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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Heutiges Geld ist Schuldgeld

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Re: [AG-GOuFP] Heutiges Geld ist Schuldgeld


Chronologisch Thread 
  • From: moneymind <moneymind AT gmx.de>
  • To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Heutiges Geld ist Schuldgeld
  • Date: Sun, 14 May 2017 14:37:35 +0000

Hallo Peter,

*moneymind: *… derart falsche Ableitungen ergeben sich, wenn man die Verbindlichkeiten gegenüber Nichtbanken, die auf der Passivseite einer Bankbilanz verbucht werden, als Geld bezeichnet. Dabei heißt es doch eindeutig „Verbindlichkeit“, weil jederzeit der Einleger kommen und Zentralbankgeld fordern kann.
*Peter: *Wo siehst Du denn einen Fehler? Nur in der Bezeichnung "Geld" für Giralgeld (Verbindlichkeit in der GB-Bilanz, Forderung in der NB-Bilanz)?


Darin, daß die Verbindlichkeit der Geschäftsbank zwar für Nichtbanken ein Zahlungsmittel darstellt, /nicht aber für die Bank selbst/. Wie jedes andere Wirtschaftssubjekt außer der Zentralbank mit ihrem Währungsmonopol kann auch eine Geschäftsbank nur mit Aktiva definitiv zahlen.

Meine These war ja, dass unsere Zahlungsmittel Schuldgeld sind, weil wir immer bei Zahlungen Verbindlichkeiten weiterreichen - was ist daran falsch?


Für unser heutiges System, in dem jegliche Warenzahlungsmittel abgeschafft sind, ist es richtig. Als Allgemeinaussage dagegen ist es falsch, weil es für einen großen Teil der Geschichte nicht zutrifft. Da existierten Waren-ZM UND Kredit-ZM.

Ich denke, am besten formuliert man es vielleicht etwas präziser so:
(1) Guthaben bei Geschäftsbanken stellen Zahlungsmittel für Nichtbanken dar, aber nicht für die Geschäftsbanken selbst.
Also kann doch der Bauunternehmer, der ein Gebäude für seine GB erstellt hat, sein Guthaben bei der GB, dass diese ihm auf seinem Girokonto bereitgestellt (geschöpft) hat, als Zahlungsmittel für seine Verbindlichkeiten verwenden, und die Geschäftsbank hat mit dieser Bereitstellung ihre Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises für das Gebäude erfüllt - was ist daran falsch?
(2) Geschäftsbanken brauchen zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten ein ZM, das sie selbst nicht schaffen können (d.h. Forderungen gegen einen Dritten, z.B. eine Girozentrale - "Clearinghouse" - oder die Zentralbank).
Das ist richtig, wenn mit Verbindlichkeiten die täglich fälligen Sichteinlagen gemeint sind, aber es stimmt nicht für diejenigen Verbindlichkeiten der GB, die - wie auch bei NB's - aus einem Kaufvertrag entstehen! Diese können, wie eben beschrieben, durch Bereitstellung einer täglich fälligen Verbindlichkeit auf dem Girokonto des Verkäufers erfüllt werden.

Aber eben nicht definitiv. Akzeptiert der Verkäufer die Gutschrift als schuldbefreiende Zahlung der Bank, ist zwar der Kaufvertrag formal erfüllt, aber tatsächlich wurde die Forderung aus dem Kaufvertrag - die einen spezifischen Fälligkeitstermin hatte - lediglich in Sichtguthaben gewandelt, das der Verkäufer sich nun JEDERZEIT auszahlen lassen kann. Dadurch entsteht für die Bank natürlich ein Liquiditätsrisiko, das sie nicht hätte, hätte sie den Verkäufer definitiv in Zentralbanknoten bezahlt.

In buchhalterischen Begriffen: eine definitive Zahlung erfüllt und vernichtet eine Forderung und stellt daher buchhalterisch IMMER eine Bilanzverkürzung dar. Ein bloßer Passivtausch (wie in Deinem Beispiel) stellt KEINE definitive Zahlung dar - außer für die Zentralbank, wenn sie in ihrer eigenen Währung zahlt (für Zahlungen in Fremdwährung ist es auch für ZBen immer eine Bilanzverkürzung).

GB's brauchen zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten aus täglich fälligen Sichteinlagen Zentralbankgeld, nämlich immer dann, wenn Geld aus der GB raus fließt.

Jetzt verwendest Du den Begriff "Geld" wieder auf unterspezifizierte Weise, und genau diese Mehrdeutigkeiten sind eine unnötige Quelle ständiger Verwirrung. Sag doch präzise, was Du meinst. GB's brauchen Forderungen gegen die Zentralbank, /um ihre Verbindlichkeiten zu erfüllen/. Wie jedes andere Wirtschaftssubjekt (außer der Zentralbank mit Währungsmonopol) kann auch eine G-Bank Verbindlichkeiten nur mit zahlungsmitteltauglichen _Aktiva_ definitiv erfüllen. Eine Wandlung einer jetzt fälligen Verbindlichkeit in eine Sichtverbindlichkeit ist keine definitive Erfüllung der Verbindlichkeit.

Und dieses ZB-Geld kann sie entweder bei der ZB oder einer anderen GB leihen oder - und das wird hier manchmal übersehen - bei einem Sparer, der sein Spargeld längerfristig festgelegt hat.

Richtig.

Dieses Spargeld ist irgendwann in die GB rein geflossen, und zwar sowohl auf die Passivseite als Verbindlichkeit als auch auf die Aktivseite der GB-Bilanz als ZB-Geld. Mit diesem ZB-Geld kann die GB so lange arbeiten, bis das Spargeld fällig wird.

Bißchen unpräzise beschrieben, könnte mißverstanden werden, aber ich verstehe, was Du meinst. Im Prinzip korrekt.

Die Diskrepanzen beim Thema Geldschöpfung entstehen meistens dadurch, dass man die Wirklichkeit nicht vollständig betrachtet. Im ersten Schritt findet durch die GB Geldschöpfung statt. Das Geld bleibt aber in der Regel nicht ewig bei der GB sondern wird irgendwann auf Konten einer anderen Bank überwiesen. Und das geht nur mit ZB-Geld.


Ja, aber nach Verrechung wechselseitiger Forderungen. Der von der Bank benötigte Betrag and ZBG wird daher meist niedriger liegen als der Gesamtbetrag der Überweisungen, im Extremfall sogar bei Null (wenn nach Verrechnung kein Restsaldo verbleibt). Daher: Teilreservesystem mit _variablem_ Bedarf nach ZM der höheren Hierarchieebenen der Zahlungsmittelhierarchie, der im Extremfall auf Null gehen kann (bei durchgängigen Kaufs/Verkaufs-gleichschritt, vgl. Stützel), im anderen Extremfall der Summe sämtlicher Forderungen entsprechen kann.

Wie sich die GB dieses ZB-Geld beschafft, hängt von ihrem Geschäftsmodell ab. Sparkassen und Genossenschaftsbanken (wie z.B. die GLS Bank) nutzen eher das Geld ihrer Sparer mittels Fristentransformation als dass sie bei der ZB Geld leihen.

Ja. Wobei Du hier nur eine zweistufige Zahlungsmittelhierarchie beschreibst, dies aber generalisiert werden kann: Banken können wechselseitige Zahlungen auch über Guthaben bei einem privaten Clearinghaus abwickeln, das dann eine Hierarchieebene darüber liegt, aber noch unter der Hierarchieebene der Zentralbank (in deren Verbindlichkeiten es dann wiederum seine Verbindlichkeiten ggü. anderen Clearinghäusern erfüllen muß), etc. Vgl. hierzu wieder Perry Mehrling: The Inherent Hierarchy of Money.

Gruß
Wolfgang



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