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ag-gesundheitswesen - Re: [AG-Gesundheit] Antrag elektronische Gesundheitskarte

ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de

Betreff: AG Gesundheit

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Re: [AG-Gesundheit] Antrag elektronische Gesundheitskarte


Chronologisch Thread 
  • From: haarbrandt <haarbrandt AT googlemail.com>
  • To: Pirat-Fredi AT t-online.de, AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [AG-Gesundheit] Antrag elektronische Gesundheitskarte
  • Date: Mon, 31 Oct 2011 20:58:57 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-gesundheitswesen>
  • List-id: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen.lists.piratenpartei.de>

Hallo Fredi,

danke für die konstruktiven Anregungen. Ich habe in dem Antrag ja so formuliert, dass wir die eGK in der jetzigen Form ablehnen. Somit wird es nach diesem Antrag keine zentrale Datenhaltung von medizinischen Daten geben. 

Um an die Daten zu gelangen, müsste man in dem Fall dem Patienten Karte und PIN abnehmen. 

Im Rahmen der Kommunikation (=Übertragung) medizinischer Daten besteht darüber hinaus nach § 100a StPO die Befugnis der Abhörung und Aufzeichnung durch die Strafverfolgungsbehörden bis hin zum Anspruch auf Entschlüsselung.

Du spricht von Übertragung und Mithören. Eine Übertragung von Daten über die Telefonleitung findet bei der eGK_M+ nicht statt, so dass dieses an der Stelle ausgeschlossen ist. In dem Fall müsste man tatsächlich das Praxissystem des Arztes mit einem Trojaner ausstatten. Dann kann man die Daten aber sowieso aus dem Primärsystem ziehen und dann besteht jetzt schon die Gefahr. 

Ich finde den Hinweis bezüglich des  Beschlagnahmungsverbots sehr interessant. Kann das jemand juristisch bestätigen? Das wäre dann eine weitere Bedingung, die zu berücksichtigen wäre.

Freue mich auf eine Rückantwort,

Birger 



Am 31. Oktober 2011 17:53 schrieb Pirat-Fredi <Pirat-Fredi AT t-online.de>:

Hallo, Birger!

 

An dieser Stelle möchte ich doch noch einen wichtigen Teilaspekt zur eGK beisteuern. Den nicht alles kann auf das technisch Machbare reduziert werden. Ich glaube Dir dass Du überaus qualifiziert bist und es gibt keinen Grund, daran zu zweifeln. Auch unterstelle ich Dir nicht, dass Du einseitig die Interessen Deines „Dienstherrn“ vertrittst. Dennoch glaube ich, dass so wichtige Dinge nicht rein technokrantisch betrachtet werden können. Bin ich als Nicht-IT-Spezialist dadurch aus der politischen Debatte heraus, weil ich von der Technik „keine Ahnung“ habe. Ich glaube nicht. Was ausschließlich Spezialisten leisten, sehen wir in der aktuellen Diskussion rund um unser Bankensystem (mit einem kleinen Seitenhieb auf HRE). Sich von verschiedenen Fachleuten informieren lassen und den eigenen gesunden Menschenverstand benutzen, bringt einen selbst und die Gesamtheit weiter.

Zunächst war ich geneigt, Deiner Argumentation zu folgen, musste aber feststellen, dass es keinen Sinn macht, Fakten zu schaffen, die einen anschließend dazu bringen, sogenannte Sachzwänge anzuerkennen und daher einen einmal eingeschlagenen Weg weiter zu beschreiten.

 

Hier ein Auszug aus  dem Telematikbuch der DIMDI (Sicherheitsanforderungen) :

 

Werden ärztliche Aufzeichnungen außerhalb ärztlicher Einrichtungen aufbewahrt, unterliegen sie nicht mehr dem Gewahrsam des Arztes, so dass sie nicht dem Beschlagnahmeverbot gemäß §§ 94, 97 StPO unterliegen. Darüber hinaus kann bei einer mittel oder unmittelbaren Verfügungsgewalt des Patienten über „seine“ Daten, zum Beispiel in Form der Zugangsschlüssel, davon ausgegangen werden, dass der Arzt nur ein Mitgewahrsam gemeinsam mit dem Patienten über die Daten hat und insofern auch ein Beschlagnahmeverbot außer Kraft gesetzt ist 289. Im Rahmen der Kommunikation (=Übertragung) medizinischer Daten besteht darüber hinaus nach § 100a StPO die Befugnis der Abhörung und Aufzeichnung durch die Strafverfolgungsbehörden bis hin zum Anspruch auf Entschlüsselung.

 

Daraus folgt, dass entgegen der Erklärung des BMGS und der Spitzenverbände vom 3.5.2002 290 auf Grundlage der heutigen Gesetzgebung eine Wahrung des bestehenden Schutzniveaus für den Patienten derzeit nicht besteht und hier, insbesondere auch bei einer freiwilligen Einführung und Nutzung telematischer Anwendungen durch den Arzt und Patienten, dringender legislativer Handlungsbedarf gegeben ist, um den Beschlagnahmeschutz über den direkten ärztlichen Verantwortungsbereich hinaus auszuweiten.

 

289 BGH 19, 374 (374 f.); KG, JR 1967,192; LG Aachen, MDR 1981,603.

290 Gemeinsame Erklärung des Bundesministeriums für Gesundheit und der Spitzenorganisationen zum

Einsatz von Telematik im Gesundheitswesen vom 3.5.2002.

 

Oder betrachten wir diese Aussage:

 

SPDInnenexperte Dieter Wiefelspütz, 29.3.2005:

„Wenn die Gesundheitskarte ein Schlusselelement ware,

um terroristische Straftaten abzuwenden, wurde ich

einen Zugriff auf diese Daten nicht problematisieren

wollen, dann mussten die Eingriffsrechte geschaffen

werden“ www.heise.de/newsticker/meldung/58003

 

Daher kann ich nur empfehlen, umzukehren, solange es noch geht!

 

Herzliche Grüße

 

Fredi

 

 

Von: ag-gesundheitswesen-bounces AT lists.piratenpartei.de [mailto:ag-gesundheitswesen-bounces AT lists.piratenpartei.de] Im Auftrag von haarbrandt
Gesendet: Sonntag, 30. Oktober 2011 16:17
An: AG Gesundheit
Betreff: Re: [AG-Gesundheit] Antrag elektronische Gesundheitskarte

 

Hallo Dietmar,

 

vielen Dank für die Unterstützung. Ich halte es auch nicht für zielführend, alles, was mit Datenschutz assoziiert ist, gleich platt zu machen. Das wäre dann (Klischee, teile ich nicht) die Grünen in Datenschutz statt Umwelt. Dabei war es immer dieses anti-intellektuelle und populistische, was mich an Politikern stört. 

 

Bei Vorratsdatenspeicherung, INDECT etc. bin ich ganz auf deiner Seite, zumindest habe ich bisher noch keinen Argumente gehört, die mich vom Gegenteil überzeugen konnten. 

 

Das "Kleine Projekt" sieht nach einer guten Materialsammlung aus, danke für's teilen! 

 

Viele Grüße,

 

Birger 

 

 

 

Am 30. Oktober 2011 16:09 schrieb Dietmar Brinkmann <dietmar.brinkmann AT piraten-hh.de>:

hallo Birger,

 

Wenn Du den Antrag für unterstützenswert hältst wäre es prima, wenn du
dich dort eintragen könntest. Es muss gezeigt werden, dass sich
verschiedene Leute mit dem Antrag auseinandergesetzt haben. Wenn du noch
andere Anregungen hast, immer her damit!

 

Ich habe mich als Unterstützer eingetragen, schlicht und einfach, weil ich einen konstruktiven Ansatz einer pauschalen Ablehnung vorziehe.

Meine Ausnahmen hier sind zugegeben Atomenergie, Vorratsdatenspeicherung und der derzeitige Einsatz von nicht gesetzeskonformen Staatstrojanern in Händen von inkompetenten Entscheidern. Die eGK kann man nach aktuellem Stand nicht 1:1 mit der existierenden Regelung und dem von einigen gewünschten Ausbau der Vorratsdatenspeicherung vergleichen. Das es in diese Richtung läuft, gilt es natürlich eindeutig zu verhindern.

hieran war ich beteiligt, 2 Personenprojekt, der zweite ist Rick
http://wiki.piratenpartei.de/Benutzer:Rick.HH

noch kein Parteimitglied, ich schätze ihn aber als politischen Menschen mit einer piratigen Grundeinstellung, selbständiger Informatiker, Jahrgang 1957

http://wiki.piratenpartei.de/Kleines_Projekt

"Erste Grundfunktion ist Stammdatenaktualisierung. eRezept, Notfalldatensatz und alle anderen möglichen Funktionen sind noch nicht verbindlich angekündigt oder geregelt."

Was mich wirklich nervt, ist das es hier so eine Panikmache mit so spärlichem Faktenaustausch gibt. Ich bin seit 2007 Pirat und zufällig im selben Jahr im IT-Bereich im Gesundheitswesen gelandet, davor 10 Jahre IT-Erfahrung in anderen Bereichen, Jahrgang 1961.

mho

Viele Grüße,

Dietmar Brinkmann

 


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https://service.piratenpartei.de/listinfo/ag-gesundheitswesen




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