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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Mal wieder ein Feedback der BuBa

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Mal wieder ein Feedback der BuBa


Chronologisch Thread 
  • From: Nicolai Haehnle <nhaehnle AT gmail.com>
  • To: alex AT twister11.de
  • Cc: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Mal wieder ein Feedback der BuBa
  • Date: Fri, 23 Mar 2012 20:43:57 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Hallo Alex,

On Fri, Mar 23, 2012 at 8:07 PM, <alex AT twister11.de> wrote:
> 2012/3/23 Nicolai Haehnle <nhaehnle AT gmail.com>
>> On Fri, Mar 23, 2012 at 6:21 PM,  <alex AT twister11.de> wrote:
>> > Ich finde es eine große Schande, dass der Staat überhaupt Staatsanleihen
>> > herausgeben darf.
>> > Ich mag ja einiges an Souveränität gerne an den Staat und die tollen
>> > gewählten Repräsentanten abgeben, aber so viel Mitbestimmungsrecht
>> > während
>> > einer Wahlperiode hab ich dann doch nicht, dass ich es gut finde, dass
>> > die
>> > meine Steuergelder verschleudern und sich einfach mal verschulden, weil
>> > sie
>> > sich nicht trauen mich zu fragen und zu überzeugen wofür ich welche
>> > Steuern
>> > bezahlen soll...
>> > Warum soll der Staat sich überhaupt verschulden? Wozu darf er den
>> > besteuern?!?
>>
>> Weil du mit einem ausgeglichenen Haushalt die Wirtschaft kaputt machst.
>
>
> Das ist aber sehr verkürzt ausgesagt und was du eigentlich meinst ist: WEIL:
> 1. Unser Geld aus Schuld gegen Kredit geschoepft wird und
> 2. Private Haushalte und private Unternehmen sich nicht schnell genug
> neuverschulden um
> 3. Altschuldnern regelmaessig Tilgung zu ermoeglichen und
> 4. Sparer Geld weghorten was ebenfalls in der Wirtschaft fehlt so dass,
> 5. Die Wirtschaft nach und nach ausgetrocknet wird, so
> => Darf der Staat keinen ausgeglichenen Haushalt haben, weil die Wirtschaft
> sonst kaputt geht. Er muss sich also neu verschulden.

Richtig, so habe ich das gemeint.

> ABER: Alternativ koennte man auch einfach mal hinterfragen warum Geld gegen
> Schuld geschoepft werden muss und warum Geld auf Dauer horten nicht bestraft
> werden sollte...
> ...warum muss der Steuerzahler und damit die Allgemeinheit fuer diejenigen
> vermoegenden leiden, die so kurzsichtig handeln?

Also zwei Dinge: Warum sollte das Sparen/Horten von Geld bestraft
werden? Der Witz ist doch, dass die Sparer aus der *individuellen*
Perspektive betrachtet eben nicht kurzfristig handeln. Die Sparer
handeln durchaus rational. Erst durch die Aggregation auf die
Makro-Ebene wird ein Problem daraus. Und weil dieses Problem auf der
Individualebene nicht sichtbar ist, finde ich es auch nicht
zielführend, die Individuen dafür zu bestrafen. (Ungleichverteilung
von Vermögen ist eine andere Geschichte; aber die betrifft Geld- und
Sachvermögen gleichermaßen.)

Warum Geld gegen Schuld geschöpft werden muss: naja, rein aus
Perspektive der Bilanzen ist jedes Geld eine Geldforderung, der
irgendwo eine Verbindlichkeit, also eine Schuld, gegenübersteht. Aber
man kann das Ganze natürlich so gestalten, dass diese Verbindlichkeit
durch nichts zurückgezahlt wird, und auch darauf keine Zinsen gezahlt
werden - z.B., indem man direkt neu erzeugtes Zentralbankgeld ausgibt.

Das ist genau das, wofür ich letztlich auch die ganze Zeit argumentiere.


>> Das hatten wir doch schon alles. Der Privatsektor entzieht nunmal
>> gerne dem Geldkreislauf einen Teil des Geldflusses, um dadurch netto
>> Geldvermögen aufzubauen. Dadurch verlangsamt sich der Geldkreislauf,
>> sprich die Wirtschaftsleistung sinkt, Menschen werden arbeitslos, der
>> reale Lebensstandard im Land sinkt.
>
>
> JA RICHTIG ?!? Und warum muss der Staat da einspringen? Warum muss der
> gesamte Privatsektor, der auch die Millionen von Menschen umfasst die 0,0
> EUR gespart haben und Steuern zahlen bluten fuer diejenigen privaten die dem
> Kreislauf Geld entziehen ohne sich Gedanken zu machen wofuer ueberhaupt?

Was heißt denn hier "bluten"? Letztlich "blutet" doch nur jemand, weil
es die Zinszahlungen gibt. Wenn man die abschafft, dann ist das alles
kein Problem mehr.

> Nochmal ein Beispiel: Winterjackenverkaeufer A und Eisverkaeufer B.
> A verkauft B auf Pump im Winter Winterjacken und dergl.
> B denkt sich, dass der A schon wissen wird was er tut und hofft im Sommer
> gegen Eisverkauf seine Schuld tilgen zu koennen.
> A will aber kein Eis und will garnichts von B
> A motzt aber irgendwann das B seine Schulden nicht zurueckzahlen kann und
> beschliesst dann B sei Pleite, nimmt ihm seinen Eiswagen und alles weg und
> schickt ihn unter die Bruecke.
> Ganz ehrlich? Wenn ich B waere, ich haette, haette ich das gewusst, einfach
> auf die scheiss Winterjacken verzichtet.

Ja. Deswegen sage ich ja: beliebige Verschuldung des Staates. Wenn
jemand die Schuld "zurückbezahlt" haben will, dann wird das einfach
mit neuer Schuld gemacht. Damit existiert das Problem, das B in deinem
Szenario widerfährt, einfach nicht mehr.


>> In der Regel muss man in den Geldkreislauf kontinuierlich etwas
>> nachfüllen, und neben dem privaten Sektor gibt es eben - zumindest
>> langfristig - nur die Regierung (eine Zeit lang kann man es auch über
>> Exporte versuchen, aber das geht nicht auf Dauer gut, wie wir jetzt
>> beobachten, und ist auch kein Rezept für die gesamte Welt, weil die
>> Exporte ja auch jemand importieren muss).
>
>
> BLAAA! In unserem aktuellen Kreislauf, in dem Geld aus Schulden geschoepft
> und Geld gehortet wird und in dem man das NICHT IN DIE OEFFENTLICHE
> DISKUSSION STELLT, sondern  in dem einige wenige an der Spitze ueber die
> Koepfe aller hinweg entscheiden, dass man einfach Staatsschuld aufnimmt um
> nicht ueber das Problem sprechen zu muessen in diesem realen "Kreislauf"
> muss man kontinuierlich etwas nachfuellen. Dieses MUSS ist aber eine
> Entscheidung. Alternativ koennte man:
> - Das Thema ansprechen und abstimmen lassen was zu tun ist
> - Man koennte Das Geldsystem aendern und Geld nicht mehr aus Schuld
> schoepfen
> - Man koennte diejenigen die langfristig Horten und es nicht raffen oder
> nicht raffen wollen oder bisher nichts davon gehoert haben einfach besteuern
> oder es zumindest androhen... es gibt IMMER ALTERNATIVEN!

Genau die zweite Variante ist ja das, was ich vorschlage, ich nenne es
nur vielleicht anders. Aber es ist genau die gleiche Sache.

>> Aber den Haushalt auszubalancieren ist eine makroökonomische Torheit.
>
>
> Wessen Haushalt? Unter was für Rahmenbedingungen? In unserer aktuellen
> Geldordnung oder unter jeder vorstellbaren? ... Was ist damit gemeint?

Den Staatshaushalt, unter jeder Geldordnung, in der die Menschen in
Geld sparen können.

> Wenn das Sparvermögen nicht aufgelöst wird, dann wird es wegvernichtet. Eine
> zentrale Instanz bekommt ein geldpolitisches Instrument, nämlich eine
> Geldvermögensvernichtungssteuer, die belastet ALLE GLEICH. Aber diejenigen
> mit hohen Geldvermögen die sie nicht auflösen wollen eben in Absolutbeträgen
> stärker als jene mit niedrigen.

Warum denn? Die Geldvermögen tun doch niemandem weh. Oder genauer
gesagt: sie tun nur weh, weil solange sich niemand bereit erklärt, den
abfließenden Geldstrom in Geldkreislauf zu ersetzen. Sobald die
Regierung endlich von dem albernen Sparwahn wegkommt und im
Geldkreislauf ersetzt, sind die Geldvermögen unschädlich.

(Und hier wieder der Nebensatz: *ungleiche* Vermögensverteilung ist
natürlich trotzdem ein Problem. Aber dieses Problem betrifft auch
Sachvermögen, deswegen würde ich das mit einer progressiven
Vermögenssteuer angehen.)

>> Wie gesagt: die einzige legitime Kritik an Staatsschulden an sich ist
>> 1. dass auf Staatsschulden Zinsen bezahlt werden, und
>> 2. dass Staatsschulden einer nicht monetär souveränen Regierung [1]
>> die zukünftige Handlungsfähigkeit der Regierung einschränken können.
>> Es ist überhaupt kein Problem, durch einige wenige kleine Eingriffe
>> diese beiden Kritikpunkte aus der Welt zu schaffen.
>
> Also ein Staat der selber Geld drucken darf und keine Zinsen zahlen muss ist
> cool?

Genau das ziehst du doch oben auch in Erwägung. Du schlägst ja auch
als eine Option vor, dass man das Geld einfach nicht mehr aus Schulden
schöpft. So wie ich dich verstehe, ist das zu meinem Vorschlag
äquivalent: der Staat gibt einfach Geld aus, und muss dafür keine
Zinsen zahlen.

Falls da ein Unterschied besteht, dann erkläre ihn mir bitte.

Schöne Grüße,
Nicolai
--
Lerne, wie die Welt wirklich ist,
aber vergiss niemals, wie sie sein sollte.




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