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ag-gesundheitswesen - Re: [AG-Gesundheit] +++Urgent+++ Massenrollout eGK (elektronische Gesundheitskarte) / Staats-Gesundheitstrojaner

ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de

Betreff: AG Gesundheit

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Re: [AG-Gesundheit] +++Urgent+++ Massenrollout eGK (elektronische Gesundheitskarte) / Staats-Gesundheitstrojaner


Chronologisch Thread 
  • From: haarbrandt <haarbrandt AT googlemail.com>
  • To: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [AG-Gesundheit] +++Urgent+++ Massenrollout eGK (elektronische Gesundheitskarte) / Staats-Gesundheitstrojaner
  • Date: Wed, 26 Oct 2011 13:03:29 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-gesundheitswesen>
  • List-id: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen.lists.piratenpartei.de>

Hallo Michaela,

Replik im Text. 


Am 26. Oktober 2011 11:39 schrieb mb <michaela_bach AT web.de>:

Hallo Birger,

ich habe oft den Eindruck, ein Nichtmediziner macht sich vollkommen falsche Vorstellungen darüber, welche alten Daten für einen Arzt von Bedeutung sind.

Wir benötigen Informationen über wichtige Vorerkrankungen (am besten in Form eines  bereits vorhandenen Arztbriefes, den der Hausarzt normalerweise gern kopiert). Unwichtig sind unzählige Bagatellerkrankungen, die einen  so im Laufe des Lebens zum Arzt führen (Erkältungen, Miniverletzungen, Magenprobleme usw. usw). Auch die allermeisten jahrealten Befunde sind absolut uninteressant. Wozu braucht man denn 5 Jahre alte Laborwerte, alte Rezepte, Überweisungen, Kassenanfragen, EKGs etc. Sollte für selten erforderliche Verlaufsbeobachtungen doch mal was Altes erforderlich sein, kann man auch ein paar Tage warten, bis die Daten vom Hausarzt angefordert sind (jeder Arzt muss alles 10 Jahre aufbewahren).

Von den uninteressanten, absolut überflüsigen Informationen gibt es unendlich viele. Wichtig sind nur ganz wenige Daten. Und die wenigen tatsächlich wichtigen Daten gehen einfach unter in dem ganzen Datenmüll. Die Vorstellung, ich soll mich auf einem Server durch hunderte von Dateien wühlen, vielleicht noch ohne zu wissen, ob tatsächlich irgendwas relevantes vorhanden ist, ist schrecklich.

Du empfiehlst, dass Daten bereits beim Abspeichern entsprechend gekennzeichnet werden sollen. Und wer soll das machen? Natürlich der Arzt, dem hier erneut ein bürokratisches Monster zugemutet bwird– selbstverständlich ohne Bezahlung.


     Natürlich macht das nicht der Arzt. Informatiker sind erstmal faule Menschen, da der Computer für einen arbeitet :) Das System sollte schon selber in der Lage sein zu Kennzeichnen, dass es sich um einen Laborbericht oder ein Röntgenbild handelt. Von Hand wird da nichts gemacht. Somit erledigt sich auch der nächste Punkt weiter unten. 
 

Mit welcher Hingabe diese Kennzeichnung erfolgen wird, kann man sich wohl denken. Wird dann aber ein wichtiger Hinweis in Uraltunterlagen übersehen, hat man den nächsten Haftpflichtprozess an der Backe.

Interessant für den Arzt ist die aktuelle Medikation des Patienten, aktuelle Untersuchungsbefunde und Berichte anderer Ärzte und mit Einschränkung einige Notfalldaten. Die haben aber problemlos direkt auf der eGk Platz.

 


  Hätten sie nicht, weil die Karte wirklich nur für das Platz hat, was vorgesehen ist. In einem anderen Thread unterhalten wir uns ja gerade über Alternativen zu der zentralen Speicherung. Dann wäre auch genügend Speicherplatz vorhanden. 


Und dann immer wieder die Alternative: Meinen Klarsichordner kann ich selbst sortieren. Die Daten auf der eGK aber wahrscheinlich eher nicht/weniger.


Es spricht überhaupt nichts dagegen, dass man die Daten sortieren kann.  Grundsätzlich werden diese Daten nach Fällen sortiert oder nach einem zeitlichen Aspekt. Auch wirst du bestimmen können, welche Daten darauf landen (entgegen der Meinung von LawFox werden die Daten nicht automatisch auf den Server geschaufelt, sondern nur die, die der Arzt für sinnvoll hält). Daher musst du in der Tat nicht deinen Gynäkologen mit den Unterlagen des Orthopäden belasten
 

Ich würde z.B. nicht wollen, dass mein Orthopäde, den ich wegen Plattfüßen aufsuche, meine gynäkologische oder psychiatrische Anamnese erfährt – die braucht der nicht. Gehe ich aber zum Gynäkologen, sind die Angaben möglicherweise wichtig. Wie soll ich als Patient mit sinnvollem Aufwand Daten sperren?    

  

 

Hatte ich mal erwähnt, dass der Austausch von medizinischen Daten zwischen den verschiedenen Einrichtungen mein Forschungsgebiet ist? Insofern kann ich ja eigentlich nichts anderes behaupten, dass das was bringt :) Es gibt aber tatsächlich viele gute Argumente für EDV. Ich zähle mal auf, was an einem Klarsichtordner total doof ist:

 

- Geht verloren 

 

- Schlechte Handhabbarkeit (im Vergleich zu einer Karte). Der chronisch Kranke fährt dann bald mit einem LKW vor. 

             Darum geht es ja gerade. Niemand will sich durch einen Lastwagen von Daten wühlen sondern relativ zielgerichtet nur Zugang zu den wichtigsten Daten haben –mehr Infos, als in einen dünnen Klarsichtordner gehen kann kein Arzt verarbeiten


Siehe oben. Es ist kein Papierhaufen, sondern man wird das finden, was man sucht, wenn es vorhanden ist. 
 

 

- Unter Umständen findet sich der Arzt mit den ausgedruckten Dokumenten aus anderen Praxen oder KH nicht zurecht. Medizinische Dokumentation ist von Krankenhaus zu Krankenhaus (und Praxis zu Praxis) unterschiedlich. Bekommt der Arzt die Daten in seinem gewohnten Format auf seinen Bildschirm ist er effektiver. 

             Wieso soll sich denn ein Arzt mit fremden Unterlagen nicht zurechtfinden. Das macht er doch ständig. Ein unterschiedliches Erscheinungsbild ist sogar sehr vorteilhaft, da man dann auf einen kurzen Blick gleich sieht, ob es sich um Laborbefunde, Krankenhausberichte oder sonst was handelt. Dadurch kann man viel schneller und gezielter suchen. Dateien sehen auf den ersten Blick alle gleich aus, man muss sich dann erst Namen oder Vorschauen etc. anschauen.


Das muss ich nochmal erläutern: es geht nicht darum, dass ein Laborbericht anders aussieht als ein EKG. Da sind wir uns ja einig, dass das ja nicht sinnvoll ist. Allerdings können Dokumente gleichen Typs jeweils anders aufgebaut sein. Ich kann mit 100 Varianten für einen Laborbogen ausdenken und sogar teilweise verschiedene Einheiten angeben. Das kann in Zukunft vermieden werden, da der Computer mir die Daten in mein gewohntes Dokument überführt. 
 

 

- Woher kommen die Daten für den Ordner? Die müssen ausgedruckt werden. Das klappt nicht mit allen Software-Systemen gut (leidvolle Erfahrung). Zudem muss Arzt oder Patient die Druckkosten bezahlen. 

             Ich kenne keinen Arzt, der dem Patienten nicht gern eine Kopie vom letzten Krankenhausbericht macht oder irgendwelche wichtigen Befunde ausdruckt. Ein Karteikartenausdruck ist hingegen vollkommen verzichtbar. Wer soll mit den Kürzeln des einzelnen Arztes denn irgendwas anfangen. (Übrigens jeder Facharzt muss dem Hausarzt pro Quartal einen Bericht über den Patienten zusenden – das ist schon genug Müll, der sich selbstverständlich problemlos kopieren lässt)

 


Ist dann doch prima, wenn sich der "Müll" nicht in der Arztpraxis ansammelt und Raum wegnimmt. Ich weiß aber nicht, ob man bei einem Chroniker mit dem bisschen Papier auskommt. Gut, dass weiß der Arzt in der Tat besser. 
 

 

- Medienbruch: beim Abtippen von Daten treten Fehler auf. Ich durfte mal in der Pharmafirma für jeden Probanden einer Studie 3x15 Laborparameter abtippen. Will ich die Daten eines Patienten in mein Praxissystem einpflegen kostet das Zeit

          Wer soll den auf die Idee kommen, für den Patienten irgendwas abzutippen. Wenn überhaupt sind Befundkopien (z.B. Laborbericht) intessant.

 

 


Ich habe die Vorstellung, dass, wenn man ein Praxissystem hat, auch gerne Daten importieren würde. Bei Labordaten macht man das ja auch, wenn die Software das unterstützt. Wäre doch vielleicht einfacher, wenn die Röntgenbilder, EKG-Daten oder was weiß ich direkt verfügbar wären. Vielleicht wird es auch erst klar, wie bequem es ist, wenn man es mal gemacht ist. 

 

- Ich kann das ganze nicht elektronisch durchsuchen oder verarbeiten. Geht per Hand viel schneller, s.o.

 



Dann frage ich mich, warum Ärzte überhaupt Praxissoftware für teures Geld kaufen. Sicherlich nicht aus dafkes.

 

- Lesbarkeit von handschriftlichen Dokumenten (Dosierung!!!) Niemand ist an handschriftlichen Unterlagen interessiert, was soll denn da Wichtiges draufstehen. Rezepte werden so gut wie immer digital erstellt und sollen dann ja wohl auf der eGK gespeichert werden.

 



Sollte in der Tat nicht sein, ich dachte an beispielsweise Rezepte. Möglicherweise hatte ich auch die Situation in Kliniken vor Augen, das zählt in dem Fall in der Tat nicht. 
 

- Daten können nur jeweils beim Patienten vorhanden sein oder man muss eine Kopie machen (Zeit). 

          Wenn die Daten auf dem zentralen Server sind, habe ich auch erst mal keine Kopie. Ich muss wichtige Daten dann runterladen, verlinken (oder was auch immer). Nochmal: die meisten Daten der Patienten sind absolut unwichtig für den aktuellen Fall. Die wenigen Sachen, die tatsächlich benötigt werden, kann die Arzthelferin schnell auf den Kopierer legen und direkt in der Patientenakte abspeichern.

 



Kopieren und Abspeichern hilft ja leider nichts. Ich kenne zumindest kein Arztinformationssystem, das das unterstützt. 
 

 

Ich zähle mal die Pluspunkte auf, die ich in einer Vernetzung für Patienten sehe (nur Punkte, die sich nicht implizit durch die obige Aufzählung ergeben):

 

- Patient ist tatsächlich im Besitz seiner Daten. Mündigkeit steigt. Der Patient ist nicht im Besitz seiner Daten, die liegen auf dem Server. Er wird darauf ja wohl nicht wahllos rumlöschen können o.ä. – dann macht das Ganze auch wieder keinen Sinn

 


Er kann sie aber jederzeit einsehen und nur das freigeben, was er freigeben möchte. 
 

- Vermeidung von Doppeluntersuchungen nur dann, wenn der Arzt tatsächlich den Server gründlich durchforstet. Neuere Befunde könnten sicherlich auch auf einer eGK gespeichert werden

 



Können sie nicht. Ansonsten siehe Suchfunktion und fallbasierte Speicherung. 
 

- Transparenz über die Arbeit des anderen Arztes. Eventuell können dort Fehler gefunden und anschließend diskutiert werden. Wer will denn sowas? . Und was hat das mit dem Server zu tun, insbesondere dann, wenn ich die Unmengen an vorhandennen Daten aus Frust sowieso nicht anschaue.

 


auch hier, siehe oben. Du musst dir nicht alle Daten angucken, sondern bekommst die, die du brauchst. 
 

- Durch Integration der Daten: individuelle Nutzung der EDV (in Zukunft möglicherweise verstärkte Nutzung von Entscheidungsunterstützenden Systemen, Arzneimittelinteraktionen entdecken, Daten-Aggregation durchführen, verschiedene Aspekte näher beleuchten durch verschiedene Perspektiven etc. ). Dadurch möglicherweise höhere Behandlungsqualität

- Insgesamt höhere Behandlungsqualität (ergibt sich aus den einzelnen Vorteilen)

Nochmal: niemand wird sich durch Unmengen von Daten quälen, dadurch werden Informationen eher verloren gehen.

 


auch hier: dem ist nicht so. Im Krankenhaus kommt man heute bei einem guten System auch sehr schnell zum gesuchten Ergebnis. Alles eine Frage der Umsetzung. 
 

 

Hoffe, dass Dich das ein Stück weit überzeugen kann.  

 

 

Viele Grüße,

 

Birger 

 

 

 

 

 


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