Idee des Kreditgeldes. Kreditgeld braucht nicht wie im Goldstandard Gold als Deckung, weil dort Geld ein Anspruch auf Gold war.
Doch nun zum Rekursionsschritt: *Geld ist ein Anspruch auf Geld.*
Mit dieser Formulierung werden alle indirekten Ansprüche auf Zentralbankgeld zu Geld gemacht. D.h. vom Girokontoguthaben bei einer Geschäftsbank über Fondanteile bis zum Derivat. Bei dieser rekursiven Definition müssen die 7 Eigenschaften des Geldbegriffs und die juristische Definition des Anspruchs berücksichtigt werden.
Ich hoffe dir wird klar, wie präzise und prägnanter durch diese rekursive Definition Geld definiert wird.
serapath schrieb:
Mich würde interessieren, warum du den Durchgriff auf Sicherheiten die zb. in Pensionsgeschäften bei der Zentralbank hinterlegt werden nicht einführen möchtest.Bei dieser Formulierung müsstest du dann noch definieren, was Banknoten und elektronische Guthaben sind. Und wo bleiben die oben genannten entscheidenden Punkte. Und wenn du Banknoten und elektronische Guthaben als Ansprüche auf Geld definierst, dann bist du bis auf die Satzstellung und den Zwischenschritt bei der gleichen Definition.
Anstatt zu definieren: "Ein Anspruch gegen die Zentralbank auf Geld sei Geld", kann man auch einfach ganz konkret festlegen:
"Geld sind von der Zentralbank herausgegebene Banknoten und elektronische Guthaben".
serapath schrieb:
Warum fällt es dir so schwer diese konkreten Dinge explizit als Geld zu bezeichnen? Nur damit du an "verbrieftem" und "verbuchtem" Zentralbankgeld festhalten kannst? Warum muss das sein?Der Unterschied zwischen verbrieft und verbucht bezieht sich gewissermaßen auf die Verpackung (Banknoten, Münzen oder Kontoauszüge) und hat nicht mit dem Inhalt (= Anspruch auf Geld) zu tun. Der Wechsel von verbrieften zu verbuchten Rechten ist andererseits eine Schlüsselidee meines Vorschlages des Währungssystems in öffentlicher Hand.
serapath schrieb:
Wie wäre es, statt der vollkommen missverständlichen Definition von Heute, über die sich halbe Welt doch blos immer nur verwirrt, etwas konkret fassbares zu wählen?Weil genau das der springende Punkt ist, den es beim Geld zu verstehen gilt.
Warum möchtest du eigentlich Ansprüche auf Geld ebenfalls als Geld bezeichnen?
serapath schrieb:
Was mir an deiner Definition auch nicht gefällt ist, dass du Fremdkapital und Eigenkapital in einen Pott wirfst.Auch das ist ein Stück Erkenntnis, die sich aus meiner rekursiven Definition ergibt. Ursprünglich hatte mir das auch ganz und gar nicht gefallen, bis ich darauf kam, dass vor mir schon andere es genau so sehen. Der Begriff Finanzinstrument ist m.E. der moderne Geldbegriff, der das genau so sieht.
serapath schrieb:
Aktien, Fondsanteile und Beteiligungen landen in einem Topf mit CDS, Darlehen, Bargeld und Giralgeld.Genau das gilt es zu erkennen. Aus rechtlicher Sicht handelt es sich bei all diesen scheinbar total unterschiedlichen Dingen um schuldrechtliche Verträge, in denen Ansprüche auf Geld vereinbart werden.
serapath schrieb:
Bei einer Darlehenvergabe bezahle ich jemanden und daraus steht mir dann ein Anspruch gegenüber der bezahlten Person auf Rückzahlung zu.Auch wenn du eine Staatschuldverschreibung kaufst hast du keinen Anspruch gegen den Verkäufer, sondern den in der Schuldverschreibung festgehaltenen Schuldner. Im Falle der Aktie hast du einen Anspruch auf Dividenden (= Geld) gegen das entsprechende Unternehmen.
Beim Kauf einer Aktie bezahle ich jemanden und ich habe keinerlei Anspruch gegen den Verkäufer.
serapath schrieb:
Beim kauf einer frisch emitierten Aktie habe ich auch kein Recht die Aktie an den Emittenten zurückgehen zu lassen und mich dafür bezahlen zu lassen.Auch bei einer 10-jährigen Staatsanleihe hast du kein Recht vorzeitig die Tilgung zu verlangen. Bei einer Aktie ist das Fälligkeitsdatum das Liquidationsdatum.
serapath schrieb:
Deine Definition finde ich überhaupt nicht hilfreich.Ich habe nichts gegen solche Unterscheidungen, aber mir kommt es darauf an zu zeigen, dass es sich bei diesen scheinbar so unterschiedlichen Dingen in Wahrheit um Variationen von Geld handelt.
Warum kann man statt dessen nicht unterscheiden zwischen:
1. Zahlungsmitteln (ergeben sich aus der Praxis und die Liste wird ständig aktualisiert und es handelt sich immer um konkretes)
2. Direkten und indirekten Forderungen auf Zahlungsmittel
3. Eigentumsrechte/Beteiligungen/etc...
serapath schrieb:
Die Finanzkrise ist ein Problem das sich aus Punkt 2 ergibt und nichts mit Punkt 1 oder Punkt 3 zu tun hat.Das sehe ich anders, aber diese Baustelle möchte ich jetzt nicht aufmachen.
serapath schrieb:
Auch wäre es begrüßenswert wenn du erklären könntest warum du "gesetzliches Zahlungsmittel" definieren möchtest.M.E. hat man nur Bargeld zum gesetzlichen Zahlungsmittel erklärt, weil man sonst die Geldschöpfung der Geschäftsbanken hätte genauso wie das Nachmachen von Bargeld hätte verbieten müssen.
Ist diese Definition nicht überflüssig?
Gesetzliche Zahlungsmittel sollten m.E. deshalb festgelegt werden, damit zum einen schuldrechtlich befreiend bezahlt werden kann und zum anderen niemand Zahlungsmittel nachmacht.
serapath schrieb:
*Was mir überhauptnicht gefällt ist:Weil ich Geld als ein Produkt der Rechtsordnung sehe und damit eine Leistung des Staates. Deshalb sollte die Gegenleistung in Form des Geldschöpfungsgewinns auch an den Staat und damit indirekt an die Allgemeinheit fliesen.
*
"Die Geldmenge M0 kann exogen durch die Geldpolitik der Zentralbank gesteuert werden. Der Geldschöpfungsgewinn aus der Geldmenge M0 wird entweder
* einmalig realisiert in dem das geschöpfte Geld
* von der Zentralbank selbst zur Zahlung des Kaufs nichtmonetärer Aktiva oder Waren und Dienstleistungen verwendet wird.
* dem Staat für Ausgaben zinslos und dauerhaft zur Verfügung gestellt wird,
* oder dauerhaft in dem das geschöpfte Geld im Rahmen der Offenmarktpolitik gegen Zinsen verliehen wird."
Warum willst du in der GFO 2.0 denn das "neue Geld" via Zentralbank oder Staat in Umlauf bringen in dem diese damit kaufen?
Warum nicht einfach an alle natürlichen Teilnehmer gleichmäßig ausschütten? Dann sind auch Fehlanreize für eventuelle persönliche Vorteilsnahme ausgeschaltet.
serapath schrieb:
Kannst du außerdem nochmal Erläutern was du nun mit Geldverträgen meinst?Ein Geldvertrag ist ein „Paket“, das nur aus Ansprüchen auf Geld besteht. Ein normaler Kaufvertrag hat im Gegensatz dazu irgendwelche Ansprüche auf Waren und die Bezahlung ist ein Anspruch auf Geld.
Das Konzept ist mir klar, aber ist nicht ein Geldvertrag ein "Anspruch auf Geld" und damit Geld laut deiner Definition?
serapath schrieb:
Du schreibst es gäbe außer Bargeld keine verbrieften Ansprüche mehr auf Geld?Genau dieser Umstand ist nicht mehr notwendig und möglich. Alle Forderungen sollen wie Zahlungen durch normale Buchungen verkauft werden können.
Was ist wenn ich eine Forderung verbriefe?
serapath schrieb:
Auch folgender Ansatz könnte weitere Ausführung vertragen? Die ist doch Geld laut deiner rekursiven Definition...Zentralbankgeld soll bei Bedarf exogen (= direkt) und das restliche Geld endogen (= indirekt über den Geldschöpfungszinssatz) gesteuert werden. Nach wie vor sollen die Wirtschaftssubjekte Darlehensverträge, etc. ohne Einmischung der Zentralbank schließen können; sie sollten aber nicht die Geldschöpfung der Zentralbank aushebeln können.
*Auch unverständlich ist mir folgendes Absatz, vorallem der letzte Satz:*
",[font= Lucida Grande],[font= Verdana],[font= Arial],[font= sans]-[font=serif]Allerdings werden Geldverträge, deren Sicherheiten sich direkt oder indirekt auf Geldverträge beziehen, mit einem durch die Geldpolitik der Zentralbank festgelegten Zinssatz belastet. Dieser Zinssatz schöpft den entgangenen Geldschöpfungsgewinn ab. Dieser Geldschöpfungsgewinn würde entstehen, wenn die Wirtschaftsubjekte nur mit der Zentralbank Darlehensverträge abschließen könnten."
serapath schrieb:
*Auch folgender Ansatz könnte weitere Ausführung vertragen:*Ja. D.h. eine Bank hat wie eine Nichtbank nicht die Möglichkeit nur einen Teil eines Darlehens zu refinanzieren. Über den Geldschöpfungszinssatz wird die Geldmenge indirekt gesteuert.
Durch die Abschöpfung des Geldschöpfungsgewinns können differenzierte Finanzmarktregulierungen entfallen, was ebenfalls zu einem erheblich einfacherer Finanzsystem führt. Jede Indirektion eines Anspruchs auf Geld wird mit dem Geldschöpfungszinssatz belastet und schmälert den Gewinn. Strukturierte Finanzmarktprodukte muss man nicht verbieten, weil sie unwirtschaftlich werden. Der direkte Kredit an die Realwirtschaft wird automatisch zum ertragreichsten Finanzprodukt, weil er nur einmal mit dem Geldschöpfungszinssatz belastet wird."
1. Bedeutet dies, jede Darlehensvergabe wird mit dem Geldschöpfungszinssatz belastet? Und wenn ja, zu welchem Zweck?
serapath schrieb:
2. Warum ist es oder kann es schädlich sein, wenn Geldverträge als Sicherheiten verwendet werden?Weil nur so Finanzblasen entstehen können. Dieser Mechanismus war für die Finanzkrise 2007/2008 verantwortlich.
Schlussbemerkung:
Wenn ich meinen Vorschlag vollständig formuliert habe, dann sollten wir zu diesen Ideen ein Grillfest machen, in dem auf die Details eingegangen wird.
Viele Grüße
Arne
- [AG-GOuFP] AK Geldordnung 2.0: neue Version Währungssystem in öffentlicher Hand + Termin 14.8., Arne Pfeilsticker, 03.08.2012
- Re: [AG-GOuFP] AK Geldordnung 2.0: neue Version Währungssystem in öffentlicher Hand + Termin 14.8., alex, 03.08.2012
- [AG-GOuFP] heute in der taz, Martina Flasch, 03.08.2012
- Re: [AG-GOuFP] AK Geldordnung 2.0: neue Version Währungssystem in öffentlicher Hand + Termin 1, Axel Grimm, 03.08.2012
- Re: [AG-GOuFP] AK Geldordnung 2.0: neue Version Währungssystem in öffentlicher Hand + Termin 14.8., Nicolai Haehnle, 03.08.2012
- Re: [AG-GOuFP] AK Geldordnung 2.0: neue Version Währungssystem in öffentlicher Hand + Termin 1, Arne Pfeilsticker, 06.08.2012
- Re: [AG-GOuFP] AK Geldordnung 2.0: neue Version Währungssystem in öffentlicher Hand + Termin 14.8., alex, 03.08.2012
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