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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Liquiditätsgebühr

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Liquiditätsgebühr


Chronologisch Thread 
  • From: Keox <piratkeox AT googlemail.com>
  • To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Liquiditätsgebühr
  • Date: Thu, 26 Apr 2012 23:32:26 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Hallo,

Am 26.04.2012 21:38, schrieb Heinz-Ulrich Eisner:
> Bemerkenswert bei dem Mumble mit Prof. Huber war, dass er offensichtlich
> Funktionsweise und Wirkung einer Liquiditätsgebühr überhaupt nicht
> verstanden hat.
> Da er ja möglicherweise nicht der einzige ist, möchte ich das hier mal
> kurz darstellen.
>
> Ich gehe im folgenden von einem Vollgeldsystem aus.
>
> Die Funktionsweise ist denkbar einfach: die Banken erheben auf
> Kontoguthaben eine Gebühr, ähnlich wie eine Kontoführungsgebühr; die
> Höhe wird durch eine staatliche Stelle festgelegt, die erhobene Gebühr
> wird von der Bank an den Staat abgeführt.
> Hierfür ist keine überbordende staatliche Bürokratie erforderlich (wie
> Prof. Huber behauptete).
>

die Einführung und Umsetzung eines negativin Zinses auf unbares Geld ist
natürlich kinderleicht. Was Huber mit Bürokratie wohl gemeint hat, wäre
die Unterbindung von Flucht ins Sachvermögen. Ich habe seine genaue
Antwort nicht mehr in Erinnerung und ich habe Gesell auch nicht gelesen,
aber Keynes größter Einwand gegenüber einer Umlaufsicherung in seinem
Hauptwerk:

"Der hinter dem gestempelten Geld liegende Gedanke ist gesund.
Es ist in der Tat möglich, daß Mittel gefunden werden könnten, um
ihn in bescheidenem Rahmen in der Wirklichkeit anzuwenden. Aber es
bestehen viele Schwierigkeiten, auf die Gesell nicht gefaßt war. Ins-
besondere war·er sich nicht bewußt, daß das Geld nicht einzigartig
darin ist, daß ihm eine Liquiditätsprämie anhaftet, sondern in dieser
Beziehung nur·im Grad von vielen anderen Waren abweicht, und daß
seine Bedeutung daher·rührt, daß es eine größere Liquiditätsprämie
als irgendeine andere Ware hat. Wenn den Banknoten somit durch das
Stempelsystem ihre Liquiditätsprämie genommen würde, würde eine
lange Reihe von Ersatzmitteln in ihre Fußstapfen treten - Bankgeld,
täglich abrufbare Darlehen, ausländisches Geld, Juwelen und die Edel-
metalle im allgemeinen und so weiter. Wie ich oben erwähnt habe, hat
es Zeiten gegeben, in denen wahrscheinlich die Begierde nach dem Be-
sitz von Land, ohne· Rücksicht auf sein Erträgnis, dazu beigetragen hat,
den Zinsfuß hoch zu halten; - freilich wäre nach Gesells System diese
Möglichkeit durch die Verstaatlichung des Landes ausgeschaltet worden."

Gesell hat bestimmt nicht umsonst eine Bodenreform entwickelt. Ohne
weitere Maßnahmen müsste man wohl damit rechnen, dass die Preise für
bestimmte Güter (vorallem Grundstücke, Immobilien und Rohstoffe) stark
steigen würden. Das Vermögen der Reichen besteht nicht umsonst kaum aus
liquidem Geld.

Axel hat soweit ich weiss Gesell selbst gelesen und auch schon ausgiebig
mit Vertretern der Freiwirtschaftslehre diskutiert. Er kann mit
Sicherheit konkret erklären, welche Probleme entstehen und welche Hürden
man überwinden muss, um erfolgreich eine Umlaufsicherung einzuführen.


> Die Wirkung ist weitgehend identisch mit einer entsprechenden
> Inflationsrate.
> Bei einer Inflationsrate von 6% (z.B.) und einer Liquiditätsgebühr von
> 6% (bei Inflation 0%) verlieren Guthaben gleichermaßen 6% an Kaufkraft.
>
> Des Weiteren verändern sich die Ausgangs- bzw. Machtpositionen der
> Verhandlungsparteien bei einer Kreditvergabe gegenüber einer Situation
> ohne Inflation/Liquiditätsgebühr:
>
> Grundsätzlich ergeben sich Zinssätze im Vollgeldsystem nach Angebot und
> Nachfrage: hohes Kapitalangebot, wenig Nachfrage führen zu niedrigen
> Zinssätzen, umgekehrt zu hohen.
> Bei einem Vollgeldsystem mit 0% Inflation und ohne Liquiditätsgebühr
> (wie von Huber favorisiert) würden Zinsen für den Verleih von Geld
> niemals unter 2-3% sinken (was dann ein Realzins wäre), selbst bei einem
> Überangebot an Geldkapital und zu wenig Nachfrage.
> Durch eine Inflation bzw. Liquiditätsgebühr wird lediglich der Korridor
> der möglichen Realzinssätze nach unten erweitert: bei
> Inflation/Liquiditätsgebühr von 6% wäre ein Kredit zur Realverzinsung
> von -3% bereits ein Gewinn von 3% für den Geldbesitzer gegenüber einem
> bloßen Halten des Geldes.
>
> Diesen Effekt halte ich für gesellschaftlich äußerst begrüßenswert.
>
> Der Unterschied einer Liquiditätsgebühr zur Inflation ist, dass die
> Preise stabil gehalten werden können, die Geldfunktion als Wertmesser
> würde besser funktionieren.
> Gegenüber einer Situation mit hoher Inflationsrate gäbe es nicht die
> Notwendigkeit von jährlichen Lohnverhandlungen, Arbeitskämpfen, allein
> um die Kaufkraft zu erhalten, die kalte Progression fiele weg.
>
> Um das Bargeldproblem zu lösen (Marken kleben halte ich in großem Stil
> nicht für sinnvoll), würde ich vorschlagen, dass der Staat gar kein
> Bargeld mehr heraus gibt, aber es generell freistellt, Bargelder zu
> emittieren.

Bitte erkläre mal ausführlicher was das bedeuten soll? Soll dann jeder
Bargeld herstellen dürfen? Was wenn sich das nicht durchsetzt, wäre dann
das anonyme Bezahlen nicht mehr möglich?

Gruß Keox


>
> Beim Mumble gefragt, welche Inflationsrate eine Monetative anstreben
> solle, meinte Prof. Huber, das werde noch diskutiert (innerhalb der
> Initiative): er würde 0% favorisieren. Des weiteren erklärte er in dem
> Gespräch, Geldhortung gäbe es ja in einem modernen Geldsystem nicht mehr.
> Sollte bei einem Vollgeldsystem tatsächlich eine 0%-Inflation realisiert
> werden, prognostiziere ich, dass er sehr überrascht wäre, wie schnell
> Geldhortung wieder massiv um sich greift.
>
> Schönen Gruß
> Heinz-Ulrich
>
>
>
>
>

--
http://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik
http://wiki.piratenpartei.de/BE:Squads/Geldordnung
http://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/ThemaGegenwaertigesGeldsystem
: wird noch erweitert.
http://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/ThemaVollgeldreform:
wird noch erweitert.




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