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ag-waffenrecht - [Ag-waffenrecht] AG-Waffenrecht

ag-waffenrecht AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Mailingliste der AG Waffenrecht

Listenarchiv

[Ag-waffenrecht] AG-Waffenrecht


Chronologisch Thread 
  • From: Jack Weaver <Jack.Weaver AT t-online.de>
  • To: ag-waffenrecht AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: [Ag-waffenrecht] AG-Waffenrecht
  • Date: Tue, 10 Apr 2012 02:41:16 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-waffenrecht>
  • List-id: Mailingliste der AG Waffenrecht <ag-waffenrecht.lists.piratenpartei.de>

Tja liebe Leute,

ich muß hier leider zugeben, daß meine erste Zuversicht, daß sich hier eine echte AG finden könnte die ein gesellschaftspolitisch sehr kontroverses und fast immer sehr emotionsgeladenes Thema schlicht mit Ratio und ohne Vorurteile bearbeitet, und sich dabei primär an gesichertes Zahlenmaterial und Fakten hält, wohl doch ein Wunschtraum war. Warum? Kann ich euch einfach erklären.

Ich bin Waffenbesitzer, seit vielen Jahren aktiver Großkaliberschütze, schieße in allen großen schießsportlichen Verbänden, teilweise bis zu Weltmeirsterschaften. Mein derzeitiger Munitionverbrauch liegt bei ca. 25T Schuß pro Jahr (von 9x19mm bis zu .50 AE). Die zahlreichen Schußwaffen die ich für die verschiedenen Wettbewerbe benötige sind selbstverständlich alle legal erworben worden und werden, entsprechen dem aktuellen WaffG, in insgesamt X Waffentresoren der Schutzklasse B aufbewahrt, ebenso wie die relativ große Menge an bevorrateter Munition. Dies nur nur so zur Erklärung meines Interesses an der AG-Waffenrecht. 

Ich bin mit meiner großen Wettbewerbsaktivität sowie der Menge an Schußwaffen und Munition die ich besitze sicherlich weit vom "Durchschnittsschützen" entfernt, aber um so mehr trifft mich das perverse deutsche Waffengesetz. Das WaffG trifft aber nicht nur den "normalen" Waffenbesitzer (hauptsächlich Waffenscheininhaber, Sammler, Schützen, Jäger, Firmen) sondern auch den schußwaffenlosen deutschen "Normalbürger", auch wenn sich dieser bis zur Anzeige und Verurteilung wegen einer Straftat (Vorbestraft!) im Zusammenhang mit dem WaffG keinerlei Schuld bewusst war. Der "Altbesitz" eines unpassenden Messers (altes Fallschirmmesser), die Kinder die mit Softairwaffen auf der Strasse spielen, das mitführen eines "Leatherman-Tools" (eines neuen, mit feststellbarer Klinge) auf einem Volksfest, ein stabiles Bowiemesser mit mehr als 12,cm Klinge als Werkzeug im Auto, usw. usw. usw., das wars dann - vorbestraft.  Für den legalen Waffenbesitzer hat sowas weitreichendere Folgen, die "waffenrechtliche Zuverlässigkleit" ist regelmässig dahin.

Auf Grund meines intensiven Umganges mit der "Hardware" habe ich auch recht gute Kenntnisse der einschlägigen Gesetze und Verordnungen, die mich auch zum inoffiziellen "Rechtsberater" vieler Waffenbesitzer in der Gegend, und auch zum gelegentlichen "Gesprächspartner" der zuständigen Ordnungsbehörde gemacht haben - leider.

Ich will mich jedoch in dieser Mail überhaupt nicht weiter über das deutsche WaffG und die jetzt endlich herausgekommene "Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz (WaffVW)" auslassen, noch über die leider nicht sehr ausgeprägten Kenntnisse der meisten legalen Waffenbesitzer über das WaffG, mir geht es hier um die AG-Waffenrecht.

Auf die interessant "Meinung" der Piraten zum Waffenrecht hat mich ein befreundeter Händler aufmerksam gemacht und gestern Abend habe ich mir angesehen was im Internet zu in diesem Zusammenhang abzurufen war - ich war echt beeindruckt. Der Flyer, als bisher nicht von der Partei legitimierte Position, deckt sich zu fast 100% mit der Position der meisten privaten Waffenbesitzer. Mit dem (noch inoffiziellen) Flyer hat die AG jedenfalls wesentlich mehr zustande gebracht als all die einschlägigen Verbände und Foren der legalen Waffenbesitzer in all den letzten Jahren zusammen, und dies in ausgearbeiteter, medienwirksamer und druckfertiger Form und mit sehr deutlichen Ansagen. Es ist eine beispielose Blamage, daß all die interessierten Verbände und Vertretungen der legalen Waffenbesitzer so etwas in den letzten 10 bis 15 Jahren nicht zustande gebracht haben, weder in der dieser Form noch in der Klarheit der Aussage, da stand "kuschen und maulhalten " immer an erster Stelle.

Das Angebot mein spezifisches Wissen im Sinne dieser "Meinung der Piraten zum Waffengesetz" in der AG-Waffenrecht einzubringen zu können, sogar anonym und ohne Mitglied in der Partei sein zu müssen, hat mich beeindruckt, und ich habe mir als erstes mal einen neuen E-Mail Account zur möglichen Mitarbeit besorgt. Auch die AG Präsentation habe ich mir dann im Detail betrachtet und bin dabei natürlich auch auf die Protokolle der Sitzungen gestoßen, und da kam dann auch schon die erste Ernüchterung.

Top: Analyse im Nachgang zum Bayerischen Landesparteitag

Auf dem Landesparteitag wurde der Antrag der AG-Waffenrecht abgelehnt. Die Diskussion auf dem LPT zum Thema war durch Emotionen und ein hohes Maß an Unkenntniss der Materie gekennzeichnet. Während am ersten Tag die Diskussion über Grund-,Freiheits- und Bürgerrechte durch Sachlichkeit und Toleranz geprägt waren, glitt am zweiten Tag das Thema Waffenrecht in das bekannte Verhaltensschema ab. Bemerkenswert hierbei war, dass offenbar viele Piraten durchaus für Einschränkung von Grund- und Bürgerrechte sind, wenn Sportschützen und Jäger davon betroffen sind.

Wenn den Protokollen auch sonst nichts wesentliches zu entnehmen war, man könnte sie auch einfach dürftig nennen, so fand ich es doch sehr bemerkenswert, daß ausgerechnet dieser Eindruck im Protokoll explizit erwähnt wurde, das muß dem Protokollführer dann ja wohl doch sehr negativ aufgefallen sein, zumal er da fürs Protokoll auch noch so deutliche Worte fand. Aber na ja, wie zu erwarten, von wegen Piraten, eben das ewig bekannte Verhaltensmuster.


Es sollte jedoch noch schlimmer kommen. Die letzten 36h habe ich mit diversen Arbeiten am Rechner verbracht und dabei all das gelesen, was da so "nebenbei" von der AG-Waffenrecht als Mails "reingeflattert" ist, und das ist für mich abschreckend, denn nur der kleinste Teil der Mails beschäftigt sich mit der eigentlichen Materie. Der größte Teil gibt denjenigen Schreibern ein Forum, die sich (vermutlich sogar zu Recht) bitter über persönlich erlittenes Ungemach auslassen, nur eben im falschen Forum, und fast alle Beiträge dokumentieren auch noch eine profunde Unkenntnis der Rechtslage. Es war für mich erschreckend, zu realisieren, daß die meisten Mails sich nicht wesentlich vom Niveau vieler anderer "Foren" im Internet unterscheiden. 

Ich frage mich, was z.B. Leute in ein Forum einer AG-Waffenrecht treibt, die ernsthaft die Frage nach Vollautomaten bei privaten Wachunternehmen stellen, wobei sie es sich allerdings nicht nehmen lassen zu erwähnen, daß die Magazine nicht gefüllt wären - was immer das auch bedeuten soll. Eine solche Frage zeugt von völliger Unkenntnis des deutschen WaffG (welches auch für Bewachungsunternehmen gilt), den einschlägigen Vorschriften der Gewerbeordnung i. V. m. der Bewachungsordnung, und schlichten taktischen Gesichtspunkten. Ansonsten, Thema völlig verfehlt, hat absolut nichts mit privatem Waffenbesitz im Sinne der AG-Waffenrecht zu tun, setzen, 6.

Ein anderer bringt die Vollautomaten dann argumentativ in Verbindung mit heutigen Standardpistolen, wobei er völlig außer acht läßt, daß GK Sportpistolen immer auf Standardwaffen aufbauen, und die TR (Technische Richtline) der Polzei für Pistolen 9mmx19 schon lange eine Magazinkapazität von mindesterns 12 Patronen fordert, was bereits ein ein 2-reihiges Magazin zwingend macht. Anschließend wird eine auf Einzelfeuer umgebaute Maschinepistole als legaler Auswuchs des legalen Waffenmarktes bezeichnet, wobei allerdings völlig unklar bleibt wo hier der Auswuchs zu erkennen ist, außer vielleicht in der persönlichen Abneigung des Schreibers ("Was ich nicht verstehe und nicht für gut befinde das darfst du auch nicht haben - basta"), so stelle ich mir echte Demokraten vor. Gleich anschließend wird dann vom Schreiber implizirt, daß es nur einer gültigen WBK bedarf um einen Halbautomaten zu kaufen. Prima, so stellt Klein Fritzchen sich das vor, und so steht es dann morgen auch in der Bild-Zeitung. Wir brauchen nur eine gültige WBK und dann können wir kaufen was wir wollen - 1000 EURO braucht es halt. Falsch, es muß ein Voreintrag zum Erwerb vorhandens sein und den gibt es nur mit der Bescheinigung des Bedürfnisses für diesen einen Halbautomaten durch einen schießsportlichen Verband für eine seiner amtlich zugelassnen Disziplinen. Was die angebliche Masse an legalen Waffen mit einer Prüfung zu tun hat wieviele Schuß der Schütze ins Magazin geladen hat entzieht sich  meinem Verständnis, ebenso wer dies warum prüfen sollte und was dies mit einem liberalen Waffengesetz (AG-Waffenrecht!) zu tun haben sollte. Die dann folgende Bemerkung des Schreibers bezüglich "paramilitärischer Ausrüstung" mit einer legalen Waffe disqualifiziert den Schreiber dann völlig. Wieso ist ein halbautomatisches Gewehr eine "paramilitärische Ausrüstung", und was ist dies überhaupt?  


Bereits vor Jahren ist unter den privaten deutschen Waffenbesitzern der Ruf nach einer Parteigründung zum Schutz unserer Grundrechte laut geworden, aber natürlich ist daraus nichts geworden. Ein einziges gemeinsames Ziel, bei ansonsten völlig unterschiedlichen gesellschaftlichen Vorstellungen und politischen  Zielsetzungen, reicht halt nun mal nicht für eine Parteigründung, von erfolgreicher Einflußnahme ganz zu schweigen. Die Piraten, die ja nun aber als Partei bereits erfolgreich bestehen und die sich als eine Partei die für Grundwerte wie bürgerliche Freiheit, Grundrechte, Verhältnismässigkeit und politische Transparanz definieren wollen, hat hier grundsätzlich das Potential viele Stimmen aus den Kreisen der privaten Waffenbesitzer zu bekommen, aber sie muß sich mit der Thematik ernsthaft und vor allem ehrlich auseinandersetzen. Schützen und Jäger, mithin der größte Anteil privater Waffenbesitzer in Deutschland, sind allerdings in der Regel zwar ein ein etwas älteres und vor allem konservativeres Klientel, aber eine Klientel die rein grundsätzlich absolut nichts gegen bürgerliche Freiheiten einzuwenden hat und "konservativ"  auch eher mit "Werte-konservativ" denn mit "von gestern" verbunden sieht, somit eigentlich gar nicht so weit von den propagierten Grundwerten der Piraten entfernt sein sollte.

Eine solche Klientel erreicht man jedoch nur sehr bedingt, wohl eher gar nicht, mittels "Mumble". Wer das Vertrauen und letzlich dann die Stimmen der Wähler haben will, der muß die Mittel, auch die der Kommunikation, der Zielgruppe (und das ist JEDER Wähler) anpassen, umgekehrt wird das nix. Eher geht eine .45er durch das berühmte Nadelöhr, als daß ein Jäger sich mit "Mumble" beschäftigt.



"Den Wert der Demokratie eines Landes und die Freiheit seiner Bürger erkennt man an seinem Waffengesetz".

Gustav Heinemann
(ehemaliger deutscher Bundespräsident 1899 – 1976)

Mit freundlichen Grüßen

Jack Weaver



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