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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Heutiges Geld ist Schuldgeld

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Re: [AG-GOuFP] Heutiges Geld ist Schuldgeld


Chronologisch Thread 
  • From: Rudolf Müller <muellerrudolf AT on22.de>
  • To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Heutiges Geld ist Schuldgeld
  • Date: Sun, 14 May 2017 16:34:33 +0200

Hallo Marco,

was ich darstellen möchte ist schlicht und einfach der Ist-Zustand. Keine Zukunftsvisionen und keine Alternativsysteme.

Am 14.05.2017 um 13:46 schrieb Marco Schmidt:

Hallo Rudi,

als Anmerkung bzw. Klarstellung: durch das Aufrechnen von Forderungen ist kein Gegenbeweis erbracht, dass der Erfüllungsgegenstand zwischen Banken auf etwas anderes als Zentralbankgeld lautet.

Eine jede Geldforderung kann mit dem "gesetzlichen Bargeld" erfüllt werden. Verweigert der Gläubiger den Empfang, gerät er in Annahmeverzug. Eine seltsam anmutende Formulierung, aber so ist nun mal unsere Rechtsprechung, die auch für Banken gilt. Besitzt eine Bank eine Geldforderung an eine andere Bank, so kann sie diese in Bargeld abfordern, sofern nicht im Vorfeld eine andere Zahlungsart vereinbart wurde.
Wo steht geschrieben, dass Zentralbankgeld, welches ja aus Bargeld und Zentralbank-Buchgeld besteht, alleiniger Erfüllungsgegenstand von Geldforderungen sei?

Man könnte deine Aussage so interpretieren, dass Du in diese Richtung abzielst. Zeitlich können die Banken das (so sie möchten) auf die lange Bank schieben und Forderung mit Forderung gegenrechnen.

Es wird keine Forderung auf die lange Bank geschoben sondern mit einer Forderung bezahlt. Dies kann eine Forderung an die Zentralbank sein also Zentralbank-Buchgeld oder aber eine Forderung an die Empfängerbank. Beide Forderungen können das Ergebnis eines Kreditvertrages sein. Beide Zahlungsmöglichkeiten beruhen auf einer Vereinbarung zwischen den Banken, die nicht Gegenstand einer gesetzlichen Festlegung sind. Gesetzlich ist mE nur das Bargeld proklamiert und damit dieses auch als Erfüllungsgegenstand einer Geldforderung fixiert.

Wird so gehandhabt und funktioniert, so lange ausreichend Vertrauen zwischen den Vertragspartnern herrscht. Zentralbankgeld wird deswegen nicht unnötig, die Hierarchie im System wird nicht ausgehebelt o.ä.

Das Zentralbank-Buchgeld besitzt ohne Zweifel eine höhere Vertrauenswürdigkeit unter den Banken als die bilaterale Bankenforderungen es bieten können. Es ist jedoch auch eine Frage der Besicherung dieser bilateralen Forderungen. Sind die gegenseitigen Bankkredite besichert, werden sie in Krisenzeiten auch eher akzeptiert wie unbesicherte Kredite. Diese verschwinden sehr schnell in Krisensituationen.
Wo ist eigentlich die von Dir erwähnte Hierarchie festgeschrieben?

Wir suchen ja eine Systembeschreibung, die in der "Krise" nicht plötzlich versagt, von daher ist deine Ergänzung zwar auch ein Mittel und Weg, aber setzt die unterliegenden Mechanismen nicht außer Kraft.

ME existieren Interbankenbeziehung die zur Überweisung Zentralbank-Buchgeld benutzen und solche, die auf der Kreditebene unter Banken funktionieren. Würden alle Zahlungen nur direkt mit Zentralbank-Buchgeld vorgenommen, welche bekanntlich nur gegen zentralbankfähige Sicherheiten eine Übernacht-Kreditaufnahme bei der Bundesbank erlauben, wäre ein " too connected to fail" ausgeschlossen. Ein vielleicht wünschenswerter Zustand, der auch die Risiken von "too big too fail" minimieren würde. Bei den besicherten Krediten unter Banken wäre die Frage, woraus diese Besicherung besteht. Sind es Sicherheiten wie Bankaktien oder ähnliche bankbezogene Aktiva, so wären diese in einem Krisenfall ebenfalls nichts mehr wert. Nur außerhalb des Bankensektors angesiedelte Sicherheiten könnten ein höheres Sicherheitsniveau und gegenseitige Unabhängigkeit garantieren. Dies sind jedoch meine Folgeüberlegungen, die mit dem Ist-Zustand nicht direkt etwas zu tun haben, sich aber daraus ableiten lassen.

Beste Grüße
Rudi Müller

Viele Grüße,

Marco


Am 14.05.2017 um 11:48 schrieb Rudolf Müller:
Wenn wir präzise sein wollen muss man diese Guthaben auf Kundenguthaben auf Girokonten beschränken. Kundenguthaben auf Girokonten stellen Zahlungsmittel für Nichtbanken dar. Guthaben von Geschäftsbanken bei anderen Banken und dazu zählt auch die Zentralbank, stellen Zahlungsmittel unter Banken dar. Wobei das Guthaben bei anderen Geschäftsbanken immer nur auf einer zweiseitigen Beziehung beruht, wogegen das Guthaben bei der Zentralbank bei allen beteiligten Banken eines Landes Gültigkeit hat. Bank A hat bei Bank B einen Kredit über 10.000 € aufgenommen und dafür auch ein Guthaben über diesen Betrag bei Bank B. Dieses Guthaben stellt für Bank A eine Forderung an die Bank B dar. Wie auch Wolfgang betont gilt Erich Schneiders Grundsatz von 1952 immer noch:
"Wir beschränken uns dabei bewußt auf die Analyse einer Wirtschaft, wie sie heute ist, d. h. auf eine Wirtschaft, in der allein Forderungen als Zahlungsmittel verwendet werden."
Erfolgt nun eine Überweisung von 6.000 € von Bank A an einen Kunden bei Bank B so kann diese durch die Übertragung der Forderung bei Bank B geschehen. Bank A tritt aus ihrer Forderung von 10.000 € einen Teilbetrag von 6.000 € an den Empfänger bei Bank B ab. Bank A besitzt danach nur noch eine Forderung von 4.000 € gegenüber der Bank B, dafür hat der Kunde der Bank B eine Forderung in Höhe von 6.000 € an die Bank B erhalten. Es wurde gezahlt mit der Übertragung einer Forderung. Die finanziellen Verpflichtungen unter Banken betragen in Deutschland immerhin rund ein viertel der konsolidierten Bilanzsumme, d.h. rund 2 Billionen €. In dieser Summe sind auch die Verpflichtungen gegenüber der Zentralbank enthalten.
Also kann doch der Bauunternehmer, der ein Gebäude für seine GB erstellt hat, sein Guthaben bei der GB, dass diese ihm auf seinem Girokonto bereitgestellt (geschöpft) hat, als Zahlungsmittel für seine Verbindlichkeiten verwenden, und die Geschäftsbank hat mit dieser Bereitstellung ihre Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises für das Gebäude erfüllt - was ist daran falsch?
(2) Geschäftsbanken brauchen zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten ein ZM, das sie selbst nicht schaffen können (d.h. Forderungen gegen einen Dritten, z.B. eine Girozentrale - "Clearinghouse" - oder die Zentralbank).
Die Geschäftsbank hat mit der Gutschrift auf dem Kundenkonto ihre Gegenleistung für den Erwerb des Gebäudes erbracht. Der Kaufvertrag oder Werkvertrag für das Gebäude sieht eine Zahlung auf das Girokonto des Erstellers vor. Die Kontoführungsleistungen des Kreditinstitutes haben mit der Erstellung und Bezahlung des Gebäudes nichts zu tun. Dies ist ein komplett anderer Vertrag.
Wie oben gezeigt gibt es neben Zentralbank-Buchgeld und dem Einsatz von multilateralen Clearinginstitutionen auch den Weg über bilaterale Beziehungen zwischen Korrespondenzbanken. Die obige Aussage ist deshalb mE entsprechend zu ergänzen.
Das ist richtig, wenn mit Verbindlichkeiten die täglich fälligen Sichteinlagen gemeint sind, aber es stimmt nicht für diejenigen Verbindlichkeiten der GB, die - wie auch bei NB's - aus einem Kaufvertrag entstehen! Diese können, wie eben beschrieben, durch Bereitstellung einer täglich fälligen Verbindlichkeit auf dem Girokonto des Verkäufers erfüllt werden.

GB's brauchen zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten aus täglich fälligen Sichteinlagen Zentralbankgeld, nämlich immer dann, wenn Geld aus der GB raus fließt. Und dieses ZB-Geld kann sie entweder bei der ZB oder einer anderen GB leihen oder - und das wird hier manchmal übersehen - bei einem Sparer, der sein Spargeld längerfristig festgelegt hat. Dieses Spargeld ist irgendwann in die GB rein geflossen, und zwar sowohl auf die Passivseite als Verbindlichkeit als auch auf die Aktivseite der GB-Bilanz als ZB-Geld. Mit diesem ZB-Geld kann die GB so lange arbeiten, bis das Spargeld fällig wird.
Es ist ein Irrglaube, dass nur mit ZB-Geld eine Überweisung getätigt werden kann, s. o.

--
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