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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Frage an die AG wg. Bargeld-Umlauf und Umlaufsicherung

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Frage an die AG wg. Bargeld-Umlauf und Umlaufsicherung


Chronologisch Thread 
  • From: Monika Herz <elisapirat AT googlemail.com>
  • To: Nicolai Haehnle <nhaehnle AT gmail.com>
  • Cc: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Frage an die AG wg. Bargeld-Umlauf und Umlaufsicherung
  • Date: Mon, 26 Mar 2012 09:09:09 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Hi Nicolai,
Du sagst am Ende Deiner Ausführungen:
"Es fehlt die Argumentation, was der Umlaufimpuls mit Ökologie zu tun hat."

Es könnte sein, dass wir (und nicht nur wir beide) auf unterschiedliche Weise denken. Du denkst offenbar linear, fukussiert auf Ökologie, wenn es ums Geldsystem geht.

Ich denke "kreuz und quer", also netz-artig. Und verbinde die Frage nach der Konstruktion des bisherigen Geldes mit der Frage, wie ein ZUKÜNFTIGES Geld konstruiert sein könne, z.B. mit Umlaufimpuls versehen. Dazu verknüpfe ich Beobachtungen aus der Natur ("die Dinge rosten, schimmeln etc.") und philosophische Betrachtungen z.B. aus der Lehre des Buddha ("Alles ist voneinander abhängig") und andere Beobachtungen aus anderen Fachgebieten (Geschichte, soziales Verhalten, Heilwesen etc.) miteinander. Auf diese Weise komme ich zu dem Ergebnis, dass der Umlaufimpuls eine "Medizin" für ein krankes Geldsystem sein kann. Ob er das wirklich ist, erweist sich erst, wenn eine relevante Anzahl von Menschen in einem relevanten Wirtschaftsgebiet mit dem "neuen" Geld über eine relevante Zeitspanne hinweg die Ergebnisse erzielt haben wird, die ich meine, erzielen zu können (u.a. mit einem Geld mit Umlaufimpuls).

Für das von mir in die Zukunft hineingedachte Szenario gehört allerdings nicht nur das neue Geld, sondern auch eine Steuerreform und ein Grundeinkommen, außerdem auch eine Reform des Wirtschaftssystems weg von rein profitorientiertem Wirtschaften hin zu gemeinwohl-orientiertem Wirtschaften (Gemeinwohl-Ökonomie) und außerdem auch eine Reform des Strafvollzugs weg vom reinen Bestrafen des "Bösen" hin zu einem Belohnen des "Guten". Das "Belohnungs-System" - eine weitere Herausforderung!
Das neue Geld ist jedoch die Grundlage für alle folgenden Reformen.

Mit dem Focus auf Ökologie alleine lässt sich das Modell nicht denken.
Mir ist bewußt, dass ich "mein" Modell in der Realität vielleicht nicht mehr erleben werde. Allerdings sehe ich den einen und anderen Schritt in die m.E. richtige Richtung hin zu diesem Zukunfs-Szenario.

Wir werden also Wege finden müssen, wie wir miteinander kommunizieren können, so dass nicht nur ich Dir folge in die Tiefe der Ökologie (und Argumente zum Teil teile, zum Teil zurückweise) - sondern dass auch Du mir folgen kannst, in die Weite - von einer Schnittstelle des Gedanken-Netzwerks zur nächsten. An jeder Schnittstelle werden wir Experten vorfinden, die ausschließlich auf ihrer Schnittstelle "hocken" und nur von dort aus argumentieren. Wir werden womöglich mit ihnen sprechen, Impulse hinterlassen, diese Impulse wirkenlassen und weiterziehen.

Und immer wieder betonen: Alles hat mit Geld zu tun, solange wir Geld brauchen! (Sozialpädagogik, Politik, Geschichte, Pathologoie, Gesundheit, Landwirtschaft etc...)

Und Geld hat außerdem viel mit Macht bzw. mit Machtmissbrauch zu tun. Und Macht hat sehr viel mit Kommunikation zu tun. Was wird verschwiegen? Was wird wie in das Denken der Menshen transportiert? Welche Informationen sind mit "Angstgefühlen" hinterlegt?

Das "weite Feld", das "große Netz" von dem ich spreche, ist (teilweise) abgebildet im Internet.
Deshalb die große Chance der Piraten als neue politische "Macht", deren Stärke in der transparenten Kommunikation durch die neuen Medien liegt.

Vielleicht können wir inso"fern" oder inso"weit" Konsens finden? Und außerdem Konsens darüber, dass wir eine Bereitschaft und auch die Fähigkeit entwickeln müssen, unsere eigenen erlernten Gedankengänge immer wieder zu überprüfen (ich, was die Tiefe des Verständnisses angeht, Du, was die Weite angeht?) und anzupassen. Dabei müssen wir aufpassen, dass wir nicht in "Feindschaften" verfallen, sondern uns gegenseitig inspirieren. Tiefe ist nicht wichtiger als Weite. Weite ist nicht wichtiger als Tiefe. Wir brauchen beides!

lg Monika

Am 24. März 2012 02:32 schrieb Nicolai Haehnle <nhaehnle AT gmail.com>:
On Fri, Mar 23, 2012 at 10:13 PM, Monika Herz <elisapirat AT googlemail.com> wrote:
> Hi Nicolai,
>>
>> > •         Bargeldtransaktionen im Vergleich zu Giralgeldtransaktionen  =
>> > 58%
>>
>> Die 58% beziehen sich auf Transaktionen insgesamt. Also 58% aller
>> Transaktionen von Privatpersonen (sicher im Gegensatz zu B2B) laufen
>> in Bargeld ab.
>
> Naja, das wissen wir nicht genau. Niemand weiß, wie oft Bargeld die Besitzer
> wechselt. Es ist im Bericht auch nicht von Transaktionen von Privatpersonen
> die Rede.

Ich zitiere den Bericht:

Eine im Jahr 2008 im Auftrag der Bundesbank
durchgeführte repräsentative Bevölkerungs-
umfrage zum „Zahlungsverhalten in Deutsch-
land“ ergab, dass circa 58 % aller dort erfass-
ten Umsätze mit Bargeld und nur 26 % mit
Debitkarte bezahlt wurden. 2) Bargeld ist dem-
entsprechend in Deutschland nach wie vor
das dominierende Zahlungsmittel.

Fußnote 2): In der Studie wurden über den Einzelhandel i. e. S.
hinaus noch andere Branchen erfasst, z. B. Tankstellen,
Gastronomie, Apotheken, Dienstleistungen usw.

Ende des Zitats.

Die Aussage ist eindeutig: 58% aller Umsätze von Privatpersonen in
diesen Branchen werden mit Bargeld getätigt. Das sagt nichts über die
Umlaufgeschwindigkeit aus, klar, aber darum geht es hier nicht. Es
geht darum, wie groß die Rolle von Bargeld bei Privatpersonen im
Vergleich zu anderen Zahlungsmitteln ist.


>> > Im Vortrag nehme ich diese Daten (nur 4.4% des Bargelds sind in
>> > Transaktions-Umlauf) zur Begründung für den Umlaufimpuls des Regio.
>> > * der Umlaufimpuls ist ein Steuerungsinstrument gegen Bargeld-Hortung
>> > * der Umlaufimpuls ist daher ein Steuerungsinstrument für
>> > Bargeld-Ausgabe
>> > (in 7 Jahren + 329%)
>> > * der Umalufimpuls ist daher ein Instrument gegen Inflationsgefahr:
>> > solange
>> > Bargeld (60%) unter der Matratze liegt, egal, sobald aber aufgrund
>> > politischer Ereignisse dieses Bargeld massiv in Umlauf gebracht wird,
>> > erzeugt es am Markt Teuerung (vermutlich, man weiß es ja nicht genau,
>> > oder?)
>>
>> Klar, das ist möglich. Das ist aber eigentlich eher unkritisch, weil
>> es ein einmaliger Teuerungsschub wäre - wenn das Bargeld in Umlauf
>> gebracht wurde hört der Spuk wieder auf. In der VWL wird ja eher die
>> anhaltende Inflation problematisiert.
>
>
> Der Haken ist: Bei einer angenommen Überflutung des Marktes von bisher
> gehortetem Bargeld wäre Teuerung die Folge. Die Teuerung bleibt erhalten,
> der Spuk ist erschienen - aber er hört nicht mehr auf. Die Folge ist, dass
> die Leute, die nicht in der Lage waren, Bargeld zu horten, von der Teuerung
> dauerhaft betroffen sind, aber kein Geld haben. Sie können nach der Teuerung
> nichts mehr kaufen. Das ist ein ganz übler Spuk. Der gefällt mir nicht. Gar
> nicht.

Die Preise bleiben teuer, aber sie werden nicht noch teurer. Und dann
passen sich natürlich die Löhne auch an.


>> > * der Umlaufimpuls ist daher ein Instrument zur Kontrolle von
>> > Inflationsgefahr
>>
>> Na, ich weiß nicht. Die Inflation, von der ständig die Rede ist, kommt
>> ja nicht daher, dass die Menschen ihr Gespartes auflösen. Du machst da
>> also etwas zum Thema, das eigentlich niemanden so wirklich juckt.
>>
>> Und ist nicht diese niedrige aber stetige Inflation nicht auch schon
>> ein Umlaufimpuls, der der Gefahr, die du siehst, entgegen wirkt?
>
>
> Ich spreche von der Gefahr einer galoppierenden Inflation. Die schleichende
> haben wir ja schon. Ich trag in meinem Geldbeutel 1 Schein, da steht
> "1Milliarde Reichsmark" drauf. Es war ursprünglich ein
> "1000-Reichsmark-Schein", überstempelt in roter Farbe mit dem Wort 1
> Milliarde. Aber man konnte nichts mehr davon kaufen! Nicht nett. Diese
> Ängste kursieren iwie noch im Unbewußten. Vielleicht wäre der Umlaufimpuls
> doch eine Medizin dagegen!

Diese Art von Inflation entsteht nur, wenn jemand irrwitzig viel
*neues* Geld in Umlauf bringt. Das Auflösen von Sparguthaben reicht
nicht aus, um diese Art von Inflation zu erzeugen. Umgekehrt hilft dir
der Umlaufimpuls bei dieser Art von Inflation auch nicht weiter.

>> Ich verstehe, woher der Impuls kommt, aber ich finde ihn falsch, denn
>> er führt zu allen möglichen Absurditäten. Woher weißt du denn zum
>> Beispiel, was die richtige Höhe des Imlaufimpuls sein sollte? 1000%
>> jährlich? 100% jährlich? 10% jährlich? 1% jährlich? 0,1% jährlich? 0%
>> jährlich?
>>
>> Und überhaupt: die Inflation ist doch auch schon ein Umlaufimpuls,
>> oder etwa nicht? Wieso sollte man da noch künstlich etwas
>> draufschlagen?
>
> Inflation ist kein Umlaufimpuls.

Sie hat aber den gleichen Effekt. Durch die Inflation verliert Geld an
Wert. Durch den expliziten Umlaufimpuls verliert Geld an Wert. Beide
liefern also eine Motivation dafür, sein Geld auszugeben, und damit
erfüllen beide die Funktion, das Geld in Bewegung zu halten.

> Umlaufimpuls ist die
> Medizin für Inflation.

Das wird immer behauptet. Eine schlüssige Beweisführung diesbezüglich
hat noch niemand gebracht.

> Inflation führt - konsequent zu Ende gedacht - zu
> Verarmung der Massen.

Empirisch falsch. Zu den Zeiten, als in der BRD der Anteil der
Arbeitnehmer am Gesamteinkommen gestiegen ist - Wirtschaftswunder und
so - war die Inflation höher als heute.

Es kommt einfach darauf an, wie sich die Preise zueinander entwickeln,
und ob die Gehälter schneller oder langsamer steigen als die anderen
Preise.

> Die Höhe des Umlaufimpulses ergibt sich aus dem Bedarf. Wenn viel Bedarf,
> ist hohe Geldgeschwindigkeit erwünscht, also Anreiz durch hoher
> Umlaufimpuls. Wenn Sättigung, dann niedriger Umlaufimpuls. So wie der
> Mensch, wenn er satt ist, runterfährt. Und wenn er was braucht, hochfährt,
> um zu schaffen.

Ah, und wer misst das und beschließt das?

> Wenn schon Konzepte, dann solche, die der Natur des Planeten, auf dem wir
> leben, angepasst sind, anstatt gegenteilig - mit den längerfristig
> verheerenden Folgen.

Es fehlt die Argumentation, was der Umlaufimpuls mit Ökologie zu tun hat.

Schöne Grüße,
Nicolai
--
Lerne, wie die Welt wirklich ist,
aber vergiss niemals, wie sie sein sollte.




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