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ag-gesundheitswesen - Re: [AG-Gesundheit] Kartelle in der Medizin

ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de

Betreff: AG Gesundheit

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Re: [AG-Gesundheit] Kartelle in der Medizin


Chronologisch Thread 
  • From: Privacy <pirat AT praes.eu>
  • To: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [AG-Gesundheit] Kartelle in der Medizin
  • Date: Tue, 03 Jan 2012 00:14:58 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-gesundheitswesen>
  • List-id: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen.lists.piratenpartei.de>

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Hallo Bernhard,
> 2. Kartell der Medizin: Freie Forschung, und damit auch
> unbeeinflusste Lehre, wird durch zu hohe Fremdmittelförderung aus
> Firmen, die ihre Preise ständig „optimieren“, negativ beeinflusst,
> obwohl diese zum Beispiel bei den extrem überteuerten, massenhaft
> eingesetzten, Chemotherapien keine wesentlichen Erfolge für die
> Patienten ermöglichten. Preiswerte, einfache, traditionelle
> Heilmethoden lohnen sich nicht für die Forscher und deren verwöhnte
> Nebeneinnahmen die oft über 500 % des Gehalts betragen . Die
> Milchmädchenrechnung von Landesregierungen Fremdmittel in der
> Forschung seien gut für den vom Bürger bezahlten Landeshaushalt
> führt hier zum zweiten gesetzeswidrigen Kartell. Der Bürger zahlt
> trotzdem mehr, über im Vergleich zur restlichen Welt weit
> überteuerte Medikamentenpreisen. Professoren mit Schwerpunkt
> Fremdmittelforschung sollten zu mindestens zu 50 % in die Industrie
> ausgelagert werden, die sie ja sowieso bezahlt. In der Lehre sollte
> dieser einseiti ge Einfluss damit zurückgedrängt werden. Die
> Medizin „Traditionelle Heilverfahren“, die von 80 % der
> Weltbevölkerung (WHO) eingesetzt wird und die auch von 80 % der
> Bundesbürger gerne mehr eingesetzt würde, muss wieder
> Kassenleistung werden.

So pauschal kann ich das nicht stehen lassen:
1.
Ich habe den Anfang der systematischen onkologischen Therapieforschung
miterlebt - in Berlin im "Kaiser-Auguste_Victoria-Haus" -
Unikinderklinik, gerade in den Jahren als sich die Diagnose Leukämie
im Kindesalter von einem sicheren Todesurteil zu einer überwindbaren
Erkrankung wandelte - durch sehr mühsame und ins Detail gehende
Studiendesigns (zu diesem Zeitpunkt aber noch kaum von der
Pharmaindustrie getrieben), d.h. es gibt durchaus Fortschritte - sei
es in der Onkologie, sei es bei Psychosen.

Sicher - heute sind dort 3/4 aller Innovationen eher Geldschneiderei
und die ehrliche Kärnerarbeit einer mühevollen und ehrlichen
Therapieoptimierung ist marktschreierischen Versprechen und
Studienzielen gewichen.

Das Problem hier ist, dass durch die Forschungsauflagen (AMG- Sponsor
- - Probandenversicherung ...) Therapieoptimierungsstudien, die von den
klinischen Forschern initiiert werden leider an den Kosten scheitern:

Der Forscher müsste die Kosten für die Therapie - selbst wenn sie für
die Indikation zugelassen ist - tragen, die Probanden versichern ... -
wenn dann kein finanzieller Gewinn in Sicht ist, ist dies kaum zu stemmen.

D.h. eine besser angepasste Dosierung / Kombination von gut
etablierten Medikamenten zu evaluieren ist kaum noch möglich.

Selbst wenn das gelingt - ich selbst habe dies mit mehreren Substanzen
bei seltenen Erkrankungen durchgezogen - wird das Medikament dann
nicht für die Indikation zugelassen, weil diesen Antrag nur der
Hersteller stellen kann.

D.h. hier hat eine Monopolisierung der Forschung durch die
Pharmaindustrie stattgefunden!

2. 500 % Prozent Nebeneinnahmen durch solche Tätigkeit ?! - wie kommst
Du auf solche Zahlen? Ich habe sicher mehr an Eigenmitteln in die
Studien gesteckt, als als Honorar erhalten. Das "dickste" Honorar
waren 2000 DM für ein zig- Seiten umfassendes Gutachten über alle
Studien zu einer Substanz - dafür musste ich mir (teilweise
kostenpflichtig) Dutzende von Studienpublikationen in Original
beschaffen, Originaldaten von den Studienleitern erbitten, etliches an
Statistik nachrechnen etc.

Die Erstellung des Zulassungsgutachtens zog sich etwa 3 Monate hin ...
, kostete mich etliche Wochenenden und Urlaub - aber jedenfalls waren
es keine 500% - selbst für diesen "Spitzenauftrag" nicht.

Das Gutachten war natürlich vertraulich, d.h. die so gewonnenen Daten
durfte ich nicht ohne weiteres publizieren ;-( ...

3. "Traditionelle Medizin" als Kassenleistung
Veto - der nötige finazielle Aufwand für traditionelle Medizin
überfordert mehr als 90% der Bürger nicht. D.h. sie sollten selbst
entscheiden können, was sie zu welchem Preis in Anspruch nehmen. Ich
lasse mir schließlich das Nachfüllen des Wassers in der Wischanlage
meines Autos auch nicht von irgendeiner Versicherung bezahlen.

D.h. - abgesehen von sozialen Notlagen - sollte sich die gesetzliche
Krankenversicherung hier raushalten - damit entsteht ein Markt
zwischen den "Nachfragern" - d.h.. Patienten und den Anbietern. Der
Staat ist m.E: hier nur als "Verbraucherschützer" gefragt, um unfaire,
reisserische, irreführende ...Angebote zu unterbinden.

Ich lehne es ab für Alltagsprobleme bei einer Versicherung anzuklopfen
und dieser - evtl. noch als staatlicher Organisation - meine
Wehwehchen zu offenbaren.

Die GKV sollte vor allem für "große" Risiken einstehen, die nicht zum
Alltagsproblem gehören - Krankenhausaufenthalte, teure Therapien - ja
auch und gerade in der Onkologie - für meinen Schnupfen, das bei einer
Dummheit aufgeschlagenen Knie... möchte ich selbst als "Kunde" im
"Medizinbetrieb" die Reparaturbedingunggen verhandeln - und das geht
NIEMANDEN sonst was an (insbesondere nicht die datengeilen GKVS)

Gruß

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> 3. Kartell der Medizin: Die Niederlassungsbeschränkungen für
> Krankenkassen zugelassenen Ärzte ist das dritte dieser leider sehr
> „erfolgreichen“ Kartelle in der Medizin. Zu Beginn wurde es auch
> deshalb eingeführt um eine Überversorgung der Ballungsräume
> gegenüber den Landregionen zu vermeiden. Der sinnvollere Schritt
> das Kartell 1 der Medizin, die zu geringen Studienplätze
> aufzustocken unterblieb. Nicht zu viele Konkurrenten und die
> möglichst weit verteilt waren für die Niedergelassenen natürlich
> zuerst angenehm. Die ursprünglich festgelegten „maximalen“
> Kassenarztzulassungszahlen sind durch die heute wesentlich höheren
> Lebenserwartungen und vermehrten chronischen
> Zivilisationskrankheiten aber viel zu tief. Anfang 2009 waren von
> fast 10000 Kassenarztsitzen nur 2 unbesetzt. Ein eindeutiges
> Kartell, dass natürlich nicht wünschenswert ist in einer sozialen
> Marktwirtschaft, sonder schlicht gesetzeswidrig. Wenn dann
> Facharztbesuche Anmeldefristen von 6-12 Wo chen haben sieht man die
> deutlichen Folgen dieser drei Kartelle in der Medizin. 4. Kartell
> in der Medizin: Ausschluss fast aller seit Jahrhunderten erprobten
> und bewährten pflanzlichen Medikamente, die wegen
> Nebenwirkungsarmut in der Bevölkerung so beliebt sind, dass sie,
> von denen die das Geld dazu haben, weiter privat gekauft werden.
> Der Schaden trat 2004 durch eine Gesetzesänderung ein: Medikamente
> ohne Rezeptpflicht, also die ohne Nebenwirkungen, werden nicht mehr
> von der Krankenkasse bezahlt (bis auf drei Ausnahmen). Dieser
> unsäglich dumme Schritt einer Regierung führt zu einem erneuten
> gesetzeswidrigen Kartell, das besonders die finanzschwächeren
> Bevölkerungsgruppen benachteiligt. Naturheilverfahren werden so
> etwas für finanzkräftigere, obwohl sie weltweit eher von den
> Ärmeren genutzt werden. Einfache und kostenneutrale Lösung wäre
> hier die Erlaubnis des Staates z.B. mindestens drei gesetzlichen
> Krankenkassen zu erlauben Naturheilverfahren anzubieten. Mehrkosten
> entstehen dadurch nicht wie Krankenkassen- Versuche in
> Niedersachsen und de r Schweiz zeigen. Zusatzversicherungen sind
> hier eher ein Irrweg: Durch von der Zusatzversicherung bezahlte
> Naturheilverfahren können über 30 % der Krankenkassenleistung
> ersetzt werden. Die Zusatzversicherung bekommt aber nur etwa 10 %
> der Kassenbeiträge, Einsparungen von etwa 20 % kommen so nur der
> gesetzlichen Krankenkasse zu Gute. Diese ungerechte Verteilung
> schränkt die Zusatzversicherungen enorm ein, ein weiteres Kartell
> der Ungerechtigkeiten. 5. Das Kartell der Wachstumsbeschränkung:
> Unbeschränktes Wachstum ist nicht möglich, wie einige raffgierige
> Finanzspezialisten zur Zeit lernen müssen. Da aber ohne Gesundheit
> alles andere Nichts ist können wir diesen wichtigen Anteil unseres
> Bruttosozialprodukts nicht ungestraft vom Wachstum ausschließen.
> Zum Beispiel indem wir zugeben, daß wir eine Zweiklassenmedizin
> haben oder doch alle gewünschten Leistungen allen zugänglich
> machen, über unser soziales Netz. Lösungen sind hier sicher immer
> schmerzhaft, aber dieses Kartell der Deckelung von Kosten wird die
> Auslandsflucht von Ärzten auf Dauer bedrohlich verstärken, wie die
> Länder Afrikas zeigen, selbst dort wäre ja genug Geld vorhanden. 6.
> Kartell Preiskartell: In einer medizinischen Welt der Kartelle wäre
> es natürlich überraschend wenn bei den Preisen für Medikamente nun
> ausgerechnet kein Kartell bestünde. Es gibt hunderte von
> Einzelfällen an denen dieses leicht nachweisbar ist. Vor einigen
> Jahren mussten 6 sechs große Firmen wegen extrem überhöhter Preis
> bei Vit. C bis zu 200 Millionen Euro Strafe bezahlen. Eine Packung
> Selen 300 yg für 3 Monate enthält Natriumselenit im Wert von 8
> Cent, kostet aber dem Käufer 54 Euro. Besser informierte Patienten
> bemerken solche dreisten Betrügereien und weichen ins Ausland aus
> wo etwas mehr Preis- Konkurrenz besteht. Selbst Krankenkassen
> schreiben schon ihre Patienten an, die Monatsmenge Insulin, von der
> selben Firma, in Belgien zu bestellen, da diese dort 40 Euro
> preiswerter ist. Diese langsam gewachsenen, einzeln noch gar nicht
> so bedrohlichen, aber doch gesetzeswidrigen, Kartelle bilden eine
> bedrohliche Kartellgruppe die sowohl Patienten als auch Ärzte zur
> Abstimmung mit den Füßen treibt, wie zur zeit der DDR. Patienten
> nutzen massiv die vom Kartell ausgeschlossenen Naturheilverfahren
> trotzdem, bei Naturheilkunde-, Homöopathie- und Akupunktur- Ärzten,
> gehen sogar zu den Heilpraktikern die mit 3 statt 12 Jahren
> wesentlich kürzer ausgebildet sind. Sollte man diese nicht doch von
> den Krankenkassen zumindestens teilweise mitbezahlen, bis wir
> endlich mehr Studienplätze haben? Die Abstimmung der Ärzte mit den
> Füßen, Auswanderung wird bei Fortführung der zahlreichen Kartelle
> sicher noch zunehmen. Dr. med. Bernhard Weber, Marburg
>
>
> Anlage: Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen

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